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BGH - Entscheidung vom 25.03.2020

6 StR 11/20

Normen:
StPO § 349 Abs. 2

BGH, Beschluss vom 25.03.2020 - Aktenzeichen 6 StR 11/20

DRsp Nr. 2020/6007

Rechtliche Bewertungseinheit zwischen der Verwirklichung des Tatbestandes der versuchten räuberischen Erpressung (erste Handlung) und derjenigen der versuchten schweren räuberischen Erpressung (zweite Handlung); Veranlassen der Wiederaufnahme der Bezahlung von Drogenschulden durch Schläge

Tenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Rostock vom 16. Mai 2019 werden als unbegründet verworfen, die Revision des Angeklagten H. jedoch mit der Maßgabe, dass dieser im Fall II.5 der Urteilsgründe wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt ist.

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Normenkette:

StPO § 349 Abs. 2 ;

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt verurteilt:

-

den Angeklagten S. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit versuchter räuberischer Erpressung und gefährlicher Körperverletzung, und wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten;

-

den Angeklagten Sa. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat,

-

den Angeklagten H. wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, versuchter räuberischer Erpressung und gefährlicher Körperverletzung (Fall II.5 der Urteilsgründe), sowie wegen vorsätzlichen Besitzes einer Federdruckwaffe ohne Prüfkennzeichen in Tateinheit mit vorsätzlichem Besitz eines verbotenen Gegenstands und wegen vorsätzlichen Besitzes eines verbotenen Gegenstands in zwei tateinheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren.

Im Übrigen hat es die Angeklagten S. und Sa. freigesprochen und die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet.

1. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten S. und Sa. ergeben. Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat zur Revision des Angeklagten S. :

a) Die Rüge betreffend die Zurückweisung eines Antrags auf Vernehmung von zwei Richtern des Amtsgerichts Rostock ist unbegründet.

Soweit eine Überschreitung der Grenzen der freien richterlichen Überzeugungsbildung gerügt wird, weil das Landgericht in den Urteilsgründen falsch behauptet habe, der Zeuge T. habe sich im "Jahnke-Verfahren" nicht selbst belastet, und zum Beleg hierfür auf den Inhalt eines näher bezeichneten Beschlusses verwiesen wird, liegt ein Widerspruch zwischen den Urteilsgründen und der Beschlussbegründung nicht vor. Die von der Revision beanstandete Urteilspassage (UA S. 12) ist vor dem Hintergrund zu verstehen, dass der Zeuge das vorliegende Verfahren durch seine Aussage bei der Polizei erst in Gang gebracht und damit gleichzeitig seine eigene Tatbeteiligung aufgedeckt hat (UA S. 13).

b) Die Begründung der Zurückweisung des Antrags auf nochmalige Vernehmung des Zeugen T. steht ebenfalls nicht in Widerspruch zu den Urteilsgründen. Die Strafkammer hat im Urteil nicht etwa die Möglichkeit ausgeschlossen, dass T. - entsprechend der Beweisbehauptung - Angst vor der Verhängung von Sicherungsverwahrung gehabt, sondern dass er das Risiko verkannt habe, mit seiner Selbstbezichtigung die Wahrscheinlichkeit der Anordnung der Maßregel zu erhöhen (UA S. 14).

2. Die Revision des Angeklagten H. führt zu einer Berichtigung des Schuldspruchs entsprechend der Beschlussformel; im Übrigen ist sie unbegründet.

a) Nach den Feststellungen zum Fall II.5 der Urteilsgründe verprügelten die Angeklagten S. und H. den Zeugen T. , um ihn zur Wiederaufnahme der Bezahlung von Drogenschulden in Höhe von 3.000 Euro zu veranlassen. Ob der Zeuge in der Folge Zahlungen leistete, war nicht sicher feststellbar. Bei einer späteren Gelegenheit schlug der Angeklagte H. den Zeugen erneut, um dessen Zahlungswilligkeit herbeizuführen. Zu diesem Zweck hielt er ihm darüber hinaus eine als echt erscheinende Waffe an den Kopf und bedrohte ihn mit der Frage, ob er "eingebuddelt" werden wolle. Zu weiteren Zahlungen kam es nicht.

b) Auf der Grundlage dieser Feststellungen besteht zwischen der Verwirklichung des Tatbestandes der versuchten räuberischen Erpressung (erste Handlung) und derjenigen der versuchten schweren räuberischen Erpressung (zweite Handlung) eine rechtliche Bewertungseinheit, weil sie sich als Teilakte einer sukzessiven Tatausführung zur Erreichung eines einheitlichen Erfolges - Zahlung der Schulden aus demselben Drogengeschäft - darstellen. Ein Wechsel des Angriffsmittels, räumliche Trennungen oder zeitliche Intervalle zwischen den jeweiligen Einzelakten stellen die Annahme einer Bewertungseinheit nicht grundsätzlich in Frage (vgl. BGH, Beschluss vom 22. November 2011 - 4 StR 480/11 mwN). Demnach war der Angeklagte H. nur wegen eines Delikts der versuchten schweren räuberischen Erpressung (in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und gefährlicher Körperverletzung) schuldig zu sprechen.

c) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht nicht entgegen. Die im Fall II.5 gegen den Angeklagten H. verhängte Einzelstrafe und die Gesamtstrafe bleiben bestehen. Der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffendem Schuldspruch eine niedrigere Strafe gegen den Angeklagten verhängt hätte, zumal beide Tathandlungen bei der Bemessung des Schuldumfangs zu berücksichtigen waren.

Vorinstanz: LG Rostock, vom 16.05.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 436 Js 16886/17 11 KLs 97/18