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BVerwG - Entscheidung vom 08.08.2019

6 B 44.19

Normen:
RStV § 40

BVerwG, Beschluss vom 08.08.2019 - Aktenzeichen 6 B 44.19

DRsp Nr. 2019/12970

Vereinbarkeit der Rundfunkbeitragspflicht für Wohnungen mit dem Grundgesetz ; Vereinbarkeit der Rundfunkbeitragspflicht für Wohnungen mit Unionsrecht

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 27. Mai 2019 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 185,82 € festgesetzt.

Normenkette:

RStV § 40;

Gründe

I

Der Kläger wendet sich gegen drei Bescheide, durch die der Beklagte Rundfunkbeiträge für die Monate September 2013 bis Mai 2014 nebst Säumniszuschlägen in Höhe von insgesamt 185,82 € festgesetzt hat. Die Anfechtungsklage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers durch Beschluss nach § 130a VwGO zurückgewiesen. Es hat darauf verwiesen, dass inzwischen durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt sei, dass die Rundfunkbeitragspflicht für Wohnungen sowohl mit dem Grundgesetz als auch mit Unionsrecht vereinbar sei.

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger geltend, es bedürfe der rechtsgrundsätzlichen Klärung, ob die Rundfunkanstalten den klassischen Funktionsauftrag der Rundfunkberichterstattung erfüllten. Nur die Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in dieser Funktion zu nutzen, vermittle den individuellen Vorteil, der die Beitragsfinanzierung rechtfertige. Der Funktionsauftrag umfasse keine Sport- und Unterhaltungssendungen, sodass hierfür keine Rundfunkbeiträge erhoben werden dürften. In Bezug auf diese Sendungen unterschiede sich das öffentlich-rechtliche Rundfunkprogramm nicht von den Programmen der privaten Rundfunkveranstalter. Derartige Sendungen machten gegenwärtig einen erheblichen Teil des öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramms aus und beanspruchten einen erheblichen Teil des Beitragsaufkommens. Nicht gerechtfertigt sei auch die Beitragserhebung zur Finanzierung der in § 40 RStV genannten Aufgaben.

II

Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ist das Bundesverwaltungsgericht aufgrund des Darlegungserfordernisses nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO darauf beschränkt zu prüfen, ob sich aus den Gesichtspunkten, die der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung angeführt hat, ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO ergibt. Danach kann die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers keinen Erfolg haben. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass der geltend gemachte Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vorliegt. Die von ihm aufgeworfenen Fragen sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt.

Aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 1675/16 u.a. [ECLI: DE: BVerfG: 2018: rs20180718.1bvr167516] - (NVwZ 2018, 1293 ) steht fest, dass es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass die Rundfunkanstalten zur Finanzierung ihrer Programme von den Inhabern einer Wohnung einen Rundfunkbeitrag erheben. Das Bundesverfassungsgericht hat die Zulässigkeit der Beitragsfinanzierung nicht auf bestimmte Bestandteile oder Sendeformate der öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramme beschränkt. Vielmehr soll diese Finanzierung die Kosten decken, die durch die Wahrnehmung des Funktionsauftrags der Rundfunkanstalten entstehen. Der Kläger verkennt, dass das Bundesverfassungsgericht diesen Auftrag seit jeher nicht auf Information und Bildung begrenzt, sondern auf Kultur und Unterhaltung in ihrer vollen Breite erstreckt. Der Funktionsauftrag umfasst auch nach der Etablierung der dualen Rundfunkordnung massenattraktive Sendungen aus den Bereichen Sport und Unterhaltung. Dadurch wird den Rundfunkanstalten die Möglichkeit eröffnet, im Wettbewerb mit den Privaten zu bestehen (stRspr; vgl. nur BVerfG, Urteil vom 11. September 2007 - 1 BvR 2270/05 u.a. [ECLI: DE: BVerfG: 2007: rs20070911.1bvr227005] - BVerfGE 119, 181 <217 f.>).

Die Rundfunkanstalten entscheiden autonom, welche Inhalte und Formen der Programme sie als nötig ansehen, um ihren Funktionsauftrag zu erfüllen. Sie nehmen insoweit ihre Programmautonomie wahr, die als Bestandteil der Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG vor staatlichen Eingriffen geschützt ist (stRspr; vgl. BVerfG, Urteile vom 22. Februar 1994 - 1 BvL 30/88 - BVerfGE 90, 60 <90 ff.> und vom 11. September 2007 - 1 BvR 2270/05 u.a. - BVerfGE 119, 181 <218 f.>; BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 [ECLI: DE: BVerwG: 2016: 180316U6C6.15.0] - BVerwGE 154, 275 Rn. 19).

Der Unterschied zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkprogrammen besteht darin, dass die Rundfunkanstalten besonderen Anforderungen an die Vielfalt und Unabhängigkeit ihrer Programme unterliegen. Diese sollen die in der Gesellschaft anzutreffenden Meinungen und Anschauungen möglichst vollständig widerspiegeln. Die für das Rundfunkrecht zuständigen Landesgesetzgeber müssen die Programmvielfalt durch die interne Organisation der Rundfunkanstalten sichern. Auch müssen sie Vorkehrungen treffen, die Gewähr bieten, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht unter den Einfluss Außenstehender gerät (stRspr; vgl. BVerfG, Urteile vom 22. Februar 1994 - 1 BvL 30/88 - BVerfGE 90, 60 <90 ff.>, vom 12. März 2008 - 2 BvF 4/03 - BVerfGE 121, 30 <50 ff.> und vom 11. September 2007 - 1 BvR 2270/05 u.a. - BVerfGE 119, 181 <218 f.>; BVerwG, Urteil vom 18. März 2016 - 6 C 6.15 - BVerwGE 154, 275 Rn. 18).

Die vom Kläger beanstandete Finanzierung der in § 40 RStV genannten Aufgaben, insbesondere der Landesmedienanstalten, durch Rundfunkbeiträge hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich gebilligt (BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 1675/16 u.a. - NVwZ 2018, 1293 Rn. 83).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO . Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 , § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG . Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der nach den festgesetzten Beträgen zu bemessende Streitwert nicht nach Satz 2 des § 52 Abs. 3 GKG zu erhöhen (vgl. Beschluss vom 19. September 2016 - 6 C 6.16 [ECLI: DE: BVerwG: 2016: 190916U6C6.16.0] -).

Vorinstanz: OVG Niedersachsen, vom 27.05.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 4 LB 243/17