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BGH - Entscheidung vom 14.02.2020

AnwZ (Brfg) 50/19

Normen:
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7

BGH, Beschluss vom 14.02.2020 - Aktenzeichen AnwZ (Brfg) 50/19

DRsp Nr. 2020/4528

Klage gegen den Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls; Anhörungsrüge

Die Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 36 Abs. 2 Satz 3 BRAO betreffend die Übermittlung von Steuerrückständen durch die Finanzbehörden an die Rechtsanwaltskammer begründet keine grundsätzliche Bedeutung, wenn sie für den Widerruf der Zulassung des Anwalts zur Rechtsanwaltschaft nicht entscheidungserheblich ist.

Tenor

Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Senatsbeschluss vom 11. Dezember 2019 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Normenkette:

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7 ;

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ). Der Anwaltsgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Der Senat hat den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs mit Beschluss vom 11. Dezember 2019, auf den wegen der näheren Begründung verwiesen wird, abgelehnt. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Anhörungsrüge.

II.

Die Anhörungsrüge ist nach § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO , § 152a VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG ) ist nicht verletzt.

Der Senat hat die Begründung des Zulassungsantrags vollständig daraufhin geprüft, ob sie eine Zulassung der Berufung rechtfertigt. Er hat sämtliche Beanstandungen des Klägers für nicht durchgreifend erachtet und hat seinem die Zulassung ablehnenden Beschluss vom 11. Dezember 2019 eine den Kern der Angriffe betreffende Begründung (§ 112e Satz 2 BRAO , § 124 Abs. 5 Satz 3 VwGO ) beigefügt.

Entgegen der Ansicht des Klägers hat der Senat dabei insbesondere nicht offengelassen, ob die Unterzeichnung des Widerrufsbescheids durch den Präsidenten der Beklagten der Schriftform genügt, oder ob es einer Unterschrift aller beschlussfassender Vorstandsmitglieder bedurft hätte (Rüge I. Nr. 1). Der Senat hat unter Verweis auf seine hierzu bereits ergangene Entscheidung vom 23. September 2016 (AnwZ (Brfg) 34/16, ZIP 2017, 28 Rn. 19 f.) ausdrücklich ausgeführt, dass die Unterzeichnung eines Widerrufsbescheids nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO durch den Präsidenten der Rechtsanwaltskammer ausreicht und die zu einem Bescheid nach § 74 BRAO ergangene Senatsentscheidung vom 12. Juli 2012 (AnwZ (Brfg) 37/11, BGHZ 194, 79 Rn. 14) auf Widerrufsbescheide wie den vorliegenden nicht anwendbar ist (Rn. 6 bis 8 des Senatsbeschlusses).

Damit bedurfte es - anders als der Kläger meint (Rüge I. Nr. 3) - auch keiner Erörterung der Frage, ob der Widerrufsbescheid andernfalls wegen unzureichender Unterschrift nichtig und einer Heilung nach § 46 VwVfG nicht zugänglich wäre. Ebenfalls unbegründet ist die weitere Rüge des Klägers (Rüge I. Nr. 7), der Senat habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem er bereits im Zulassungsverfahren die höchstrichterlich noch nicht entschiedene Frage des Unterschriftenerfordernisses sämtlicher beschlussfassender Vorstandsmitglieder unter einem Zulassungswiderrufsbescheid entschieden habe. Die Frage war bzw. ist - wie ausgeführt - bereits in einer früheren Entscheidung des Senats beantwortet.

Unzutreffend ist auch der Vorwurf des Klägers, der Senat habe sich nicht mit der Frage befasst, ob dem Kläger eine Nachholung der Anhörung gemäß § 28 VwVfG hätte gewährt und dafür nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 66, 345 ) eine Aussetzung des Verfahrens hätte erfolgen müssen (Rüge I. Nr. 2). Der Senat hat hierzu dargelegt, dass eine Nachholung der im Verwaltungsverfahren unterbliebenen Anhörung des Klägers zu seinen Steuerrückständen mangels Entscheidungserheblichkeit nicht geboten war (Senatsbeschluss Rn. 9, 85) und es einer Aussetzung zur Durchführung eines Vorverfahrens nach §§ 68 ff. VwGO nicht bedurfte, da ein solches Verfahren nach § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO , § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 1 NJG entbehrlich war (Senatsbeschluss Rn. 12 ff. und 85).

Eine Gehörsverletzung ergibt sich entgegen der Ansicht des Klägers (Rügen I. Nr. 4 und I. Nr. 6) auch nicht daraus, dass der Senat der Rechtssache im Hinblick auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 80 Abs. 1 NJG und von § 36 Abs. 2 Satz 3 BRAO keine grundsätzliche Bedeutung beigemessen hat. Die vom Kläger geltend gemachten Einwände gegen die Verfassungsmäßigkeit von § 80 Abs. 1 NJG bestehen - wie der Senat in den Randnummern 13 bis 16 sowie 87 des Beschlusses unter Verweis auf seine Entscheidungen vom 7. Oktober 2013 (AnwZ (Brfg) 34/13, NJW-RR 2014, 317 Rn. 4) und vom 1. Februar 2019 (AnwZ (Brfg) 76/18, ZinsO 2019, 611 Rn. 11) zu den entsprechenden Regelungen in § 110 JustG NRW und Art. 15 Abs. 2 BayAGVwGO näher ausgeführt hat - nicht und vermögen daher auch keine Grundsatzbedeutung der Rechtssache zu begründen. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 36 Abs. 2 Satz 3 BRAO betreffend die Übermittlung von Steuerrückständen durch die Finanzbehörden an die Rechtsanwaltskammer begründet keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie für den Widerruf der Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft nicht entscheidungserheblich war (Senatsbeschluss Rn. 44 f., 87).

Entsprechendes gilt für die Gehörsrüge I. Nr. 5 des Klägers, der Senat sei auf die Rechtsfrage der europarechtlichen Konformität von § 116 Abs. 2 VwGO im Hinblick auf Art. 6 EMRK nicht eingegangen. Auch diese Frage stellt sich im vorliegenden Fall nicht (Senatsbeschluss Rn. 55 ff., 87).

Hinsichtlich der weiteren Rüge des Klägers (Rüge I. Nr. 8), ihm sei keine Mitteilung darüber gemacht worden, dass die Beklagte ihren Antrag auf Zurückweisung seines Zulassungsantrags nicht begründet habe, ist nicht ersichtlich und wird vom Kläger auch nicht dargetan, inwiefern dadurch sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden sein soll. Entscheidungserheblicher Vortrag, den der Kläger bei einer entsprechenden Mitteilung noch hätte halten können, wird von ihm nicht vorgetragen.

Soweit der Kläger schließlich mit der Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör zusammentreffende Verletzungen anderer Verfahrensgrundrechte, namentlich des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz und des Rechts auf ein faires Verfahren gemäß Art. 20 Abs. 3 , Art. 2 Abs. 1 GG geltend macht (Rügen II. Nr. 1 und Nr. 2), steht diesen Angriffen bereits entgegen, dass der Anwendungsbereich der Anhörungsrüge auf die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör beschränkt ist und die Verletzung anderer Verfahrensgrundrechte und -garantien davon nicht erfasst wird (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör [Anhörungsrügengesetz], BT-Drucks. 15/3706, S. 14; BGH, Beschluss vom 17. Juli 2008 - V ZR 149/07, NJW-RR 2009, 144 Rn. 1; Beschluss vom 27. April 2017 - I ZB 34/15, GRUR-RR 2017, 416 Rn. 5; Eyermann/Happ, VwGO , 15. Aufl., § 152a Rn. 4; Zöller/G. Vollkommer, ZPO , 33. Aufl., § 321a Rn. 3b; jeweils mwN). Unabhängig davon liegen die geltend gemachten Verfahrensgrundrechtsverletzungen aber auch nicht vor. Die Frage, ob ein Zulassungswiderruf nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO von sämtlichen beschlussfassenden Vorstandsmitgliedern zu unterzeichnen ist, wurde nicht erstmals im hiesigen Zulassungsverfahren entschieden (s.o.). Soweit der Kläger außerdem rügt, dass er keine Mitteilung darüber bekommen habe, ob der Beklagten eine Frist zur Begründung ihres Zurückweisungsantrags gesetzt wurde und wann diese ggf. ablief, ist nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht näher dargetan, inwiefern darin ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens liegen soll.

Vorinstanz: AnwGH Niedersachsen, vom 19.06.2019 - Vorinstanzaktenzeichen II 17/16