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BFH - Entscheidung vom 29.01.2020

VIII B 180/19

Normen:
FGO § 134, § 60 Abs. 3
ZPO § 579, § 580
FGO § 134
ZPO § 579
FGO § 60 Abs. 3
ZPO § 580

Fundstellen:
AO-StB 2020, 222
BFH/NV 2020, 610

BFH, Beschluss vom 29.01.2020 - Aktenzeichen VIII B 180/19

DRsp Nr. 2020/4509

Erforderlichkeit der Beiladung des im Ausgangsverfahren notwendig Beigeladenen im Wiederaufnahmeverfahren

NV: Wird mit der Restitutionsklage die Wiederaufnahme eines Verfahrens angestrebt, in dem eine Beiladung erfolgt war, so ist der Beigeladene im Restitutionsverfahren nicht (nochmals) gemäß § 60 Abs. 3 FGO notwendig beizuladen. Mit der Beantragung der Wiederaufnahme des ursprünglichen Verfahrens lebt die Beteiligtenstellung des Beigeladenen wieder auf, da die Entscheidung auch ihm gegenüber rechtliche Wirkung entfaltet hat. Der Beigeladene ist daher ohne Weiteres Beteiligter des Wiederaufnahmeverfahrens.

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Finanzgerichts Münster vom 03.12.2019 – 10 K 595/19 F aufgehoben.

Normenkette:

FGO § 134 , § 60 Abs. 3 ; ZPO § 579 , § 580 ;

Gründe

I.

Das beim Finanzgericht (FG) unter dem Aktenzeichen 10 K 595/19 F geführte Verfahren betrifft eine vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erhobene Restitutionsklage (§ 134 der Finanzgerichtsordnung —FGO—, §§ 578 , 580 der Zivilprozessordnung —ZPO—). Ziel dieser Klage ist die Wiederaufnahme des unter dem Aktenzeichen 10 K 4073/14 F geführten Verfahrens betreffend die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2007 bis 2011, in dem das FG Herrn A beigeladen hatte. Das FG hat die unter dem Aktenzeichen 10 K 4073/14 F geführte Klage mit Urteil vom 28.04.2017 abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers blieb ohne Erfolg (Senatsbeschluss vom 15.02.2018 – VIII B 135/17).

Der Kläger hat gegen das Urteil des FG vom 28.04.2017 – 10 K 4073/14 F Nichtigkeitsklage erhoben. Das FG hat auch in diesem Verfahren, das unter dem Aktenzeichen 10 K 2628/18 F geführt wurde, Herrn A beigeladen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Klägers hat der Bundesfinanzhof (BFH) wegen Verfristung als unzulässig verworfen (Senatsbeschluss vom 06.05.2019 – VIII B 9/19). Auch die gegen das die Nichtigkeitsklage ( 10 K 2628/18 F) abweisende Urteil des FG vom 24.01.2019 gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers war erfolglos (Senatsbeschluss vom 06.05.2019 – VIII B 36/19).

In dem unter dem Aktenzeichen 10 K 595/19 F geführten Verfahren (Restitutionsklage) hat der Berichterstatter mit Beschluss vom 03.12.2019 Herrn A gemäß § 60 Abs. 3 FGO notwendig beigeladen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass im Streitfall die dem durch das rechtskräftige Urteil des FG vom 28.04.2017 beendeten Verfahren 10 K 4073/14 F —dessen Wiederaufnahme der Kläger begehre— zugrundeliegenden Feststellungsbescheide 2007 bis 2011 nur einheitlich gegenüber dem Kläger und dem Beigeladenen geändert bzw. für nichtig erklärt werden könnten.

Mit Schriftsatz vom 09.12.2019 hat der Kläger Beschwerde gegen den Beiladungsbeschluss vom 03.12.2019 erhoben. Zur Begründung führt er an, Herr A sei in keiner Weise von dem Rechtsstreit betroffen.

Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die Beschwerde des Klägers ist begründet und führt zur Aufhebung des Beiladungsbeschlusses des FG.

Das FG hat Herrn A zu Unrecht gemäß § 60 Abs. 3 FGO beigeladen. Die Beiladung, die dazu führt, dass der Beigeladene Verfahrensbeteiligter wird ( § 57 Nr. 3 FGO ), war nicht geboten. Denn Herr A ist auch ohne Beiladung Beteiligter des unter dem Aktenzeichen 10 K 595/19 F geführten Verfahrens.

1. Gemäß § 134 FGO kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren (hier: 10 K 4073/14 F) nach den Vorschriften des Vierten Buches der ZPO wieder aufgenommen werden. Die Wiederaufnahme setzt voraus, dass ein Beteiligter Nichtigkeitsklage nach § 579 ZPO oder Restitutionsklage nach § 580 ZPO erhebt. Ist die Klage zulässig und begründet, wird das Verfahren, soweit es vom Anfechtungsgrund betroffen ist, nach § 590 ZPO fortgesetzt, d.h. es wird in die Lage vor dem Erlass des Urteils zurückversetzt. Da das Wiederaufnahmeverfahren prozessual als Fortsetzung des ursprünglichen Verfahrens gilt, sind die Beteiligten des Wiederaufnahmeverfahrens grundsätzlich mit denen des ursprünglichen Verfahrens identisch (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 29.05.2002 – IX B 210/01, BFH/NV 2002, 1324 ; BFH-Urteil vom 30.10.1967 – VI K 1/67, BFHE 90, 454 , BStBl II 1968, 119 ). Dies gilt auch in Bezug auf eine im ursprünglichen Verfahren beigeladene Person. Diese wird ohne Weiteres Beteiligter des Wiederaufnahmeverfahrens (vgl. z.B. Gräber/Levedag, Finanzgerichtsordnung , 9. Aufl., § 60 Rz 140, m.w.N.). Die Stellung als Verfahrensbeteiligter lebt wieder auf, wenn die Wiederaufnahme des ursprünglichen Verfahrens beantragt wird, an dem der Beigeladene beteiligt war, da die Entscheidung auch ihm gegenüber rechtliche Wirkung entfaltet hat (vgl. BFH-Beschluss vom 17.10.1990 – I K 2/89, BFH/NV 1991, 751 ). Dies gilt auch im Streitfall.

2. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen, da die Entscheidung über die Beiladung in einem unselbständigen Zwischenverfahren ergeht (§ 143 Abs. 1 FGO ) und die Kosten dieses Nebenverfahrens eine Einheit mit den Kosten des Klageverfahrens bilden (vgl. BFH-Beschluss vom 26.08.2013 – IV B 62/13, BFH/NV 2013, 1940 , m.w.N.).

Vorinstanz: FG Münster, vom 03.12.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 10 K 595/19
Fundstellen
AO-StB 2020, 222
BFH/NV 2020, 610