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BVerwG - Entscheidung vom 29.10.2019

4 BN 36.19

Normen:
BauGB § 35 Abs. 6
VwGO § 47 Abs. 2 S. 1

Fundstellen:
BauR 2020, 237

BVerwG, Beschluss vom 29.10.2019 - Aktenzeichen 4 BN 36.19

DRsp Nr. 2020/219

Unzulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde mangels grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache; Begründung einer Antragsbefugnis für ein Normenkontrollverfahren

Soweit die Antragsbefugnis für einen Normenkontrollantrag, mit dem sich der Eigentümer eines im Gebiet eines Bebauungsplans gelegenen Grundstücks gegen eine Festsetzung wendet, die unmittelbar sein Grundstück betrifft, regelmäßig gegeben ist, gilt dies nicht auch für Grundeigentümer im Geltungsbereich einer Außenbereichssatzung. Auch private Belange, die in den Bereich des Rücksichtnahmegebots fallen, können im Regelfall die Antragsbefugnis eines solchen Grundeigentümers im Sinne von § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO gegen eine Außenbereichssatzung nicht begründen.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 5. April 2019 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.

Normenkette:

BauGB § 35 Abs. 6 ; VwGO § 47 Abs. 2 S. 1;

Gründe

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Antragsteller beimisst.

a) Die Frage,

ob die Stellung als Grundstückseigentümer einer landwirtschaftlich genutzten Fläche im Geltungsbereich einer Außenbereichssatzung nach § 35 Abs. 6 BauGB eine Antragsbefugnis im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO begründen kann,

ist auf die Ansicht des Oberverwaltungsgerichts zugeschnitten, die Antragsbefugnis ergebe sich nicht schon mit Blick auf die Tatsache, dass der Antragsteller Grundeigentum im Geltungsbereich der angegriffenen Außenbereichssatzung habe. Der Antragsteller beruft sich auf die Rechtsprechung des Senats (BVerwG, Urteil vom 10. März 1998 - 6 CN 6.97 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 123 S. 96), wonach die Antragsbefugnis für einen Normenkontrollantrag, mit dem sich der Eigentümer eines im Gebiet eines Bebauungsplans gelegenen Grundstücks gegen eine Festsetzung wende, die unmittelbar sein Grundstück betreffe, regelmäßig gegeben sei. Diese Rechtsprechung müsse auch für Grundeigentümer im Geltungsbereich einer Außenbereichssatzung gelten.

Es bedarf nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, um die Auffassung des Antragstellers zu widerlegen. Der Senat hat die Antragsbefugnis eines Grundeigentümers gegen einen Bebauungsplan, der Festsetzungen für sein Grundstück trifft, mit Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG begründet: Eine planerische Festsetzung nach § 9 Abs. 1 BauGB stelle eine Bestimmung des Inhalts des Grundeigentums dar. Die Rechtswidrigkeit eines derartigen normativen Eingriffs in das Grundeigentum dürfe der Eigentümer deshalb durch Einleitung eines Normenkontrollverfahrens abwehren. Dies gelte auch dann, wenn der Bebauungsplan eine für den Eigentümer im Vergleich zur bisherigen Rechtslage an sich günstige Festsetzung treffe; denn auch diese könne ihn zugleich in der baulichen Nutzung seines Grundstücks beschränken und für ihn nachteilig sein (BVerwG, Urteil vom 10. März 1998 - 6 CN 6.97 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 123 S. 97). Auf Grundeigentümer im Geltungsbereich einer Außenbereichssatzung lassen sich die Erwägungen nicht übertragen. Eine Außenbereichssatzung beschränkt nicht die Nutzungsbefugnisse, die das Eigentum vermittelt; vielmehr hat sie ausschließlich eine positive, die Zulässigkeit bestimmter nicht privilegierter Vorhaben unterstützende, aber keine negative Wirkung (BVerwG, Beschluss vom 1. September 2003 - 4 BN 55.03 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 359 S. 115).

b) Die Frage,

ob auch private einschließlich betriebliche Belange im Verfahren zur Aufstellung einer Außenbereichssatzung nach § 35 Abs. 6 BauGB sowie das Gebot der Rücksichtnahme abwägungserheblich sein und ihre substantiierte Darlegung die Antragsbefugnis im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO begründen können,

zielt darauf, ob private Belange, die in den Bereich des Rücksichtnahmegebots fallen, in die Abwägung einzustellen sind und deshalb, wenn sie als verletzt gerügt werden, die Antragsbefugnis auslösen. Sie ist mit dem Oberverwaltungsgericht für den Regelfall zu verneinen. Der Senat teilt insoweit den vorinstanzlichen, auch von anderen Obergerichten (VGH München, Urteil vom 7. August 2017 - 2 N 14.1850 - juris Rn. 33, OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. Mai 2018 - 10 A 4.14 - NVwZ-RR 2018, 923 Rn. 47) eingenommenen Standpunkt und schließt sich der Begründung des angefochtenen Urteils (UA S. 6 ff.) an. Zu weiteren Ausführungen sieht er keinen Anlass.

c) Die Frage,

ob die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 VwGO im Normenkontrollverfahren gegen eine Außenbereichssatzung damit verneint werden kann, dass der Antragsteller auch gegen erteilte Baugenehmigungen vorgehen könne und daher nicht rechtsschutzlos sei,

geht an der Begründung des angefochtenen Urteils vorbei. Der Hinweis des Oberverwaltungsgerichts, der Antragsteller werde durch die Verneinung der Antragsbefugnis nicht rechtsschutzlos gestellt, weil er seine Rechte im Klageweg gegen die erteilten Baugenehmigungen geltend machen könne (UA S. 8), ist nicht entscheidungstragend, sondern das Ergebnis einer Kontrollüberlegung für den hier angenommenen Regelfall, dass private Nachbarbelange, die vom Rücksichtnahmegebot erfasst werden, nicht in die Abwägung einzustellen sind. Maßgeblich war für die Vorinstanz, dass der Antragsteller weder als Eigentümer im Geltungsbereich der Außenbereichssatzung belegener Grundstücke noch aus einer möglichen Verletzung des § 1 Abs. 7 BauGB eine Verletzung eigener Rechte ableiten könne.

2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die Verwerfung des Normenkontrollantrags ist nicht verfahrensfehlerhaft. Es ist nicht zu erkennen, dass das Oberverwaltungsgericht bei der Prüfung der Antragsbefugnis in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht die prozessualen Anforderungen des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO überspannt hätte. Seine rechtlichen Ansätze zum Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG und zur Reichweite des Abwägungsgebots sind - wie dargelegt - zutreffend.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 , § 52 Abs. 1 GKG .

Vorinstanz: OVG Nordrhein-Westfalen, vom 05.04.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 7 D 64/17
Fundstellen
BauR 2020, 237