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BGH - Entscheidung vom 14.05.2020

VII ZR 205/19

Normen:
HOAI 2009 § 7
HOAI 2009 § 8 Abs. 2
BGB § 631
HOAI (2009) § 7
HOAI (2009) § 8 Abs. 2
BGB § 631
HOAI (2009) § 7 Abs. 1
HOAI (2009) § 7 Abs. 3
HOAI (2009) § 8 Abs. 2
BGB § 242
BGB § 631

Fundstellen:
BauR 2020, 1499
MDR 2020, 984
NJW-RR 2020, 901
NZBau 2020, 584
WM 2021, 1238
ZfBR 2020, 658

BGH, Urteil vom 14.05.2020 - Aktenzeichen VII ZR 205/19

DRsp Nr. 2020/8991

Obliegenheit eines Architekten oder Ingenieurs der Darlegung und des Nachweises der Beauftragung mit den von ihm nach den Mindestsätzen abgerechneten Leistungen i.R.e. Honoraranspruchs

Verlangt der Architekt oder Ingenieur ein nach den Mindestsätzen berechnetes Honorar, obliegt es ihm, darzulegen und gegebenenfalls nachzuweisen, dass er mit den von ihm nach den Mindestsätzen abgerechneten Leistungen beauftragt worden ist (Fortführung von BGH, Urteil vom 4. Oktober 1979 - VII ZR 319/78, BauR 1980, 84 ).

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 14. August 2019 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der durch die Nebeninterventionen verursachten Kosten werden der Klägerin auferlegt.

Normenkette:

HOAI (2009) § 7 Abs. 1 ; HOAI (2009) § 7 Abs. 3 ; HOAI (2009) § 8 Abs. 2 ; BGB § 242 ; BGB § 631 ;

Tatbestand

Die Klägerin, ein gemeinnütziges Unternehmen für die Entwicklung des ländlichen Raums, macht gegen die Beklagten Honorarnachforderungen aus mehreren mit der Beklagten zu 1 in den Jahren 2010 bis 2012 geschlossenen Verträgen über die Erbringung von Architekten- und Ingenieurleistungen im Zusammenhang mit der Konzeption und Errichtung einer Biogasanlage geltend. Die Beklagte zu 2 ist die persönlich haftende Gesellschafterin der Beklagten zu 1. In zwei Verträgen sind die vereinbarten Leistungsphasen, die in einem Klammerzusatz stichwortartig beschrieben werden, durch Ankreuzen gekennzeichnet, in den anderen Verträgen sind konkrete Einzelleistungen bezeichnet. Insgesamt vereinbarten die Vertragsparteien ein Pauschalhonorar in Höhe von 80.195,49 € netto. Die Klägerin rechnete nach Abschluss des Bauvorhabens ihre Leistungen mit einem Betrag von 75.550,04 € netto ab, den die Beklagte zu 1 zahlte. Mit Schreiben vom 29. Dezember 2016 machte die Klägerin eine von ihr zunächst mit 638.160,01 € brutto bezifferte Nachforderung mit der Begründung geltend, die geschlossenen Verträge und deren ursprüngliche Abrechnung unterschritten in unzulässiger Weise die Mindestsätze der Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen in der Fassung vom 11. August 2009 (im Folgenden: HOAI (2009)). Auf der Grundlage eines von ihr vorprozessual eingeholten Privatgutachtens hat die Klägerin unter Berücksichtigung von Nebenkosten, Umsatzsteuer und den von der Beklagten zu 1 bereits erbrachten Zahlungen sodann eine noch offene Honorarforderung in Höhe von 441.004,89 € brutto errechnet, die sie mit der Klage geltend macht.

Die Klage ist in beiden Instanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner unter anderem in BauR 2019, 1957 veröffentlichten Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Der Klägerin stehe gegenüber den Beklagten keine weitere Honorarforderung zu. Die Darlegungs- und Beweislast für einen Verstoß gegen das Preisrecht der HOAI trage die Klägerin, die behaupte, wegen einer unzulässigen Mindestsatzunterschreitung mehr Honorar fordern zu dürfen. Die Klägerin habe nicht schlüssig dargelegt, dass die Pauschalhonorarvereinbarungen, die sie mit der Beklagten zu 1 getroffen habe, unwirksam seien und ihr eine Honorarnachforderung in der geltend gemachten Höhe zustehe. Das Landgericht habe ausführlich begründet, warum die Klägerin ihren Honoraranspruch nicht mit dem vorprozessual eingeholten Privatgutachten schlüssig dargelegt habe. Dieses Gutachten berücksichtige nicht hinreichend, dass die Klägerin nur Teilleistungen erbracht habe, die sie nicht substantiiert von den Planungsleistungen des Generalunternehmers abgrenze. Die Berufungsbegründung nehme hierzu in keiner Weise Stellung. Die Feststellung des Landgerichts, der von der Klägerin abgerechnete Leistungsumfang habe nicht dem vertraglich Vereinbarten entsprochen, sei folglich nicht zu beanstanden.

Jedenfalls habe das Landgericht zu Recht die Honorarnachforderung der Klägerin abgewiesen, weil sie nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB an ihre ursprünglich erteilten Schlussrechnungen gebunden sei. Dies ergebe eine Gesamtschau aller Gesichtspunkte. Dabei komme dem Umstand, dass die verbindlichen Mindest- und Höchstsätze der HOAI nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 4. Juli 2019 (- C-377/17, BauR 2019, 1624 = NZBau 2019, 511 - Kommission/Deutschland) unionsrechtswidrig seien, eine besondere Bedeutung zu. Wegen des Anwendungsvorbehalts des Unionsrechts seien die Gerichte verpflichtet, ab sofort die unionsrechtswidrigen Regelungen der HOAI nicht mehr anzuwenden. Die Klägerin stütze ihre Honorarnachforderungen mithin auf ein Preisrecht, das nicht mehr gelte. Sie habe die Beklagte zu 1, mit der sie durch eine Mehrzahl von Verträgen verbunden gewesen sei, mit ihrer üblichen Abrechnungspraxis und den streitgegenständlichen ersten Schlussrechnungen in Sicherheit gewogen. Ihre Honorarnachforderungen nach zwei bis sechs Jahren seien ohne Vorankündigung erfolgt; sie seien für die Beklagte zu 1 nicht absehbar gewesen, ihr unzumutbar und zerstörten ihre Kalkulationsgrundlage. Es sei auch nicht ersichtlich, aufgrund welcher Umstände sich der Beklagten zu 1 eine Mindestsatzunterschreitung habe aufdrängen müssen. Die Beklagte zu 1 habe auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der ursprünglichen Abrechnungen vertrauen dürfen. Die gesamten Umstände sprächen für ein treuwidriges Verhalten der Klägerin.

II.

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.

1. Das Berufungsgericht hat die Zurückweisung der Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des Landgerichts auf zwei selbständig tragende Erwägungen gestützt. Zum einen hat das Berufungsgericht die von der Klägerin geltend gemachte Honorarforderung für unbegründet erachtet, weil eine Mindestsatzunterschreitung und damit eine Unwirksamkeit der Pauschalhonorarvereinbarungen aufgrund des insoweit nicht schlüssigen Vortrags nicht festgestellt werden könne. Zum anderen hat es darauf abgestellt, dass die Klägerin bei einer Gesamtschau der vorliegenden Umstände, die auch die vom Gerichtshof der Europäischen Union festgestellte Unionsrechtswidrigkeit der Mindestsätze umfasse, nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB an ihre ursprünglichen Schlussrechnungen gebunden sei.

Es kann offen bleiben, ob die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Treuwidrigkeit der Geltendmachung einer weiteren Honorarforderung durch die Klägerin zutreffen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 27. Oktober 2011 - VII ZR 163/10 Rn. 24 f., BauR 2012, 271 = NZBau 2012, 174 ; Urteil vom 23. Oktober 2008 - VII ZR 105/07 Rn. 9, BauR 2009, 262 = NZBau 2009, 33 ; jeweils m.w.N.). Ebenso bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob die vom Gerichtshof der Europäischen Union (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Juli 2019 - C-377/17, BauR 2019, 1624 = NZBau 2019, 511 ; Beschluss vom 6. Februar 2020 - C-137/18, BauR 2020, 863 , juris Rn. 21 - hapeg dresden) als unionsrechtswidrig festgestellten Regelungen in § 7 HOAI , wonach die in dieser Honorarordnung statuierten Mindestsätze für Planungs- und Überwachungsleistungen verbindlich sind und eine die Mindestsätze unterschreitende Honorarvereinbarung unwirksam ist, überhaupt noch angewendet werden können (vgl. dazu den Vorlagebeschluss des Senats vom 14. Mai 2020 - VII ZR 174/19).

2. Denn die Revision der Klägerin wendet sich ohne Erfolg gegen die selbständig tragende Erwägung des Berufungsgerichts, dass eine Unwirksamkeit der Pauschalhonorarvereinbarungen wegen Mindestsatzunterschreitung gemäß § 7 Abs. 1 HOAI (2009) nicht festgestellt werden könne.

a) Nach § 7 Abs. 1 HOAI (2009) richtet sich das Honorar nach der schriftlichen Vereinbarung, die die Vertragsparteien bei Auftragserteilung im Rahmen der durch die Verordnung festgesetzten Mindest- und Höchstsätze treffen. Unterschreitet das schriftlich vereinbarte Honorar das nach den Mindestsätzen berechnete Honorar, so ist die Honorarvereinbarung unwirksam, wenn nicht ein Ausnahmefall gemäß § 7 Abs. 3 HOAI (2009) vorliegt. Der Auftragnehmer kann dann grundsätzlich das nach den Mindestsätzen berechnete Honorar verlangen. Ob eine Honorarvereinbarung nach § 7 Abs. 1 HOAI (2009) unwirksam ist, wird nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs durch einen Vergleich des für einen Auftrag vereinbarten Honorars mit dem sich aus der Honorarordnung ergebenden Mindestsatzhonorar ermittelt. Maßgebend ist allein das Ergebnis dieses Vergleichs (vgl. BGH, Urteil vom 9. Februar 2012 - VII ZR 31/11 Rn. 23, BGHZ 192, 305 ).

Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen der Unwirksamkeit einer Honorarvereinbarung wegen Verstoßes gegen das Preisrecht der HOAI trägt nach allgemeinen Grundsätzen derjenige, der hieraus günstige Rechtsfolgen ableitet (vgl. BGH, Urteil vom 13. September 2001 - VII ZR 380/00, BauR 2001, 1926 = NZBau 2001, 690 , juris Rn. 18 m.w.N.). Beruft sich - wie hier - der Auftragnehmer auf die Unwirksamkeit einer mit dem Auftraggeber geschlossenen Honorarvereinbarung wegen Unterschreitung der in der HOAI festgelegten Mindestsätze, so muss er die Unterschreitung schlüssig darlegen und die dafür erforderlichen Tatsachen angeben (vgl. OLG Jena, Urteil vom 3. Februar 2010 - 4 U 431/02, juris Rn. 68; Berger in FBS, HOAI , 2016, § 7 HOAI Rn. 123 f.). Verlangt er ein nach den Mindestsätzen berechnetes Honorar, obliegt es ihm auch, darzulegen und gegebenenfalls nachzuweisen, dass er mit den von ihm nach den Mindestsätzen abgerechneten Leistungen beauftragt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 4. Oktober 1979 - VII ZR 319/78, BauR 1980, 84 , juris Rn. 7 ff.).

b) Das Berufungsgericht hat seine Auffassung, die Unwirksamkeit der Pauschalhonorarvereinbarungen könne nicht festgestellt werden, darauf gestützt, dass die Klägerin eine Mindestsatzunterschreitung nicht schlüssig dargelegt habe. Es stehe fest, dass nur eine Beauftragung mit Teilleistungen erfolgt sei und der von der Klägerin im Rahmen der Mindestsatzberechnung zugrunde gelegte Leistungsumfang nicht dem vertraglich Vereinbarten entsprochen habe.

Das Landgericht, auf dessen Feststellungen das Berufungsgericht Bezug nimmt, hat hierzu ausgeführt, es sei als unstreitig zu bewerten, dass der von der Beklagten zu 1 beauftragte Generalunternehmer mit der Erbringung der wesentlichen Planungs- und Überwachungsleistungen für das gesamte Bauvorhaben beauftragt worden sei und diese auch erbracht habe. Vor diesem Hintergrund habe die Klägerin nicht sämtliche Leistungen der vertragsgegenständlichen Leistungsphasen erbringen, sondern nur ergänzend tätig werden sollen. Dies ergebe sich auch aus dem Angebotsschreiben der Klägerin vom 9. November 2009. Der dem entgegenstehende Vortrag der Klägerin sei angesichts der vorgelegten Unterlagen, die überwiegend Planungsleistungen des Generalunternehmers und weiterer Drittunternehmer enthielten, mangels ausreichender Substanz und wegen Widersprüchlichkeit unbeachtlich. Es fehle insgesamt an einer schlüssigen Darlegung der Klägerin zum vereinbarten und erbrachten Leistungsumfang in Abgrenzung zu den Leistungen des Generalunternehmers. Damit fehle eine ausreichende Tatsachengrundlage für die Prüfung, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Honorarvereinbarungen die Mindestsätze der HOAI (2009) unterschritten. Auf das Privatgutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. W. könne sich die Klägerin insoweit nicht stützen, da dieses im Rahmen der Mindestsatzberechnung nicht hinreichend berücksichtige, dass die Klägerin nur mit Teilleistungen aus den jeweils vertragsgegenständlichen Leistungsphasen beauftragt worden sei.

c) Die hiergegen gerichteten Einwände der Revision greifen nicht durch.

aa) Welche Architektenleistungen vereinbart sind, ergibt sich durch Auslegung des Architektenvertrags gemäß §§ 133 , 157 BGB . Umfang und Inhalt der Beauftragung bestimmen sich allein nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien. Die HOAI als gesetzliches Preisrecht enthält keine normativen Leitbilder für den Inhalt von Architektenverträgen (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2007 - VII ZR 157/06 Rn. 21 ff., BauR 2008, 543 = NZBau 2008, 260 ). Die Leistungsbilder der HOAI können bei Bezugnahme im Vertrag lediglich als Auslegungshilfe zur Bestimmung der vertraglich geschuldeten Leistungen herangezogen werden (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juli 2007 - VII ZR 42/05 Rn. 25, BGHZ 173, 314 ; vgl. auch Kniffka, BauR 2015, 883 , 891 f.). Bei der Auslegung sind stets die gesamten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen und der beauftragte Leistungsumfang ist konkret festzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 4. Oktober 1979 - VII ZR 319/78, BauR 1980, 84 , juris Rn. 14), wobei die Darlegungs- und Beweislast - wie ausgeführt - bei der Partei liegt, die hieraus günstige Rechtsfolgen für sich ableitet.

Die Auslegung ist vom Tatrichter vorzunehmen und revisionsrechtlich nur dahingehend überprüfbar, ob Verstöße gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, sonstige Erfahrungssätze oder Denkgesetze vorliegen oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht. Ein Verstoß gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze kann dabei auch dann gegeben sein, wenn nicht alle für die Auslegung wesentlichen Umstände berücksichtigt worden sind (st. Rspr., vgl. z.B. BGH, Urteil vom 30. Januar 2020 - VII ZR 33/19 Rn. 33, NJW 2020, 1293 ; Urteil vom 1. Juni 2017 - VII ZR 49/16 Rn. 15, BauR 2017, 1531 = NZBau 2017, 559 ; Urteil vom 15. Dezember 1994 - VII ZR 140/93, BauR 1995, 237 , juris Rn. 19; jeweils m.w.N.).

bb) Derartige Auslegungsfehler hat die Revision nicht aufgezeigt.

Die Auslegung des Berufungsgerichts, es seien nur Teilleistungen aus den jeweils vertragsgegenständlichen Leistungsphasen beauftragt worden, ist angesichts der aufgezeigten Umstände möglich. Sie verstößt weder gegen gesetzliche Auslegungsregeln noch gegen Erfahrungs- oder Denkgesetze. Die von der Revision gerügten Verstöße gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze liegen nicht vor.

(1) So beanstandet die Revision, das Berufungsgericht habe eine Feststellung des Leistungsumfangs vom geschuldeten Erfolg her unterlassen. Die Klägerin habe mit den Verträgen die (Grund-)Leistungen der vertragsgegenständlichen Leistungsphasen übernommen und deren Erfolg geschuldet. Sie sei für diesen Erfolg insgesamt verantwortlich und habe diese Leistungen daher als eigene Leistung geschuldet. Dies sei unabhängig davon, ob etwaige Vorarbeiten des Generalunternehmers hierfür verwendbar gewesen seien.

Damit zeigt die Revision keinen revisionsrechtlich beachtlichen Auslegungsfehler auf. Das Berufungsgericht hat die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien unter Berücksichtigung der Gesamtumstände lediglich in der Sache anders bewertet als die Klägerin. Es ist dabei nicht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin im Hinblick auf einen von ihr geschuldeten Erfolg alle oder zumindest die wesentlichen Leistungen der vertragsgegenständlichen Leistungsphasen als eigene Leistung übernommen hat. Es hat dieses Ergebnis insbesondere auf den Umstand gestützt, dass der Generalunternehmer der Beklagten zu 1 nach der übereinstimmenden Vorstellung der Parteien, die auch in dem Angebotsschreiben vom 9. November 2009 deutlich geworden sei, die wesentlichen Architektenleistungen erbringen sollte. Soweit das Berufungsgericht und das von ihm in Bezug genommene Urteil des Landgerichts in ihrer Begründung unter anderem darauf abstellen, der Generalunternehmer habe ausweislich der vorgelegten Planungsunterlagen die wesentlichen Architektenleistungen und die Klägerin nur Teilleistungen aus den vertragsgegenständlichen Leistungsphasen erbracht, wird aus dem Gesamtzusammenhang deutlich, dass sie diesen Umstand dahin gewertet haben, dass die Klägerin entsprechend auch nur mit Teilleistungen beauftragt worden ist. Ein solcher Rückschluss aus dem Verhalten der Parteien im Rahmen der Vertragsdurchführung ist zulässig (vgl. Kniffka, BauR 2015, 883 , 895) und revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Vor diesem Hintergrund hat das Berufungsgericht die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien dahin ausgelegt, dass die wesentlichen Architektenleistungen seitens des Generalunternehmers der Beklagten zu 1 geschuldet waren und die Klägerin nur, soweit erforderlich, in den betreffenden Leistungsphasen ergänzend tätig werden sollte. Darin liegt jedenfalls kein Verstoß gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze. Die Revision zeigt insoweit auch nicht auf, dass das Berufungsgericht bei der Auslegung wesentliche Umstände außer Acht gelassen hat. Verfahrensfehler werden nicht gerügt.

(2) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht auch nicht gegen die im Urteil des Senats vom 24. Juni 2004 ( VII ZR 259/02, BGHZ 159, 376 ) aufgeführten Auslegungsgrundsätze verstoßen.

Aus diesem Urteil ergibt sich, wie die Revision zutreffend ausführt, dass sich Umfang und Inhalt der vom Architekten geschuldeten Leistung nach dem Vertragsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs und nicht nach den Leistungsbildern und Leistungsphasen der HOAI richten. Der vom Architekten geschuldete Gesamterfolg ist danach im Regelfall nicht darauf beschränkt, dass er die Aufgaben wahrnimmt, die für die mangelfreie Errichtung des Bauwerks erforderlich sind. Umfang und Inhalt der geschuldeten Leistung des Architekten sind vielmehr durch Auslegung zu ermitteln. Nach dem Grundsatz einer interessengerechten Auslegung sind die durch den konkreten Vertrag begründeten Interessen des Auftraggebers an den Arbeitsschritten zu berücksichtigen, die für den vom Architekten geschuldeten Werkerfolg erforderlich sind (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 2004 - VII ZR 259/02, BGHZ 159, 376 , juris Rn. 27 f.).

Das Berufungsgericht hat Umfang und Inhalt der geschuldeten Architektenleistungen indes nicht nach den Leistungsbildern der HOAI bestimmt. Es hat vielmehr - wie ausgeführt - die Frage, mit welchen Architektenleistungen die Klägerin beauftragt worden ist, unter Berücksichtigung der von ihm festgestellten Gesamtumstände beurteilt.

cc) Auf die Leistungsbilder der HOAI hat das Berufungsgericht nur insoweit abgestellt, als es die Höhe des Mindestsatzhonorars davon abhängig gemacht hat, welche Leistungen aus der jeweils vertragsgegenständlichen Leistungsphase beauftragt worden sind. Auf der Grundlage seiner Feststellung, dass jeweils nur Teilleistungen beauftragt worden sind, hat das Berufungsgericht die unter Bezugnahme auf das Privatgutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. W. erfolgte Darlegung der Klägerin zum Verstoß gegen das Mindestsatzgebot für unschlüssig erachtet, weil diese im Wesentlichen jeweils die vollen Prozentsätze der vertragsgegenständlichen Leistungsphasen in die Mindestsatzberechnung eingestellt habe. Würden nur Teilleistungen übertragen, stehe dem Auftragnehmer nur ein Honorar zu, welches dem Anteil der übertragenen Leistungen an der jeweiligen gesamten Leistungsphase entspreche.

Diese Ausführungen sind nach dem Vergütungssystem der HOAI zutreffend. Nach diesem System erfolgt die Berechnung des Mindestsatzhonorars im Ausgangspunkt nach dem in § 6 Abs. 1 HOAI (2009) geregelten Modus, also nach den anrechenbaren Kosten des Objekts, nach dem Leistungsbild, nach der Honorarzone und der dazugehörigen Honorartafel. Werden dem Auftragnehmer nicht alle Leistungen einer Leistungsphase übertragen, ist § 8 Abs. 2 HOAI (2009) zu beachten. Danach darf für die übertragenen Leistungen nur ein Honorar berechnet und vereinbart werden, das dem Anteil der übertragenen Leistungen an der gesamten Leistungsphase entspricht. Entsprechend ist zu verfahren, wenn dem Auftragnehmer wesentliche Teile von Leistungen nicht übertragen werden. Im Fall nicht übertragener Leistungen einer Leistungsphase oder nicht übertragener wesentlicher Teile von Leistungen ist das Honorar daher nach § 8 Abs. 2 HOAI (2009) zu reduzieren (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008 - VII ZR 235/06 Rn. 10, BauR 2009, 521 = NZBau 2009, 259 zu § 5 Abs. 2 HOAI 1996). Das Vergütungssystem der HOAI stellt damit entgegen der Auffassung der Revision nicht auf einen den Architekten- oder Ingenieurvertrag prägenden Erfolg ab, vielmehr werden die einzelnen Leistungen, die beauftragt worden sind, vergütet (vgl. Kniffka, BauR 2015, 883 , 884, 887 f.).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 , § 101 Abs. 1 ZPO .

Von Rechts wegen

Verkündet am: 14. Mai 2020

Vorinstanz: LG Hildesheim, vom 07.12.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 4 O 296/17
Vorinstanz: OLG Celle, vom 14.08.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 14 U 198/18
Fundstellen
BauR 2020, 1499
MDR 2020, 984
NJW-RR 2020, 901
NZBau 2020, 584
WM 2021, 1238
ZfBR 2020, 658