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BGH - Entscheidung vom 26.05.2020

X ZR 137/18

Normen:
PatG § 1
PatG § 3

BGH, Urteil vom 26.05.2020 - Aktenzeichen X ZR 137/18

DRsp Nr. 2020/11971

Patentfähigkeit des Streitpatents mit der Bezeichnung "Vorrichtung zum Entfernen äußerer Hautschichten und zur Aufnahme des betreffenden Gewebes" als Erfindung

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 20. März 2018 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der durch die Nebenintervention der Streithelferin verursachten Kosten zu tragen.

Normenkette:

PatG § 1 ; PatG § 3 ;

Tatbestand

Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 227 764 (Streitpatents), welches am 9. November 2000 unter Beanspruchung einer US-Priorität vom 12. November 1999 angemeldet wurde und eine Vorrichtung zur Mikroabtragung von Hautgewebe betrifft. Patentanspruch 1, auf den sieben weitere Ansprüche zurückbezogen sind, lautet in der Verfahrenssprache:

A device for removing portions of the outer layers of skin comprising an abrasive material and a source of vacuum (24) to collect abraded skin cells, said abrasive material functioning to dislodge cells from a skin surface being treated when brought into contact with said skin surface, the device further comprising a tube (20) attached to the source of vacuum (24) so that a lumen through the tube (20) has a reduced pressure therein which is less than the ambient pressure surrounding the tube (20), the tube (20) having at least one opening (38) therein for applying the reduced pressure within the tube (20) to the skin surface being treated, whereby to collect tissue and cells removed from the skin surface being treated, characterised in that the abrasive material (42) is permanently attached to a tip (22) of the hollow tube (20) or a tip portion (132) mounted within the opening in the hollow tube (20), the reduced pressure in the lumen causing the skin surface being treated to be pressed against the abrasive material (42) to an extent greater than operation of the device in the absence of the applied vacuum.

Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents gehe über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus und sei nicht patentfähig. Die Streithelferin hat sich dem angeschlossen, sich aber nicht gegen den geschützten Gegenstand in der Variante 3b gewandt. Die Beklagte hat das Schutzrecht in der erteilten Fassung und mit sechzehn Hilfsanträgen in geänderten Fassungen verteidigt.

Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt und zehn weitere Hilfsanträge stellt. Die Klägerin und die Streithelferin treten dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

I. Das Streitpatent betrifft eine Vorrichtung zum Entfernen äußerer Hautschichten und zur Aufnahme des betreffenden Gewebes.

1. Nach den Ausführungen in der Streitpatentschrift sollen durch Dermabrasion oder Mikrodermabrasion tote Zellen aus der äußersten Hautschicht (Epidermis) entfernt, verstopfte Poren gereinigt und der Hautton verbessert werden. Ferner könnten Ränder von auf Akne und Wunden zurückgehenden Narben beseitigt sowie Altersflecken und sonnengeschädigte Haut poliert werden. Auch müsse verbranntes Gewebe entfernt werden, um die Heilung darunter befindlichen Gewebes zu fördern (Abs. 2).

Der Einsatz von Abschleiftechniken lasse sich weit zurückverfolgen. In jüngster Zeit kämen hierbei auch mit Teilchen versehene Schleifvorrichtungen zum Einsatz, etwa mit Diamantstaub beschichtete Drehbürsten und Zylinder. Bekannt sei ferner eine Vorrichtung, bei der fließendes Wasser eingesetzt werde, um eine Schleifbürste in Bewegung zu setzen und ein Vakuum zur Entfernung der abgelösten Hautteilchen zu erzeugen. Drehbürsten würden in der Regel in Verbindung mit zuvor auf die Hautoberfläche aufzutragenden Mitteln eingesetzt. Ferner fänden chemische Stoffe, Ultraschallspitzen und Laser Anwendung. Schließlich sei eine Vorrichtung beschrieben worden, mit der beschädigtes Gewebe mittels gestrahlten Wassers oder gestrahlter Salzlösung entfernt werden könne. Dieses Gerät arbeite mit einem Vakuum zur Entfernung der Flüssigkeit sowie des abgelösten Gewebes (Abs. 3).

Ein aktueller Trend gehe dahin, die Hautoberfläche unter Verwendung pulverförmigen Aluminiumoxids oder einer flüssigen Verbindung aus suspendiertem Aluminiumoxid zu behandeln (Abs. 4). Zwar seien keine Wirkungen von auf oder in der Haut zurückbleibendem Aluminiumoxid nachgewiesen. Bekannt sei indessen, dass es entzündliche Veränderungen in den Lungen von Arbeitern erzeuge, die es eingeatmet hätten. Auch müsse die Hornhaut der Augen vor entsprechendem Schleifstaub geschützt werden. Außerdem bestehe die Möglichkeit langanhaltender Hautreizungen aufgrund von in die Hautoberfläche eingelagerten Teilchen. Diese könnten zu bakteriellen Infektionen führen (Abs. 5).

2. Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde, eine Vorrichtung bereitzustellen, mit der nicht erwünschte Zellen an der Oberfläche der Haut entfernt werden können, ohne darunterliegende Hautschichten zu verletzen und ohne dass die aufgezeigten Gefahren bestehen.

3. Zur Lösung schlägt das Streitpatent eine Vorrichtung vor, deren Merkmale sich wie folgt gliedern lassen:

A device for removing portions of the outer layers of skin comprising:  Vorrichtung zum Entfernen von Teilen der äußeren Schichten von Haut, die umfasst: 
an abrasive material, said abrasive material functioning to dislodge cells from a skin surface being treated when brought into contact with said skin surface,  ein schleifendes Material, wobei das schleifende Material so funktioniert, dass es Zellen von der Hautoberfläche ablöst, wenn es mit der Hautoberfläche in Kontakt gebracht wird, 
and a source of vacuum (24) to collect abraded skin cells,  und eine Quelle von Vakuum (24) zum Aufnehmen abgeschliffener Hautzellen, 
2a  the device further comprising a tube (20) attached to the source of vacuum (24) so that a lumen through the tube (20) has a reduced pressure therein which is less than the ambient pressure surrounding the tube (20),  und die Vorrichtung des Weiteren eine Röhre (20) umfasst, die an der Quelle von Vakuum (24) angebracht ist, so dass ein Lumen durch die Röhre (20) hindurch einen verringerten Druck darin aufweist, der geringer ist als der Umgebungsdruck, der die Röhre (20) umgibt, 
2b  the tube (20) having at least one opening (38) therein for applying the reduced pressure within the tube (20) to the skin surface being treated, whereby to collect tissue and cells removed from the skin surface being treated, characterised in that  und die Röhre (20) wenigstens eine Öffnung (38) darin zum Ausüben des verringerten Drucks in der Röhre (20) auf die behandelte Hautoberfläche hat, um so Gewebe und Zellen aufzunehmen, die von der behandelten Hautoberfläche entfernt werden, dadurch gekennzeichnet, dass 
the abrasive material (42) is permanently attached to  das schleifende Material (42) fest angebracht ist an 
3a  a tip (22) of the hollow tube (20)  einem vorderen Ende (22) der hohlen Röhre 
3b  or a tip portion (132) mounted within the opening in the hollow tube (20),  oder einem vorderen Endabschnitt (132), der in der Öffnung der hohlen Röhre (20) angebracht ist, 
the reduced pressure in the lumen causing the skin surface being treated to be pressed against the abrasive material (42) to an extent greater than operation of the device in the absence of the applied vacuum.  und der verringerte Druck in dem Lumen bewirkt, dass die Hautoberfläche, die behandelt wird, in stärkerem Maße an das schleifende Material (42) gedrückt wird als bei Funktion der Vorrichtung beim Nichtvorhandensein des angelegten Vakuums. 

4. Einige Merkmale bedürfen der Erläuterung.

a) Maßgebend für das Verständnis der Merkmale ist - wie das Patentgericht richtig angenommen hat - die Sicht eines Ingenieurs der Feinwerktechnik oder der Medizintechnik mit beruflicher Erfahrung in der Entwicklung von Instrumenten zur Behandlung der Hautoberfläche, der hinsichtlich medizinischer Fragestellungen mit einem Dermatologen zusammenarbeitet.

Die von der Berufung erhobenen Einwände gegen die Einbeziehung eines Ingenieurs der Feinwerktechnik sind nicht entscheidungserheblich. Ausschlaggebend sind einerseits die Vorbereitung u.a. auf die Entwicklung von Instrumenten zur Behandlung der Hautoberfläche durch ein Ingenieurstudium, andererseits die hinreichende berufliche Erfahrung in der Entwicklung solcher Instrumente. Diese Voraussetzungen kann nach den unbedenklichen Feststellungen des Patentgerichts auch ein Ingenieur der Feinwerktechnik erfüllen.

b) Der Zweck der geschützten Vorrichtung besteht nach Merkmal 0 darin, Teile von äußeren Schichten der Haut zu entfernen. Hieraus ergibt sich, dass die Vorrichtung nach ihrer räumlich-körperlichen Beschaffenheit für die Verwendung zu dem genannten Zweck geeignet sein muss.

aa) Zu den äußeren Hautschichten rechnet die Beschreibung des Streitpatents in Übereinstimmung mit dem üblichen Sprachgebrauch Zellen in der Epidermis (Oberhaut). Die darunterliegenden Schichten - Dermis (Lederhaut) und Subcutis (Unterhaut) - dürfen hingegen nicht verletzt werden (Abs. 2).

Welche Teile der Epidermis entfernt werden, ist in Patentanspruch 1 nicht näher festgelegt. Dies steht in Einklang mit dem Umstand, dass die Beschreibung (Abs. 2) unterschiedliche Einsatzzwecke benennt, die sich unter anderem auch durch die Art der zu entfernenden Zellen unterscheiden. Die Entfernung von toten Zellen wird an dieser Stelle ausdrücklich mit aufgeführt. Eine Vorrichtung, die für diesen Einsatzzweck geeignet ist, verwirklicht demgemäß das Merkmal 0.

Die bloße Entfernung von Fremdkörpern oder Schmutz reicht hingegen nicht aus. Unschädlich ist aber, wenn solche Partikel zusammen mit Hautzellen entfernt werden.

bb) Aus dem Begriff der Mikrodermabrasion ergeben sich keine weitergehenden Festlegungen.

Für die erteilte Fassung des Streitpatents gilt dies schon deshalb, weil dieser Begriff, wie die Klägerin zutreffend darlegt, in den Patentansprüchen keinen Niederschlag gefunden hat.

Unabhängig davon lassen sich auch den Stellen in der Beschreibung, an denen dieser Begriff verwendet wird, keine weitergehenden Festlegungen entnehmen. In den einleitenden Darlegungen wird "Dermabrasion" als Verfahren zum Entfernen toter Zellen aus der äußeren Hautschicht bezeichnet. Der Begriff "Microdermabrasion" wird als Synonym dafür dargestellt (Abs. 2). Angesichts dessen können aus ihm jedenfalls im Kontext des Streitpatents keine weitergehenden Anforderungen abgeleitet werden.

cc) Ob die Vorrichtung für einen medizinisch indizierten Zweck oder nur für kosmetische Behandlungen eingesetzt werden kann, ist für die Verwirklichung von Merkmal 0 unerheblich.

Patentanspruch 1 enthält auch insoweit keine näheren Festlegungen. In der Beschreibung werden mit der Behandlung von Brand-, Akne- und Operationsnarben zwar auch Einsatzzwecke genannt, für die eine medizinische Indikation zumindest in Betracht kommt. Mit der Behandlung von matter Haut, Falten, Pigmentveränderungen und Entfärbungen werden aber auch Einsatzzwecke angeführt, die jedenfalls im Ausgangspunkt eher auf eine kosmetische Behandlung hindeuten. Hinweise darauf, dass sich die Erfindung nur auf bestimmte Kategorien bezieht, und Kriterien, die gegebenenfalls eine Abgrenzung ermöglichten, sind der Patentschrift nicht zu entnehmen.

c) Ein schleifendes Material im Sinne von Merkmal 1 muss, wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, die Eignung aufweisen, Zellen von der behandelten Hautoberfläche abzulösen, wenn es in Kontakt mit der betreffenden Hautpartie gebracht wird.

Zu Recht hat das Patentgericht entschieden, dass der Begriff "schleifend" impliziert, dass das Material relativ zur Haut bewegt werden muss, um eine Ablösung von Zellen zu bewirken. In welcher Weise dies geschieht, bleibt dem Fachmann überlassen.

d) Entgegen der Auffassung der Berufung ist Merkmal 4 nicht zu entnehmen, dass das schleifende Material auch ohne Vakuum bzw. Unterdruck an der Haut anliegen muss.

Die in Merkmal 4 definierte Vorgabe, dass der verringerte Druck ein stärkeres Andrücken der zu behandelnden Hautoberfläche an das Schleifmaterial zur Folge haben muss, lässt zwar Ausführungsformen zu, bei denen das Schleifmaterial schon unabhängig vom Anlegen dieses Drucks mit der Haut in Berührung steht. Zwingend ist dies indes nicht, denn Merkmal 4 gibt nur vor, welche Wirkung bei angelegtem Druck vorhanden sein muss, und lässt offen, welcher Zustand ohne diesen Druck herrscht.

Aus den von der Berufung herangezogenen Ausführungen in Abs. 21 der Streitpatentschrift, wonach der Schlauch alleine zum Abtragen der Haut und das Vakuumsystem in erster Linie zum Aufnehmen der gelösten Hautzellen eingesetzt werden kann, ergibt sich keine abweichende Beurteilung. In diesem Absatz wird gerade hervorgehoben, dass das Anlegen des Vakuums einen unerwarteten Vorteil bietet. Diesen Aspekt greift Merkmal 4 auf.

Die Ausführungen in Abs. 13 der Streitpatentschrift, wonach die Behandlungsspitze mit der zu behandelnden Hautoberfläche in Kontakt gebracht wird und das Vakuum die Haut an das schleifende Material anpresst, führen ebenfalls nicht zu einer abweichenden Beurteilung. In Merkmal 4 hat nur der zuletzt genannte Aspekt Niederschlag gefunden. Deshalb steht es dem Fachmann frei, ob die Haut auch ohne Unterdruck ganz oder teilweise in Kontakt mit dem schleifenden Material steht.

Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob sich aus der Darstellung in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 17 entnehmen lässt, dass das Schleifmaterial auch ohne Unterdruck zumindest am unteren Rand an der Haut anliegt.

Selbst wenn diese Frage zu bejahen wäre, führte dies nicht zu der von der Berufung postulierten Auslegung, denn Patentanspruch 1 enthält eine solche Vorgabe gerade nicht. Unabhängig davon wird in der Beschreibung des Streitpatents in Bezug auf diese Ausführungsform ausgeführt, der Kontakt der zu behandelnden Hautoberfläche mit der schleifenden Oberfläche werde durch das Vakuum hergestellt (Abs. 33 Z. 27 ff.).

I. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Gegenstand des Streitpatents gehe nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus. Diesen sei bereits zu entnehmen, dass auch solche Ausführungsformen zur Erfindung gehören, bei denen der verringerte Druck lediglich bewirkt, dass die zu behandelnde Hautoberfläche in stärkerem Maße an das schleifende Material gepresst wird, ohne dass sich der Kontaktbereich vergrößert.

Der geschützte Gegenstand sei dem Fachmann aber durch die USPatentschrift 3 749 092 (NK7) nahegelegt gewesen. Diese Entgegenhaltung betreffe das Entfernen von toten Hautzellen. Sie habe ein vielversprechendes Sprungbrett dargestellt, weil dort bereits das Abführen des entfernten Materials durch einen Luftstrom offenbart sei. Ausgehend davon habe es für den Fachmann nahegelegen, die in NK7 offenbarte gezahnte oder geriffelte Endfläche durch ein verbessertes Schleifmaterial zu ersetzen, um eine schonendere Abrasion zu erreichen.

Darüber hinaus sei der Gegenstand des Streitpatents in der japanischen Offenlegungsschrift Hei5-42060 (NK15/NK15a) vollständig offenbart. Die dort offenbarte Vorrichtung diene ebenfalls der Entfernung toter Hautzellen. Als schleifendes Mittel werde für alle Ausführungsbeispiele unter anderem Bimsstein offenbart.

Der mit den erstinstanzlichen Hilfsanträgen verteidigte Gegenstand sei durch NK15 und NK7 ebenfalls vorweggenommen oder nahegelegt.

I. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahrenstand.

1. Zutreffend hat das Patentgericht entschieden, dass der Gegenstand von Patentanspruch 1 mit Merkmal 3b in NK15 vollständig offenbart ist.

a) NK15 offenbart eine kosmetische Vorrichtung zum Entfernen von Unreinheiten, die in der Haut und deren Poren stecken.

In der Beschreibung von NK15 wird ausgeführt, bei bekannten Vorrichtungen dieser Art würden die Verunreinigungen entweder mittels einer Bürste oder mittels eines Saugers entfernt. Beide Ausführungsarten werden als nicht ausreichend effektiv beurteilt. Als Lösung wird eine Vorrichtung vorgeschlagen, die eine Saugvorrichtung und eine Bürste aufweist.

Die erste von insgesamt acht in NK15 näher dargestellten Ausführungsformen enthält eine zylinderförmige Bürste, die in Rotation versetzt wird. Um die Wirkung zu verbessern, wird die Haut durch Unterdruck angehoben und in Kontakt mit der Bürste gebracht (NK15a S. 6 Z. 5-7). Die Bürste kann aus synthetischem Harz oder Tierhaaren sein, aber auch aus Bimsstein, der zylindrisch geformt ist (NK15a S. 6 Z. 15 f.).

Die vierte Ausführungsform, die in den nachfolgend wiedergegebenen Figuren 8 und 9 dargestellt ist, weist eine rotierende Bürste 56 auf, die nach innen gebogen ist. Aufgrund des Unterdrucks liegt die angehobene Haut gleichmäßig an der Bürste an, wodurch ein großer Bereich gebürstet werden kann (NK15a S. 11 Z. 7-9).

(Fig. 8)

(Fig. 9)

b) Damit sind, wie auch die Berufung nicht in Zweifel zieht, die Merkmale 1, 2, 2a, 2b und 3 offenbart.

c) Merkmal 0 ist ebenfalls offenbart.

Nach den Ausführungen in NK15 dient die dort offenbarte Vorrichtung der Entfernung von Schmutz und Verunreinigungen aus den Poren (NK15a S. 2 Z. 5, S. 3 Z. 28 f., S. 4 Z. 12 ff.). Zu solchen Schmutzpartikeln gehören nach den Feststellungen des Patentgerichts nicht nur körperfremde Teilchen, sondern auch abgestorbene Hautzellen und Schuppen, die sich in den äußeren Schichten der Haut ansammeln.

Wie bereits oben ausgeführt wurde, genügt die Entfernung abgestorbener Hautzellen zur Verwirklichung von Merkmal 0. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Berufung beruhen auf der unzutreffenden Prämisse, dass lebende Zellen entfernt werden müssen.

Ebenfalls unerheblich ist, ob die in NK15 offenbarte Vorrichtung für medizinische Einsatzzwecke geeignet ist.

d) Offenbart ist auch Merkmal 3b.

aa) Zu Recht hat das Patentgericht entschieden, dass der in NK15 in Zusammenhang mit der ersten Ausführungsform enthaltene Hinweis, anstelle einer Bürste könne auch Bimsstein eingesetzt werden, sich auch auf die übrigen Ausführungsbeispiele bezieht.

Die angegebenen Materialien weisen unterschiedliche Abrasionseigenschaften auf. Diese Unterschiede können aus Sicht des Fachmanns bei allen in NK15 offenbarten Ausführungsformen zur Optimierung genutzt werden, denn alle diese Ausführungsformen sehen die Entfernung von Verunreinigungen mittels einer rotierenden Bürste vor.

bb) Dass die Bürste bei der vierten Ausführungsform nach innen gebogen ist, führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung.

Zwar erscheint schwer vorstellbar, dass Bimsstein gebogen werden kann. Möglich ist nach dem Vorbringen der Klägerin aber, aus Bimsstein durch Materialabtragung eine Struktur zu schaffen, die an einem Ende eine nach innen gebogene Oberfläche aufweist. Die Berufung bestreitet zwar diesen Vortrag. Sie stellt aber nicht in Abrede, dass es möglich ist, aus Bimsstein einen Zylinder zu formen, und zeigt keine konkreten Anhaltspunkte dafür auf, weshalb es mit derselben Technik nicht möglich sein soll, einen Körper mit nach innen gebogener Oberfläche auszuformen.

Unabhängig davon erscheint vor dem Hintergrund des Beklagtenvorbringens jedenfalls die Aufbringung und Befestigung einer mehr oder weniger dicken Schicht gemahlenen Bimssteins auf einer nach innen gebogenen Unterlage aus einem anderen, für die beabsichtigte Verwendung geeigneten Material möglich. Eine solche Ausgestaltung entspricht derjenigen einer Bürste, bei der die Borsten typischerweise ebenfalls durch ein anderes Material gehalten werden.

Für die Funktion der in NK15 offenbarten Bürste ist nur deren Form maßgeblich, nicht der Herstellungsprozess, mit dem diese Form geschaffen wird. Wie bereits dargelegt wurde, soll die gebogene Form es ermöglichen, dass die Haut bei Unterdruck mit einer möglichst großen Fläche an der Bürste anliegt. Hierzu genügt es, wenn die Bürste eine gebogene, d.h. an der Unterseite nach innen gewölbte Oberfläche hat. Wie diese Form geschaffen wurde, ist unerheblich.

Dass der Fachmann aus NK15 keine näheren Hinweise darauf entnehmen kann, wie eine solche Struktur aus Bimsstein hergestellt werden kann, ist unschädlich. Auch für Bürsten findet sich in der Entgegenhaltung kein entsprechender Hinweis.

Entgegen der Auffassung der Berufung ergeben sich aus den Ausführungen zur Funktion der gebogenen Bürste auch keine Anhaltspunkte dafür, dass diese flexibel sein muss. Die vergrößerte Kontaktfläche wird vielmehr dadurch geschaffen, dass sich die Haut an die Bürste anlegt. Dies mag nicht ausschließen, dass auch die Bürste aus flexiblem Material besteht. Zwingend erforderlich ist dies jedoch nicht.

cc) Ob Bimsstein üblicherweise nur für die Entfernung von Hornhaut insbesondere an den Füßen eingesetzt wird, nicht aber für die Entfernung von Hautzellen im Gesicht, ist ebenfalls unerheblich.

Die Entfernung von Hornhaut an den Füßen stellt einen von Merkmal 0 umfassten Einsatzzweck dar. In Einklang damit wird in der Beschreibung des Streitpatents ausgeführt, der Einsatz von Abrasionstechniken lasse sich bis zu den alten Ägyptern zurückverfolgen, die Alabaster und Bimsstein zur Entfernung von Makeln und groben Flecken eingesetzt hätten.

Vor diesem Hintergrund kommt es nicht darauf an, ob die in NK15 offenbarte Vorrichtung mit einer Abrasionseinrichtung aus Bimsstein auch für den Einsatz im Gesicht geeignet wäre.

e) Zu Recht macht die Klägerin geltend, dass Merkmal 3a in NK15 ebenfalls offenbart ist.

Bei der in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 13 dargestellten siebten Ausführungsform ist eine ringförmige Bürste 84 an einem Ringkörper 82 angebracht (NK15a S. 13 Z. 17 ff.).

Damit ist eine Vorrichtung offenbart, bei der abrasives Material - Bimsstein - am Ende einer hohlen Röhre angebracht ist.

f) Merkmal 4 ist ebenfalls offenbart.

Wie bereits oben dargelegt wurde, wird in NK15 ausgeführt, bei der Ausführungsform 4 liege die angehobene Haut aufgrund des Unterdrucks gleichmäßig an der Bürste an, wodurch ein großer Bereich gebürstet werden könne.

Ob die Haut auch ohne Unterdruck an der Bürste anliegt, ist demgegenüber unerheblich. Wie bereits im Zusammenhang mit der Auslegung von Merkmal 4 dargelegt wurde, ist eine solche Ausgestaltung nach Patentanspruch 1 nicht zwingend vorgesehen.

2. Die mit den Hilfsanträgen verteidigten Gegenstände sind ebenfalls nicht patentfähig.

a) Nach Hilfsantrag 1 soll Merkmal 0 dahin ergänzt werden, dass die Vorrichtung geeignet und bestimmt ist zum Entfernen von toten und alten Zellen von der Haut einer Person, der so genannten Epidermis, und damit zur Durchführung von Mikrodermabrasion, ohne Verletzung der Dermis und der Subkutanschicht.

Dies führt, wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht zu einer abweichenden Beurteilung im Vergleich zur erteilten Fassung. Wie bereits oben ausgeführt wurde, ist die Entfernung abgestorbener menschlicher Hautzellen in NK15 bereits offenbart.

b) Nach Hilfsantrag 2a soll die erteilte Fassung von Patentanspruch 1 dahin ergänzt werden, dass das schleifende Material schleifende Teilchen zum Beispiel aus Diamant, Aluminiumoxid, Siliziumkarbid, Siliziumoxid oder Metallnitrid aufweist.

Dies führt schon deshalb nicht zu einer abweichenden Beurteilung, weil die Materialien nur beispielhaft aufgeführt sind, mithin auch der Einsatz anderer Teilchen wie etwa Bimsstein vom geschützten Gegenstand umfasst ist.

Unabhängig davon hat das Patentgericht festgestellt, dass es sich um übliche Schleifmaterialien handelt. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit dieser Feststellung begründen könnten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ), sind weder aufgezeigt noch sonst ersichtlich. Auf dieser Grundlage unterliegt die Annahme des Patentgerichts, der Fachmann habe ausgehend von NK15 Anlass gehabt, anstelle des dort offenbarten Bimssteins die nach Hilfsantrag 2a vorgesehenen schleifenden Materialien einzusetzen, keinen Bedenken.

c) Nach Hilfsantrag 3a soll Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag 2a dahin ergänzt werden, dass die schleifenden Teilchen eine Größe von höchstens ungefähr 150 µm, insbesondere von höchstens ungefähr 127 µm aufweisen.

Diese Größenordnung ist nach den Feststellungen des Patentgerichts jedenfalls für Diamantpartikel durch das Fachwissen nahegelegt. Dass die Beschreibung des Streitpatents für Diamant darüber hinaus einen besonders geeigneten Größenbereich benennt, ist schon deshalb unerheblich, weil sich der beanspruchte Gegenstand nicht auf diesen Bereich beschränkt.

d) Nach Hilfsantrag 4a soll die erteilte Fassung von Patentanspruch 1 dahin ergänzt werden, dass die Vakuumquelle eine Vakuumpumpe ist.

Eine solche Ausgestaltung ist durch NK15 auch dann nahegelegt, wenn der dort offenbarte Ventilator, wie die Berufung geltend macht, nicht als Pumpe anzusehen ist. Auch unter dieser Prämisse war dem Fachmann der Austausch eines üblichen Mittels zur Erzeugung eines Vakuums gegen ein anderes nahegelegt.

e) Nach Hilfsantrag 5a soll in Merkmal 2a die Angabe "einen verringerten Druck" ersetzt werden durch "einen verringerten niedrigen Druck, zum Beispiel einen Druck von 10 in-Hg".

Dies führt, wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht zu einer relevanten Beschränkung des geschützten Gegenstands.

f) Nach Hilfsantrag 6a soll die erteilte Fassung von Patentanspruch 1 dahin ergänzt werden, dass zwischen dem vorderen Ende (22) der Röhre (20) und der Vakuumpumpe (24) eine Filteranordnung (18) angeordnet ist, welche Teilchen einfängt, jedoch einströmender Luft das Durchfließen ermöglicht. Nach Hilfsantrag 7a soll dies weiter dahin ergänzt werden, dass in der Filteranordnung (18) ein Filterkissen (28) untergebracht ist, das abgelöstes Hautgewebe aufnimmt und einen Eintritt des Hautgewebes verhindert.

Das Patentgericht hat diese zusätzlichen Merkmale als nahegelegt angesehen, weil je nach Einsatzzweck verhindert werden muss, dass die aufgesaugten Teilchen bzw. Hautzellen an die Umgebung abgegeben werden und diese verunreinigen oder die Umgebungsluft mit diesen Teilchen belastet wird, und weil hierzu geeignete Filter im Stand der Technik bekannt waren.

Diese Erwägungen begegnen im Hinblick auf NK15 keinen Bedenken.

g) Hilfsantrag 7b' sieht zusätzlich zu den Merkmalen aller vorangehenden Hilfsanträge vor, dass das vordere Ende (22) der hohlen Röhre (20) und die Filteranordnung (18) mittels einer Rohrleitung (26) verbunden sind und die Rohrleitung (26) flexibel ausgestaltet ist.

Ausgehend von NK15 ergab sich für den Fachmann die Anregung, die Vakuumquelle und das distale Ende der Vorrichtung bei Bedarf mit einem Schlauch zu verbinden. Ob eine solche Ausgestaltung auch dann nahegelegt war, wenn die Bürste rotierbar ausgestaltet ist, wie dies in den Ausführungsbeispielen von NK15 gezeigt wird, kann dahingestellt bleiben. NK15 enthält den ausdrücklichen Hinweis, dass die Bürste auch feststehend ausgestaltet werden kann. Dann ist ein rotatorischer Antrieb für die Bürste entbehrlich und eine einfache Schlauchverbindung reicht aus.

h) Der erstmals in der Berufungsinstanz gestellte Hilfsantrag 8a sieht neben einigen aus den Hilfsanträgen 4a, 6a und 6b übernommenen Merkmalen zusätzlich vor, dass die Filteranordnung (18) von einem Gehäuse abnehmbar ist und das Gehäuse die Quelle von Vakuum einschließt.

Diese Ausgestaltung war ausgehend von NK15 ebenfalls nahegelegt. Wie die Klägerin zutreffend darlegt, lag es für den Fachmann nahe, die Filteranordnung austauschbar zu gestalten. Die Frage, ob hierzu lediglich ein entnehmbarer Filter oder eine vom Gehäuse abnehmbare Anordnung vorgesehen wird, betrifft ein technisches Detail, dem für die Funktion der Gesamtvorrichtung keine wesentliche Bedeutung zukommt.

i) Nach Hilfsantrag 9a soll Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag 8a dahin ergänzt werden, dass die Filteranordnung (18) an einer Außenfläche des Gehäuses (10) angebracht ist.

Auch hierbei handelt es sich um ein gestalterisches Detail, das nicht zur Bejahung erfinderischer Tätigkeit führen kann.

j) Hilfsantrag 10a sieht zusätzlich zu einigen Merkmalen aus anderen Hilfsanträgen vor, dass eine untere hohle Erweiterung (34) sich von der Filteranordnung (18) wegerstreckt und es ermöglicht, dass durch die Filteranordnung gezogene Luft in die Vakuumpumpe (24) eingesogen wird. Ein Ausführungsbeispiel für dieses in der Beschreibung als Stutzen (34) bezeichnete Bauteil ist in Figur 2 dargestellt.

Mag eine solche Gestaltung auch in keiner der vorgelegten Entgegenhaltungen offenbart sein, liegt sie dennoch innerhalb des Kreises der vom Fachmann ohne weiteres zu erwartenden Maßnahmen.

Wie bereits oben dargelegt wurde, hatte der Fachmann Anlass, einen austauschbaren Filter vorzusehen. Dessen Anbringung auf der Rohrstrecke zwischen der Behandlungs-Öffnung und der Vakuumpumpe bzw. deren Gehäuse liegt im Bereich des Üblichen.

k) Nach Hilfsantrag 11a soll der mit Hilfsantrag 10a verteidigte Gegenstand dahin ergänzt werden, dass das vordere Ende (22) von der Rohrleitung abnehmbar ist.

Auch damit ist lediglich ein gestalterisches Detail beansprucht, das dem Fachmann auch ohne konkrete Anregung nahegelegt war.

l) Nach Hilfsantrag 12a soll Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag 1a dahin ergänzt werden, dass an dem vorderen Ende (22) eine abnehmbare Scheibe (46) und an einem äußeren Ende der Scheibe (46) ein Schleifmaterial angeordnet sind.

Hierbei handelt es sich ebenfalls um ein Detail, das dem Fachmann ausgehend von NK15 nahegelegt war.

m) Nach Hilfsantrag 13a, der dem erstinstanzlichen Hilfsantrag 8a entspricht, soll Patentanspruch 1 die Verwendung einer Vorrichtung zu dem in Hilfsantrag 1 definierten Zweck schützen.

Zu Recht hat das Patentgericht auch diese Fassung als nicht schutzfähig angesehen, weil NK15 eine solche Verwendung offenbart.

n) Für die mit dem Zusatz "b" versehenen Hilfsanträge, die jeweils eine Kombination der Merkmale aus vorangegangenen Hilfsanträgen vorsehen, gilt nichts Anderes. Aus diesen Kombinationen ergibt sich kein weitergehender technischer Effekt, der eine abweichende Beurteilung stützen könnte.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 97 Abs. 1 , § 101 ZPO .

Von Rechts wegen

Verkündet am: 26. Mai 2020

Vorinstanz: BPatG, vom 20.03.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 4 Ni 51/16 (EP)