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BGH - Entscheidung vom 20.03.2020

V ZR 61/19

Normen:
BGB § 241 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 1
VVG § 95 Abs. 1
BGB § 241 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 1
VVG § 95 Abs. 1
BGB § 241 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 1
VVG § 95 Abs. 1

Fundstellen:
DNotZ 2020, 847
MDR 2020, 788
NZM 2020, 854
NotBZ 2020, 296
VersR 2020, 853
WM 2021, 1101
ZIP 2020, 2582
ZMR 2020, 895
r+s 2020, 407

BGH, Urteil vom 20.03.2020 - Aktenzeichen V ZR 61/19

DRsp Nr. 2020/7071

Verpflichtung des Verkäufers eines bebauten Grundstücks zur Unterrichtung des Käufers über das Nichtbestehen einer Gebäudeversicherung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses; Bestehen eines Schadensersatzanspruchs aufgrund von Unwetterschäden an einem Gebäude

a) Der Verkäufer eines bebauten Grundstücks muss den Käufer grundsätzlich nicht ungefragt darüber unterrichten, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses keine Gebäudeversicherung besteht; ebensowenig muss er ihn über eine nach Vertragsschluss erfolgte Beendigung einer solchen Versicherung informieren. Dies gilt auch dann, wenn eine Gebäudeversicherung nach der Verkehrsanschauung üblich ist.b) Erklärt der Verkäufer dagegen vor oder bei Abschluss des Kaufvertrages, dass eine Gebäudeversicherung besteht und wird das Versicherungsverhältnis vor Umschreibung des Eigentums beendet, trifft ihn in aller Regel die vertragliche Nebenpflicht, den Käufer hierüber unverzüglich zu unterrichten.

Tenor

Die Revision gegen den Beschluss des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 21. Januar 2019 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Normenkette:

BGB § 241 Abs. 1 ; BGB § 280 Abs. 1 ; VVG § 95 Abs. 1 ;

Tatbestand

Mit notariellem Vertrag vom 3. Februar 2017 verkauften die Beklagten an die Klägerin ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück unter Ausschluss der Sachmängelhaftung zu einem Kaufpreis von 350.000 €. In § 4 Nr. 1 des Vertrages heißt es:

"Der Besitz und die Nutzungen, die Gefahr und die Lasten einschließlich aller Verpflichtungen aus den den Grundbesitz betreffenden Versicherungen sowie die allgemeinen Verkehrssicherungspflichten gehen auf den Käufer mit über mit dem Tag der Kaufpreiszahlung, jedoch nicht vor dem 02.05.2017."

Mit Schreiben vom 5. April 2017 kündigte der Versicherer die von den Beklagten unterhaltene Wohngebäudeversicherung mit Wirkung zum 10. Mai 2017. Hierüber informierten die Beklagten die Klägerin nicht. Die Übergabe der Immobilie an die Klägerin erfolgte am 11. April 2017. Nach Darstellung der Klägerin erlitt das Dach des Hauses aufgrund eines Unwetters am 22. Juni 2017 einen Schaden, dessen Beseitigung Kosten von 38.386,65 € verursacht.

Das Landgericht hat die Klage, mit der die Klägerin Zahlung des genannten Betrages nebst Zinsen, die Feststellung der Umsatzsteuerzahlungsverpflichtung der Beklagten im Reparaturfalle und die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangt hat, abgewiesen. Die Berufung der Klägerin vor dem Oberlandesgericht ist erfolglos geblieben. Dagegen wendet sie sich mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen.

Entscheidungsgründe

I.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts scheidet ein Schadensersatzanspruch der Klägerin mangels Pflichtverletzung der Beklagten aus. Diese seien nicht gemäß § 4 des Vertrages verpflichtet gewesen, über den Zeitpunkt der Übergabe der Immobilie hinaus für Versicherungsschutz zu sorgen. Mit der Übergabe seien nämlich Gefahr und Lasten der Immobilie auf die Klägerin übergegangen. Die Beklagten hätten der Klägerin auch den Eintritt in von ihnen unterhaltene Versicherungsverhältnisse nicht ermöglichen müssen. Eine solche Pflicht ergebe sich weder aus § 4 des Kaufvertrages noch aus den §§ 95 ff. VVG . Eine allgemeine Pflicht, den Versicherungsschutz im Interesse des Erwerbers aufrechtzuerhalten, bestehe nicht. Es könne deshalb offen bleiben, ob das Bestehen einer Gebäudeversicherung nach der Verkehrsanschauung üblich und zu erwarten sei. Schließlich habe die Beklagten auch keine Pflicht getroffen, die Klägerin darüber zu informieren, dass nach der Übergabe der Immobilie kein Gebäudeversicherungsschutz mehr bestanden habe. Aus der Sicht eines verständigen Käufers sei nicht zu erwarten gewesen, dass die Beklagten ab dem Zeitpunkt der Übergabe weiterhin für Versicherungsschutz sorgen würden. Eine allgemeine Erwartungshaltung eines durchschnittlichen Immobilienkäufers, bestehende Versicherungsverhältnisse des Verkäufers ohne Absprache übernehmen zu können, sei nicht ersichtlich. Vielmehr bestehe für den Käufer Anlass, sein Sacherhaltungsinteresse in der Zeit zwischen Übergabe und Eintragung in das Grundbuch durch eine Vereinbarung mit dem Versicherer des Verkäufers oder einen Vertrag mit einem anderen Versicherer zu sichern. Denn er müsse stets damit rechnen, dass der Versicherungsschutz durch ein Verhalten des Verkäufers vor Eintritt des Versicherungsfalles oder aus anderen Gründen verloren gehe.

II.

Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung stand.

1. Im Ergebnis zu Recht legt das Berufungsgericht seiner Entscheidung unausgesprochen die Annahme zugrunde, dass der Klägerin keine Schadensersatz- oder Minderungsansprüche nach §§ 437 ff. BGB wegen eines Sachmangels zustehen. Der nach dem Vorbringen der Klägerin am 22. Juni 2017 eingetretene Unwetterschaden begründete einen Sachmangel des Grundstücks, wenn zu diesem Zeitpunkt die Gefahr noch nicht auf die Klägerin übergegangen war (vgl. § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB ). Der vereinbarte Ausschluss der Sachmängelhaftung stünde in diesem Fall Mängelansprüchen der Klägerin nicht entgegen, weil sich ein solcher Haftungsausschluss mangels besonderer Abrede nicht auf Mängel erstreckt, die erst nach Vertragsschluss, aber noch vor Gefahrübergang aufgetreten sind (vgl. Senat, Urteil vom 24. Januar 2003 - V ZR 248/02, NJW 2003, 1316 f.). Ein Gefahrübergang hatte aber bereits stattgefunden. Insoweit kommt es zwar entgegen der zumindest missverständlichen Formulierung des Berufungsgerichts nicht auf die Übergabe des Grundstücks an; vielmehr sollte nach § 4 Nr. 1 des Kaufvertrages der Gefahrübergang mit dem Tag der Kaufpreiszahlung, frühestens jedoch am 2. Mai 2017, erfolgen. Da aber auch der Besitz (erst) mit der Kaufpreiszahlung auf die Klägerin übergehen sollte und die Besitzübertragung (schon) am 11. April 2017 erfolgte, ist das Berufungsgericht erkennbar davon ausgegangen, dass bereits vor der Besitzübergabe der Kaufpreis gezahlt worden war. Dann ist die Gefahr am 2. Mai 2017 und damit vor dem Schadensereignis auf die Klägerin übergegangen. Entgegen der Ansicht der Revision kann nicht unterstellt werden, dass der Kaufpreis erst nach dem 22. Juni 2017 gezahlt worden ist. Hierzu verweist die Klägerin nämlich nicht auf entsprechenden Vortrag in den Tatsacheninstanzen. Demgegenüber zeigt die Revisionserwiderung auf, dass die Beklagten erstinstanzlich unwidersprochen vorgetragen haben, die Kaufpreiszahlung sei am 10. April 2017 erfolgt.

2. Die Beklagten haften der Klägerin auch nicht auf Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht.

a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Beklagten nicht verpflichtet waren, das Gebäude nach der Kündigung im Interesse der Klägerin gegen Unwetterschäden über den Zeitpunkt der Beendigung der Gebäudeversicherung (10. Mai 2017) hinaus neu zu versichern.

aa) Eine vertragliche Verpflichtung des Grundstücksverkäufers gegenüber dem Käufer zu einer Versicherung der Kaufsache besteht grundsätzlich nicht (vgl. Senat, Urteil vom 8. März 1991 - V ZR 351/89, BGHZ 114, 34 , 39 zur Versicherung gegen Brandschaden). Der Verkäufer ist - vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen - auch nicht gehalten, eine im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages bestehende Gebäudeversicherung aufrechtzuerhalten bzw. nach Kündigung einer solchen Versicherung durch den Versicherer eine neue Versicherung abzuschließen. Aus der Vorschrift des § 95 Abs. 1 VVG ergibt sich nichts Anderes.

(1) Wird die versicherte Sache von dem Versicherungsnehmer veräußert, tritt gemäß § 95 Abs. 1 VVG an dessen Stelle der Erwerber in die während der Dauer seines Eigentums aus dem Versicherungsverhältnis sich ergebenden Rechte und Pflichten des Versicherungsnehmers ein. Gemeint ist mit der Veräußerung nicht das schuldrechtliche Verpflichtungs-, sondern das dingliche Verfügungsgeschäft. Bei Grundstücken erfordert die Veräußerung deshalb neben der Einigung die Grundbucheintragung (vgl. Senat, Urteil vom 16. September 2016 - V ZR 29/16, ZfIR 2016, 843 Rn. 8). Ab diesem Zeitpunkt ist der Käufer Vertragspartner des Versicherers und selbst Versicherungsnehmer. Versicherungsschutz genießt er aber auch bereits vor diesem Zeitpunkt. Da dem Käufer eines Grundstücks in der Zeit zwischen Gefahrübergang und dem Eigentumserwerb durch Eintragung in das Grundbuch ein versicherbares - nach Zahlung des Kaufpreises sogar das alleinige - Sacherhaltungsinteresse zukommt, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der mit dem Verkäufer bestehende Gebäudeversicherungsvertrag auch ohne ausdrückliche Regelung grundsätzlich dahingehend auszulegen, dass dieses (fremde) Interesse des Käufers darin mitversichert ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2009 - IV ZR 43/07, NJW-RR 2009, 1329 Rn. 11 mwN).

(2) Daraus, dass der Käufer vor diesem Hintergrund ein Interesse daran hat, dass eine im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages bestehende Gebäudeversicherung aufrechterhalten bleibt, folgt jedoch keine entsprechende Pflicht des Verkäufers. Durch § 95 VVG soll der Erwerber zwar vor einer Versicherungsschutzlücke bewahrt werden (vgl. Motive zum Versicherungsvertragsgesetz , S. 143 sowie BGH, Urteil vom 30. Mai 1990 - IV ZR 266/89, BGHZ 111, 295 , 298). Die gesetzliche Anordnung des Übergangs soll aber lediglich verhindern, dass eine bestehende Versicherung infolge des Eigentumsübergangs und Wegfalls des Versicherungsinteresses des bisherigen Versicherungsnehmers verloren geht (vgl. auch Motive zum Versicherungsvertragsgesetz , S. 142). Demgegenüber soll der Veräußerer nicht in seiner Dispositionsfreiheit beschränkt werden; er darf ein bestehendes Versicherungsverhältnis - vorbehaltlich anderer Abreden - jederzeit beenden, auch wenn er damit den Übergang der Versicherung nach § 95 VVG verhindert (vgl. Prölss/Martin/Armbrüster, VVG , 30. Aufl., § 95 Rn. 2, § 98 Rn. 4). Er ist auch nicht gehalten, die Beendigung des Vertragsverhältnisses durch den Versicherer zu verhindern bzw. im Falle einer Kündigung eine neue Versicherung abzuschließen.

bb) Anders liegt es nur, wenn der Verkäufer sich vertraglich zu der Aufrechterhaltung einer bestehenden bzw. zu dem Abschluss einer neuen Gebäudeversicherung verpflichtet hat (vgl. zur notariellen Praxis Hertel in Würzburger Notarhandbuch, 4. Aufl., Teil 2 Kap. 2 Rn. 230). An einer solchen Verpflichtung der Beklagten fehlt es hier.

b) Ohne Rechtsfehler verneint das Berufungsgericht auch eine Pflicht der Beklagten, die Klägerin nach Zugang der Kündigungserklärung des Versicherers über den Wegfall des Gebäudeversicherungsschutzes ab dem 10. Mai 2017 zu unterrichten.

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft die Vertragsparteien gemäß § 242 BGB die - auch nach Vertragsschluss bzw. Vertragserfüllung fortbestehende - vertragliche Nebenpflicht, alles zu unterlassen, was die Erreichung des Vertragszwecks und den Eintritt des Leistungserfolgs gefährden und beeinträchtigen könnte (vgl. Senat, Teilurteil vom 15. Oktober 2004 - V ZR 100/04, NJW-RR 2005, 241 , 242 mwN). Nach Treu und Glauben kann auch eine Pflicht bestehen, den Vertragspartner auf bestimmte Umstände hinzuweisen, damit diesem nicht unverhältnismäßige, mit der vorangegangenen Vertragserfüllung zusammenhängende Schäden entstehen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni 1973 - II ZR 26/72, BGHZ 61, 176 , 179). So ist beispielsweise der Vermieter aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht (§ 241 Abs. 2 BGB ) verpflichtet, den Mieter auf zwischenzeitlich entstandene oder bekannt gewordene Gesundheitsgefahren hinzuweisen (BGH, Urteil vom 2. April 2014 - VIII ZR 19/13, NJW-RR 2014, 840 Rn. 15). Eine Informationspflicht besteht aber nicht, wenn es sich um Umstände handelt, die in den eigenen Verantwortungsbereich des Vertragspartners fallen, und dieser unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung diesbezüglich keine Mitteilung erwarten durfte.

bb) Danach muss der Verkäufer eines bebauten Grundstücks den Käufer grundsätzlich nicht ungefragt darüber unterrichten, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses keine Gebäudeversicherung besteht; ebensowenig muss er ihn über eine nach Vertragsschluss erfolgte Beendigung einer solchen Versicherung informieren. Zwar kann der Käufer ein Interesse an dem Bestehen bzw. Fortbestehen einer solchen Versicherung haben, da sie ihm - wie oben ausgeführt - schon ab dem Gefahrübergang Versicherungsschutz gewähren würde. Möchte er aber eine von dem Verkäufer abgeschlossene Versicherung nutzen, muss er sich bei diesem erkundigen, ob die Versicherung (noch) besteht. Fragt der Käufer nicht nach, kann der Verkäufer davon ausgehen, dass sich der Käufer selbst um den erforderlichen Versicherungsschutz kümmert. Wenn nämlich die Gefahr auf den Käufer übergegangen ist und er die Nutzungen und Lasten der Sache zu tragen hat (vgl. § 446 BGB ), ist er und nicht der Verkäufer für das Grundstück und das hierauf errichtete Gebäude verantwortlich. Ihm obliegt deshalb auch die Entscheidung, ob und wie er die gekaufte Sache versichern will. Aus diesem Grund steht ihm nach § 96 Abs. 2 VVG ein Kündigungsrecht zu, falls ein bestehendes Versicherungsverhältnis auf ihn übergeht. Unterbleibt eine entsprechende Nachfrage bei dem Verkäufer, fallen hieraus entstehende Nachteile in die Risikosphäre des Käufers und nicht in die des Verkäufers.

cc) An dieser Risikoverteilung ändert sich nichts, wenn eine Gebäudeversicherung nach der Verkehrsanschauung üblich ist. Hiervon ist für das Revisionsverfahren auszugehen, weil das Berufungsgericht insoweit keine Feststellungen getroffen hat, diese Frage vielmehr hat dahinstehen lassen. Auch in diesem Fall gehört das Bestehen einer Gebäudeversicherung ab dem Gefahrübergang in den Verantwortungsbereich des Käufers. Er darf sich nicht darauf verlassen, dass der (erwartete) Versicherungsschutz für die erworbene Immobilie fortbesteht. Es besteht nämlich immer die Gefahr, dass der Versicherungsschutz durch ein Verhalten des Versicherers oder des Verkäufers, der nach § 95 Abs. 1 VVG bis zur Eigentumsumschreibung im Grundbuch Versicherungsnehmer bleibt, vor Eintritt des Versicherungsfalles verloren geht. So ist es beispielsweise denkbar, dass ein nicht rechtskundiger Verkäufer die Prämie, die er im Außenverhältnis gegenüber dem Versicherer noch allein schuldet (§ 38 VVG ), trotz Mahnung nicht zahlt, weil er aufgrund der Vereinbarung im Innenverhältnis zu dem Käufer glaubt, dieser sei zur Prämienzahlung verpflichtet (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2009 - IV ZR 43/07, NJW-RR 2009, 1329 Rn. 12).

dd) Eine zum Schadensersatz verpflichtende Verletzung vertraglicher Nebenpflichten kommt allerdings in Betracht, wenn der Verkäufer vor oder bei Abschluss des Kaufvertrages erklärt, dass eine Gebäudeversicherung besteht. Wird in diesem Fall das Versicherungsverhältnis vor Umschreibung des Eigentums beendet, trifft den Verkäufer in aller Regel die vertragliche Nebenpflicht, den Käufer hierüber unverzüglich zu unterrichten.

(1) Der Verkäufer, der gegenüber dem (späteren) Käufer erklärt, dass eine Gebäudeversicherung besteht, setzt einen Vertrauenstatbestand. Der Käufer hat zwar auch in diesem Fall keinen Anspruch darauf, dass die Versicherung von dem Verkäufer nach dem Kaufabschluss aufrechterhalten wird oder dass - im Fall der Beendigung - ein neuer Versicherungsvertrag geschlossen wird. Eine solche weitgehende Pflicht des Verkäufers setzt - wie oben ausgeführt (vgl. Rn. 12) - eine entsprechende Vereinbarung der Kaufvertragsparteien voraus, die sich aus dem bloßen Hinweis auf das Bestehen einer Gebäudeversicherung nicht herleiten lässt. Der Käufer kann aber davon ausgehen, dass die Erklärung des Verkäufers der Wahrheit entspricht und er von diesem informiert wird, wenn der Versicherungsschutz im Nachhinein entfällt. Er darf sich darauf verlassen, dass mangels abweichender Information des Verkäufers die Sache auch nach Übergang der Gefahr versichert ist (Fremdversicherung) und der Versicherungsvertrag gemäß § 95 Abs. 1 VVG mit der Grundbucheintragung auf ihn übergeht (Eigenversicherung).

(2) Im Hinblick auf sein Sacherhaltungsinteresse besteht für den Käufer in diesem Fall erst Handlungsbedarf, wenn er Eigentümer geworden ist. Gemäß § 97 Abs. 1 VVG ist die Veräußerung dem Versicherer vom Veräußerer oder Erwerber unverzüglich mitzuteilen. Ist eine solche Anzeige unterblieben, ist der Versicherer gemäß § 97 Abs. 1 Satz 2 VVG - vorbehaltlich der Ausnahme gemäß Abs. 2 - nicht zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsfall später als einen Monat nach dem Zeitpunkt eintritt, zu dem die Anzeige dem Versicherer hätte zugehen müssen, und der Versicherer den mit dem Veräußerer bestehenden Vertrag mit dem Erwerber nicht geschlossen hätte. Vor Umschreibung des Eigentums muss der Käufer nur tätig werden, wenn ihn der Verkäufer von der Beendigung des Versicherungsschutzes unterrichtet. Demgegenüber ist er nicht gehalten, sich nach Abschluss des Kaufvertrages bei dem Verkäufer (ständig) danach zu erkundigen, ob der Versicherungsvertrag noch besteht.

(3) Der Verkäufer wird durch eine solche Aufklärungspflicht nicht unzumutbar belastet. Wenn er erklärt, es bestehe eine Versicherung, muss er in Rechnung stellen, dass sich der Käufer hierauf verlässt und dieser vor dem Hintergrund des in § 95 VVG angeordneten Vertragsüberganges und des auch schon in der Zeit nach dem Gefahrübergang bis zu dem Eigentumsübergang bestehenden Versicherungsschutzes keine zusätzlichen Maßnahmen trifft. Der Verkäufer ist trotz Abschluss des Kaufvertrags weiter Versicherungsnehmer und erhält deshalb von dem Versicherer die das Versicherungsverhältnis betreffenden Informationen, während der Käufer insoweit auf die Unterrichtung durch den Verkäufer angewiesen ist. Wird das Versicherungsverhältnis nach Kaufabschluss beendet, muss der Verkäufer deshalb diese Information in aller Regel an den Käufer unverzüglich weitergeben, um ihn vor möglichen Schäden zu schützen. Etwas Anderes kann ausnahmsweise beispielsweise dann gelten, wenn die Vertragsbeteiligten übereinstimmend davon ausgehen, dass sich der Käufer unabhängig von der bestehenden Gebäudeversicherung selbst um den Versicherungsschutz kümmert.

(4) Die Nebenpflicht des Verkäufers, den Käufer über die nachträgliche Beendigung der Versicherung zu informieren, besteht unabhängig davon, ob die Erklärung über das Bestehen einer Gebäudeversicherung in den notariellen Kaufvertrag aufgenommen wurde. Maßgeblich ist, dass der Käufer auf die (Wissens-)Erklärung des Verkäufers, eine Gebäudeversicherung bestehe, vertrauen und deshalb - für den Verkäufer erkennbar - davon ausgehen durfte, dass das Gebäude bis zum Eigentumsübergang weiterhin versichert ist.

ee) Unter Anwendung dieser Grundsätze waren die Beklagten nicht verpflichtet, die Klägerin über das Schreiben des Gebäudeversicherers vom 5. April 2017 zu unterrichten. Die in § 4 Nr. 1 des Vertrages vom 3. Februar 2017 enthaltene Klausel, wonach die "Verpflichtungen aus den den Grundbesitz betreffenden Versicherungen mit der Kaufpreiszahlung auf den Käufer übergehen", enthält nicht die Erklärung, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine Gebäudeversicherung bestand.

(1) Die Klausel trifft nach ihrem Wortlaut eine Regelung nur hinsichtlich der Frage, ab welchem Zeitpunkt der Käufer die Verpflichtungen aus "den Versicherungen" zu tragen hat. Um welche Versicherungen es hierbei geht, wird nicht konkretisiert. Weil es sich um "den Grundbesitz betreffende Versicherungen" handeln muss, wären eine Wohngebäudeversicherung und eine Grundbesitzerhaftpflichtversicherung zwar erfasst. Die Klausel enthält aber nicht die Erklärung, dass solche Versicherungen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses tatsächlich bestehen. Vielmehr geht es erkennbar um "etwaige" Versicherungen, auch wenn dieser Vorbehalt nicht ausdrücklich in der Klausel enthalten ist.

(2) Dass die Parteien die Regelung in § 4 Nr. 1 des Vertrages abweichend von deren Wortlaut übereinstimmend anders verstanden haben (vgl. allgemein zu dem Vorrang des wirklich Gewollten gegenüber dem fehlerhaft Erklärten - sog. falso demonstratio - auch bei formgebundenen Rechtsgeschäften Senat, Urteil vom 21. Oktober 2016 - V ZR 78/16, NJW-RR 2017, 712 Rn. 21 mwN), hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Anlass, die Sache insoweit zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, besteht deshalb nicht.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO .

Von Rechts wegen

Verkündet am: 20. März 2020

Vorinstanz: LG Hagen, vom 03.09.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 2 O 33/18
Vorinstanz: OLG Hamm, vom 21.01.2019 - Vorinstanzaktenzeichen I-22 U 104/18
Fundstellen
DNotZ 2020, 847
MDR 2020, 788
NZM 2020, 854
NotBZ 2020, 296
VersR 2020, 853
WM 2021, 1101
ZIP 2020, 2582
ZMR 2020, 895
r+s 2020, 407