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BGH - Entscheidung vom 20.01.2020

AnwZ (Brfg) 54/19

Normen:
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7

BGH, Beschluss vom 20.01.2020 - Aktenzeichen AnwZ (Brfg) 54/19

DRsp Nr. 2020/3785

Rechtsschutz gegen den Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls; Versäumen der Widerspruchsfrist; Zugang des Widerrufsbescheids; Antrag auf Zulassung der Berufung

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des 1. Senats des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs vom 23. Mai 2019 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Normenkette:

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7 ;

Gründe

I.

Der am 29. November 1944 geborene Kläger ist seit dem Jahr 1972 im Bezirk der Beklagten zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom 20. März 2018 widerrief die Beklagte die Zulassung wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ).

Der Widerrufsbescheid wurde dem Beklagten laut Postzustellungsurkunde am 21. März 2018 im Wege der Ersatzzustellung durch Einlegen in einen zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung (Briefschlitz in der Kanzleieingangstür) zugestellt. Im Feld "Unterschrift des Zustellers" weist die Zustellungsurkunde einen unleserlichen Schriftzug aus. Am 24. Mai 2018 wurde dem Kläger in einem Gespräch bei der Beklagten eine Kopie des Widerrufsbescheids ausgehändigt.

Am 6. Juni 2018 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Feststellung, dass der Bescheid vom 20. März 2018 nicht förmlich zugegangen sei, hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 32 VwVfG . Er machte geltend, der Widerrufsbescheid sei ihm nicht zugestellt worden. Er habe erstmals am 24. Mai 2018 durch ein Schreiben der Beklagten vom 18. Mai 2018 betreffend die teilweise Rückerstattung seines Kammerbeitrags für das Jahr 2018 von dem Widerruf erfahren, worauf er noch am selben Tag das Gespräch bei der Beklagten gesucht und in diesem Gespräch (nur) eine Kopie des Bescheids und der Zustellungsurkunde erhalten habe. Die Beklagte wies den Feststellungs- und den Wiedereinsetzungsantrag des Klägers mit Bescheid vom 12. Juni 2018 zurück.

Mit am 6. Juli 2018 beim Anwaltsgerichtshof eingereichter Klage hat der Kläger die Aufhebung, hilfsweise die Feststellung der Nichtigkeit des Widerrufsbescheids vom 20. März 2018, sowie die Aufhebung des Bescheids vom 12. Juni 2018 und die Feststellung beantragt, dass das Verfahren über den Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft fortgeführt wird.

Der Anwaltsgerichtshof hat die Zustellung des Widerrufsbescheids am 21. März 2018 nach Beweiserhebung für erwiesen erachtet und die Klage auf Aufhebung des Widerrufsbescheids wegen Verfristung als unzulässig, den Hilfsantrag auf Feststellung der Nichtigkeit dieses Bescheids und den Antrag auf Aufhebung des Bescheids vom 12. Juni 2018 als unbegründet sowie den Feststellungsantrag auf Fortsetzung des Widerrufsverfahrens mangels Feststellungsinteresses als unzulässig abgewiesen. Nunmehr beantragt der Kläger die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs.

II.

Der Antrag des Klägers ist nach § 112e Satz 2 BRAO , § 124a Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch ohne Erfolg. Ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO ist nicht gegeben (vgl. § 112e Satz 2 BRAO , § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO ).

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 112e Satz 2 BRAO , § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ) bestehen nicht. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. nur Senat, Beschluss vom 8. Juli 2019 - AnwZ (Brfg) 30/19, juris Rn. 3). Zweifel an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen füllen den Zulassungsgrund dann nicht aus, wenn sie nicht die Richtigkeit des Ergebnisses erfassen (vgl. nur Senat, Beschluss vom 7. März 2019 - AnwZ (Brfg) 66/18, juris Rn. 5).

Entsprechende Zweifel vermag der Kläger nicht darzulegen. Das Urteil des Anwaltsgerichtshofs steht im Einklang mit der Senatsrechtsprechung.

a) Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag des Klägers auf Aufhebung des Widerrufsbescheids vom 20. März 2018 mit Recht wegen Versäumung der einmonatigen Anfechtungsfrist des § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO , § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO als unzulässig abgewiesen.

aa) Die Klagefrist beginnt mit der in § 34 BRAO vorgeschriebenen Zustellung des Widerrufsbescheids. Für die Ausführung der Zustellung des Widerrufsbescheids durch die Post mit Zustellungsurkunde gelten gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 BRAO , § 41 Abs. 5 VwVfG , Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 3 Abs. 2 Satz 1 BayVwZVG die Vorschriften der §§ 177 bis 182 ZPO entsprechend. Danach ist zum Nachweis der Zustellung eine Urkunde gemäß § 182 Abs. 1 Satz 1 ZPO anzufertigen, die nach § 182 Abs. 1 Satz 2, § 418 ZPO als öffentliche Urkunde den vollen Beweis für die darin bezeugten Tatsachen begründet. Der insoweit mit der Urkunde zu führende Beweis kann jedoch, wie sich aus § 418 Abs. 2 ZPO ergibt, durch einen Gegenbeweis erschüttert werden. Für die Frage, ob den dabei zu stellenden Anforderungen genügt ist, bedarf es einer umfassenden Würdigung, in der der Beweiskraft der Urkunde die der Gegenbeweismittel gegenüberzustellen und beide gegeneinander abzuwägen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2000 - X ZB 13/00, NJW-RR 2001, 571 ).

Nach § 182 Abs. 2 Nr. 8 ZPO muss die Zustellungsurkunde u.a. auch die Unterschrift des Zustellers enthalten. Diese muss zwar nicht unbedingt lesbar sein, aber zumindest - wenn auch nur andeutungsweise - einzelne Buchstaben erkennen lassen; ein bloßes Handzeichen oder eine Paraphe stellen dagegen keine formgültige Unterschrift dar (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Oktober 2011 - XII ZB 250/11, NJW-RR 2012, 1 Rn. 14).

Eine unvollständige Beurkundung der Zustellung ändert indes nichts an der Wirksamkeit der Zustellung, da die Beurkundung des Zustellungsvorgangs nur dem Nachweis der Zustellung dient, aber nicht konstitutiver Bestandteil der Zustellung ist (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2007 - I ZR 136/05, NJW-RR 2008, 218 Rn. 26; Beschluss vom 11. Juli 2018 - XII ZB 138/18, NJW 2018, 2802 Rn. 5; Beschluss vom 14. Januar 2019 - AnwZ (Brfg) 59/17, juris Rn. 6).

Die fehlende Unterschrift des Zustellers lässt auch nicht zwingend jeden Beweiswert der Zustellungsurkunde entfallen. Vielmehr hat das Gericht gemäß §§ 419 , 286 ZPO nach freier Überzeugung zu entscheiden, inwiefern äußere Mängel die Beweiskraft einer Urkunde ganz oder teilweise aufheben oder mindern (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 1991 - VII ZR 11/91, NJW 1992, 512 , 513; Urteil vom 19. Juli 2007 - I ZR 136/05, NJW-RR 2008, 218 Rn. 26; Beschluss vom 14. Januar 2019 - AnwZ (Brfg) 59/17, juris Rn. 7).

bb) Diese Grundsätze hat der Anwaltsgerichtshof bei seiner Entscheidung entgegen der Ansicht des Klägers zutreffend zugrunde gelegt und angewandt.

Der Anwaltsgerichtshof hat offengelassen, ob der unleserliche Schriftzug in Form eines elliptischen Zeichens auf der Postzustellungsurkunde als Unterschrift oder nur als Handzeichen des Postzustellers zu werten ist. Aufgrund dessen ist er bei seiner Beweiswürdigung auch nicht von einer Beweiskraft der Zustellungsurkunde als einer öffentlichen Urkunde nach §§ 418 , 415 ZPO ausgegangen, die der Kläger hätte erschüttern müssen, sondern hat gemäß §§ 419 , 286 ZPO nach freier Überzeugung in einer Gesamtwürdigung der Verhandlung und des Ergebnisses der Beweisaufnahme über den Beweiswert der Urkunde befunden. Soweit er dabei u.a. auch ausgeführt hat, dass es dem Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht gelungen sei, den mit der Postzustellungsurkunde geführten Beweis der Ersatzzustellung zu erschüttern, ist dies zwar missverständlich, entgegen der Ansicht des Klägers aber nicht tragend. Denn die übrigen Ausführungen des Anwaltsgerichtshofs beinhalten eine ausführliche tatrichterliche Würdigung der erhobenen Beweise und der Zustellungsurkunde gemäß § 419 ZPO , aufgrund derer der Anwaltsgerichtshof die Überzeugung gewonnen hat, dass das elliptische Zeichen auf der Urkunde von dem als Zeugen vernommenen Postzusteller K. am 21. März 2018 zur Dokumentation der Ersatzzustellung anlässlich des Einwurfs des Widerrufsbescheids in den Briefschlitz der Kanzleieingangstür des Klägers angebracht wurde und sich die Zustellung des Bescheids wie in der Postzustellungsurkunde angegeben zugetragen hat.

cc) Die tatrichterliche Würdigung des Anwaltsgerichtshofs begegnet auch im Übrigen keinen Bedenken.

(1) Der Anwaltsgerichtshof hat die Aussagen des Postzustellers K. , der Office-Managerin des Klägers B. und des in der Kanzlei beschäftigten Sohnes des Klägers C. Ki. umfassend gewürdigt.

Er hat hierbei im Einzelnen dargelegt, dass der Zeuge K. glaubhaft angegeben habe, dass er in den zehn bis zwölf Jahren, seit denen er die Tour mit der Kanzlei des Klägers betreue, manchmal auch Post durch den Briefschlitz in der Kanzleieingangstür eingeworfen habe, wenn in der Kanzlei Licht gebrannt habe, ihm auf sein Klingeln aber nicht geöffnet worden sei. Des Weiteren habe er glaubhaft bekundet, an den 21. März 2018 zwar keine konkrete Erinnerung mehr zu haben, in Anbetracht der Postzustellungsurkunde aber sagen zu können, dass er damals wie von ihm in der Urkunde angekreuzt verfahren sei. Dabei habe der Zeuge ausgesprochen pflichtbewusst und verlässlich gewirkt und sei ersichtlich bemüht gewesen, sich genau zu erinnern und nichts Unwahres zu schildern.

Die entgegenstehende Aussage der Office-Managerin B. , dass bis auf samstags nie Post durch den Briefschlitz in der Kanzleieingangstür eingeworfen, sondern die Post immer von ihr oder der zweiten Office-Managerin F. persönlich entgegengenommen worden sei, der Sohn des Klägers keine Post annehmen dürfe, und sie selbst ausweislich ihres Vermerks im Posteingangsbuch die Post am 21. März 2018 persönlich entgegengenommen habe, hat der Anwaltsgerichtshof nicht für überzeugend erachtet, weil sie durch die Aussage des Zeugen C. Ki. widerlegt sei, der eingeräumt habe, dass er trotz seines Postannahmeverbots Post entgegennehme, wenn niemand anderes da sei, und er auch nicht jeden Posteingang im Posteingangsbuch eintrage. Außerdem - so der Anwaltsgerichtshof weiter - habe die Zeugin in ihrer Vernehmung bestätigt, dass ihre Angabe in der eidesstattlichen Versicherung vom 6. Juni 2018, dass seit längerer Zeit in der Kanzlei erhebliche Schwierigkeiten mit der Postzustellung bestünden, gerade nicht Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung sei; vielmehr sei es in der Zeit ihrer Beschäftigung in der Kanzlei seit Mitte Februar 2018 nicht zu einem ähnlichen Vorfall gekommen.

(2) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Würdigung bestehen nicht. Die vom Kläger dagegen vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.

(a) Die Begründung, mit der der Anwaltsgerichtshof die Ausführungen der Zeugin B. für nicht überzeugend erachtet hat, ist nicht zu beanstanden.

(aa) Zu Recht hat der Anwaltsgerichtshof angenommen, dass die Angaben der Zeugin zur Handhabung der Postentgegennahme durch die Aussage des Zeugen C. Ki. widerlegt sind. Zwar hat der Zeuge Ki. bestätigt, dass ihm die Entgegennahme der Post untersagt sei. Seine weitere Angabe, dass er gleichwohl Post annehme, wenn niemand anderes in der Kanzlei anwesend sei, und er auch nicht jeden Posteingang im Posteingangsbuch eintrage, widerspricht jedoch der Aussage der Zeugin B. , die Post werde stets persönlich von ihr oder der zweiten Office-Managerin entgegengenommen.

Dagegen wendet der Kläger ohne Erfolg ein, dies spreche nicht gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugin B. , da weder festgestellt noch sonst ersichtlich sei, dass die Zeugin die weisungswidrige Postentgegennahme durch den Zeugen Ki. überhaupt mitbekommen habe. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, ändert dies nichts daran, dass ihre Angaben nicht belastbar und nicht glaubhaft sind, da die von ihr geschilderte, den Dienstanweisungen entsprechende Handhabung des Posteingangs nach der glaubhaften Aussage des Zeugen Ki. gerade nicht immer eingehalten, sondern durch ihn - sei es mit oder ohne Kenntnis der Zeugin - unterlaufen wurde.

(bb) Nicht zu beanstanden ist auch der Verweis des Anwaltsgerichtshofs darauf, dass die Angabe der Zeugin B. in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 6. Juni 2018 zu früheren Schwierigkeiten mit der Postzustellung gerade nicht auf ihrer eigenen Wahrnehmung beruhte. Entgegen der Ansicht des Klägers hat die Zeugin in ihrer eidesstattlichen Versicherung nicht nur angegeben, dass sie durch andere Mitglieder in der Kanzlei über frühere Zustellungsschwierigkeiten unterrichtet und u.a. auch mit Schreiben vom 2. März 2018 darauf hingewiesen worden sei. Ihre diesbezügliche Schilderung in der eidesstattlichen Versicherung beginnt mit der ausdrücklichen Erklärung, dass "seit längerer Zeit" in der Kanzlei erhebliche Schwierigkeiten mit der Postzustellung "bestehen", weswegen, auch zu Beweiszwecken, eine arbeitsrechtliche Weisung über die persönliche Postentgegennahme erstellt worden sei. Eine Einschränkung dahingehend, dass sie von diesen "bestehenden" Schwierigkeiten nur durch andere Mitarbeiter der Kanzlei erfahren hat, ist ihrer Schilderung nicht zu entnehmen, so dass sie auch als Bekundung eigener Wahrnehmung verstanden werden kann, die durch die anschließende Wiedergabe der Arbeitsanweisung und des Hinweisschreibens vom 2. März 2018 nur vervollständigt werden soll.

(cc) In Anbetracht dessen ergeben sich auch keine Zweifel an der Richtigkeit der Beweiswürdigung des Anwaltsgerichtshofs daraus, dass er die Angabe der Zeugin, sie habe am 21. März 2018 im (nicht vorgelegten) Posteingangsbuch vermerkt, die Post an diesem Tag persönlich entgegengenommen zu haben, nicht für überzeugend erachtet hat, zumal der Zeuge Ki. insbesondere auch eingeräumt hat, dass nicht jeder Posteingang im Posteingangsbuch vermerkt werde.

(b) Ohne Erfolg macht der Kläger weiter geltend, die Würdigung der Aussage des Zeugen K. durch den Anwaltsgerichtshof lasse jede Auseinandersetzung mit seinen Dienstanweisungen an seine Office-Managerinnen vom 7. März 2017 und vom 2. März 2018 vermissen, aus denen sich erhebliche Probleme mit der Postzustellung in der Vergangenheit ergäben und die dafür sprächen, dass der - nach eigenen Angaben seit langen Jahren für die Zustellung an die Kanzlei des Klägers zuständige - Zusteller K. dafür verantwortlich sei. Hierauf musste der Anwaltsberichtshof nicht näher eingehen, da die Angaben in diesen Anweisungen nicht geeignet sind, die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zustellers und seine Glaubwürdigkeit zu erschüttern. Abgesehen davon, dass der Zeuge nach seiner Aussage nicht allein für die Tour mit der Kanzlei des Klägers zuständig ist, ist den Dienstanweisungen bereits nicht zu entnehmen, dass die dort geschilderten Probleme bei Ersatzzustellungen stets auf die damaligen Zusteller und nicht (auch) auf kanzleiinterne Ursachen - wie etwa die unzureichende Organisation der Handhabung des Posteingangs - zurückzuführen waren.

Entsprechendes gilt für die Rüge des Klägers, der Anwaltsgerichtshof habe seinen Beweisantritt durch Zeugenvernehmung seiner zweiten Office-Managerin F. dazu, dass in der Vergangenheit in vielen Fällen Briefe nicht zugegangen und deshalb nicht zugestellt worden seien, übergangen. Der Anwaltsgerichtshof musste diesem Beweisantritt nicht nachgehen. Zum einen hat der Kläger die Zeugin F. zwar in der Klagebegründung benannt, sich aber im Laufe des Verfahrens nur noch auf die Vernehmung der Zeugen B. und Ki. berufen und auch nach der Beweiserhebung in der mündlichen Verhandlung keine Vernehmung der Zeugin F. mehr geltend gemacht. Unabhängig davon hätte die - nach dem Klägervortrag allein unter Beweis gestellte - völlig pauschale Angabe zu Zustellungsschwierigkeiten in der Vergangenheit aber auch keinen Anlass geben müssen, an der Glaubwürdigkeit des Zeugen K. und der Glaubhaftigkeit seiner Angaben zu zweifeln.

(c) Schließlich musste der Anwaltsgerichtshof sich auch nicht mit dem Ergebnis der persönlichen Anhörung des Klägers zum Verlauf des 24. Mai 2018 auseinandersetzen. Ob der Kläger tatsächlich - wie von ihm geschildert - erstmals am 24. Mai 2018 von dem Widerrufsbescheid erfahren hat, ist für die Frage der Wirksamkeit der Ersatzzustellung nach § 180 ZPO unerheblich. Gemäß § 180 Satz 2 ZPO gilt das Schriftstück mit der Einlegung in den Briefkasten oder die briefkastenähnliche Vorrichtung als zugestellt. Eine Kenntnisnahme durch den Adressaten ist dafür nicht erforderlich (vgl. Seiler in Thomas/Putzo, ZPO , 40. Aufl., § 180 Rn. 5; Zöller/Schultzky, ZPO , 32. Aufl., § 180 Rn. 8 mwN).

b) Danach bestehen auch an der Richtigkeit der Abweisung der übrigen Klageanträge durch den Anwaltsgerichtshof keine ernstlichen Zweifel.

Der Hilfsantrag auf Feststellung der Nichtigkeit des Widerrufsbescheids vom 20. März 2018 wegen fehlender ordnungsgemäßer Bekanntgabe durch Zustellung gemäß § 34 BRAO ist unbegründet, weil nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Anwaltsgerichtshofs eine wirksame Zustellung des Bescheids am 21. März 2018 erfolgt ist.

Die Anfechtung des Bescheids der Beklagten vom 12. Juni 2018 ist ebenfalls nicht begründet. Die Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Feststellung, dass der Widerrufsbescheid nicht ordnungsgemäß zugestellt worden sei, zutreffend unter Hinweis auf die ordnungsgemäße Zustellung am 21. März 2018 zurückgewiesen. Auch die Zurückweisung seines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 32 VwVfG ist zu Recht erfolgt, weil - wie sowohl die Beklagte im Bescheid vom 12. Juni 2018 als auch der Anwaltsgerichtshof zutreffend ausgeführt haben - über eine Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist nach § 112a Abs. 1 Satz 1, § 112c BRAO , § 60 Abs. 4 VwGO nicht die Beklagte, sondern der Anwaltsgerichtshof zu befinden hatte. Beim Anwaltsgerichtshof hat der Kläger keine Wiedereinsetzung beantragt; zudem wäre ein solcher Antrag bei Klageerhebung am 6. Juli 2018 auch wegen Versäumung der Antragsfrist gemäß § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO , § 60 Abs. 2 VwGO verfristet gewesen.

Ob der Antrag des Klägers auf Feststellung, dass das Verfahren über den Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft fortgesetzt wird, wie vom Anwaltsgerichtshof angenommen, bereits mangels Feststellungsinteresses unzulässig ist, bedarf keiner Entscheidung. Er ist jedenfalls unbegründet, da das Widerrufsverfahren mit dem bestandskräftigen Widerrufsbescheid abgeschlossen ist. Wie der Anwaltsgerichtshof zutreffend ausgeführt hat, ist es dem Kläger unbenommen, seine Wiederzulassung zu beantragen.

2. Dem Anwaltsgerichtshof sind auch keine Verfahrensfehler unterlaufen, auf denen die Entscheidung beruhen kann (§ 112e Satz 2 BRAO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ).

Wie oben ausgeführt, hat der Anwaltsgerichtshof weder einen entscheidungserheblichen Beweisantrag des Klägers übergangen, noch hat er im Rahmen der Beweiswürdigung (mit der fehlenden Erörterung der kanzleiinternen Dienstanweisungen und der persönlichen Anhörung des Klägers zum Verlauf des 24. Mai 2018) das Grundrecht des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG ) verletzt.

Entgegen der Ansicht des Klägers beruht die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs nach den obigen Ausführungen auch nicht auf einem Verstoß gegen § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO , § 108 Abs. 1 VwGO wegen unzureichender Würdigung der Aussagen der Zeugen B. und Ki. , fehlender Würdigung der Gesamtumstände oder überhöhter Anforderungen an die Glaubhaftigkeit und Glaubwürdigkeit der Beweismittel des Klägers. Vielmehr hat der Anwaltsgerichtshof seine Entscheidung aufgrund einer nicht zu beanstandenden freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung getroffen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO , § 154 Abs. 2 VwGO ; die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO .

Vorinstanz: AnwGH Bayern, vom 23.05.2019 - Vorinstanzaktenzeichen BayAGH I - 1 - 30/18