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BSG - Entscheidung vom 14.12.2020

B 11 AL 11/20 BH

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3
SGG § 73a Abs. 1 S. 1
ZPO § 114

BSG, Beschluss vom 14.12.2020 - Aktenzeichen B 11 AL 11/20 BH

DRsp Nr. 2021/3591

Ablehnung eines Prozesskostenhilfeantrags Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. September 2020 Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ; SGG § 73a Abs. 1 S. 1; ZPO § 114 ;

Gründe

Dem Antrag der Klägerin auf Bewilligung von PKH kann nicht stattgegeben werden. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein beim BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter 73 Abs 4 SGG ) in der Lage wäre, die von der Klägerin angestrebte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG erfolgreich zu begründen.

Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist nach summarischer Prüfung des Streitstoffs aufgrund des Inhalts der beigezogenen Verfahrens- und Verwaltungsakten und des Vorbringens der Klägerin nicht ersichtlich.

Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) ist nicht gegeben. Sie ist nur dann anzunehmen, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Es ist nicht erkennbar, dass sich wegen der Entscheidung der Vorinstanz Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen. Das Berufungsverfahren betraf im Wesentlichen die Frage, ob die Klägerin die Ausschlussfrist des § 324 Abs 3 SGB III aus nicht selbst zu vertretenden Gründen versäumt hat. Damit ist allein eine Subsumtionsfrage aufgeworfen, die anhand der Umstände des konkreten Falles zu beurteilen ist, die aber deswegen nicht abstrakt klärungsbedürftig und ohne über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung ist (vgl BSG vom 12.3.2020 - B 11 AL 1/20 BH - juris RdNr 3). In der Rechtsprechung des BSG ist bereits geklärt, dass es für den Fristbeginn unerheblich ist, ob der Arbeitnehmer Kenntnis vom Insolvenzereignis hat ( BSG vom 26.8.1983 - 10 RAr 1/82 - BSGE 55, 284 = SozR 4100 § 141e Nr , juris RdNr zu § 141e Abs 1 Satz 2 AFG ) und dass der Arbeitnehmer auch leichte Fahrlässigkeit zu vertreten hat (zuletzt BSG vom 4.4.2017 - B 11 AL 93/16 B - juris RdNr 22).

Es ist auch nicht erkennbar, dass die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG abweicht, weshalb eine Divergenzrüge keine Aussicht auf Erfolg verspricht 160 Abs 2 Nr 2 SGG ).

Schließlich ist nicht erkennbar, dass die Klägerin einen Verfahrensmangel geltend machen könnte, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG ). Das Vorbringen der Klägerin, es liege eine Verletzung des Widerstandrechts aus Art 20 Abs 4 GG vor, ist unzutreffend. Aber auch eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art 103 Abs 1 GG , § 62 SGG durch eine sog Überraschungsentscheidung ist nicht ersichtlich. Vielmehr steht der Umstand, dass das LSG gemäß § 153 Abs 2 SGG selbständig tragend auf die Entscheidungsgründe des SG Bezug genommen hat - eigene Ausführungen des LSG waren nur "ergänzend" - der Annahme entgegen, dass es sich bei der Entscheidung des LSG um eine Überraschungsentscheidung gehandelt hat. Eine Überraschungsentscheidung liegt nur vor, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt oder auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (stRspr; siehe nur BVerfG vom 7.10.2003 - 1 BvR 10/99 - BVerfGE 108, 341 , 345 f = juris RdNr 14 mwN; BSG vom 4.7.2018 - B 11 AL 22/18 B - juris RdNr 4 mwN). Dies ist aber ausgeschlossen, wenn das LSG seine Entscheidung auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung stützt.

Vorinstanz: LSG Berlin-Brandenburg, vom 03.09.2020 - Vorinstanzaktenzeichen L 14 AL 112/18
Vorinstanz: SG Berlin, vom 12.07.2018 - Vorinstanzaktenzeichen S 52 AL 934/17