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BSG - Entscheidung vom 15.01.2020

B 12 KR 21/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 15.01.2020 - Aktenzeichen B 12 KR 21/19 B

DRsp Nr. 2020/2741

Erstattung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. Januar 2019 wird als unzulässig verworfen.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

I

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über die Erstattung von Beiträgen zur gesetzlichen Renten- (GRV) und Kranken- (GKV) sowie sozialen Pflegeversicherung (sPV) für die Zeit vom 1.9.2009 bis zum 30.7.2010.

Der 2001 geborene Kläger war für die beigeladene GmbH aufgrund eines mit ihr am 3.9.2009 abgeschlossenen Vertrags als Schauspieler einer Fernsehserie tätig. Für den geplanten voraussichtlichen Vertragszeitraum vom 1.9.2009 bis zum 10.9.2010 war zur Abgeltung von 60 Drehtagen eine pauschale Vergütung iHv insgesamt 17 500 Euro und für jeden weiteren Drehtag eine Vergütung iHv 3 50 Euro vorgesehen; bei vorzeitigem Vertragsende sollte eine anteilige Vergütung pro rata unter Berücksichtigung der geleisteten Drehtage gewährt werden. Der Kläger war bis zur Einstellung der Serie zum 30.7.2010 an insgesamt 65 Drehtagen eingesetzt. Für die hierfür gezahlte Vergütung entrichtete die beigeladene GmbH die Arbeitnehmeranteile der Beiträge zur GRV, GKV und sPV iHv insgesamt 3721,79 Euro.

Den Antrag des Klägers auf Erstattung dieser Beitragsanteile wegen ausgeübter geringfügiger und damit versicherungsfreier Beschäftigung lehnte die beklagte Krankenkasse ab (Bescheid vom 2.9.2013; Widerspruchsbescheid vom 28.4.2014). Das SG Potsdam hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 12.4.2016). Das LSG Berlin-Brandenburg hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 30.1.2019). Der Kläger sei einer regelmäßigen Beschäftigung nachgegangen, die nicht über mehrere Jahre hinweg ausgeübt werden müsse. Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde.

II

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG ). Der Kläger hat entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) nicht hinreichend dargelegt.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine abstrakt-generelle Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - allgemeine Bedeutung hat und aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung einer Klärung durch das Revisionsgericht bedarf (Klärungsbedürftigkeit) und fähig (Klärungsfähigkeit) ist. Mit der Beschwerdebegründung ist daher zunächst aufzuzeigen, welche rechtliche Frage sich zu einer bestimmten Norm des Bundesrechts iS des § 162 SGG stellt. Sodann ist anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums darzutun, weshalb eine Klärung erforderlich und im angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Schließlich ist aufzuzeigen, dass der angestrebten Entscheidung eine über den Einzelfall hinausgehende Breitenwirkung zukommt ( BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4- 2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

Der Kläger misst den Fragen,

1. "ob die Rechtsprechung zu Prognoseentscheidungen auf Verträge mit Kindern anwendbar ist, die wegen des Jugendschutzes durch erlaubnispflichtige Bestimmungen derart eingeschränkt ist, dass die Regelmäßigkeit der Tätigkeit im Wege einer Prognose nicht hinreichend bestimmbar ist, weil sie von einerseits von Bedingungen abhängt, und maßgeblich der Zustimmung von Dritten während der Laufzeit des Vertrages bedarf", und

2. "ob die relativ hohen Einnahmen eines Schülers genehmigter Tätigkeiten i.S.d. § 6 JarbSchG während der Vollzeitschulpflicht eine Berufsmäßigkeit begründen", eine grundsätzliche Bedeutung bei. Es kann dahingestellt bleiben, ob damit Rechtsfragen zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts 162 SGG ) mit höherrangigem Recht (vgl BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - juris RdNr 11 mwN) formuliert worden sind oder vielmehr lediglich nach dem Ergebnis eines Subsumtionsvorgangs im Einzelfall gefragt worden ist. Die Bezeichnung einer hinreichend bestimmten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann ( BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - juris RdNr 11 mwN). Eine Rechtsfrage ist so konkret zu formulieren, dass sie als Grundlage für die Darlegung der weiteren Merkmale der grundsätzlichen Bedeutung (Klärungsbedürftigkeit, Klärungsfähigkeit, Breitenwirkung) geeignet ist (Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK- SGG , 1. Aufl 2017, § 160a RdNr 97). Aber selbst wenn Rechtsfragen als aufgeworfen unterstellt würden, wäre jedenfalls deren Klärungsbedürftigkeit, Klärungsfähigkeit und Breitenwirkung nicht dargelegt.

Eine Rechtsfrage ist dann als höchstrichterlich geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig anzusehen, wenn diese bereits beantwortet ist. Ist sie noch nicht ausdrücklich entschieden, genügt es, dass schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben ( BSG Beschluss vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN). Mit solcher Rechtsprechung hat sich eine Beschwerde auseinanderzusetzen. Der Kläger hat zwar hinsichtlich der zu 1. aufgeworfenen Frage auf mehrere höchstrichterliche Urteile hingewiesen, allerdings nicht hinreichend dargetan, weshalb sich diese Entscheidungen gerade nicht auf vom Jugendarbeitsschutzgesetz ( JArbSchG ) erfasste Personen übertragen lassen sollen. Insbesondere wird aus der Beschwerdebegründung nicht deutlich, weshalb für ein jugendarbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen unterworfenes Arbeitsverhältnis gleichwohl nicht die Grundsätze einer (geringfügigen) Beschäftigung gelten sollen und damit gegebenenfalls der durch Arbeit regelmäßig vermittelte Sozialversicherungsschutz nicht zum Tragen kommt, obwohl selbst ein gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstoßendes Arbeitsverhältnis der Annahme einer sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigung nicht entgegen steht (vgl BSG Urteil vom 10.8.2000 - B 12 KR 21/98 - BSGE 87, 53 , 57 ff = SozR 3-2400 § 7 Nr 15 S 47 ff). Das Beschwerdevorbringen erschöpft sich im Kern darin, auf Urteile des BSG sowie einzelne Vorschriften des JArbSchG und deren Unvereinbarkeit mit einer Prognoseentscheidung iS des § 8 Abs 1 Nr 1 SGB IV (in der Fassung der Bekanntmachung vom 12.11.2009 - BGBl I 3710 - aF) hinzuweisen. Ungeachtet dessen sind der Beschwerdebegründung auch keine Ausführungen zur Klärungsfähigkeit und Breitenwirkung der zu 1. aufgeworfenen Frage zu entnehmen.

Auch die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der zu 2. aufgeworfenen Frage ist nicht in einer den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG genügenden Weise dargelegt. Eine Rechtsfrage ist nur dann klärungsfähig, wenn das Revisionsgericht über die betreffende Frage konkret-individuell sachlich entscheiden kann. Das setzt voraus, dass sie sich dem Revisionsgericht auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz überhaupt stellt ( BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr RdNr mwN). Nach § 8 Abs 1 Nr 2 SGB IV aF ist eine Beschäftigung geringfügig, wenn sie innerhalb eines Kalenderjahrs auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400 Euro im Monat übersteigt. Die Frage nach der "Berufsmäßigkeit" stellt sich damit nur dann, wenn überhaupt der Anwendungsbereich der Vorschrift eröffnet ist, weil die Zeitgrenzen eingehalten sind. Hierzu ist der Beschwerdebegründung nichts zu entnehmen.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: SG Berlin, vom 30.01.2019 - Vorinstanzaktenzeichen L 9 KR 252/16
Vorinstanz: SG Potsdam, vom 12.04.2016 - Vorinstanzaktenzeichen S 3 KR 145/14