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BGH - Entscheidung vom 04.03.2020

5 StR 43/20

Normen:
StGB § 73 Abs. 1

Fundstellen:
StV 2021, 709

BGH, Beschluss vom 04.03.2020 - Aktenzeichen 5 StR 43/20

DRsp Nr. 2020/14989

Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen i.R.d. Beweiswürdigung zur illegalen Herkunft der eingezahlten Beträge durch den Verkauf von Marihuana

Hinsichtlich einer erweiterten Einziehung beruht die tatrichterliche Überzeugung von der deliktischen Herkunft der den Bareinzahlungen zugrundeliegenden Gelder auf einer fehlerhaften Beweiswürdigung, wenn das Tatgericht gewichtige Umstände außer Betracht gelassen hat, die gegen eine illegale Herkunft der eingezahlten Beträge sprechen können. Geht der Täter einer regulären Tätigkeit nach und verfügt er über legale Einkünfte, bedarf die Annahme einer deliktischen Herkunft einer besonders sorgsamen Prüfung.

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 21. Oktober 2019 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von mehr als 12.300 € angeordnet ist.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Normenkette:

StGB § 73 Abs. 1 ;

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Einziehung von Taterträgen in Höhe von 31.095 € angeordnet. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang zur Aufhebung der Einziehungsanordnung. Im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO ).

1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

Der Angeklagte fasste im Februar 2018 den Entschluss, von „D. “ in Leipzig Marihuana zu beziehen und sich durch dessen gewinnbringenden Verkauf, überwiegend an „S. “, eine dauerhafte und nicht nur geringwertige Einnahmequelle zu verschaffen. In Ausführung des Tatenschlusses kam es zu den acht abgeurteilten Taten, wobei der Angeklagte anlässlich der letzten Tat am 6. Juni 2018 vorläufig festgenommen und in seinem Pkw eine große Menge Marihuana sichergestellt wurde.

Das Landgericht hat die Einziehung von 18.600 € – dem Verkaufspreis des Marihuanas aus den Taten 1 bis 7 – nach §§ 73 , 73c StGB angeordnet. In Höhe von weiteren 12.495 € hat es die erweiterte Einziehung nach § 73a , § 73c StGB angeordnet, weil es die Überzeugung gewonnen hat, dass der Angeklagte das Geld, das er bei fünfzehn Gelegenheiten „in den ersten sechs Monaten 2018“ und im September 2018 auf sein Girokonto bei der Postbank eingezahlt hat, durch rechtswidrige Taten erlangt habe.

2. Die Einziehungsentscheidung hält rechtlicher Nachprüfung nur teilweise stand.

a) Die Feststellungen zu den Taten 5 und 7 tragen die Einziehung des Wertes des Tatertrages (6.300 €) nicht, weil danach nicht hinreichend belegt ist, dass der Angeklagte tatsächlich etwas durch diese Taten im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB erlangt hat (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623/17, 5 StR 624/17).

Zu Tat 5 hat das Landgericht lediglich festgestellt, dass „S. “ den Angeklagten am 15. Mai 2018 von einem Abnehmer in Kenntnis setzte, der 1 kg Marihuana für 2.200 € zu kaufen bereit sei. Der Angeklagte willigte in den Handel unter der Bedingung ein, dass ihm „S. “ insgesamt 2 kg für 4.400 € abnehme. Anlässlich der Übergabe am 16. Mai 2018 stellte sich jedoch heraus, dass nur 1.560 g Marihuana zur Verfügung standen. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Angeklagte für diese Lieferung Zahlungen erhalten hat, lässt sich den Urteilsgründen auch nicht unter Berücksichtigung der vorherigen Handelsgeschäfte mit „S. “ (Taten 1 bis 4) entnehmen.

Zu Tat 7 hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte am 4. Juni 2018 mindestens 900 g Marihuana von „D. “ erwarb, welches er an den ihn beim Erwerb begleitenden Ra. weiterreichte. Darüber hinaus lässt sich den Urteilsgründen nur noch entnehmen, dass der Angeklagte anschließend den am Kauf von ein bis 2 kg Marihuana zum Kilopreis von 1.900 € interessierten J. darüber informierte, dass „Ra. “ wieder in Chemnitz sei und über Marihuana verfüge. Auch insoweit fehlt es mithin an hinreichenden Feststellungen zum Erlangen im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB .

b) Hinsichtlich der erweiterten Einziehung nach § 73a StGB beruht die Überzeugung des Landgerichts von der deliktischen Herkunft der den Bareinzahlungen zugrundeliegenden Gelder auf einer fehlerhaften Beweiswürdigung.

aa) Sie ist zum einen lückenhaft, weil das Landgericht bei seiner Überzeugungsbildung gewichtige Umstände außer Betracht gelassen hat, die gegen eine illegale Herkunft der eingezahlten Beträge sprechen können.

Das Landgericht hätte in seine Würdigung ausdrücklich einbeziehen müssen, dass der Angeklagte monatliche Nettoeinkünfte von 3.400 € bezog, Honorare für Vorträge erhielt und Mieteinnahmen aus drei Eigentumswohnungen vereinnahmte. Geht aber der Täter wie hier einer regulären Tätigkeit nach und verfügt er über legale Einkünfte, bedarf die Annahme einer deliktischen Herkunft einer besonders sorgsamen Prüfung (BGH, Beschluss vom 28. Juli 2004 – 2 StR 209/04, NStZ-RR 2004, 347 ; BGH, Beschluss vom 22. November 1994 – 4 StR 516/94, BGHSt 40, 371 ff., jeweils zu § 73d StGB aF; Körner/Patzak/Volkmer, BtMG , 9. Aufl., § 33 Rn. 195). Im Übrigen lässt das Urteil eine Auseinandersetzung mit der vom Landgericht festgestellten Tatsache vermissen, dass der Angeklagte dem „A. “ im Herbst 2017 ein Darlehen in Höhe von 12.000 € für den Familiennachzug gewährte.

bb) Die Beweiswürdigung weist außerdem einen Widerspruch auf. Die nicht näher konkretisierten Bareinzahlungen, die das Landgericht seiner Einziehungsentscheidung zugrunde gelegt hat, erfolgten „in den ersten sechs Monaten 2018“ sowie im darauffolgenden September. Nach den Feststellungen war der Angeklagte aber lediglich von Februar 2018 bis zu seiner Festnahme am 6. Juni 2018 in den illegalen Handel mit Betäubungsmitteln verstrickt. Weshalb aber die Gelder für – mangels näherer Feststellungen nicht ausschließbare – Bareinzahlungen vor dem Tatzeitraum und für eine drei Monate nach Beendigung der Betäubungsmittelgeschäfte aus rechtswidrigen Taten stammen sollen, erschließt sich aus den Urteilsgründen nicht.

Vorinstanz: LG Chemnitz, vom 21.10.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 840 Js 20857/18
Fundstellen
StV 2021, 709