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BGH - Entscheidung vom 28.05.2020

I ZR 170/19

Normen:
Pkw-EnVKV § 3 Abs. 1 Nr. 1

BGH, Beschluss vom 28.05.2020 - Aktenzeichen I ZR 170/19

DRsp Nr. 2020/10252

Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision; Verletzung der Hinweispflicht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 Pkw-EnVK bei Werbung für Neufahrzeuge

Es besteht eine Hinweispflicht u.a. zum Kraftstoffverbrauch, wenn neue Personenkraftwagen ausgestellt oder zum Kauf oder Leasing angeboten werden. Für die Frage, ob es sich um einen "neuen" Personenkraftwagen handelt, ist nicht das ausgestellte Fahrzeug ausschlaggebend, sondern vielmehr der Gegenstand des beworbenen Verkaufs. Es kommt allein darauf an, ob mit dem ausgestellten Fahrzeug für den Kauf eines neuen Fahrzeugs dieses Modells geworben wird.

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 25. Juli 2019 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 30.000 € festgesetzt.

Normenkette:

Pkw-EnVKV § 3 Abs. 1 Nr. 1;

Gründe

I. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg, weil sie keine Gründe dargelegt hat, die gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Zulassung der Revision gebieten.

1. Die Revision ist nicht deswegen zuzulassen, weil das Berufungsgericht (OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2020, 218 ) rechtsfehlerhaft davon ausgegangen ist, dass nur die Ausstellung eines neuen Fahrzeugs selbst, nicht aber die Werbung für Neufahrzeuge mit einem nicht neuen Fahrzeug die Hinweispflicht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 Pkw-EnVKV begründet.

a) Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Pkw-EnVKV besteht eine Hinweispflicht, wenn neue Personenkraftwagen ausgestellt oder zum Kauf oder Leasing angeboten werden. Diese Bestimmung setzt Art. 3 der Richtlinie 1999/94/EG vom 13. Dezember 1999 über die Bereitstellung von Verbraucherinformation über den Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen beim Marketing für neue Personenkraftwagen um und ist richtlinienkonform auszulegen. Nach Art. 3 der Richtlinie 1999/94/EG müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass am Verkaufsort ein den Anforderungen des Anhangs I entsprechender Hinweis auf den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen an jedem neuen Personenkraftwagenmodell oder in seiner Nähe deutlich sichtbar angebracht ist. Eine am Wortlaut der Richtlinie orientierte Auslegung legt damit bereits nahe, dass die Hinweispflicht das neue Personenkraftwagenmodell betrifft und nicht das ausgestellte Fahrzeug, mit dem für das neue Personenkraftwagenmodell geworben wird.

b) Dieses Verständnis hat auch der Verordnungsgeber der Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung zugrunde gelegt. In den Verordnungsmaterialien heißt es zu § 3 Abs. 1 Nr. 1 Pkw-EnVKV (BR-Drucks. 143/04, S. 18 f.):

Der Hinweis enthält Angaben zum Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen des "Personenkraftwagenmodells". Diese Angaben entsprechen im Einzelfall nicht unbedingt denen des Fahrzeugs, das konkret ausgestellt ist bzw. das dann durch den Kunden später erworben wird, denn zusätzliche Ausstattungsmerkmale ... können sich verbrauchssteigernd oder -mindernd auswirken.

Danach ist für die Frage, ob es sich um einen "neuen" Personenkraftwagen im 5 Sinne der Richtlinie handelt, nicht das ausgestellte Fahrzeug ausschlaggebend, sondern vielmehr der Gegenstand des beworbenen Verkaufs. Es kommt allein darauf an, ob mit dem ausgestellten Fahrzeug für den Kauf eines neuen Fahrzeugs dieses Modells geworben wird.

c) Dieses Ergebnis wird von der systematischen Auslegung bestätigt. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 Pkw-EnVKV, der Art. 5 der Richtlinie 1999/94/EG umsetzt, muss ein Aushang am Verkaufsort deutlich sichtbar angebracht sein, der die jeweiligen Pflichtangaben aller Modelle neuer Personenkraftwagen enthält, die am Verkaufsort ausgestellt oder an diesem oder über diesen Verkaufsort zum Kauf oder Leasing angeboten werden. Art. 5 der Richtlinie 1999/94/EG fordert den Aushang einer Liste der offiziellen Kraftstoffverbrauchswerte und der offiziellen spezifischen CO2-Emissionswerte aller neuen Personenkraftwagenmodelle. Diese Regelung verpflichtet damit eindeutig zur Information über die fraglichen Werte der ausgestellten "Modelle" neuer Personenkraftwagen und nicht des Ausstellungsfahrzeugs. Bezöge sich die Hinweispflicht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 Pkw-EnVKV ausschließlich auf neue Ausstellungsfahrzeuge, müsste auch der Aushang gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 Pkw-EnVKV Pflichtangaben nur zu diesen Fahrzeugen und nicht - wie in der Regelung angeordnet - zu den damit beworbenen Fahrzeugmodellen enthalten.

d) Schließlich kann auch der Zweck der Richtlinie, sicherzustellen, dass die Verbraucher Informationen über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen von neuen Personenkraftwagen erhalten und so ihre Entscheidung in voller Sachkenntnis treffen können (vgl. Art. 1 und Erwägungsgrund 5 der Richtlinie 1999/94/EG), sinnvoll und wirksam nur erreicht werden, wenn die Hinweispflicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Pkw-EnVKV bei der Ausstellung von Personenkraftwagen das (neue) Personenkraftwagenmodell betrifft und nicht davon abhängt, ob das zu Ausstellungszwecken konkret verwendete Fahrzeug als neu zu qualifizieren ist. Ansonsten könnte die Hinweispflicht leicht dadurch umgangen werden, dass zur Werbung für den Kauf eines Neuwagens ein Fahrzeug ausgestellt wird, dass nicht der Definition eines neuen Personenkraftwagens im Sinne von § 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV unterfällt.

2. Die rechtsfehlerhafte Beurteilung des Berufungsgerichts, die Hinweispflicht bestehe nicht schon dann, wenn mit einem ausgestellten Fahrzeug für neue Personenkraftwagen geworben werde, sondern nur, wenn das ausgestellte Fahrzeug selbst neu sei, konnte jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen, weil ein Zulassungsgrund insoweit nicht dargelegt worden ist (§ 544 Abs. 4 Satz 3 ZPO ). Die Nichtzulassungsbeschwerde hat diese Beurteilung des Berufungsgerichts als für sie günstig nicht angegriffen.

II. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO .

Vorinstanz: LG Frankfurt/Main, vom 22.08.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 8 O 39/18
Vorinstanz: OLG Frankfurt/Main, vom 25.07.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 6 U 160/18