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BSG - Entscheidung vom 09.01.2020

B 8 SO 16/19 BH

Normen:
SGG § 73a Abs. 1 S. 1
ZPO § 114
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 09.01.2020 - Aktenzeichen B 8 SO 16/19 BH

DRsp Nr. 2020/3545

Ablehnung eines Prozesskostenhilfeantrags Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. Mai 2019 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt P. beizuordnen, wird abgelehnt.

Normenkette:

SGG § 73a Abs. 1 S. 1; ZPO § 114 ; SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

I

Der 1939 geborene Kläger bezieht eine Altersrente von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Rheinland und erhält von der Beklagten seit März 2016 laufend ergänzende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - ( SGB XII ).

Mit Schreiben vom 28.6.2017 informierte die Beklagte den Kläger über die ab 1.7.2017 geltende Neuregelung des § 41a SGB XII . Zukünftig würden nach Ablauf der vierten Woche eines Auslandsaufenthalts bis zur nachgewiesenen Rückkehr ins Inland keine Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII mehr erbracht. Die hiergegen eingelegte "Beschwerde" wertete die Beklagte als Widerspruch, den sie mit Widerspruchsbescheid vom 5.12.2017 als unzulässig zurückwies, da ein Verwaltungsakt nicht vorliege. Die Klage, mit der der Kläger insbesondere das Ziel verfolgt hat, "die Vorschrift des § 41a SGB XII vor das Bundesverfassungsgericht zu bringen", hat keinen Erfolg gehabt (Urteil des Sozialgerichts <SG> Aachen vom 23.2.2018; Beschluss des Landessozialgerichts <LSG> Nordrhein-Westfalen vom 17.5.2019). Mangels Verwaltungsakt scheide eine Anfechtungsklage aus; auch eine allgemeine Leistungsklage, gerichtet auf Rücknahme des Informationsschreibens sei mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, ebenso eine Feststellungsklage.

Der Kläger hat beim Bundessozialgericht ( BSG ) die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für die Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG und die Beiordnung von Rechtsanwalt P. beantragt. Die Entscheidung der Vorinstanz sei "sehr stark kapitalistisch und CDU-Partei verseucht".

II

Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG> iVm § 114 Zivilprozessordnung <ZPO>); daran fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg wäre nur zu bejahen, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten 73 Abs 4 SGG ) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Der Rechtssache kommt nach Aktenlage keine grundsätzliche Bedeutung zu 160 Abs 2 Nr 1 SGG ). Klärungsbedürftige Rechtsfragen wegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt 54 Abs 1 SGG ) stellen sich angesichts der gefestigten Rechtsprechung des BSG insbesondere zum sog formellen Verwaltungsakt nicht (vgl etwa BSG vom 18.9.1997 - 11 RAr 85/96 - SozR 3-4100 § 34 Nr 4 - juris RdNr 15; BSG vom 5.9.2006 - B 4 R 71/06 R - BSGE 97, 63 = SozR 4-2500 § 255 Nr 1 RdNr 16; BSG vom 7.2.2012 - B 13 R 109/11 R - juris RdNr 15); entsprechendes gilt für die Zulässigkeitsvoraussetzung des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses bei einer allgemeinen Leistungsklage 54 Abs 5 SGG ; vgl dazu BSG vom 29.1.2014 - B 5 R 36/12 R - BSGE 115, 110 = SozR 4-1200 § 53 Nr 4 RdNr 19; BSG vom 9.8.2018 - B 14 AS 38/17 R - BSGE 126, 180 = SozR 4-4200 § 22 Nr 97 RdNr ). Auch hinsichtlich einer (vorbeugenden) Feststellungsklage 55 Abs 1 Nr 1 SGG ) sind klärungsbedürftige Rechtsfragen angesichts der ständigen Rechtsprechung des BSG zur Notwendigkeit eines hinreichend konkreten Lebenssachverhalts oder einem hinreichend konkret bevorstehenden Verwaltungshandeln in Form belastender Maßnahmen nicht ersichtlich (vgl BSG vom 5.7.2018 - B 8 SO 21/16 R - SozR 4-3500 § 94 Nr 1 RdNr 17; BSG vom 15.6.2016 - B 4 AS 36/15 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 90 RdNr 18, jeweils mwN; vgl auch BSG vom 21.8.2019 - B 8 SO 28/19 B - juris RdNr 4 zu einer Klage gegen eine zukünftige Anwendung des § 41a SGB XII ).

Anhaltspunkte dafür, dass eine Divergenzrüge 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) Aussicht auf Erfolg versprechen könnte, bestehen nach dem Vorstehenden ebenso wenig.

Es ist schließlich auch nicht erkennbar, dass ein Verfahrensmangel 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG ) mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könnte. Insbesondere ist der Kläger vor der Entscheidung des LSG angehört worden 153 Abs 4 Satz 2 SGG ). Zu Recht sind SG und LSG auch davon ausgegangen, dass die Klage gegen das Informationsschreiben sowohl als Anfechtungsklage als auch als ggf denkbare Fortsetzungsfeststellungsklage, als Leistungsklage oder als allgemeine Feststellungsklage unzulässig war.

Da dem Kläger keine PKH zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO nicht in Betracht.

Vorinstanz: LSG Nordrhein-Westfalen, vom 17.05.2019 - Vorinstanzaktenzeichen L 20 SO 294/18
Vorinstanz: SG Aachen, vom 23.02.2018 - Vorinstanzaktenzeichen S 19 SO 181/17