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BSG - Entscheidung vom 16.06.2020

B 11 AL 15/20 B

Normen:
SGB III § 138
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 16.06.2020 - Aktenzeichen B 11 AL 15/20 B

DRsp Nr. 2020/12017

Fehlende objektive Verfügbarkeit eines Arbeitslosen Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13. Dezember 2019 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGB III § 138 ; SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Kläger die von ihm geltend gemachten Zulassungsgründe eines Verfahrensmangels und einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht in der gebotenen Weise bezeichnet bzw dargelegt hat 160a Abs 2 Satz 3 SGG ). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG , § 169 SGG ).

Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 (Anhörung eines bestimmten Arztes) und 128 Abs 1 Satz 1 SGG (freie richterliche Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde auf diesen Zulassungsgrund stützt, muss zu seiner Bezeichnung 160a Abs 2 Satz 3 SGG ) die diesen Verfahrensmangel des LSG (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dartun, also die Umstände schlüssig darlegen, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (stRspr; siehe bereits BSG vom 29.9.1975 - 8 BU 64/75 - SozR 1500 § 160a Nr 14; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/ Schmidt, SGG , 12. Aufl 2017, § 160a RdNr 16 mwN). Darüber hinaus ist aufzuzeigen, dass und warum die Entscheidung - ausgehend von der Rechtsansicht des LSG - auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit der Beeinflussung des Urteils besteht (stRspr; vgl bereits BSG vom 18.2.1980 - 10 BV 109/79 - SozR 1500 § Nr 36).

Soweit der Kläger geltend macht, das LSG habe seinen Beweisanträgen in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht zur weiteren Sachaufklärung durch Vernehmung des behandelnden Arztes Dr. F. und Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den Auswirkungen seiner "depressiven Hemmung in der Zeit vom 1.7.2010 bis Juli 2015 nur im häuslichen Umfeld" folgen müssen, hat er nicht ausreichend dargetan, dass die Entscheidung auf diesem behaupteten Verfahrensmangel beruhen kann. Auch wenn sein Vortrag, er sei ohne Weiteres in der Lage gewesen, außerhalb des häuslichen Umfeldes einer Berufstätigkeit nachzugehen und den Anforderungen der Arbeitswelt zu genügen, als wahr unterstellt wird, setzt die notwendig erforderliche objektive Verfügbarkeit in rechtlicher Hinsicht auch voraus, dass der Arbeitslose den einer Beschäftigungsaufnahme vorausgehenden Vermittlungsvorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann 138 Abs 5 Nr 2 SGB III ) und Eigenbemühungen unternehmen kann. Da sich aus den Attesten des Dr. F. bereits ergibt, dass der Kläger bis in das Jahr 2015 nicht in der Lage gewesen ist, den normalen Anforderungen des täglichen Lebens zu entsprechen und Meldeaufforderungen der Beklagten nachzukommen (Attest Dr. F. vom 9.11.2017), ist nicht ausreichend dargetan, aus welchen Gründen eine weitere Sachaufklärung erforderlich war und das angegriffene Berufungsurteil auf dem geltend gemachten Verfahrensfehler beruhen kann.

Auch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hat der Kläger nicht ausreichend dargelegt. Grundsätzliche Bedeutung 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass eine konkrete Rechtsfrage klar formuliert wird. Weiter muss ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit im jeweiligen Rechtsstreit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufgezeigt werden (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Daran fehlt es.

Dem Vortrag des Klägers kann entnommen werden, dass er als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ansieht, "ob die fehlende objektive Verfügbarkeit im Sinne von § 138 Abs. 1 Nr. 3 , Abs. 5 Nr. 2 SGB III bereits dann bejaht werden kann, wenn der Antragsteller Formulare nicht ausgefüllt zurückreicht, oder ob die fehlende objektive Verfügbarkeit erst dann bejaht werden kann, wenn die Agentur für Arbeit durch weitergehende Maßnahmen wie z.B. den Versuch telefonischer Kontaktaufnahme oder Ähnlichem die Ursache für den fehlenden Rücklauf der Formular ermittelt hat". Weiter möchte er geklärt wissen, ob in Fallgestaltungen wie der vorliegenden, das "Merkmal der Verfügbarkeit durch das Institut der sozialrechtlichen Herstellung fingiert werden kann". Weiter stelle sich die Rechtsfrage, "ob die Nahtlosigkeitsregelung des § 145 Abs. 1 SGB III nicht lediglich formal, sondern auch materiell betrachtet werden" müsse. Hinsichtlich sämtlicher Rechtsfragen legt der Kläger jedoch die Klärungsbedürftigkeit nicht ausreichend dar. Dies erfordert substantiierte Ausführungen dazu, dass die aufgeworfene Rechtsfrage nicht bereits durch die einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung oder das Schrifttum geklärt ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Baden-Württemberg, vom 13.12.2019 - Vorinstanzaktenzeichen L 12 AL 1584/17
Vorinstanz: SG Karlsruhe, vom 15.03.2017 - Vorinstanzaktenzeichen S 2 AL 3433/15