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BGH - Entscheidung vom 06.02.2020

StB 3/20

Normen:
StGB § 57 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
StGB § 129a Abs. 1 Nr. 1

BGH, Beschluss vom 06.02.2020 - Aktenzeichen StB 3/20

DRsp Nr. 2020/3998

Aussetzung der Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit (hier: Werben um Mitglieder für eine ausländische terroristische Vereinigung)

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Celle vom 23. Dezember 2019 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Normenkette:

StGB § 57 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ; StGB § 129a Abs. 1 Nr. 1 ;

Gründe

Das Oberlandesgericht Celle hat den Beschwerdeführer am 21. November 2019 wegen Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für eine terroristische Vereinigung im Ausland in Tateinheit mit öffentlicher Aufforderung zu Straftaten sowie wegen Gewaltdarstellung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Mit Beschluss vom 23. Dezember 2019 hat es abgelehnt, die Vollstreckung des Strafrestes nach - am 16. Dezember 2019 erreichter - Verbüßung von zwei Dritteln der Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen. Das hiergegen gerichtete zulässige Rechtsmittel des Verurteilten ist unbegründet.

Der Senat teilt die Ansicht des Oberlandesgerichts, dass die Aussetzung der Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit nicht verantwortet werden kann (§ 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB ), und nimmt auf die auch nach Würdigung des durch Schriftsatz vom 5. Februar 2020 vertieften Beschwerdevorbringens fortgeltenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug. Er bemerkt dazu ergänzend:

Das Oberlandesgericht hat im Rahmen seiner Gesamtwürdigung ausdrücklich bedacht, dass der Verurteilte nicht selbst an der Planung, Vorbereitung oder Begehung von Verbrechen im Sinne des § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB beteiligt war. Weiter hat es bei seiner Prognose herangezogen, es sei nicht festzustellen, dass der Verurteilte seine Grundeinstellung zur Ideologie und den Gewalttaten des IS geändert habe. Dieses Argument wird nicht dadurch entkräftet, dass im Falle einer ausdrücklichen Abkehr eine solche als taktisch motiviert angesehen werden könnte. Entscheidend ist vielmehr, ob sich ein terroristischer Straftäter von seiner tatrelevanten Einstellung glaubhaft lossagt (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 10. April 2014 - StB 4/14, juris Rn. 3 mwN). Hieran fehlt es.

Wie das Oberlandesgericht mit Blick auf die Anhörung des Verurteilten überzeugend aufgezeigt hat, machten dessen bagatellisierende Angaben eher den Eindruck eines zweckgeleiteten Verhaltens, nicht einer echten Auseinandersetzung mit den Straftaten und ihren Ursachen. Vor diesem Hintergrund ist der bloßen Teilnahme am Aussteigerprogramm des niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport kein für die Prognose maßgebliches Gewicht beizumessen.

Dass der Verurteilte das äußere Tatgeschehen inzwischen - anders als in der Hauptverhandlung - eingeräumt hat, stellt insofern kein wesentliches Indiz für eine künftige Straffreiheit dar, als er zugleich erklärt hat, dass er die Veröffentlichung der Bilder für nicht strafbar halte. Zudem lassen sich seine Angaben, er lehne bereits seit seiner Kindheit Gewalt ab, nicht mit der - der Verurteilung zugrundeliegenden - befürwortenden Veröffentlichung einer Collage vereinbaren, die zur Tötung von Menschen im Zusammenhang mit den Vereinigten Staaten von Amerika aufrief.

Das Fehlen einer stabilen familiären und beruflichen Entlassungssituation hat das Oberlandesgericht nicht als Ausdruck einer sozial unverträglichen Persönlichkeit gewertet, sondern damit richtigerweise auf den - hier nicht gegebenen - schützenden Faktor des sozialen Empfangsraums abgestellt.

Vorinstanz: OLG Celle, vom 23.12.2019