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BSG - Entscheidung vom 30.09.2020

B 9 V 4/20 BH

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3

BSG, Beschluss vom 30.09.2020 - Aktenzeichen B 9 V 4/20 BH

DRsp Nr. 2020/16578

Entschädigungsleistung nach dem Opferentschädigungsgesetz Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. Juni 2020 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu gewähren, wird abgelehnt.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ;

Gründe

I

Der Kläger begehrt eine Entschädigungsleistung nach dem Opferentschädigungsgesetz ( OEG ) wegen einer im Mai 2013 im Klinikum B. durchgeführten Behandlung. Diesen Anspruch hat das LSG - ebenso wie zuvor die Beklagte (Bescheid vom 18.8.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2017) und das SG (Gerichtsbescheid vom 2.8.2019) - verneint. Ein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG durch den behandelnden Arzt des Klinikums B. auf den Kläger sei nicht glaubhaft gemacht. Allein der Umstand, dass die ärztliche Behandlung nach den Behauptungen des Klägers Schmerzen nicht beseitigt und einen trockenen Mund verursacht habe, reiche hierfür nicht aus. Dass der Arzt im unerlaubten Zusammenwirken mit dem Bruder und der Ehefrau des Klägers diesem ein Medikament mit der Absicht verabreicht habe, ihm einen Gesundheitsschaden zuzufügen, sei auszuschließen. Objektive Anhaltspunkte für ein derartiges Geschehen lägen ebenso wenig vor, wie für die Behauptung des Klägers, dass durch die Medikamentengabe sein Geschlechtsorgan geschädigt worden sei (Urteil vom 22.6.2020).

Der Kläger hat mit Schreiben vom 20.7.2020, beim BSG eingegangen am 22.7.2020, einen Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) gestellt. Wegen der Einzelheiten der Begründung des Klägers wird auf sein Schreiben vom 20.7.2020 verwiesen.

II

Der PKH-Antrag des Klägers ist unbegründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO ). Daran fehlt es hier. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter 73 Abs 4 SGG ) in der Lage wäre, die von dem Kläger angestrebte Nichtzulassungsbeschwerde als das einzige hier in Betracht kommende Rechtsmittel erfolgreich zu begründen.

Hinreichende Erfolgsaussicht hätte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg geltend gemacht werden könnte. Die Revision darf danach zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat 160 Abs 2 Nr 1 SGG ), das Urteil von einer Entscheidung des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann 160 Abs 2 Nr 3 SGG ). Nach Durchsicht der Akten fehlen - auch unter Würdigung des Vorbringens des Klägers - Anhaltspunkte dafür, dass er einen der in § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe darlegen könnte. Die Sache bietet keine Hinweise für eine über den Einzelfall des Klägers hinausgehende, entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ). Auch ist nicht ersichtlich, dass das LSG entscheidungstragend von der Rechtsprechung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG abgewichen sein könnte (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ). Vielmehr hat es ausdrücklich auf einschlägige Rechtsprechung des BSG Bezug genommen.

Selbst wenn das LSG dabei im Einzelfall die gesetzlichen Vorgaben unzutreffend angewendet hätte, könnte dies nicht mit Erfolg als Revisionszulassungsgrund gerügt werden. Die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung des LSG im Einzelfall ist nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde (vgl stRspr, zB Senatsbeschluss vom 21.12.2017 - B 9 V 46/17 B - juris RdNr 8).

Schließlich fehlt ein ausreichender Anhalt dafür, dass der Kläger einen die Revisionszulassung rechtfertigenden Verfahrensfehler des LSG bezeichnen könnte (Zulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ). Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Solche für eine Nichtzulassungsbeschwerde relevanten Verfahrensmängel sind weder nach dem Vortrag des Klägers noch nach Durchsicht der Akten ersichtlich.

Dass der Kläger mit der vom LSG vorgenommenen Auswertung und Würdigung seiner eigenen Angaben im Verfahren, der aktenkundigen Zeugenaussagen und des medizinischen Berichts des Klinikums B. vom 29.5.2013 über die dort erfolgte stationäre Behandlung vom 27.5. bis 28.5.2013 (mit der Diagnose "V.a. Harnleiterstein li.") sowie der sonstigen aktenkundigen medizinischen Befunde nicht einverstanden ist und sich insoweit in seinen Rechten verletzt sieht, ist für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unerheblich. Denn damit wendet er sich gegen die Beweiswürdigung des LSG, die § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG indes der Beurteilung durch das BSG als Revisionsgericht vollständig entzieht. Kraft der darin enthaltenen ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung kann die Beweiswürdigung des LSG mit der Nichtzulassungsbeschwerde weder unmittelbar noch mittelbar angegriffen werden (stRspr, zB Senatsbeschluss vom 8.5.2017 - B 9 V 78/16 B - juris RdNr 15 mwN).

Da dem Kläger insgesamt keine PKH zusteht, kann er auch nicht die Beiordnung eines Rechtsanwalts beanspruchen .

Vorinstanz: LSG Niedersachsen-Bremen, vom 22.06.2020 - Vorinstanzaktenzeichen L 10 VE 42/19
Vorinstanz: SG Bremen, vom 02.08.2019 - Vorinstanzaktenzeichen S 50 VE 2/18