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BSG - Entscheidung vom 14.08.2020

B 5 R 148/20 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1
SGB VI § 263 Abs. 3

BSG, Beschluss vom 14.08.2020 - Aktenzeichen B 5 R 148/20 B

DRsp Nr. 2020/13927

Altersrente unter weitergehender Berücksichtigung einer Hochschulausbildung Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Verfassungsmäßigkeit der Begrenzung der Gesamtleistungsbewertung nur für Zeiten der Schulausbildung oder Hochschulausbildung

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Hamburg vom 26. Mai 2020 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ; SGB VI § 263 Abs. 3 ;

Gründe

I

Der Kläger begehrt eine höhere Altersrente unter weitergehender Berücksichtigung seiner Hochschulausbildung. Die Beklagte bewilligte mit Bescheiden vom 21.4.2006, 24.8.2006 und Widerspruchsbescheid vom 20.11.2006 Rente unter Berücksichtigung der Hochschulausbildung im Umfang von 24 Monaten und 0,0391 Entgeltpunkten pro Monat. Der Widerspruch des Klägers war ebenso erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 20.11.2006) wie seine Klage (Urteil des SG vom 29.5.2019). Das LSG Hamburg hat mit Beschluss vom 26.5.2020 die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil zurückgewiesen. Die Zeit der Schul- bzw Hochschulausbildung sei nach § 263 Abs 3 SGB VI zutreffend bewertet worden.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt und eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend gemacht 160 Abs 2 Nr 1 SGG ).

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Ein Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG wird in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (stRspr, zB BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 4 mwN; Fichte in Fichte/Jüttner, SGG , 3. Aufl 2020, § 160a RdNr 32 ff). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Der Kläger formuliert als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, "ob eine Verallgemeinerung - Typisierung - von allen Hochschul- und Fachhochschulausbildungen zulässig ist, nämlich auch dann, wenn vergleichbare Abschlüsse von Hochschul- oder Fachhochschulausbildungen auch an einer Fachschule hätten erworben werden können".

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger damit eine aus sich heraus verständliche Rechtsfrage zur Auslegung revisibler (Bundes-)Normen formuliert, an der das Beschwerdegericht die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen könnte (vgl dazu BSG Beschlüsse vom 2.3.2015 - B 12 KR 60/14 B - juris RdNr 15 und vom 4.4.2016 - B 13 R 43/16 B - BeckRS 2016, 68283 RdNr 6; Becker, SGb 2007, 261 , 265; Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 181). Sofern es dem Kläger darum geht, die Verfassungsmäßigkeit der Begrenzung der Gesamtleistungsbewertung nur für Zeiten der Schul-

oder Hochschulausbildung - nicht auch für Zeiten einer Fachschulausbildung - in § 263 Abs 3 SGB VI zu überprüfen, hat das BSG , wie der Kläger selbst vorträgt, diese Frage bereits entschieden. Danach ist die Regelung auch unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgebots des Art 3 Abs 1 GG nicht zu beanstanden (Urteile vom 19.4.2011, ua B 13 R 27/10 R - BSGE 108, 126 = SozR 4-2600 § 74 Nr 3; das BVerfG hat gegen die Parallelenscheidungen erhobene Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen: BVerfG <Kammer> Beschluss vom 18.5.2016 - 1 BvR 2217/11 ua - juris). Wie das BSG in den genannten Entscheidungen näher ausgeführt hat, ist der Umstand, dass Hochschulabsolventen nicht in jedem Fall überdurchschnittlich verdienen, nicht geeignet, die typisierende Vorgehensweise des Gesetzgebers zu beanstanden ( BSG aaO RdNr 63; zur Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers s auch BVerfG <Kammer> aaO RdNr 27). Die Annahme des Gesetzgebers, dass Hochschulabsolventen im späteren Erwerbsleben durch ihre höhere berufliche Qualifikation bessere Arbeitsverdienste aufweisen und deswegen überdurchschnittliche Rentenanwartschaften erwerben, ist durch die verfügbaren Studien nicht widerlegt ( BSG aaO RdNr 64 mwN).

Der Kläger zeigt nicht auf, inwiefern trotz dieser bereits vorhandenen höchstrichterlichen Entscheidungen weiterer Klärungsbedarf besteht. Seine Behauptung, Studienabschlüsse in Volkswirtschaft oder Betriebswirtschaft an einer Fachschule seien den Abschlüssen in diesen Fächern an einer Hochschule oder Fachhochschule "gleichzustellen", wird nicht einmal ansatzweise belegt und lässt außer Acht, dass es sich um formal unterschiedliche Abschlüsse in deutlich unterschiedlichen Ausbildungsgängen handelt. In gleicher Weise fehlt jegliche Substantiierung für die Behauptung, dass Versicherte mit einem Hochschul- oder Fachhochschulstudium in Betriebswirtschaft oder Volkswirtschaft "im Regelfall (…) keine besseren Verdienstmöglichkeiten" hätten als Versicherte, die diese Fächer an einer Fachschule absolviert haben. Daten oder Studien, welche die in der genannten Entscheidung des BSG enthaltenen Aussagen zu den deutlichen wirtschaftlichen Vorteilen einer Ausbildung an Universitäten oder Fachhochschulen ( BSG aaO RdNr 60) relativieren würden, hat der Kläger nicht benannt. Mit Behauptungen "ins Blaue hinein" lässt sich ein weiterhin bestehender Klärungsbedarf zu einer sich ernstlich stellenden Rechtsfrage nicht aufzeigen.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Hamburg, vom 26.05.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 3 R 72/19
Vorinstanz: SG Hamburg, vom 29.05.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 33 R 845/17