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BVerwG - Entscheidung vom 18.09.2019

9 B 51.18

Normen:
BauGB § 131 Abs. 1 S. 1
BauGB § 133 Abs. 1

Fundstellen:
ZfBR 2020, 74

BVerwG, Beschluss vom 18.09.2019 - Aktenzeichen 9 B 51.18

DRsp Nr. 2019/15938

Unzulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde mangels grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache; Erschlossensein einer Baulast auf einem Grundstück gemäß § 131 Abs. 1 S. 1 BauGB

Der Erschließungsvorteil ist nicht stets auf die Anliegergrundstücke beschränkt, sondern kann sich ausnahmsweise zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse auch auf Grundstücke erstrecken, die durch weitere Grundstücke von der Anlage getrennt sind, insbesondere dann, wenn das Hinterliegergrundstück durch eine dauerhafte, rechtlich gesicherte Zufahrt mit der Anlage verbunden ist.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. September 2018 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 38 596,09 € festgesetzt.

Normenkette:

BauGB § 131 Abs. 1 S. 1; BauGB § 133 Abs. 1 ;

Gründe

Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ) und der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache nur, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit oder zur Weiterentwicklung der Rechtsprechung geboten ist. Den Darlegungen der Beschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.

Die Frage,

ob eine Baulast auf einem Grundstück, das zwischen der Erschließungsanlage und dem Hinterliegergrundstück liegt und zugunsten des Hinterliegergrundstücks eingetragen ist, zu einem "Erschlossensein" im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB (und, wie sinngemäß zu ergänzen ist, des § 133 Abs. 1 BauGB ) führt, wenn der exakte Wegeverlauf nicht Gegenstand der Baulasterklärung ist und das begünstigte Grundstück über einen anderweitigen Zugang zu öffentlichen Erschließungsanlagen verfügt,

rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Denn sie betrifft, soweit sie sich nicht schon nach der bisherigen Rechtsprechung beantworten lässt, nur den Einzelfall und hat keine darüber hinausgehende Bedeutung.

Die Erschließungsbeitragspflicht entsteht für Grundstücke, die bezogen auf die beitragsfähige Erschließungsanlage zum Kreis der nach § 131 Abs. 1 Satz 1 und § 133 Abs. 1 BauGB erschlossenen Grundstücke gehören. Im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Grundstück erschlossen, wenn ihm die Anlage in erschließungsbeitragsrechtlich relevanter Weise, d.h. in einer auf die bauliche, gewerbliche oder vergleichbare Nutzbarkeit der Grundstücke gerichteten Funktion, die Zugänglichkeit vermittelt. Fehlt es an vorrangig maßgeblichen Festsetzungen eines Bebauungsplans, sind danach die unmittelbar an die Anbaustraße angrenzenden, selbständig bebaubaren oder gewerblich nutzbaren Grundstücke erschlossen, die von der Anlage in der für die vorgenannte Nutzung erforderlichen Weise - gegebenenfalls nach Ausräumung bestehender, aber mit zumutbarem Aufwand zu beseitigender Hindernisse - erreicht werden können (vgl. BVerwG, Urteile vom 12. November 2014 - 9 C 4.13 - BVerwGE 150, 308 Rn. 11 f. und vom 7. März 2017 - 9 C 20.15 - BVerwGE 158, 163 Rn. 39; Beschluss vom 6. September 2018 - 9 C 8.18 - juris Rn. 8 f.). § 133 Abs. 1 BauGB verlangt darüber hinaus, dass das betreffende Grundstück in dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Beitrages maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich und rechtlich bebaubar ist. Eine etwa vorhandene weitere Erschließung ist dabei hinwegzudenken. Maßgeblich ist, ob das Grundstück mit Blick auf die abzurechnende Erschließungsanlage die planungs- und bauordnungsrechtlichen Erreichbarkeitsanforderungen erfüllt (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2010 - 9 C 1.09 - BVerwGE 136, 126 Rn. 25 m.w.N.).

Der Erschließungsvorteil ist nicht stets auf die Anliegergrundstücke beschränkt, sondern kann sich ausnahmsweise zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse auch auf Grundstücke erstrecken, die durch weitere Grundstücke von der Anlage getrennt sind. Dies ist insbesondere der Fall, wenn das Hinterliegergrundstück durch eine dauerhafte, rechtlich gesicherte Zufahrt mit der Anlage verbunden ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. September 2006 - 9 C 4.05 - BVerwGE 126, 378 Rn. 13, vom 24. Februar 2010 - 9 C 1.09 - BVerwGE 136, 126 Rn. 34 und vom 12. November 2014 - 9 C 4.13 - BVerwGE 150, 308 Rn. 13; Beschluss vom 6. September 2018 - 9 C 8.18 - juris Rn. 10). Welche Anforderungen an die Sicherung einer Zufahrt über das Anliegergrundstück zu stellen sind, ist bundesrechtlich nicht abschließend geregelt, sondern hängt auch von der landesgesetzlichen Ausgestaltung im Bauordnungsrecht ab. Insoweit ist aber in der Rechtsprechung geklärt, dass die Eintragung einer entsprechenden (Zugangs-)Baulast zugunsten des Hinterlieger- und zulasten des Anliegergrundstücks ausreicht, soweit eine solche landesgesetzlich vorgesehen ist (BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1993 - 8 C 35.92 - BVerwGE 92, 157 <161> und vom 28. März 2007 - 9 C 4.06 - BVerwGE 128, 246 Rn. 20).

Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht aus dem Urteil des Senats vom 8. Mai 2002 - 9 C 5.01 - (Buchholz 406.11 § 133 BauGB Nr. 132). Aus diesem Urteil ergibt sich, dass eine Baulast zur Sicherung der Zufahrt auf ein Hinterliegergrundstück dann nicht ausreicht, wenn sie auflösend bedingt erteilt wurde und sich der Bedingungseintritt konkret abzeichnet. Eine weitergehende Aussage, die die Eignung einer Zugangsbaulast im Rahmen der §§ 131 und 133 BauGB grundsätzlich infrage stellen könnte, lässt sich diesem Urteil nicht entnehmen. Damit steht zugleich fest, dass die angegriffene Entscheidung nicht im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von dem vorgenannten Urteil abweicht. Ob das Berufungsgericht den Inhalt der hier umstrittenen Baulast zutreffend ausgelegt hat, betrifft im Übrigen nur den Einzelfall und hat keine darüber hinausgehende Bedeutung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO , die Festsetzung des Streitwertes auf § 47 Abs. 1 und 3 , § 52 Abs. 3 GKG .

Vorinstanz: OVG Nordrhein-Westfalen, vom 27.09.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 15 A 271/16
Fundstellen
ZfBR 2020, 74