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BGH - Entscheidung vom 15.04.2020

I ZB 25/18

Normen:
RVG § 33 Abs. 8 S. 2

BGH, Beschluss vom 15.04.2020 - Aktenzeichen I ZB 25/18

DRsp Nr. 2020/8326

Wertfestsetzung für die Rechtsanwaltsgebühren; Übertragung des Verfahrens gemäß § 33 Abs. 8 S. 2 RVG auf den Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache

Tenor

Das Verfahren wird dem Senat übertragen.

Normenkette:

RVG § 33 Abs. 8 S. 2;

Gründe

I. Der Senat hat in der vorliegenden Design-Nichtigkeitssache mit Beschluss vom 12. Dezember 2018 über die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin entschieden. Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 11. März 2020 die Streitwertfestsetzung beantragt, ohne sich zur Höhe des Streitwerts zu äußern. Die Designinhaberin hat zu diesem Antrag keine Stellungnahme abgegeben.

II. Das Verfahren ist gemäß § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache dem Senat zu übertragen.

1. Nach § 33 Abs. 1 RVG setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbständig fest, wenn sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert richten oder wenn es an einem solchen Wert fehlt. Das Gericht entscheidet nach § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde.

2. Über den hier in Rede stehenden Antrag hat auch beim Bundesgerichtshof der Einzelrichter zu entscheiden.

a) Zwar hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden, dass funktionell der Senat für die Entscheidung über den Antrag auf Wertfestsetzung nach § 33 Abs. 1 RVG zuständig ist, weil beim Bundesgerichtshof Entscheidungen durch den Einzelrichter nicht vorgesehen sind (BGH, Beschluss vom 2. März 2010 - II ZR 62/06, NJW 2010, 1373 Rn. 3). Er hat hierbei auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur funktionellen Zuständigkeit des Senats zur Entscheidung über die Erinnerung gegen den Kostenansatz nach § 66 Abs. 6 GKG Bezug genommen (BGH, Beschluss vom 13. Januar 2005 - V ZR 218/04, NJW-RR 2005, 584 [juris Rn. 4]).

b) Der Gesetzgeber hat durch das 2. Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 2586 ) mit Wirkung zum 1. August 2013 die Neuregelung des § 1 Abs. 5 GKG eingeführt. Danach gehen die Vorschriften des Gerichtskostengesetzes über die Erinnerung und die Beschwerde den Regelungen der für das zugrundeliegende Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vor. Seitdem entspricht es allgemeiner Meinung, dass der Einzelrichter in den kostenrechtlichen Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren auch zuständig ist, wenn eine Einzelrichterentscheidung institutionell nicht vorgesehen ist (BGH, Beschluss vom 23. April 2015 - I ZB 73/14, NJW 2015, 2194 Rn. 6).

c) Für die Wertfestsetzung nach § 33 Abs. 1 RVG gilt nichts anderes. Der Gesetzgeber hat mit dem 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz die Vorschrift des § 1 Abs. 3 RVG eingeführt. Danach gehen die Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes über die Erinnerung und die Beschwerde den Regelungen der für das zugrundeliegende Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vor. Diese Regelung dient nach der Gesetzesbegründung - ebenso wie die gleichzeitig eingeführten Vorschriften des § 1 Abs. 5 GKG , des § 1 Abs. 2 FamGKG und des § 1 Abs. 6 GNotKG - der Klarstellung, dass der Einzelrichter in den kostenrechtlichen Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren auch zuständig ist, wenn eine Einzelrichterentscheidung institutionell nicht vorgesehen ist (vgl. BT-Drucks. 17/11471 [neu], S. 154, 243, 250, 266).

d) Zwar betrifft § 33 Abs. 1 RVG einen Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswerts, auf einen solchen Antrag nimmt auch § 33 Abs. 8 Satz 1 Halbsatz 1 RVG Bezug. In § 1 Abs. 3 RVG ist dagegen von einer Erinnerung oder Beschwerde die Rede. Dabei handelt es sich jedoch ersichtlich um ein gesetzgeberisches Versehen. Im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ist allein in § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG von einer Entscheidung durch den Einzelrichter die Rede. Auf diese Regelung wird außerdem in § 11 Abs. 4 RVG und in § 56 Abs. 2 RVG verwiesen. Die Vorschrift des § 1 Abs. 3 RVG würde leerlaufen, wenn sie nicht im Rahmen von § 33 Abs. 8 RVG zur Anwendung gebracht würde. Zudem würde auch das gesetzgeberische Ziel verfehlt, beim Bundesgerichtshof in kostenrechtlichen Nebenverfahren eine Entscheidung durch den Einzelrichter zu ermöglichen. Die Senate des Bundesgerichtshofs gehen deshalb in ihrer neueren Rechtsprechung davon aus, dass über den Antrag gemäß § 33 Abs. 1 RVG der Einzelrichter zu entscheiden hat (BGH, Beschluss vom 8. März 2017 - X ZB 11/16, NJW-RR 2017, 640 Rn. 1; Beschluss vom 9. Oktober 2018 - VII ZR 228/16, juris; Beschluss vom 1. Juli 2019 - VII ZR 168/17, juris; Beschluss vom 30. Oktober 2019 - V ZR 299/14, juris Rn. 9; Beschluss vom 20. Februar 2020 - I ZB 39/19, juris Rn. 3). Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. In diesem Fall hat der Einzelrichter die Sache gemäß § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG dem Senat zu übertragen. So liegt es im Streitfall.

3. Das Verfahren ist dem Senat zu übertragen. Die Frage, auf welchen Betrag der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren in einem designrechtlichen Nichtigkeitsverfahren im Regelfall festzusetzen ist, hat grundsätzliche Bedeutung. Der Senat hat diese Frage bislang nicht entschieden.

Vorinstanz: BPatG, vom 23.11.2017 - Vorinstanzaktenzeichen (pat) 802/15