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BGH - Entscheidung vom 20.04.2020

XI ZR 12/19

Normen:
BGB § 357 Abs. 1 S. 1
GKG § 63 Abs. 3 S. 2

BGH, Beschluss vom 20.04.2020 - Aktenzeichen XI ZR 12/19

DRsp Nr. 2020/7214

Gegenvorstellung gegen die Festsetzung des Streitwerts; Rückabwicklung eines Darlehensvertrages aufgrund eines wirksamen Widerrufs

Tenor

Die Gegenvorstellung des Klägers gegen die Festsetzung des Streitwerts in dem Beschluss des Senats vom 21. Januar 2020 wird zurückgewiesen.

Normenkette:

BGB § 357 Abs. 1 S. 1; GKG § 63 Abs. 3 S. 2;

Gründe

1. Die gegen die Wertfestsetzung in dem Beschluss vom 21. Januar 2020 gerichtete Gegenvorstellung ist zulässig, insbesondere innerhalb der analog geltenden sechsmonatigen Frist gemäß § 68 Abs. 1 Satz 3, § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG (vgl. Senatsbeschlüsse vom 13. Januar 2014 - XI ZR 376/12, juris Rn. 2, vom 22. November 2016 - XI ZR 305/14, NJW 2017, 739 Rn. 1 und vom 24. Juli 2018 - XI ZR 740/17, juris Rn. 1) erhoben worden.

2. In der Sache hat die Gegenvorstellung keinen Erfolg, weil die erfolgte Wertfestsetzung auf bis zu 1,5 Mio. € zutreffend ist.

a) Die Parteien streiten im Wesentlichen über die Wirksamkeit eines Darlehensvertrages vom 7. März 2007 und einer begleitend abgeschlossenen ZinsWährungs-Swap-Vereinbarung. Der Kläger verlangt von der beklagten Sparkasse im Wege einer Stufenklage auf der ersten Stufe Auskunft und Rechnungslegung, gegebenenfalls eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit der Auskunft sowie auf der letzten Stufe die Verurteilung zur Rückzahlung des nach Auskunftserteilung zu beziffernden Betrages, zur Zahlung von Schadensersatz und von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten, zur Abgabe von Löschungsbewilligungen für die als Sicherheit dienenden Grundschulden, die Feststellung, dass der Darlehensvertrag rückabzuwickeln ist, und weitere Feststellungen. Er hat diese Anträge bislang nicht gestellt, sondern eine Zwischenfeststellungsklage erhoben, die das Landgericht abgewiesen hat. Mit der Berufung hat der Kläger die Anträge der Zwischenfeststellungsklage neu formuliert und im Wesentlichen die Feststellung der Unwirksamkeit des Darlehensvertrages und der Zins-Währungs-Swap-Vereinbarung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung, wegen Verletzung von Verbraucherschutzbestimmungen, hilfsweise wegen Widerrufs und äußerst hilfsweise wegen Kündigung begehrt. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Der Kläger hat die Berufungsanträge mit der Nichtzulassungsbeschwerde weiterverfolgt.

b) Die Feststellungsbegehren des Klägers sind auf das einheitliche wirtschaftliche Ziel gerichtet, den Darlehensvertrag als Rechtsgrundlage erbrachter Leistungen auszuschließen. Demnach kann nach den Grundsätzen des § 45 Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG einheitlich vom höchsten Wert, hier dem Wert des auf Widerruf gestützten Feststellungsbegehrens, ausgegangen werden.

Begehrt ein Darlehensnehmer die Feststellung, dass ein Darlehensvertrag, der im Fall eines wirksamen Widerrufs gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der hier maßgeblichen bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung gemäß §§ 346 ff. BGB rückabzuwickeln ist, aufgrund eines Widerrufs beendet ist, so sind für den Streitwert die bis zum Widerruf erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen maßgeblich (vgl. Senatsbeschlüsse vom 12. Januar 2016 - XI ZR 366/15, WM 2016, 454 Rn. 6 ff., vom 4. März 2016 - XI ZR 39/15, BKR 2016, 204 Rn. 2 und vom 10. Juli 2018 - XI ZR 613/17, juris Rn. 2). Dies gilt für die vorliegende negative Feststellungsklage ohne Abschlag ebenso wie für positive Feststellungsklagen (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Juli 2019 - XI ZR 538/18, juris Rn. 5).

Der Wert dieser Zins- und Tilgungsleistungen ist anhand der vom Kläger im Laufe des Rechtsstreits dafür gelieferten Anhaltspunkte nach § 3 ZPO zu schätzen. Nach den Angaben im Schreiben des Klägers vom 22. Juni 2015 valutierte das ursprüngliche Darlehen über 3,1 Mio. € im Juni 2015 noch mit ca. 2,45 Mio. €. Bei einem Zinssatz von 4,5% und einer jährlichen Tilgung von 77.500 € ergibt sich für einen Zeitraum von mehr als acht Jahren ein Betrag von über 1,5 Mio. €. Die Gegenvorstellung macht in diesem Zusammenhang ohne Erfolg geltend, der Beklagte habe vor Erhebung der Zwischenfeststellungsklage den Darlehensablösungsbetrag entgegengenommen und die Sicherheiten freigegeben. Für den Streitwert sind, wie dargelegt, nur die bis zum Widerruf erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen maßgeblich. Höhere Zins- und Tilgungsleistungen würden zudem den Streitwert zum Nachteil des Klägers erhöhen.

c) Entgegen der Auffassung der Gegenvorstellung ist der Wert der Zwischenfeststellungsanträge nicht auf den Wert der vom Kläger im selben Verfahren angekündigten, bislang allerdings nicht gestellten Auskunfts-, Feststellungsund Zahlungsansprüche beschränkt. Denn eine Zwischenfeststellungsklage übersteigt den Wert der Hauptklage, wenn - wie hier - eine Entscheidung über sie eine über den Regelungsbereich dieser Hauptklage hinausgehende Bedeutung besitzt. Dies hat der Senat bereits in einem anderen, zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits geführten Verfahren durch Beschluss vom 21. November 2019 ( XI ZR 500/18, juris Rn. 8; vgl. auch BGH, Beschluss vom 9. Oktober 1991 - XII ZR 81/91, WM 1991, 2121 , 2122) entschieden.

d) Die Wertfestsetzung in dem Beschluss vom 21. Januar 2020 verletzt, anders als die Gegenvorstellung meint, nicht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG . Der Kläger hatte hinreichend Gelegenheit, zu der Nichtzulassungsbeschwerdeerwiderung vom 23. Dezember 2019, in der die Beklagte eine entsprechende Festsetzung angeregt hatte, Stellung zu nehmen.

Vorinstanz: LG Köln, vom 25.04.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 21 O 559/15
Vorinstanz: OLG Köln, vom 13.12.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 4 U 14/17