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BGH - Entscheidung vom 15.04.2020

5 StR 94/20

Normen:
StGB § 212

Fundstellen:
NStZ-RR 2021, 197

BGH, Beschluss vom 15.04.2020 - Aktenzeichen 5 StR 94/20

DRsp Nr. 2020/7210

Strafzumessung der Tatbegehung der Tötung des lebensfähigen neugeborenen Sohns

Tenor

Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 6. November 2019 im Strafausspruch aufgehoben.

In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Normenkette:

StGB § 212 ;

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ihre hiergegen geführte Revision erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg und ist im Übrigen im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet (vgl. Antragsschrift des Generalbundesanwalts).

Nach den Urteilsfeststellungen tötete die geständige Angeklagte im Dezember 2017 ihren lebensfähigen neugeborenen Sohn, nachdem sie zuvor ihre Schwangerschaft verheimlicht hatte. Im November 2010 hatte sie bereits eine Schwangerschaft vor dem damaligen Kindesvater und ihrem Arbeitgeber verborgen, das Kind im Wege einer "anonymen Geburt" im Krankenhaus zur Welt gebracht und anschließend zur Adoption freigegeben.

Während die Feststellungen auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung beruhen und den Schuldspruch tragen, kann der Strafausspruch nicht bestehen bleiben. Im Rahmen der Strafzumessung hat die Schwurgerichtskammer der Angeklagten sowohl bei der Strafrahmenwahl wie der Strafzumessung im Einzelnen ausdrücklich zu Last gelegt, dass sie "trotz ihrer positiven Erfahrungen mit einer anonymen Geburt im November 2010 hiervon vorliegend Abstand nahm, obwohl sie sich damals in derselben Situation befunden hatte, wie am 3. Dezember 2017 und das Elbsandklinikum noch rechtzeitig vor der Geburt mit einer nur 5-minütigen PKW-Fahrt zu erreichen gewesen wäre."

Damit hat das Landgericht der Angeklagten angelastet, dass sie die Tat überhaupt begangen hat. Dies ist rechtsfehlerhaft (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 25. September 2018 - 4 StR 325/18; MüKo-StGB/Miebach/Maier, 3. Aufl., § 46 Rn. 453 ff., je mwN). Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Schwurgerichtskammer ohne diesen Gesichtspunkt auf eine mildere Strafe erkannt hätte.

Da es sich um einen bloßen Wertungsfehler handelt, können die Feststellungen bestehen bleiben (vgl. § 353 Abs. 2 StPO ); sie können um solche ergänzt werden, die den bisherigen nicht widersprechen.

Vorinstanz: LG Dresden, vom 06.11.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 160 Js 64764/17
Fundstellen
NStZ-RR 2021, 197