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BGH - Entscheidung vom 19.05.2020

2 StR 107/20

Normen:
BtMG § 29
StPO § 354 Abs. 1

BGH, Beschluss vom 19.05.2020 - Aktenzeichen 2 StR 107/20

DRsp Nr. 2020/8994

Verbindung der Teilakte des Handeltreibens zu einer Bewertungseinheit beim Täter durch den gesetzlichen Tatbestand des Handeltreibens bzgl. Beziehens auf denselben Güterumsatz

Teilakte des Handeltreibens, die sich auf denselben Güterumsatz beziehen, werden beim Täter durch den gesetzlichen Tatbestand des Handeltreibens zu einer Bewertungseinheit verbunden; die einzelnen Akte - wie etwa der Besitz des Täters zum Zwecke der Veräußerung - sind dabei keine mehrfache Verwirklichung des Tatbestandes, sondern stets nur als eine Tat des Handeltreibens anzusehen.

Tenor

1.

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gießen vom 23. August 2019, soweit es ihn betrifft, dahin abgeändert, dass der Angeklagte wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu vier Jahren und vier Monaten Freiheitsstrafe verurteilt wird.

Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

2.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Normenkette:

BtMG § 29 ; StPO § 354 Abs. 1 ;

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (vier Jahre und drei Monate Einzelfreiheitsstrafe) und wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln (Einzelgeldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30 €) zu vier Jahren und vier Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Die Revision des Angeklagten, die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützt ist, führt mit der Sachrüge zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO .

1. Die Verfahrensbeanstandung hat aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift dargelegten Gründen keinen Erfolg.

2. Die auf die Sachrüge veranlasste Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat lediglich zum Konkurrenzverhältnis einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

a) Nach den Feststellungen verwahrte der Angeklagte erhebliche Mengen Betäubungsmittel, darunter ca. 450 g Kokain, 12 kg Haschisch und 1,6 kg Amphetamin in einer Scheune auf, um sie gewinnbringend zu veräußern. Bei seiner Festnahme und Durchsuchung war er im Besitz von 6,05 g eines Amphetamingemisches mit 0,62 g Amphetaminbase.

b) Die Annahme des Landgerichts, der Besitz von Betäubungsmitteln am Festnahmetag stehe zum Handeltreiben in Tatmehrheit begegnet auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Teilakte des Handeltreibens, die sich auf denselben Güterumsatz beziehen, werden beim Täter durch den gesetzlichen Tatbestand des Handeltreibens zu einer Bewertungseinheit verbunden; die einzelnen Akte - wie etwa der Besitz des Täters zum Zwecke der Veräußerung - sind dabei keine mehrfache Verwirklichung des Tatbestandes, sondern stets nur als eine Tat (des Handeltreibens) anzusehen (Patzak in: Körner/Patzak/Volkmer, BtMG , 9. Aufl., § 29 Teil 4 Rn. 338; Weber, BtMG , 5. Aufl., § 29 Rn. 845). Dies hat die Strafkammer nicht erkennbar bedacht, obgleich nach den Umständen des Falles konkrete Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass auch das am Festnahmetag sichergestellte Amphetamingemisch aus einer einheitlich erworbenen, nämlich der in der Scheune gelagerten Gesamtmenge herrührt. Die Kammer hat lediglich nicht sicher festzustellen vermocht, ob das jeweils sichergestellte Amphetamin aus einer Quelle stammt.

c) Da der Senat ausschließt, dass ergänzende tatsächliche Feststellungen getroffen werden könnten, welche eine andere Beurteilung der Konkurrenzfrage rechtfertigen könnten, ändert er den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

d) Die Änderung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der für den Besitz von Betäubungsmitteln verhängten Einzelgeldstrafe. Die von der Strafkammer festgesetzte Gesamtstrafe kann dagegen in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO als Strafe für die einheitliche Tat bestehen bleiben. Es erscheint auf der Grundlage der ansonsten rechtsfehlerfreien Strafzumessungserwägungen des Landgerichts ausgeschlossen, dass es bei zutreffender Bewertung des Konkurrenzverhältnisses, die den Unrechts- und Schuldgehalt der von dem Angeklagten begangenen Tat unberührt lässt (vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 2010 - 4 StR 592/09), eine geringere Einzelstrafe als die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe ausgesprochen hätte. Bei einer solchen Fallgestaltung ist es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zulässig, dass die Gesamtfreiheitsstrafe als Einzelstrafe bestehen bleibt (vgl. z.B. Senat, Beschluss vom 22. Januar 2010 - 2 StR 563/09; BGH, Beschluss vom 4. November 2010 - 4 StR 374/10; vgl. hierzu auch LK-StGB/Rissing-van Saan/Scholze, 13. Aufl., § 53 Rn. 25 mwN).

Vorinstanz: LG Gießen, vom 23.08.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 503 Js 25094/17