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BSG - Entscheidung vom 08.04.2020

B 12 KR 90/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1
SGB V § 237
SGB V § 229

BSG, Beschluss vom 08.04.2020 - Aktenzeichen B 12 KR 90/19 B

DRsp Nr. 2020/9299

Beitragserhebung auf die Kapitalleistung einer Direktversicherung in der gKV Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Oktober 2019 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ; SGB V § 237 ; SGB V § 229 ;

Gründe

I

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit wendet sich der Kläger gegen die Beitragserhebung auf die Kapitalleistung einer Direktversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung. Das SG Mainz hat die Klage dagegen abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 12.11.2018), das LSG Rheinland-Pfalz die Berufung zurückgewiesen. Der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts zur Durchführung der betrieblichen Altersversorgung bliebe bei einem vom (ehemaligen) Arbeitgeber abgeschlossenen und durchgehend als Versicherungsnehmer (weiter-)geführten Versicherungsvertrag erhalten. Soweit der Kläger unter Hinweis auf die Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenze bei der Finanzierung der Versicherung eine Verletzung des Äquivalenzprinzips rüge, sei ihm entgegenzuhalten, dass der Zeitpunkt der Verbeitragung für die Bemessung der beitragspflichtigen Einnahmen maßgebend sei (Urteil vom 17.10.2019). Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde vom 7.11.2019.

II

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG ). Der Kläger hat entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) nicht hinreichend dargelegt.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine abstrakt-generelle Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - allgemeine Bedeutung hat und aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung einer Klärung durch das Revisionsgericht bedarf (Klärungsbedürftigkeit) und fähig (Klärungsfähigkeit) ist. Mit der Beschwerdebegründung ist daher aufzuzeigen, welche rechtliche Frage sich zu einer bestimmten Norm des Bundesrechts iS des § 162 SGG stellt. Hierzu ist anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums auszuführen, weshalb eine Klärung erforderlich und im angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Schließlich ist darzulegen, dass der angestrebten Entscheidung eine über den Einzelfall hinausgehende Breitenwirkung zukommt (vgl BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

Der Kläger hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam,

"ob für die Frage der Wahrung des Äquivalenzprinzips - und damit die Rechtmäßigkeit der Verbeitragung - darauf abzustellen ist, ob die Versicherung aus Einkommen des Arbeitnehmers, das dieser oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze bezogen hat, abzustellen ist oder allein auf die Einkommenssituation zum Zeitpunkt der Verbeitragung".

Es kann offenbleiben, ob der Kläger damit eine hinreichend konkrete Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer revisiblen Norm des Bundesrechts 162 SGG ) mit höherrangigem Recht formuliert hat. Er hat jedenfalls die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage nicht hinreichend dargelegt. Eine Rechtsfrage ist dann als höchstrichterlich geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig anzusehen, wenn diese bereits beantwortet ist. Ist sie noch nicht ausdrücklich entschieden, genügt es, dass schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der vom Beschwerdeführer als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG Beschluss vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN; s auch Beschluss vom 28.11.2018 - B 12 R 34/18 B - juris RdNr 6). Die Beschwerdebegründung lässt eine substantiierte Auseinandersetzung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung vermissen.

Insbesondere zeigt der Kläger nicht auf, inwieweit sich seine Frage nicht bereits durch die Urteile des BSG vom 12.11.2008 ( B 12 KR 10/08 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 6) und vom 26.2.2019 ( B 12 KR 17/18 R - BSGE 127, 254 = SozR 4-2500 § 229 Nr 24) beantworten lässt. Danach beruhen die Regelungen der §§ 237 , 229 SGB V auf einem Begriff der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, der auf die aktuell zufließenden Einkünfte abstellt, während die Art und Weise, wie diese Einkünfte im Einzelfall begründet wurden, außer Betracht bleibt ( BSG Urteil vom 12.11.2008 - B 12 KR 10/08 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 6 RdNr 36). Ob die Lebensversicherung in der Ansparphase aus dem Brutto- oder Nettoentgelt, aus beitragsfreiem oder ggf aus oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegendem Arbeitsentgelt finanziert wird, ist insoweit unerheblich (vgl BSG Urteil vom 26.2.2019 - B 12 KR 17/18 R - BSGE 127, 254 = SozR 4-2500 § 229 Nr 24, RdNr 17; vgl auch BVerfG Beschluss vom 6.9.2010 - 1 BvR 739/08 - SozR 4-2500 § 229 Nr 10 = juris RdNr 11). Demgegenüber stellt der Kläger im Wesentlichen auf den Vergleich mit der gesetzlichen Rentenversicherung und das Äquivalenzprinzip im Sinne einer Relation zwischen Leistung und Gegenleistung ab; dabei geht er von einer "nachgelagerten Verbeitragung" aus. Mit den oben genannten Grundsätzen in der gesetzlichen Krankenversicherung setzt er sich aber nicht auseinander. Ebenso wenig geht er darauf ein, dass die gesetzliche Rente als Maßstab für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit insbesondere bei solchen Arbeitnehmern, deren Einkünfte über der Beitragsbemessungsgrenze liegen, nur eingeschränkt geeignet ist (vgl BSG Urteil vom 12.11.2008 - B 12 KR 10/08 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 6 RdNr 38).

Der Beschwerdebegründung kann auch nicht entnommen werden, dass die Entscheidungen des BSG zB in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung oder in der rechtswissenschaftlichen Literatur Widerspruch bzw Kritik hervorgerufen hätten. Dies wäre aber zur Darlegung notwendig, dass trotz dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung noch oder wieder Klärungsbedarf besteht (vgl zu diesem Darlegungserfordernis BSG Beschluss vom 23.6.2010 - B 12 KR 14/10 B - juris RdNr 11 mwN). Insoweit reicht es nicht, dass der Kläger auf die Ausarbeitung des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags verweist, die zu der Frage einer Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung bei regressiver Abflachung der Rentenhöhe ergangen ist.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Rheinland-Pfalz, vom 17.10.2019 - Vorinstanzaktenzeichen L 5 KR 310/18
Vorinstanz: SG Mainz, vom 12.11.2018 - Vorinstanzaktenzeichen S 14 KR 156/18