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BGH - Entscheidung vom 13.01.2020

II ZR 97/19

Normen:
AktG § 17
AktG § 179 Abs. 2
GmbHG § 53 Abs. 2

BGH, Beschluss vom 13.01.2020 - Aktenzeichen II ZR 97/19

DRsp Nr. 2020/3953

Klärung der Anforderungen für eine ordnungsgemäße Aufklärung eines Anlageinteressenten über wesentliche kapitalmäßige und personelle Verflechtungen; Rückabwicklung einer Beteiligung im Wege des Schadensersatzes

1. Der Prospekt über ein Beteiligungsangebot hat den Anleger über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig zu unterrichten. Dazu gehört u.a. eine Darstellung der wesentlichen kapitalmäßigen und personellen Verflechtungen zwischen einerseits der Fondsgesellschaft, ihren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern, und andererseits dem Unternehmen sowie deren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern. 2. Die Frage, wann eine wesentliche kapitalmäßige Verflechtung vorliegt, ist nicht grundsätzlich klärungsfähig. Es kommt allein darauf an, ob die kapitalmäßige Verflechtung so wesentlich ist, dass sie deshalb einen aufklärungsbedürftigen Interessenkonflikt begründen kann. Die Beurteilung, ob eine kapitalmäßige Verflechtung wesentlich ist und deshalb einen aufklärungsbedürftigen Interessenkonflikt begründet, unterliegt dem Tatrichter.

Tenor

1.

Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision des Klägers gegen das Urteil des 23. Zivilsenats des Kammergerichts vom 10. April 2019 auf Kosten des Klägers als unzulässig zu verwerfen, soweit sie die Beklagte zu 3 betrifft, und sie im Übrigen durch Beschluss gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.

2.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis zu 22.000 € festgesetzt.

Normenkette:

AktG § 17 ; AktG § 179 Abs. 2 ; GmbHG § 53 Abs. 2 ;

Gründe

I. Der Kläger begehrt im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung seiner am 5. März 2012 gezeichneten Beteiligung von 20.000 € an der P. GmbH & Co. KG (im Folgenden: P. ).

Die Beklagte zu 1 ist Gründungskomplementärin, die Beklagte zu 2 Gründungskommanditistin der P. . Die P. sollte sich nach dem Fondskonzept als Limited-Partner, vergleichbar einem Kommanditisten, an der C. Limited Partnership (im Folgenden: Objektgesellschaft), einer kanadischen Limited Partnership, beteiligen. Der Zweck der Objektgesellschaft sollte in der Förderung von Öl und Gas in Kanada sowie im Verkauf der Rohstoffe liegen. Generalpartner der Objektgesellschaft, vergleichbar der Stellung eines Komplementärs, sollte eine 100 %ige Tochter - nämlich die Conserve Oil 6th Corporation - der kanadischen C. (im Folgenden: C. ) sein. Die Beklagte zu 3 war Geschäftsführerin der Beklagten zu 1. Zum Zeitpunkt des Beitritts des Klägers war sie an der C. nach den Geschäftsbüchern der Gesellschaft mit ca. 13,7 % und ab dem 17. September 2012 mit 17,6 % beteiligt.

Das Landgericht hat der Klage unter Klageabweisung im Übrigen bezüglich der Beklagten zu 1 und 2 im Wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten zu 1 und 2 hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert, die Klage insgesamt abgewiesen und die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers.

II. Die Revision ist gegen die Beklagte zu 3 als unzulässig zu verwerfen und im Übrigen durch Beschluss zurückzuweisen. Zulassungsgründe liegen nicht vor und die Revision des Klägers hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a ZPO ).

1. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit für die Revisionsinstanz von Bedeutung, im Wesentlichen wie folgt begründet:

Eine wesentliche Beteiligung, über die aufzuklären wäre, sei allein aufgrund einer Beteiligungsquote der Beklagten zu 3 von 13,7 % oder 17,6 % nicht gegeben. Für eine Aufklärungspflicht genüge das bloße Vorliegen widerstreitender Interessen nicht. Vielmehr werde solches erst dann zur Gefahr für den Anleger, wenn der Betreffende in der Lage sei, seinen eigenen Interessen Vorrang zu geben, indem er Entscheidungen der Gesellschaft, an der er beteiligt sei, herbeiführen oder, wenn sie ihm nicht erfolgversprechend erschienen, auch nur verhindern könne.

Der Kläger habe auch nicht vorgetragen, welche wirtschaftlichen Sondervorteile sich aus der Minderheitsbeteiligung der Beklagten zu 3 ergeben würden. Die Beklagte zu 3 sei nicht auf der Verkäuferseite der Öl- und Gasfelder beteiligt oder profitiere vom Ankauf der Felder. Die Beteiligung der C. sowohl auf Seiten der Fonds- als auch der Objektgesellschaft sei offengelegt.

Auf gesellschaftsrechtlicher Ebene sei die Gewährung eines Sondervorteils zu Lasten der Fondsgesellschaft und der Anleger gleichfalls nicht gegeben, da es nicht um eine Beteiligung an der Fondsgesellschaft, sondern um eine Beteiligung an der mittelbar an der Komplementärin beteiligten C. gehe. Eine Veränderung der Gesellschafterstruktur auf der Ebene der C. lasse die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse bei deren Tochter und alleinigen Gesellschafterin der Komplementärin unberührt. Die Komplementärin sei zudem nach § 2.1 GV nicht am Vermögen oder Ergebnis der Fondsgesellschaft beteiligt. Der Sondervorteil könnte vor diesem Hintergrund nur in einer erhöhten Möglichkeit zur Einflussnahme liegen, was wiederum zur "Wesentlichkeit" der Beteiligung führe. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs betreffe die Offenlegung von Sondervorteilen die Personengruppe, welche wesentlich beteiligt sei. Da die Beteiligung der Beklagten zu 3 an der C. nicht wesentlich sei, begründe allein die Gewährung dieser Beteiligung noch keinen aufklärungspflichtigen Sondervorteil.

Die Beklagte zu 3 hafte nicht aus erweiterter Prospekthaftung. Sie habe weder Vertragspartnerin des Klägers werden sollen noch habe sie im direkten Kontakt zum Kläger gestanden. Die Beklagte zu 3 habe auch kein besonderes Vertrauen dadurch in Anspruch genommen, dass ihr Name im Prospekt mehrfach an prominenter Stelle genannt worden sei.

2. Die Revision ist, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 3 richtet, als unzulässig zu verwerfen, weil sie unstatthaft ist (§ 542 Abs. 1 , § 543 Abs. 1 ZPO ).

Das Berufungsgericht hat die Revision nur bezüglich der Beklagten zu 1 und 2 zugelassen. Dem Berufungsurteil ist eine entsprechende Beschränkung der Revisionszulassung zu entnehmen. Zwar enthält weder die Entscheidungsformel noch die Begründung der Revisionszulassung des Berufungsurteils eine ausdrückliche Beschränkung. Die Beschränkung der Revisionszulassung ergibt sich aber aus den Entscheidungsgründen. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass der Tenor im Lichte der Entscheidungsgründe auszulegen und deshalb von einer beschränkten Revisionszulassung auszugehen ist, wenn sich die Beschränkung aus den Gründen klar ergibt. Das ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn sich die vom Berufungsgericht als zulassungsrelevant angesehene Frage nur für einen eindeutig abgrenzbaren selbständigen Teil des Streitstoffs stellt (BGH, Urteil vom 8. Januar 2019 - II ZR 139/17, ZIP 2019, 513 Rn. 17 mwN; Urteil vom 10. Oktober 2017 - VI ZR 520/16, NJW 2018, 402 Rn. 9 mwN). Nach diesem Maßstab ist die Revision beschränkt zugelassen. Die vom Berufungsgericht als zulassungsrelevant angesehene Frage, ob der Prospekt hinsichtlich der nicht offen gelegten Beteiligung der Beklagten zu 3 an der C. fehlerhaft ist, betrifft nur die Beklagten zu 1 und 2, wie sich bereits aus dem zwischen den Beklagten zu 1 und 2 einerseits und der Beklagten zu 3 andererseits differenzierenden Urteilsaufbau ergibt. Die kapitalmäßige Verflechtung hat das Berufungsgericht nur bezüglich einer Haftung der Beklagten zu 1 und 2 als Prospektfehler erörtert. Die Beklagte zu 3 haftet nach dem Berufungsurteil dagegen nicht für Prospektfehler.

Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe bezüglich der Beklagten zu 3 die Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens unter Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör verneint, geht aufgrund der beschränkten Revisionszulassung auf die Beklagten zu 1 und 2 ins Leere.

3. Ein Zulassungsgrund besteht nicht. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil die Frage, wann eine zu offenbarende, weil wesentliche kapitalmäßige Verflechtung vorliegt, höchstrichterlicher Konkretisierung bedürfe. Dies erfüllt weder den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung noch den der Fortbildung des Rechts; eine Entscheidung ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils bereits mehrfach entschieden hat (u.a. BGH, Beschluss vom 4. Juni 2019 - II ZR 253/18, juris Rn. 10 mit Beschluss vom 1. Oktober 2019 - II ZR 253/18, juris Rn. 1).

a) Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, wenn die Rechtssache eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann, wenn sie zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen. Derartige Unklarheiten bestehen u.a. dann, wenn die Rechtsfrage vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird, oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 3 mwN).

Klärungsbedürftige Rechtsfragen stellen sich nicht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Prospekt über ein Beteiligungsangebot, der für einen Beitrittsinteressenten im Allgemeinen die einzige Unterrichtungsmöglichkeit darstellt, den Anleger über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig zu unterrichten. Dazu gehört auch eine Darstellung der wesentlichen kapitalmäßigen und personellen Verflechtungen zwischen einerseits der Fondsgesellschaft, ihren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern, und andererseits dem Unternehmen sowie deren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern, in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft die nach dem Prospekt durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat, und die Aufklärung über die diesem Personenkreis gewährten Sonderzuwendungen oder Sondervorteile (BGH, Urteil vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337 , 345; Urteil vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93, ZIP 1994, 1851 , 1852; Urteil vom 21. September 2010 - XI ZR 232/09, ZIP 2010, 2140 Rn. 29; Beschluss vom 15. Januar 2013 - II ZR 43/12, juris Rn. 7; Beschluss vom 23. September 2014 - II ZR 320/13, juris Rn. 23; Beschluss vom 23. September 2014 - II ZR 319/13, juris Rn. 29; Beschluss vom 24. Februar 2015 - II ZR 104/13, juris Rn. 11, 16; Beschluss vom 7. Juli 2015 - II ZR 104/13, juris Rn. 2; Urteil vom 22. April 2010 - III ZR 318/08, ZIP 2010, 1132 Rn. 25; Urteil vom 15. Juli 2010 - III ZR 321/08, ZIP 2010, 1801 Rn. 25; Urteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07, ZIP 2008, 1481 Rn. 25). Dem Anleger müssen hinreichende Informationen geboten werden, um selbst beurteilen zu können, ob faktisch eine Beeinflussung der Entscheidungen droht (BGH, Beschluss vom 24. Februar 2015 - II ZR 104/13, juris Rn. 19).

Damit sind die Anforderungen für eine ordnungsgemäße Aufklärung eines Anlageinteressenten über wesentliche kapitalmäßige und personelle Verflechtungen geklärt. Darüber hinaus ist die Frage, wann eine wesentliche kapitalmäßige Verflechtung vorliegt, nicht grundsätzlich klärungsfähig. So wird auch in Gesetzen eine wesentliche Beteiligung an einem Unternehmen ab dem Überschreiten von unterschiedlichen Schwellenwerten angenommen (vgl. § 74 Abs. 2 AO , § 43 WpHG , Art. 43 VO (EU) 575/2013). Allgemeingültige, starre Beteiligungsgrenzen lassen sich unterhalb der Schwelle der Beherrschung losgelöst von der konkreten Fallgestaltung und den Umständen des Einzelfalls nicht aufstellen. Es kommt allein darauf an, ob die kapitalmäßige Verflechtung so wesentlich ist, dass sie deshalb einen aufklärungsbedürftigen Interessenkonflikt begründen kann. Angesichts der Vielzahl der denkbaren Fallgestaltungen unterliegt die Beurteilung, ob eine kapitalmäßige Verflechtung wesentlich ist und deshalb einen aufklärungsbedürftigen Interessenkonflikt begründet, einer in erster Linie dem Tatrichter vorbehaltenen Gesamtschau unter umfassender Würdigung aller für die Beurteilung des Einzelfalles maßgeblichen Umstände. Dabei kommt es unter anderem darauf an, welche Gesellschaftsform das Unternehmen hat, in dessen Hand die Beteiligungsgesellschaft die nach dem Emissionsprospekt durchzuführenden Vorhaben gelegt hat, da bei einer kapitalmarktfähigen Rechtsform bzw. Kapitalgesellschaft bereits eine geringere Beteiligungsquote der verflochtenen Gesellschaft bzw. des Gesellschafters einen größeren Einfluss vermittelt als bei einer Personengesellschaft, wie § 179 Abs. 2 AktG , § 53 Abs. 2 GmbHG zeigen. Weiterhin kommt der Rolle der Gesellschaft bzw. des Gesellschafters in dem Unternehmen, in dessen Hand die nach dem Emissionsprospekt durchzuführenden Vorhaben gelegt worden sind, ebenso erhebliche Bedeutung zu wie der Frage, ob dabei gleichläufige oder gegenläufige Interessen verfolgt werden.

Weitere klärungsbedürftige Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen sich im vorliegenden Fall nicht. Der Umstand, dass eine einheitliche Entscheidung des Revisionsgerichts in mehreren denselben Sachverhalt betreffenden Parallelverfahren angestrebt wird, gibt der Sache keine allgemeine, mithin grundsätzliche Bedeutung (BGH, Beschluss vom 22. September 2015 - II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 5). Hier kommt hinzu, dass sowohl der 12. Zivilsenat des Kammergerichts (Urteil vom 8. November 2018 - 12 U 55/17) als auch das OLG Düsseldorf (Urteil vom 29. Mai 2019 - I-6 U 121/18) und das OLG Stuttgart (Hinweisbeschluss vom 14. Mai 2019 - 10 U 57/19) eine wesentliche und damit aufklärungsbedürftige Verflechtung aufgrund der Beteiligung der Beklagten zu 3 (als Geschäftsführerin der Komplementärin der Fondsgesellschaft) mit 13,7 % bzw. 17,6 % an der C. verneint und damit einheitlich entschieden haben.

b) Die Revision ist auch nicht zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung wegen Divergenz zuzulassen, da dies erfordert, dass in der Entscheidung des Berufungsgerichts ein abstrakter Rechtssatz aufgestellt wird, der von einem in anderen Entscheidungen eines höheren oder eines gleichgeordneten Gerichts aufgestellten abstrakten Rechtssatz abweicht (BGH, Beschluss vom 29. Mai 2002 - V ZB 11/02, BGHZ 151, 42 , 45; Beschluss vom 1. Oktober 2002 - XI ZR 71/02, BGHZ 152, 182 , 186; Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288 , 293 mwN; Beschluss vom 9. Juli 2007 - II ZR 95/06, ZIP 2007, 2074 Rn. 2). Eine solche Abweichung ist nicht ersichtlich.

c) Auch die Fortbildung des Rechts erfordert keine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Hierzu besteht nur dann Anlass, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungsweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, BGHZ 151, 221 , 225). Die Grundsätze, nach denen ein Anleger über wesentliche kapitalmäßige und personelle Verflechtungen aufzuklären ist, sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt.

4. Die Revision hat auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler eine wesentliche kapitalmäßige und damit aufklärungsbedürftige Verflechtung aufgrund der Beteiligung der Beklagten zu 3 (als Geschäftsführerin der Komplementärin der Fondsgesellschaft) an der C. , nach den Geschäftsbüchern der Gesellschaft mit 13,7 % bzw. 17,6 %, verneint.

a) Es fehlt an dem für eine aufklärungsbedürftige Verflechtung erforderlichen Einfluss der Beklagten zu 3 auf beiden Seiten und damit an einem Interessenkonflikt von relevantem Gewicht. Die wesentlichen kapitalmäßigen Verflechtungen müssen zwischen einerseits den Geschäftsführern (Beklagte zu 3) der Komplementär-GmbH (Beklagte zu 1) der Fondsgesellschaft (P. ) und andererseits den beherrschenden - auch mittelbaren - Gesellschaftern (C. ) als Muttergesellschaft des Generalpartners der Objektgesellschaft) der Unternehmen (Objektgesellschaft), in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft (P. ) die nach dem Emissionsprospekt durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat, bestehen. Die Beklagte zu 3 war zwar auf der einen Seite Geschäftsführerin der Beklagten zu 1 als Komplementärin der Fondsgesellschaft (P. ), aber nicht auch auf der anderen Seite beherrschende Gesellschafterin (vgl. § 17 Abs. 2 AktG ) der C. als Muttergesellschaft des Generalpartners der Objektgesellschaft. Es kommt deshalb nicht darauf an, dass weder festgestellt noch vorgetragen ist, welchen Einfluss die C. als Muttergesellschaft auf den Generalpartner der Objektgesellschaft und welchen Einfluss dieser Generalpartner auf die Fondsgesellschaft als Limited-Partner der Objektgesellschaft besaß.

b) Auch ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Anteilsbesitz der Beklagten zu 3 von 13,7 % oder 17,6 % geeignet war, die Geschicke der C. zu beherrschen oder aber im Sinne einer Entscheidungsverhinderung durch eine Sperrminorität wenigstens zu bestimmen. Zwar kann nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ein beherrschender Einfluss im Sinne des § 17 AktG auch von mehreren gleichgeordneten Unternehmen ausgehen (Mehrmütterherrschaft), wenn für die Ausübung gemeinsamer Herrschaft eine ausreichend sichere Grundlage besteht. Eine solche Grundlage können nicht nur vertragliche oder organisatorische Bindungen, sondern auch rechtliche und tatsächliche Umstände sonstiger Art bilden, wie wenn eine Gruppe von Gesellschaften mit gleicher personeller Zusammensetzung mehr als die Hälfte der Anteile eines anderen Unternehmens innehat (BGH, Urteil vom 4. März 1974 - II ZR 89/72, BGHZ 62, 193 , juris Rn. 15). Allein die bloße Möglichkeit, dass die Beklagte zu 3 gemeinsam mit anderen Gesellschaftern eine Mehrheit in der Gesellschafterversammlung der C. hätte bilden können, genügt dafür nicht.

c) Es bestand entgegen der Revision keine Aufklärungspflicht aus strukturellen Gründen. Das allgemeine (abstrakte) Risiko, dass die Verwirklichung des Anlagekonzepts bei Pflichtwidrigkeiten der Personen, in deren Händen die Geschicke der Anlagegesellschaft liegen, gefährdet ist, kann als dem Anleger bekannt vorausgesetzt werden und bedarf grundsätzlich keiner besonderen Aufklärung. Pflichtverletzungen sind regelmäßig kein spezifisches Risiko der Kapitalanlage. Anders kann es liegen, wenn bestimmte Pflichtverletzungen aus strukturellen Gründen sehr naheliegend sind (BGH, Urteil vom 9. Mai 2017 - II ZR 344/15, ZIP 2017, 1267 Rn. 21 mwN). Dafür liegen keine Anhaltspunkte vor. Allein die Beteiligung der Beklagten zu 3 zum Zeitpunkt des Beitritts des Klägers an der C. nach den Geschäftsbüchern der Gesellschaft mit ca. 13,7 % und ab dem 17. September 2012 mit 17,6 % begründet keine Aufklärungspflicht.

d) Eine Aufklärungspflicht über die Beteiligung der Beklagten zu 3 an der C. ergab sich auch nicht allein aus einem möglichen Sondervorteil aufgrund ihrer Beteiligung unabhängig von einer wesentlichen kapitalmäßigen Verflechtung in Anlehnung an die Rechtsprechung zu aufklärungsbedürftigen Innenprovisionen. Über einen solchen Sondervorteil ist erst dann aufzuklären, wenn eine wesentliche und damit aufklärungsbedürftige Verflechtung vorliegt.

e) Schließlich konnte die Beteiligung der Beklagten zu 3 als Geschäftsführerin der Komplementärin der Fondsgesellschaft an der C. mit 13,7 % für die Anlageentscheidung des Klägers auch nicht ursächlich sein. Der Emissionsprospekt klärt die Anleger darüber auf, dass die C. als Muttergesellschaft des Generalpartners der Objektgesellschaft zu 100 % an der Komplementärin der Fondsgesellschaft beteiligt war. Für die Anlageinteressenten war somit ersichtlich, dass die Komplementärin und damit auch die Fondsgesellschaft von der C. kontrolliert wurden und deshalb möglicherweise auch deren Interessen dienen könnten. Ein gegebenenfalls bestehendes strukturelles Risiko ergab sich demnach bereits aus dem Prospekt. Damit konnte für die Beitrittsentscheidung der Anleger nicht mehr bedeutsam sein, wer Gesellschafter der C. war, so dass sich aus der Beteiligung der Beklagten zu 3 an der C. keine zusätzliche, aufklärungsbedürftige Möglichkeit eines Interessenkonflikts ergab, da die Gesellschafterversammlung der Komplementärin der Fondsgesellschaft ihr als Geschäftsführerin in allen Bereichen der Unternehmensleitung Weisungen bis hin zu einzelnen Maßnahmen des Tagesgeschäfts erteilen konnte (vgl. Scholz/Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider, GmbHG , 11. Aufl., § 37 Rn. 37; MünchKommGmbHG/Stephan/Tieves, 3. Aufl., § 37 Rn. 115).

Soweit die Revision darauf hinweist, dass die Möglichkeit eines einzelnen rein kapitalistisch beigetretenen Anlagegesellschafters in einer Publikumsgesellschaft, dem Geschäftsführer der Fondsgesellschaft Weisungen zu erteilen bzw. eine Weisungserteilung durch die Gesellschafterversammlung zu erreichen, sehr gering sei und einen derart hohen Aufwand erfordere, der einen vernünftigen Anleger von der Zeichnung einer solchen Anlage abhalte, wird der für den Senat maßgebliche Aspekt nicht infrage gestellt. Denn für die Anlageinteressenten war aus dem Emissionsprospekt ersichtlich, dass die Komplementärin (Beklagte zu 1) und damit auch die Fondsgesellschaft (P. ) von der C. als Muttergesellschaft kontrolliert wurden und deshalb möglicherweise auch deren Interessen dienen könnten.

Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.

Vorinstanz: LG Berlin, vom 28.11.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 31 O 38/17
Vorinstanz: KG, vom 10.04.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 23 U 197/17