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BGH - Entscheidung vom 13.02.2020

X ZR 6/18

Normen:
PatG § 119 Abs. 5
PatG § 83
PatG § 119 Abs. 5
PatG § 83
PatG § 83
PatG § 119 Abs. 5

Fundstellen:
GRUR 2020, 728
MDR 2020, 870

BGH, Urteil vom 13.02.2020 - Aktenzeichen X ZR 6/18

DRsp Nr. 2020/7487

Zurückverweisung einer Patentsache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Patentgericht im Falle der Aufhebung des patentgerichtlichen Urteils durch den Bundesgerichtshof; Beurteilung einer identischen Offenbarung; Patentfähigkeit einer Befestigungseinrichtung

a) Im Patentnichtigkeitsverfahren ist die Sache im Falle der Aufhebung des patentgerichtlichen Urteils durch den Bundesgerichtshof mangels Sachdienlichkeit regelmäßig zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Patentgericht zurückzuverweisen, wenn dieses eine Erstbewertung des Stands der Technik unter dem Gesichtspunkt der Patentfähigkeit noch nicht vorgenommen hat (Bestätigung von BGH, Urteil vom 7. Juli 2015 - X ZR 64/13, GRUR 2015, 1095 Rn. 39 - Bitratenreduktion I).b) Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Berufungsnichtigkeitsverfahren kann jedoch sachdienlich sein, wenn sich das Patentgericht in seinem Hinweis nach § 83 PatG unter Berücksichtigung des beiderseitigen Vorbringens mit der Patentfähigkeit des Gegenstands des Streitpatents befasst hat.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des 7. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 7. Dezember 2017 abgeändert.

Das europäische Patent 1 338 711 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt, soweit Patentanspruch 1 über eine Fassung hinausgeht, in der vor dem Wort "Befestigungseinrichtung" das Wort "versenkbare" eingefügt ist, und die weiteren Ansprüche auf den so gefassten Anspruch rückbezogen sind.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Normenkette:

PatG § 83 ; PatG § 119 Abs. 5 ;

Tatbestand

Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 338 711 (Streitpatents), das am 16. Januar 2003 unter Inanspruchnahme einer italienischen Priorität vom 26. Februar 2002 angemeldet wurde und eine Befestigungseinrichtung für wandhängende Objekte betrifft. Patentanspruch 1, auf den sich die übrigen elf Patentansprüche beziehen, lautet in der Verfahrenssprache:

"Bausatz mit einem an einer Wand aufzuhängenden Objekt (17) und einer Befestigungseinrichtung (10) für dieses Objekt, die ein Rohr (11), eine Spannhülse (18), ein Schraubelement (24) und ein VormontageGehäuse (19) zum Herstellen eines Kontakts zwischen Hülse (18) und Objekt (17) umfasst, wobei im Gebrauchszustand

- das Rohr (11) einen mit einem Innengewinde versehenen Abschnitt (12) für den Eingriff mit einem mit einem Gegengewinde versehenen Bolzen (13) zum freitragenden Befestigen an einer Wand (14) aufweist, wobei das Rohr (11) in ein entsprechendes Durchgangsloch (15) eines Teils (16) des aufzuhängenden Objekts (17) einzuführen ist,

- die Spannhülse (18) so einsetzbar ist, dass sie das auf den Bolzen (13) geschraubte Rohr (11) bis zum Anstoßen gegen eine Innenwand des Teils (16) des aufzuhängenden Objekts (17) umgibt,

- das Schraubenelement (24) in ein radiales Durchgangsloch (25) der Hülse (18) eingreift und mit dem entsprechenden Ende auf eine geneigte Fläche (27) einwirkt, die von einer entsprechenden radialen Vertiefung (28) des Rohrs (11) gebildet ist,

wobei das Anziehen des Schraubenelements (24) durch das Vorhandensein der geneigten Fläche (27) eine Zugwirkung auf das Rohr (11) und eine Schubwirkung der Hülse (18) in axialer Richtung bezüglich des Bolzens (13) auf den Teil des aufzuhängenden Objekts (17) hervorruft, um dieses gegen die Wand zu spannen."

Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig und gehe über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldeunterlagen hinaus. Die Beklagte hat das Streitpatent mit dem Hauptantrag und mit fünf Hilfsanträgen in geänderter Fassung verteidigt. Die mit dem Hauptantrag verteidigte Fassung von Patentanspruch 1 sieht als zusätzliches Merkmal gegenüber der erteilten Fassung vor, dass die Befestigungseinrichtung versenkbar ist.

Das Patentgericht hat das Streitpatent unter Abweisung der weitergehenden Klage für nichtig erklärt, soweit sein Gegenstand über die mit Hilfsantrag IIa verteidigte Fassung hinausgeht, nach der in Patentanspruch 1 vor dem Wort "Befestigungseinrichtung (10)" das Wort "versenkbare" und nach dem Wort "Vormontage-Gehäuse (19)" die Wörter "mit einem becherförmigen Abschnitt (20) und elastisch verformbaren Flügeln (21) mit hakenförmigen Enden (22)" eingefügt und die Patentansprüche 4 und 5 gestrichen sind. Die danach verbleibenden Patentansprüche sollen sich auf die geänderte Fassung von Patentanspruch 1 rückbeziehen; Rückbezüge auf die Patentansprüche 4 und 5 der erteilten Fassung sollen entfallen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die das Streitpatent weiterhin in der Fassung ihres erstinstanzlichen Hauptantrags und mit den erstinstanzlichen Hilfsanträgen I und II sowie zwei zusätzlichen Hilfsanträgen (Ia und Ib) verteidigt. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist begründet und führt, soweit die Beklagte das Streitpatent noch verteidigt, zur Abweisung der Klage.

I. Das Streitpatent betrifft einen Bausatz bestehend aus einem wandhängenden Objekt und einer hierfür vorgesehenen Befestigungseinrichtung.

1. In der Beschreibung des Streitpatents wird ausgeführt, dass herkömmliche Sanitärobjekte zunehmend durch freitragend an der Wand befestigte Objekte ohne auf dem Boden aufstehende Stützen oder Füße (so genannte wandhängende Objekte) ersetzt würden. Diese seien den herkömmlichen Objekten in Bezug auf Hygiene, Platzverbrauch im Badezimmer und das ästhetische Erscheinungsbild in der Regel überlegen. Der einzige Nachteil der wandhängenden Objekte bestehe darin, dass bei den normalerweise hierfür vorgesehenen Befestigungssystemen die Befestigungspunkte sichtbar seien und dadurch das ästhetische Erscheinungsbild stark beeinträchtigt werde.

Das Patentgericht hat unter Bezugnahme auf die Formulierung der Hauptaufgabe in der Streitpatentschrift angenommen, das technische Problem bestehe darin, einen Bausatz mit einem an der Wand aufzuhängenden Objekt und einer Befestigungseinrichtung für dieses Objekt zur Verfügung zu stellen, der eine einfache, sichere und vollständig versenkbare Befestigung dieses Objekts an der Wand ermöglicht. Die Gestaltung der Befestigung als versenkbar gehört indessen nicht zur Aufgabe, sondern ist bereits Teil der erfindungsgemäßen Lösung. Das technische Problem ist mit Rücksicht hierauf und unter Einbeziehung der weiteren, in der Streitpatentschrift im Zusammenhang mit der Aufgabenbeschreibung genannten Aspekte allgemein darin zu sehen, einen Bausatz mit einem an der Wand aufzuhängenden Objekt und einer Befestigungseinrichtung für dieses Objekt zur Verfügung zu stellen, der eine nicht sichtbare aber dennoch sichere und präzise Befestigung des Objekts bei einfacher Montierbarkeit ermöglicht.

2. Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent in der von der Beklagten mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung einen Bausatz vor, dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen (Änderungen der erteilten Fassung von Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag unterstrichen; zusätzliche Merkmale von Patentanspruch 1 in der Fassung des angefochtenen Urteils [Hilfsantrag IIa] kursiv; Gliederungspunkte des Patentgerichts in eckigen Klammern):

1.

Der Bausatz besteht aus

1.1

einem an einer Wand aufzuhängenden Objekt (17) [0] und

1.2

einer versenkbaren Befestigungseinrichtung (10) für dieses Objekt [0], die umfasst

1.2.1

ein Rohr (11) [1],

1.2.2

einen Bolzen (13) zum freitragenden Befestigen an einer Wand [1.1.1 (teilweise); 1.1.2],

1.2.3

eine Spannhülse (18) [2],

1.2.4

ein Schraubelement (24) [3] und

1.2.5

ein Vormontage-Gehäuse (19) [4].

2.

Im Gebrauchszustand gilt:

2.1

Das Rohr (11)

2.1.1

weist auf

2.1.1.1 einen mit einem Innengewinde versehenen Abschnitt (12), der in ein am Bolzen (13) vorgesehenes Gegengewinde eingreift [1.1.1], und

2.1.1.2 eine geneigte Fläche (27), die von einer entsprechenden radialen Vertiefung (28) des Rohrs (11) gebildet ist [3.2], und

2.1.2

ist in ein entsprechendes Durchgangsloch (15) eines Teils (16) des aufzuhängenden Objekts (17) eingeführt ("einzuführen") [1.2];

2.2

die Spannhülse (18)

2.2.1

ist so einsetzbar, dass sie das auf den Bolzen (13) geschraubte Rohr (11) bis zum Anstoßen gegen eine Innenwand des Teils (16) des aufzuhängenden Objekts (17) umgibt [2.1];

2.3

Das Schraubelement (24)

2.3.1

greift in ein radiales Durchgangsloch (25) der Hülse (18) ein [3.1] und

2.3.2

wirkt mit dem entsprechenden Ende auf die geneigte Fläche (27) ein [3.2],

2.3.3

wobei das Anziehen des Schraubenelements (25) durch das Vorhandensein der geneigten Fläche (27) hervorruft [3.3]:

2.3.2.1 eine Zugwirkung auf das Rohr (11) [3.3.1] und

2.3.2.2 eine Schubwirkung der Hülse (18) in axialer Richtung bezüglich des Bolzens (13) auf den Teil (16) des aufzuhängenden Objekts (17) [3.3.2],

2.3.2.3 um das Objekt (17) gegen die Wand zu spannen [3.3.3].

3.

Das Vormontage-Gehäuse (19)

3.1

stellt einen Kontakt zwischen Hülse (18) und Objekt (17) [4] her;

3.2

und weist auf

3.2.1

einen becherförmigen Abschnitt (20) und

3.2.2

elastisch verformbare Flügel (21) mit hakenförmigen Enden (22).

3. Wie das Patentgericht von den Parteien nicht beanstandet und zutreffend ausgeführt hat, ist als Fachmann ein Maschinenbauingenieur mit Berufserfahrung auf dem Gebiet der Konstruktion und Fertigung von Befestigungselementen und -systemen, insbesondere im Installationsbereich, anzusehen.

4. Dieser entnimmt der erfindungsgemäßen Lehre, dass das Objekt mittels einer versenkbaren - und infolgedessen nach der Endmontage ("im Gebrauchszustand") nicht mehr sichtbaren - Befestigungseinrichtung an der Wand aufgehängt wird. Die Befestigungseinrichtung umfasst dafür ein Rohr, das an seinem einen Ende auf einem in der Wand befestigten Bolzen aufgeschraubt, durch ein an einem Teil des Objekts befindliches Durchgangsloch geführt und an dessen anderem Ende eine Spannhülse angeordnet ist, die an der Innenwand des Teils des Objekts anliegt und das Objekt infolge der beim Anziehen des Schraubelements ausgehenden Schubwirkung der Hülse gegen die Wand spannt und dergestalt befestigt.

Von zentraler Bedeutung für die einfache Montage einer solchen Befestigungseinrichtung ist, dass die Spannhülse an der Innenwand des Teils des aufzuhängenden Objekts festgelegt werden kann, an dem dieses an der Wand befestigt werden soll. Hierfür ist erfindungsgemäß ein Vormontage-Gehäuse vorgesehen, das den Kontakt zwischen der Spannhülse und dem wandhängenden Objekt herstellt (Merkmal 3.1). Zudem ist vorgesehen, dass die Spannhülse so einsetzbar sein muss, dass sie das auf den Bolzen aufgeschraubte Rohr bis zum Anstoßen gegen die Innenwand des aufzuhängenden Objekts umgibt (Merkmal 2.2.1). Daraus folgt, dass das Vormontage-Gehäuse die Spannhülse nach der Vormontage in einer Position hält, in der die Spannhülse gegen die Innenwand des Objekts anliegt, so dass es möglich wird, beide Teile bei der Endmontage auf das über den Bolzen an der Wand befestigte Rohr zu schieben und beim Anziehen des Schraubelements die dadurch hervorgerufene Schubwirkung der Hülse gezielt auf die Rückwand des Objekts aufzubringen, damit dieses gegen die Wand gespannt werden kann.

Weitere Festlegungen dazu, wie das Vormontage-Gehäuse im Einzelnen ausgestaltet sein muss, enthält Patentanspruch 1 nicht. Insbesondere ist es auch in das Ermessen des Fachmanns gestellt, ob er das VormontageGehäuse als gegenüber der Spannhülse gesondertes Bauteil oder einstückig im Verbund mit der Hülse ausbildet. Das ergibt sich bei Heranziehung der beiden als "erfindungsgemäß" bezeichneten Ausführungsbeispiele des Streitpatents, die, wie nachfolgend noch weiter ausgeführt wird, für beide Varianten eine mögliche Ausgestaltung offenbaren.

a) Das erste in der Beschreibung des Streitpatents geschilderte Ausführungsbeispiel umfasst ein Vormontage-Gehäuse, dessen Gestaltung in den Figuren 3 und 4 des Streitpatents wiedergegeben ist.

Danach weist das Gehäuse einen becherförmigen Abschnitt (20) und mehrere auseinandergehende, vorwiegend axial verlaufende und auf Biegung elastisch verformbare Flügel (21) sowie Positionierungsflügel (20a) auf, die sich seitlich von der Grundfläche des becherförmigen Abschnitts (20) aus erstrecken.

Anordnung und Funktionsweise des Vormontage-Gehäuses bei diesem Ausführungsbeispiel ergeben sich aus den nachfolgend wiedergegebenen Figuren 5 und 7 des Streitpatents:

Danach nimmt das Vormontage-Gehäuse (19) in seinem becherförmigen Abschnitt (20) die Hülse (18) auf und wird zusammen mit dieser an dem Sanitärobjekt eingesetzt. Hierfür werden die Flügel (21) des Gehäuses in die Bohrung (15) eingeführt bis die Flügelenden (22) in den Sitz (23) eingreifen, während die Positionierungsflügel (20a) des Gehäuses an der Innenseite des Objekts zur Anlage kommen. Das Schraubelement (24) ist dabei fast vollständig losgeschraubt und hängt über die radialen Durchgangslöcher (29) und (25) des Vormontage-Gehäuses und der Hülse mit seinem Ende (26) innerhalb der Hülse (Beschr. Abs. 25, 26 und 29). Das Rohr (11) wird so weit auf den in der Wand (14) befestigten Bolzen (13) geschraubt, dass beim anschließenden Einführen des Rohrs in die Hülse die geneigte Fläche (27) auf der Höhe des Schraubelements angeordnet ist, so dass mit dem Anziehen des Schraubelements die Zug- und Schubwirkung gemäß den Merkmalen 4.2.1 und 4.2.2 ausgeübt und das Objekt gegen die Wand gespannt wird (Beschr. Abs. 35 und 36).

b) Die Befestigungseinrichtung nach dem zweiten Ausführungsbeispiel, das in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 9 des Streitpatents dargestellt ist, weist kein gesondertes Bauteil auf, mit dem der Kontakt zwischen der Hülse und dem zu befestigenden Objekt im Wege der Vormontage vermittelt wird.

Stattdessen ist die Hülse selbst vergleichbar dem Vormontage-Gehäuse im ersten Ausführungsbeispiel mit mehreren auseinandergehenden, vorwiegend axial verlaufenden und auf Biegung elastisch verformbaren Flügeln und Positionierungsflügeln versehen, die sich einstückig von ihr erstrecken. Wie beim Vormontage-Gehäuse des ersten Ausführungsbeispiels wird der Kontakt der Hülse mit dem Sanitärobjekt in der Weise vermittelt, dass die Flügel in die für die Aufhängung des Objekts vorgesehene Bohrung (115) eingeführt werden und sich die seitlich von der Grundfläche der Hülse aus erstreckenden Positionierungsflügel an die Innenseiten des Sanitärobjekts anlegen (Beschr. Abs. 42 und 43). Damit erfüllt die Hülse neben der ihr eigentlich zukommenden Funktion im zweiten Ausführungsbeispiel auch die Funktion eines Vormontagemittels. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass es nach der Beschreibung bei dieser Ausführungsform für zweckmäßig erachtet wird, wenn im Sitz (123) des Objekts zwischen zwei benachbarten Flügeln ein radialer Zahn (123a) angeordnet ist, der dort einen Vormontage-Anschlag der Hülse bildet (Beschr. Abs. 45).

II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Das Streitpatent gehe in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldeunterlagen hinaus. Diese offenbarten kein Vormontage-Gehäuse in der Allgemeinheit, wie es nach Patentanspruch 1 der verteidigten Fassung vorgesehen sei, in der es zum VormontageGehäuse lediglich heiße, dass es einen Kontakt zwischen Hülse und Objekt herstelle. Beim ersten in der Anmeldung geschilderten Ausführungsbeispiel werde der Kontakt zwischen Hülse und Objekt durch ein Vormontage-Gehäuse vermittelt, das einen becherförmigen Abschnitt zum Aufnehmen der Hülse und mehrere auseinandergehende, vorwiegend axial verlaufende und auf Biegung elastisch verformbare Flügel habe, die außerhalb des Rohrs in das für die Aufhängung des Objekts vorgesehene Loch einführbar seien, bis ihre hakenförmigen Enden in einen auf der anderen Seite des Objektteils ausgebildeten Sitz eingriffen. Beim zweiten in der Anmeldung dargestellten Ausführungsbeispiel weise die Hülse selbst mehrere auseinandergehende, vorwiegend axial verlaufende und auf Biegung elastisch verformbare Flügel auf, die wie die Flügel des becherförmigen Abschnitts des Vormontage-Gehäuses beim ersten Ausführungsbeispiel außerhalb des Rohrs in das für die Aufhängung des Objekts vorgesehene Loch eingeführt werden könnten. Nach beiden Ausführungsbeispielen und somit unabhängig davon, ob das Vormontage-Gehäuse als gesondertes Bauteil oder einstückig durch eine entsprechende Gestaltung der Hülse ausgeführt sei, seien zur Herstellung des Kontakts zwischen Hülse und Objekt jedenfalls elastisch verformbare Flügel mit hakenförmigen Enden vorgesehen. Andere Möglichkeiten zur Herstellung des Kontakts seien in den Anmeldeunterlagen nicht angesprochen, so dass der Fachmann ihnen nicht die Lehre entnehmen könne, dass der Kontakt allgemein durch ein Vormontage-Gehäuse vermittelt werde. Eine Verallgemeinerung der in der Anmeldung beschriebenen Ausführungsbeispiele in diesem Sinne komme nicht in Betracht, da der Begriff "Vormontage-Gehäuse" keinen feststehenden Inhalt habe, der dem Fachmann die Vorstellung vermitteln könnte, dass außer den in den Anmeldeunterlagen beschriebenen Lösungen auch andere Möglichkeiten zur Herstellung eines Kontakts zwischen Hülse und Objekt in Frage kämen. Weitere Möglichkeiten der Kontaktherstellung hätten sich dem Fachmann nach Kenntnisnahme der Anmeldeunterlagen erst aufgrund eigener, von seinem Fachwissen getragener Überlegungen erschlossen. Diese gehörten daher nicht zu der durch die Anmeldung vermittelten technischen Lehre.

Das Streitpatent habe indessen in der mit Hilfsantrag IIa verteidigten Fassung Bestand. Die Verteidigung in dieser Fassung sei zulässig und werde von der Klägerin auch nicht angegriffen.

III. Soweit die Beklagte das Streitpatent nicht mehr verteidigt, verbleibt es ohne weitere Sachprüfung bei der Nichtigerklärung. Im Übrigen hält die Beurteilung des Patentgerichts der Überprüfung im Berufungsverfahren nicht stand. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung beruht nicht auf einer unzulässigen Erweiterung. Er ist zudem patentfähig.

1. Zu Unrecht hat das Patentgericht angenommen, dass der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinausgeht, denen die veröffentlichte Patentanmeldung (KWP4) entspricht.

a) Nach Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 IntPatÜbkG ist ein europäisches Patent mit Wirkung für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären, wenn sein Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht. Der danach maßgebliche Inhalt der Anmeldung ist anhand der Gesamtheit der ursprünglich eingereichten Unterlagen zu ermitteln. Er ist nicht auf den Gegenstand der in der Anmeldung formulierten Ansprüche beschränkt. Entscheidend ist vielmehr, was der mit durchschnittlichen Kenntnissen und Fähigkeiten ausgestattete Fachmann den ursprünglichen Unterlagen als zur Erfindung gehörend entnehmen kann.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gelten für die Beurteilung der identischen Offenbarung die Prinzipien der Neuheitsprüfung. Danach ist erforderlich, dass der Fachmann die im Anspruch bezeichnete technische Lehre den Ursprungsunterlagen unmittelbar und eindeutig als mögliche Ausführungsform der Erfindung entnehmen kann. Bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts sind auch Verallgemeinerungen ursprungsoffenbarter Ausführungsbeispiele zulässig. Dies gilt insbesondere dann, wenn von mehreren Merkmalen eines Ausführungsbeispiels, die zusammengenommen, aber auch für sich betrachtet dem erfindungsgemäßen Erfolg förderlich sind, nur eines oder nur einzelne in den Anspruch aufgenommen worden sind (BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 - X ZR 107/12, BGHZ 200, 63 = GRUR 2014, 542 Rn. 21 ff. - Kommunikationskanal; Beschluss vom 8. November 2016 X ZB 1/16, GRUR 2017, 54 Rn. 44 - Ventileinrichtung; Urteil vom 7. November 2017 - X ZR 63/15, GRUR 2018, 175 Rn. 30 - Digitales Buch).

b) Ausgehend davon ist es nicht zu beanstanden, wenn Patentanspruch 1 in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung lediglich allgemein ein Vormontage-Gehäuse zum Herstellen eines Kontakts zwischen Hülse und Objekt vorsieht, ohne die Merkmale des Vormontage-Gehäuses oder des der Vormontage dienenden Teils der Hülse aus den Patentansprüchen 2 und 4 der Anmeldung bzw. der entsprechenden in der Beschreibung der Anmeldung geschilderten Ausführungsbeispiele zu übernehmen.

aa) Die in den ursprünglich eingereichten Unterlagen und im Streitpatent geschilderten Ausführungsbeispiele weisen als Vormontagemittel zwar durchweg Bauteile auf, die mehrere auseinandergehende, vorwiegend axial verlaufende und auf Biegung elastisch verformbare Flügel mit hakenförmigen Enden haben, die in einen in dem aufzuhängenden Objekt ausgebildeten Sitz eingreifen. Den Anmeldeunterlagen lassen sich indes keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass es für die Lösung des Problems, mit dem sich die Anmeldung befasst, darauf ankommt, dass der Kontakt zwischen Hülse und aufzuhängendem Objekt mit Vormontagemitteln hergestellt wird, die die bei beiden Ausführungsbeispielen übereinstimmend vorgesehenen elastisch verformbaren Flügel mit hakenförmigen Enden aufweisen.

Die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe wird bereits in der Anmeldung dahin formuliert, eine Befestigungseinrichtung zur Verfügung zu stellen, die eine präzise und sichere Befestigung ermöglicht, ohne den ästhetischen Gesamteindruck zu beeinträchtigen, und dabei leicht zu montieren ist (Patentanmeldung Abs. 10-12). Ferner soll die beanspruchte Befestigungseinrichtung sowohl in Bezug auf die Art des Objekts als auch in Bezug auf die Art der Wand flexibel in der Anwendung sein (Patentanmeldung Abs. 13).

Beide in der Anmeldung und in Übereinstimmung mit der Beschreibung des Streitpatents geschilderten Ausführungsbeispiele sehen ein Vormontagemittel vor, das den Kontakt zwischen der Hülse und dem aufzuhängenden Objekt vermittelt. Während im ersten Ausführungsbeispiel hierfür mit dem Vormontage-Gehäuse ein gesondertes Bauteil vorgesehen ist (Patentanmeldung Abs. 22), weist das zweite Ausführungsbeispiel ein mit der Hülse einstückig ausgebildetes Element auf (Patentanmeldung Abs. 39). Beim zweiten Ausführungsbeispiel wird es überdies für zweckmäßig erachtet, wenn das aufzuhängende Objekt in dem Sitz des für die Aufhängung vorgesehenen Lochs einen radialen Zahn aufweist, der sich zwischen zwei benachbarte Flügel der Hülse setzen und so einen Vormontage-Anschlag der Hülse bilden kann (Patentanmeldung Abs. 42). Zudem kann bei beiden Ausführungsbeispielen das Vormontage-Gehäuse bzw. die Hülse mehrere Positionierungsflügel haben, die sich seitlich am Umfang des becherförmigen Abschnitts bzw. seitlich vom Umfang der Hülse aus erstrecken, zur Anlage an der Innenseite des Teils des aufzuhängenden Objekts (Patentanmeldung Abs. 23 und 40; Patentansprüche 3 und 5).

In Anbetracht dieser Beispiele ist es für den Fachmann ohne weiteres ersichtlich, dass ein Objekt dann sicher und dennoch auf einfache Weise ohne sichtbare Befestigungspunkte montiert werden kann, wenn ein Vormontagemittel zwischen Hülse und Objekt einen Kontakt vermittelt (Patentanmeldung Abs. 22), bei dem die Hülse nicht nur gegen die Innenwand des Objekts anstößt (Patentanmeldung Abs. 16, Anspruch 1, jeweils 2. Spiegelstrich), sondern darüber hinaus in dem Objekt sicher und korrekt so positioniert ist, dass beim Anziehen des Schraubelements die dadurch hervorgerufene Schubwirkung der Hülse gezielt auf die Rückwand des Objekts aufgebracht werden kann, um dieses gegen die Wand zu spannen (Patentanmeldung Abs. 16, Anspruch 1, jeweils 4. Spiegelstrich). Dementsprechend erkennt der Fachmann, dass diese allgemeine Lehre in den ursprünglichen Unterlagen lediglich beispielhaft anhand von Vormontagemitteln erläutert wird, die in das für die Aufhängung vorgesehene Loch des Objekts einführbare, elastisch verformbare Flügel aufweisen, die mit Positionierungsflügeln zur Anlage an der Innenseite eines Abschnitts des aufzuhängenden Objekts ausgestattet sind, und deren hakenförmige Enden in einen entsprechenden, am Objekt ausgebildeten Sitz eingreifen.

bb) Vor diesem Hintergrund ist in der Anmeldung hinreichend deutlich offenbart, dass die Erfindung allgemein Befestigungseinrichtungen umfasst, die ein Vormontage-Gehäuse zum Herstellen eines Kontakts zwischen Spannhülse und aufzuhängendem Objekt aufweisen. Folglich war die Beklagte nicht gehindert, die in den Patentansprüchen 2 und 4 und den Ausführungsbeispielen der Anmeldung bezeichneten Vormontagemittel in Patentanspruch 1 in verallgemeinerter Form mit der Formulierung "Vormontage-Gehäuse zum Herstellen eines Kontakts zwischen Hülse und Objekt" aufzunehmen, ohne die in den Ausführungsbeispielen dargestellten Gestaltungselemente im Einzelnen zu benennen.

c) Eine unzulässige Erweiterung liegt auch nicht darin, dass Patentanspruch 1 in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung einen Bausatz bestehend aus einem an einer Wand aufzuhängenden Objekt und einer versenkbaren Befestigungseinrichtung zum Gegenstand hat, und nicht lediglich eine Befestigungseinrichtung für ein solches Objekt betrifft.

Wie das Patentgericht zutreffend entschieden hat, ist ein solcher Bausatz bereits in den Anmeldeunterlagen offenbart. Patentanspruch 12 der Anmeldung betrifft ein Objekt zum Aufhängen, das eine (Befestigungs-)Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche verwendet.

2. Die angefochtene Entscheidung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 ist entgegen der Auffassung der Klägerin durch den Stand der Technik nicht nahegelegt.

a) Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs in der Sache selbst ist im Streitfall sachdienlich (§ 119 Abs. 5 PatG ).

Nach dem Grundgedanken des reformierten Patentnichtigkeitsverfahrens soll die Patentfähigkeit zunächst durch das mit technisch sachkundigen Richtern besetzte Patentgericht bewertet werden. Eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof hierüber ist danach regelmäßig nicht sachgerecht, wenn es an einer Erstbewertung des Standes der Technik durch das Patentgericht unter dem Gesichtspunkt der Patentfähigkeit fehlt (BGH, Urteil vom 7. Juli 2015 X ZR 64/13, GRUR 2015, 1095 Rn. 39 - Bitratenreduktion I).

Der Streitfall weist jedoch die Besonderheit auf, dass sich das Patentgericht in seinem Hinweis nach § 83 PatG unter Berücksichtigung des beiderseitigen Vorbringens mit der Patentfähigkeit des Gegenstands des Streitpatents befasst und diese bejaht hat. Insbesondere die Klägerin hat auch im Berufungsrechtszug eingehend zu der dort niedergelegten Auffassung des Patentgerichts Stellung genommen. Unter diesen Umständen ist eine Entscheidung des Senats in der Sache selbst sachdienlich.

b) Ob die in Abs. 11 der Beschreibung des Streitpatents genannte niederländische Patentanmeldung 9 401 071 (E2) oder - wie die Klägerin meint - das deutsche Gebrauchsmuster 79 10 865 (E1) als Ausgangspunkt für die Überlegungen des Fachmanns anzusehen ist, der vor der Aufgabe steht, eine Befestigungseinrichtung für ein wandhängendes Objekt zur Verfügung zu stellen, die eine nicht sichtbare aber dennoch sichere und präzise Befestigung des Objekts bei einfacher Montierbarkeit ermöglicht, kann letztlich dahingestellt bleiben. Dem Fachmann wird der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung durch keine dieser beiden Druckschriften, auch nicht in Kombination nahegelegt.

aa) E2 betrifft eine Montagegruppe zur Befestigung einer wandhängenden Toilette sowie eine Toilette, die für die Verwendung einer derartigen Montagegruppe geeignet ist. In Figur 2 ist ein Ausführungsbeispiel der Befestigungseinrichtung im montierten Zustand im Querschnitt dargestellt:

Danach umfasst die Montagegruppe einen Traghaken (4), der zumindest zum Teil mit einem Gewinde (8) versehen ist, ein Hilfsteil (9) mit einem mit dem Gewinde des Traghakens korrespondierenden Innengewinde und ein Klemmteil (11), das aus zwei Hülsensegmenten (12 und 13) besteht, die durch eine axial spannbare Schraube (14) zusammengehalten werden. Nach der Beschreibung wird zunächst der Traghaken an der Wand (2) angebracht und das Hilfsteil auf das Gewinde des Traghakens geschraubt. Anschließend wird die Toilettenschüssel (1) mit ihren Aufhängeösen (6) über die Hilfsteile geschoben, bis die Rückwand (5) der Toilette an der Wand anliegt. Über die Montageöffnung (17) wird das Klemmteil (11) durch die Queröffnungen (10) des Traghakens und des Hilfsteils gesteckt und die Spannschraube festgedreht, wodurch das untere Hülsensegment (12) gegen den äußeren Teil des Hilfsteils und das obere Hülsensegment (13) über den Unterlegring (16) gegen die Rückwand (5) der Toilettenschüssel drückt und so die Toilettenschüssel gegen die Wand gespannt wird.

(1) Damit sind von der Merkmalsgruppe 1 alle Merkmale bis auf Merkmal 1.2.5 offenbart. Ebenso sind die Merkmale 2.1.1.1 und 2.1.2 offenbart.

(2) Nicht offenbart sind dagegen Merkmal 2.1.1.2 sowie die Merkmalsgruppen 2.2 und 2.3. Anders als beim Streitpatent umgibt die Klemmvorrichtung nicht das dem Rohr nach Merkmal 1.2.1 entsprechende Hilfsteil, auf das die Toilettenschüssel aufgeschoben wird, sondern ist in einer Queröffnung dieses Hilfsteils angeordnet. Der beim Anziehen der Spannschraube entstehende Druck wird über an den Hülsensegmenten des Klemmteils ausgebildete Schrägflächen (15) an das Hilfsteil und die Rückwand der Toilette weitergegeben, während beim Streitpatent die Zugwirkung auf das Rohr und die Schubwirkung auf die Innenwand des Objekts nicht durch eine an der Spannhülse, sondern durch eine am Rohr ausgebildete geneigte Fläche hervorgerufen wird.

(3) Ebenso wenig offenbart E2 ein Vormontage-Gehäuse nach Merkmal 3.1. Da das Klemmteil über eine Montageöffnung in die Queröffnung des Hilfsteils eingeführt werden kann, nachdem die Toilette bereits mit ihren Aufhängeösen über das Hilfsteil geschoben ist, ist bei dieser Konstruktion ein Vormontage-Gehäuse im Sinne von Merkmal 3.1, das zur Erleichterung der Montage eine Verbindung von Hülse und aufzuhängendem Objekt ermöglicht, bevor dieses auf das mit dem Bolzen verschraubte Rohr aufgeschoben wird, nicht erforderlich und dementsprechend auch nicht vorgesehen.

(4) Aus E2 selbst ergab sich für den Fachmann weder ein Anlass noch eine Anregung, die Spannmittel wie in Merkmal 3 anzuordnen. Wie das Streitpatent strebt auch E2 eine Befestigung an, die das Erscheinungsbild des Sanitärobjekts von außen möglichst nicht beeinträchtigt (E2 Übers. S. 3 oben), und offenbart hierfür eine Lösung, bei der nicht anders als beim Streitpatent lediglich Montagelöcher, nicht aber die einzelnen Elemente der Befestigungsvorrichtung von außen sichtbar sind und so eine im Wesentlichen glatte Außenwand beibehalten werden kann.

bb) E1 betrifft ein Regal mit mehreren parallelen vertikalen Stützwänden, zwischen denen Einlegeböden oder andere Elemente, wie Türen oder Vitrinen, angeordnet sind. In der nachfolgend wiedergegebenen Figur 3 ist ein Profil dargestellt, das eine verdeckte Verbindung zwischen Regalbrett und vertikaler Stützwand und das Aufbringen einer hohen Spannkraft ermöglichen soll:

In den Stützwänden (2) sind offene Metallprofile (7) eingelassen. Die zu der Stützwand hinweisende Seite des Profils (8) ist breiter als die gegenüberliegende Seite (9) und ist mit in gleichen Abständen voneinander angeordneten Durchbrechungen (12) versehen. In der Seite (9) ist über die gesamte Länge des Profils eine Öffnung (10) ausgebildet. Zur Befestigung der Regalbretter (3), die gleichzeitig die Festigkeit des gesamten Regals sicherstellen sollen, werden Muttern (14) verwendet. Jeder Mutter ist eine Madenschraube (16) zugeordnet, die in eine der Durchbrechungen (12) eingreifen kann, um die Mutter in der gewünschten Höhe zu positionieren. Der Bolzen (18) wird mit dem Gewindeschaft (17) in die Mutter eingeschraubt, bis er mit dem sich an den Gewindeschaft anschließenden Teil, dessen Umfang größer ist als die Öffnung (10), an der Außenfläche des Metallprofils zur Anlage kommt und den Schenkel (9) des Metallprofils einklemmt. Mit dem anderen Ende wird der Bolzen in einer Hülse (20) festgelegt, die in eine Bohrung (23) am Stirnende (24) eines Regalbretts eingesetzt wird und dort mit dem Aufweiten des in ihrem hinteren, auf der Außenseite gerieften Abschnitt befindlichen Längsschlitzes Halt findet. Die Hülse ist mit einer radial verlaufenden Gewindebohrung (25) versehen, in die ein Gewindestift (26) eingeschraubt werden kann. Dadurch wird das Regalbrett mit seinem Stirnende gegen die vertikale Stützwand gespannt, an der der Bolzen befestigt ist (E1 S. 12-14).

(1) Damit ist zwar eine nicht sichtbare Befestigungseinrichtung offenbart, die einen Bolzen, eine Hülse und Spannmittel aufweist. Dem Fachmann wird hierdurch der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung indessen nicht nahegelegt.

(2) Nicht offenbart wird ein Rohr im Sinne von Merkmal 1.2.1. Aber auch wenn man mit der Klägerin annimmt, dass der Bolzen (18) in der E1 von seiner Konstruktion und seinem Aufbau her mit dem Rohr nach Merkmal 1.2.1 vergleichbar ist und weiter davon ausgeht, dass das Vertauschen von Innenund Außengewinde eine für den Fachmann naheliegende Maßnahme ist, fehlt es an einer Offenbarung der Merkmale 1.2.2 und 2.2.1. Statt des Bolzens nach Merkmal 1.2.2 ist bei der Montagegruppe der E1 lediglich eine Mutter vorgesehen. Merkmal 2.2.1 ist bei der Befestigungseinrichtung der E1 nicht verwirklicht, da die Hülse nicht so eingesetzt ist, dass sie an einer Innenwand des Einlegebodens anstößt, der in diesem Fall als das aufzuhängende Objekt anzusehen wäre, sondern vielmehr auf das Profil an der Stützwand auftrifft, an der das Objekt zu befestigen ist. Die Wandung der Bohrung (23) in dem in die Stützwand einzuhängenden Regalbrett stellt keine Innenwand des aufzuhängenden Objekts im Sinne von Merkmal 2.2.1 dar, sondern ist allenfalls mit dem in Merkmal 2.1 erwähnten Durchgangsloch vergleichbar. Auch wenn der Begriff "Innenwand" - wie die Klägerin geltend macht - weder in Patentanspruch 1 des Streitpatents noch in der Beschreibung näher definiert ist, ergibt sich aus dem Zusammenhang, dass damit die der Wand, an der das Objekt aufgehängt werden soll, abgewandte Seite gemeint ist.

Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob die Hülse (20) als Vormontage-Gehäuse im Sinne von Merkmal 3.1 anzusehen ist, was ohnehin nur in der Variante in Betracht käme, dass das Vormontage-Gehäuse einstückig mit der Hülse ausgebildet ist.

(3) Aus E2 ergab sich für den Fachmann keine Anregung, die Anordnung von Hülse, Bolzen und Mutter in der E1 so abzuändern, dass Merkmal 2.2.1 erfüllt wird.

c) Auch das deutsche Gebrauchsmuster 91 14 083 (E3), die US-Patentschrift 5 096 349 (E6), die deutsche Offenlegungsschrift 198 09 856 (E7) und die deutsche Patentschrift 195 09 408 (E8) enthalten unter Berücksichtigung der Ausführungen des Patentgerichts in seinem gerichtlichen Hinweis nach § 83 PatG keine Anregung, in dem Bausatz nach Patentanspruch 1 in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung ein Vormontage-Gehäuse entsprechend Merkmal 3.1 vorzusehen. Auf die Frage, ob - wie die Klägerin meint - der Fachmann aus der US-Patentschrift 2 442 184 (E4) oder aus der europäischen Patentanmeldung 485 757 (E5) die Anregung erhalten hätte, die in E3, E6, E7 oder E8 vorgesehenen Befestigungsmittel durch die in E4 oder in E5 offenbarten Befestigungsmechanismen, die ähnlich wie das Streitpatent Bolzenelemente, Rohrstücke und Spannmittel umfassen, zu ersetzen, kommt es daher nicht mehr an.

aa) Das deutsche Gebrauchsmuster 91 14 083 (E3) betrifft eine Bundhülse für eine Stockschraube zur wandhängenden Befestigung eines Sanitärobjekts. Die Stockschraube greift auf der einen Seite mit einem Holzschraubengewinde in einen Dübel ein. Auf der anderen Seite, die ein metrisches Gewinde aufweist, nimmt sie das Sanitärobjekt auf, das über entsprechende Aussparungen aufgeschoben wird. Die anschließend aufgesetzte Bundhülse ist auf der Innenseite mit Vorsprüngen versehen, um das Sanitärobjekt vorläufig festzuhalten und gegen Abrutschen zu sichern, bis die Mutter auf die Stockschraube geschraubt ist.

Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei der Bundhülse nicht um ein Vormontage-Gehäuse im Sinne von Merkmal 3.1, da dieses anders als die Bundhülse nicht dazu dient, das Sanitärobjekt während der Montage gegen Abrutschen zu sichern, sondern vielmehr den Kontakt zwischen Spannhülse und aufzuhängendem Objekt in dem Sinne vermitteln soll, dass die Hülse als Spannmittel hinreichend sicher mit dem Objekt verbunden ist. Vor diesem Hintergrund kommt es auf die Frage, ob - wie die Klägerin meint - der Fachmann aus der US-Patentschrift 2 442 184 (E4) oder aus der europäischen Patentanmeldung 485 757 (E5) die Anregung erhalten hätte, die bei der in E3 als Befestigungsmittel vorgesehene Mutter durch den in E4 oder in E5 offenbarten Befestigungsmechanismus zu ersetzen, nicht mehr an.

bb) Die US-Patentschrift 5 096 349 (E6) offenbart eine Mutternbefestigungstülle als Ersatz für eine Mutternplatte. Diese Entgegenhaltung befasst sich mit dem Problem, wie ein mit einem Gewinde versehenes Befestigungsmittel, wie beispielsweise ein Bolzen, in Wänden angebracht werden kann, die wie die Wände in einem Flugzeug - die Verwendung einer Gewindeöffnung nicht zulassen. Anstelle der in diesem Fall verwendeten Mutternplatte, die eine Mutter mit einer Gewindeöffnung zur Aufnahme eines mit einem Gewinde versehenen Bolzens aufweist, und die Bohrung von mindestens drei Öffnungen in der Wand erfordert (eine als Durchgang für den Bolzen und mindestens zwei für die Befestigungselemente, um die Platte an der Wand anzubringen), schlägt E6 eine Mutternbefestigungstülle vor, die über eine einzige Öffnung mit der Wand verbunden werden kann. Abgesehen davon, dass E6 damit ein technisches Problem betrifft, das nicht Gegenstand des Streitpatents ist, offenbart diese Schrift insbesondere kein Vormontage-Gehäuse im Sinne von Merkmal 3.1. Eine diesbezügliche Anregung ergibt sich auch nicht aus den Entgegenhaltungen E4 und E5.

cc) Die deutsche Offenlegungsschrift 198 09 856 (E7) betrifft einen Bausatz zur Befestigung von wandhängenden Sanitärobjekten, der eine Dämmhülse aus weichelastischem Material sowie weitere Elemente umfasst. Die Entgegenhaltung bezeichnet es als ihre Aufgabe, einen Bausatz so auszubilden, dass er mit verhältnismäßig geringem Fertigungsaufwand hergestellt und einfach vormontiert werden kann. Dementsprechend beschreibt die Schrift lediglich den Aufbau des Bausatzes im vormontierten Zustand, befasst sich aber nicht mit der dem Streitpatent zugrundeliegenden Frage nach einer Befestigung ohne sichtbare Befestigungspunkte, so dass sich hieraus keine Anregung für eine versenkbare Befestigungseinrichtung ergibt, wie sie Gegenstand des Streitpatents ist.

dd) Die deutsche Patentschrift 195 09 408 (E8) betrifft ein Befestigungselement zur schallentkoppelten Anbringung von Sanitärbauteilen. E8 schlägt hierfür einen Bolzenhalter vor, der als Bundhülse mit einem Innen- und Außengewinde ausgebildet ist, auf der zwischen dem Bund und einer auf das Außengewinde aufgeschraubten Mutter ein Schallschutzelement angeordnet ist. Hinweise darauf, wie das Sanitärobjekt ohne sichtbare Befestigungspunkte an der Wand befestigt werden kann, ergeben sich aus dieser Entgegenhaltung indessen nicht. Insbesondere fehlt es auch insoweit an einer Anregung, ein Vormontage-Gehäuse entsprechend Merkmal 3.1 vorzusehen.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG und § 92 Abs. 2 ZPO .

Von Rechts wegen

Verkündet am: 13. Februar 2020

Vorinstanz: BPatG, vom 07.12.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 7 Ni 15/16 (EP)
Fundstellen
GRUR 2020, 728
MDR 2020, 870