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BSG - Entscheidung vom 03.09.2020

B 14 AS 339/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2

BSG, Beschluss vom 03.09.2020 - Aktenzeichen B 14 AS 339/19 B

DRsp Nr. 2020/14968

Existenzsichernde Leistungen nach dem SGB II Divergenzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. Juli 2019 - L 19 AS 705/19 - wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2 ;

Gründe

I

Im Streit stehen existenzsichernde Leistungen nach dem SGB II von Mai bis Oktober 2017.

Nach Bezug vorläufig bewilligter Leistungen legte der Kläger Kontoauszüge über Einnahmen aus seiner Tätigkeit als freiberuflicher Rechtsanwalt im Streitzeitraum in Höhe von 2069,61 Euro vor, denen - bezogen auf die Gesamtausgaben 2017 - betriebsnotwendige Aufwendungen in Höhe von 2326,22 Euro gegenüber gestanden hätten. Das beklagte Jobcenter ermittelte einen monatlichen Gewinn von 304,32 Euro, von dem es den Absetzbetrag nach § 11b Abs 2 SGB II in Höhe von 100 Euro und den Erwerbstätigenfreibetrag nach § 11b Abs 3 SGB II in Höhe von 40,86 Euro abzog. Daraus leitete es in gesonderten Bescheiden einen Alg II-Anspruch von 576,54 Euro monatlich sowie eine zu erstattende Überzahlung von insgesamt 814,32 Euro ab (Bescheide vom 26.10.2018), was der Kläger bezogen auf den Zugang der abschließenden Entscheidung zum Leistungsanspruch bestreitet.

Das SG hat die Klage gegen die vorläufige Bewilligung mangels Rechtsschutzbedürfnis als unzulässig angesehen und sie abgewiesen (Urteil vom 1.10.2018), das LSG hat die Berufung nach Zulassung zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen (Urteil vom 11.7.2019). Gegenstand des Verfahrens sei der abschließende Bescheid, der dem Kläger unter Würdigung seiner Widerspruchsbegründung zur vollen Überzeugung des Senats zugegangen sei. Er sei in der Sache nicht zu beanstanden, insbesondere seien Aufwendungen für die KFZ-Versicherung, die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung, die Berufshaftpflichtversicherung sowie das Versorgungswerk der Rechtsanwälte Absetzbeträge nach § 11b SGB II und daher keine Betriebsausgaben iS von § 3 Abs 2 Alg II-V .

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG richtet sich die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache 160 Abs 2 Nr 1 SGG ), eine Divergenz der Entscheidung des LSG von der Rechtsprechung des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) und Verfahrensmängel 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) gestützte Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers.

II

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung ist jedenfalls unbegründet und deshalb zurückzuweisen.

1. Bezogen auf die Grundsatzrügen ist die Beschwerde unzulässig.

a) Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Nach den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG sich ergebenden Anforderungen muss ein Beschwerdeführer dazu anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche klar formulierte Frage sich stellt, dass diese Rechtsfrage noch nicht geklärt ist, weshalb deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung dieser Rechtsfragen erwarten lässt (vgl Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX, RdNr 56 ff).

b) Diesen Begründungsanforderungen genügt die Beschwerde mangels hinreichend konkreter Fragen nicht, soweit sie es als grundsätzlich klärungsbedürftig ansieht, ob (a) "die in § 37 Abs. 2 S. 2 SGB-X enthaltene Beweislastregel durch einen nur vorsorglich eingelegten Widerspruch ausgehebelt" wird, ob (b) "Ausgaben eines selbständig tätigen Hilfebedürftigen im sogenannten ersten Schritt zur Bestimmung des Brutto-Einkommens nach steuerrechtlichen Grundsätzen (§ 6 EStG ) prozentual bewertet und deren Abzugsfähigkeit dann dementsprechend prozentual begrenzt werden" dürfen, wie (c) "jahresbezogenen Ausgaben abzuziehen" sind, ob (d) "gesetzlich vorgeschriebene Ausgaben eines selbständig erwerbstätigen Hilfebedürftigen als Betriebsausgaben im sogenannten ersten Schritt zur Bestimmung des Brutto-Einkommens abzuziehen" sind, ob (e) "Ausgaben eines selbständig erwerbstätigen Hilfebedürftigen als Betriebsausgaben, die zum Zeitpunkt der Ausgabe objektiv einen Nutzen für dessen selbständige Erwerbstätigkeit erwarten lassen, als Betriebsausgaben im sogenannten ersten Schritt zur Bestimmung des Brutto- Einkommens abzuziehen" sind, ob (g) "bei Freiberuflern des freiberufliche Leitbild dem selbständig erwerbstätigen Hilfebedürftigen zum Nachteil gereichen" darf und ob (h) ein selbständig erwerbstätiger Hilfebedürftiger berechtigt ist, "die Geschäftsjahrmethode (für die Behörde verbindlich) anzuwenden".

Damit bezeichnet die Beschwerde keine hinreichend konkreten Rechtsfragen. Die Konkretisierung erfordert regelmäßig, dass die Rechtsfrage mit "Ja" oder "Nein" beantwortet werden kann; das schließt nicht aus, dass eine Frage gestellt wird, die je nach den formulierten Voraussetzungen mehrere Antworten zulässt. Unzulässig ist jedoch eine Fragestellung, deren Beantwortung von den Umständen des Einzelfalles abhängt und damit auf die Antwort "kann sein" hinausläuft (stRspr; vgl zB BSG vom 11.11.2019 - B 1 KR 87/18 B - RdNr 6 mwN; BSG vom 27.1.2020 - B 8 SO 67/19 B - RdNr 10). Hier stellt der Kläger unter (b), (c), (d), (e) und (h) allgemein gehaltene Fragen, deren Beantwortung eine kommentar- oder lehrbuchartige Aufbereitung durch den Senat verlangen würde, was gerade nicht Gegenstand eines Revisionsverfahrens sein kann (vgl hierzu auch BSG vom 1.3.2018 - B 8 SO 104/17 B - RdNr 8). Ersichtlich ebenfalls nicht auf eine grundsätzliche Klärung, sondern auf die - eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung ebenfalls nicht rechtfertigende - Überprüfung der Einzelfallentscheidung gerichtet zielt es ab, soweit der Kläger geprüft sehen möchte, ob (a) eine Beweislastregel "ausgehebelt" werden oder ob (g) einem Freiberufler das freiberufliche Leitbild "zum Nachteil gereichen" darf.

c) Soweit die Beschwerde es als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnet, ob "§ 3 Abs. 7 S. 1 ALG -II VO gegen § 11 Abs. 1 S. 1 SGB-II in Verbindung mit § 11b SGB-II (höherrangiges Recht)" verstößt, ist die Klärungsbedürftigkeit nicht dargelegt. Der erkennende Senat hat bereits entschieden, dass es nicht gegen höherrangiges Recht verstößt, die Kosten für den Unterhalt eines Kraftfahrzeugs gemäß § 3 Abs 7 Alg-II-V bei überwiegend privater Nutzung von der Absetzung als betriebliche Ausgabe bei Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit auszunehmen ( BSG vom 1.12.2016 - B 14 AS 34/15 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 79 RdNr 16 ff). Inwieweit diese Frage erneut klärungsbedürftig geworden ist, zeigt die Beschwerde nicht auf. Dass sie die Entscheidung als nicht nachvollziehbar erachtet, reicht dafür nicht aus (vgl zu den Darlegungsanforderungen insoweit nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG , 13. Aufl 2020, § 160a RdNr 14g mwN).

2. Im Hinblick auf die Divergenzrüge ist die Beschwerde ebenfalls unzulässig.

a) Zur formgerechten Bezeichnung einer Abweichung hat die Beschwerdebegründung einen Widerspruch im Grundsätzlichen oder ein Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze in der Entscheidung des LSG einerseits und in einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG andererseits aufzuzeigen und die in Bezug genommene Entscheidung so zu kennzeichnen, dass sie ohne Weiteres aufzufinden ist ( BSG vom 29.9.1975 - 8 BU 64/75 - SozR 1500 § 160a Nr 14; BSG vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13). Dabei muss die Beschwerdebegründung deutlich machen, dass in der angefochtenen Entscheidung eine sie tragende Rechtsansicht entwickelt und nicht etwa nur ungenaue oder unzutreffende Rechtsausführungen oder ein Rechtsirrtum im Einzelfall die Entscheidung bestimmen ( BSG vom 29.11.1989 - 7 BAr 130/88 - SozR 1500 § Nr 67). Ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das Revisionsgericht die obergerichtliche Rechtsprechung im Revisionsverfahren seiner Entscheidung zu Grunde zu legen haben wird ( BSG vom 12.7.1985 - 7 BAr 114/84 - SozR 1500 § Nr 54).

b) Diesen Anforderungen wird das Beschwerdevorbringen nicht gerecht. Soweit es der Aussage des BSG "Der Verordnungsgeber will die Anwendung einkommensteuerrechtlichen Besonderheiten im Sozialrecht ausschließen" (Verweis auf BSG vom 17.2.2016 - B 4 AS 17/15 R - BSGE 120, 242 = SozR 4-4200 § 11 Nr 75, RdNr 24) die Formulierung "Der betriebliche Anteil der Ausgaben darf unter Anwendung der steuerrechtlichen Schätzbefugnis prozentual bewertet und begrenzt werden (vgl. zur Zulässigkeit einer Schätzung BSG , Urteil vom 05.06.2014 - B 4 AS 31/13 R)" des LSG gegenüberstellt, ist damit schon keine Abweichung bezeichnet und jedenfalls nicht aufgezeigt, dass das LSG dem BSG im Grundsätzlichen widersprochen hätte, zumal sich das LSG ausdrücklich auf Rechtsprechung des BSG bezieht; die Behauptung der Beschwerde, dass dies in "Wirklichkeit ein Falschzitat" sei, ändert daran nichts.

3. Die Verfahrensrügen sind jedenfalls unbegründet.

a) Soweit der Kläger rügt, das LSG habe einen Beweisantrag zu Unrecht übergangen 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG ), hat er nach dem Protokoll weder an der mündlichen Verhandlung vom 11.7.2019 teilgenommen noch dargelegt, unmittelbar vor dem Termin hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht zu haben, dass im Falle seines Ausbleibens über den nach dem Beschwerdevorbringen schriftsätzlich gestellten Beweisantrag entschieden werden soll. Soweit er sich dazu auf einen Beweisantrag im Schriftsatz vom 22.5.2019 unter RdNr 2 bezieht, kann der damit in Bezug genommenen Formulierung "Unter dem 31.10.2018 ist lediglich der Erstattungsbescheid vom 26.10.2018 zugestellt worden und zwar ohne Anlagen. Eine Bekanntgabe 37 SGB X ) des Festsetzungsbescheids liegt nicht vor." nicht hinreichend entnommen werden, dass seiner Auffassung nach Beweis erhoben werden sollte "über die Feststellung äußerer Merkmale" des nach dem Beschwerdevortrag allein bekannt gegebenen Erstattungsbescheids, wie die Beschwerde meint. Dass das LSG einen aufrechterhaltenen Beweisantrag übergangen hätte, ist danach nicht feststellbar (vgl nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG , 13. Aufl 2020, § 160 RdNr 18c mwN; zur Geltung dessen beim unentschuldigten Ausbleiben in der mündlichen Verhandlung BSG vom 5.3.2002 - B 13 RJ 193/01 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 35).

b) Soweit der Kläger das angegriffene Urteil als Überraschungsentscheidung ansieht (Art 103 Abs 1 GG , § 62 SGG ; vgl dazu BVerfG vom 29.5.1991 - 1 BvR 1383/90 - BVerfGE 84, 188 , 190; BVerfG vom 8.2.1994 - 1 BvR 765/89 ua - BVerfGE 89, 381 , 392; vgl BSG vom 13.10.1993 - 2 BU 79/93 - SozR 3-1500 § 153 Nr 1; BSG vom 16.3.2016 - B 9 V 6/15 R - SozR 4-3100 § 60 Nr 7 RdNr 26), fehlt es schon an Ausführungen dazu, warum er unter Beachtung der insoweit geltenden Sorgfaltsanforderungen nicht damit rechnen musste, dass das LSG zur Beweiswürdigung in der Frage der Bekanntgabe des abschließenden Bescheids vom 26.10.2018 die inhaltlichen Ausführungen des Klägers zur Begründung seines Widerspruchs gegen den Erstattungsbescheid vom 26.10.2018 einbeziehen könnte (vgl nur BSG vom 16.3.2016 - B 9 V 6/15 R - SozR 4-3100 § 60 Nr 7 RdNr 26 mwN). Gründe, die dem LSG wegen des Nichterscheinens des Klägers in der mündlichen Verhandlung Anlass zur Vertagung hätten geben können - unterstellt, das in der Akte des LSG enthaltene Hinweisschreiben der Senatsvorsitzenden vom 20.5.2019 sei ihm nicht zugegangen - zeigt die Beschwerde damit nicht auf (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer/Schmidt, SGG , 13. Aufl 2020, § 62 RdNr 8b).

c) Soweit die Beschwerde eine "Abweichung von den Grundsätzen des Indizienbeweises" rügt, wendet sie sich gegen die Beweiswürdigung des LSG, auf die ein Verfahrensmangel nicht gestützt werden kann 128 Abs 1 Satz 1 SGG ).

d) Soweit die Beschwerde die Garantie des gesetzlichen Richters und in Zusammenhang damit den Anspruch auf rechtliches Gehör, den Grundsatz des Fair Trial und das Gebot effektiven Rechtsschutzes als verletzt ansieht, weil das LSG der nachträglichen Ablehnung des erstinstanzlichen Richters nicht Rechnung getragen habe, ist damit ein Verfahrensfehler nicht schlüssig bezeichnet.

Dabei kann dahinstehen, ob das LSG von einer Zurückverweisung in die 1. Instanz im Hinblick auf die beschränkten Zurückverweisungsgründe nach § 159 Abs 1 Nr 2 SGG auch bei einem wesentlichen Verfahrensmangel absehen kann, solange - was hier naheliegen könnte - eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme nicht notwendig ist (vgl nur BSG vom 18.10.1995 - 6 RKa 31/94 - SozR 3-2500 § Nr 8 S 27) oder ob ausnahmsweise etwas anderes gelten kann, wenn die Voraussetzungen gegeben sind, unter denen nach der Rechtsprechung des BSG ausnahmsweise eine Zurückverweisung in die Berufungsinstanz in Betracht kommt und die Zurückverweisung im Berufungsverfahren ausdrücklich beantragt (vgl nur BSG vom 9.9.1998 - B 6 KA 34/98 B - RdNr 6) worden war (vgl hierzu letztens BVerfG <Kammer> vom 21.11.2018 - 1 BvR 436/17 - NJW 2019, 505 RdNr 15).

Denn ungeachtet der Frage, ob die Mitteilung des Kammervorsitzenden an die Rechtsanwaltskammer, der Kläger prozessiere "in einer Vielzahl von Fällen" in eigener Sache gegen den Beklagten, geeignet war, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen 60 Abs 1 SGG iVm § 42 Abs 2 ZPO ), war er mangels Ablehnung bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens nicht deswegen von der Ausübung des Amtes als Richter ausgeschlossen. Letzter Zeitpunkt für die Geltendmachung von Ablehnungsgründen ist nach gefestigter Rechtsprechung des BVerfG und der Obersten Bundesgerichte der vollständige Abschluss der Instanz, weil die getroffene Entscheidung von dem Gericht, dem die im Anschluss abgelehnten Richter angehören, nicht mehr geändert werden kann (vgl nur BGH vom 11.7.2007 - IV ZB 38/06 - NJW-RR 2007, 1653 RdNr 5 mwN; darauf Bezug nehmend nur BVerfG vom 28.4.2011 - 1 BvR 2411/10 - NJW 2011, 2191 , 2192; ebenso etwa BSG vom 2.8.2001 - B 7 AL 28/01 B; BAG vom 18.3.1964 - 4 AZR 63/63; BFH vom 17.5.1995 - X R 55/94 - BFHE 177, 344 ; BGH vom 17.5.2018 - I ZR 195/15 - NJW-RR 2018, 1461 RdNr 4; BVerwG vom 29.6.2016 - 2 B 18.15 - Buchholz 310 § 132 Abs 2 Ziff 3 VwGO Nr 77 RdNr ). Das anders zu sehen gibt die Beschwerde keinen Anlass. Mindestens deshalb war das LSG auf die erst im Berufungsverfahren erklärte Ablehnung des Kammervorsitzenden an einer Sachentscheidung über die Berufung des Klägers nicht gehindert. Dass ein Mangel an Unvoreingenommenheit des Kammervorsitzenden - lag er vor - durch das Berufungsverfahren nicht geheilt worden sein könnte (vgl BVerwG vom 20.5.2015 - 2 B 4.15 - NVwZ 2015, 1299 RdNr 8 f: Kein Absehen von mündlicher Verhandlung in der Berufungsinstanz bei erstinstanzlicher mündlicher Verhandlung vor befangenem Richter), zeigt die Beschwerde nicht auf.

e) Soweit die Beschwerde einen "Verstoß gegen die Ermessenskompetenz" des LSG darin sieht, dass es die "Notwendigkeitserwägungen" des Klägers zu dessen betrieblichen Ausgaben eigenständig bewertet, ist damit ebenfalls kein Verfahrensfehler schlüssig bezeichnet; das war dem LSG zur Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs 2 Alg II-V materiell-rechtlich zwingend vorgegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183 , 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Nordrhein-Westfalen, vom 11.07.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 19 AS 705/19
Vorinstanz: SG Köln, vom 01.10.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 4 AS 3514/17