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BVerwG - Entscheidung vom 27.11.2019

9 C 5.18

Normen:
BauGB § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
BGB § 195
BGB § 199 Abs. 1
BGB § 203
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 1
BauGB § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
BGB § 195
BGB § 199 Abs. 1
BGB § 203
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 195
BGB § 199 Abs. 1 Nr. 2
BGB § 203
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 1
BauGB § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1

Fundstellen:
BVerwGE 167, 128
DVBl 2020, 1145
DÖV 2020, 795
NVwZ 2020, 959
ZfBR 2020, 687

BVerwG, Urteil vom 27.11.2019 - Aktenzeichen 9 C 5.18

DRsp Nr. 2020/7296

Unterliegen eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs als Leistungskondiktion auf die Rückabwicklung eines für nichtig gehaltenen Erschließungsvertrages grundsätzlich der dreijährigen kenntnisabhängigen Verjährung

Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch, der als Leistungskondiktion auf die Rückabwicklung eines für nichtig gehaltenen Erschließungsvertrages gerichtet ist, unterliegt grundsätzlich der dreijährigen kenntnisabhängigen Verjährung analog § 195 , § 199 Abs. 1 BGB .

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 27. März 2018 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Normenkette:

BGB § 195 ; BGB § 199 Abs. 1 Nr. 2 ; BGB § 203 ; BGB § 204 Abs. 1 Nr. 1 ; BauGB § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 ;

Gründe

I

Die Beteiligten streiten über die Rückabwicklung eines Erschließungsvertrages.

Am 20. November 1997 schlossen die Beteiligten den Vertrag in privatschriftlicher Form. Darin übertrug die beklagte Gemeinde die Erschließung eines Baugebietes auf den Kläger. Dieser verpflichtete sich, näher bezeichnete Erschließungsanlagen auf eigene Kosten herzustellen und die betreffenden Flächen sodann an die Beklagte "abzutreten und aufzulassen". Die Beklagte versprach, die Straßen nach mängelfreier Abnahme zu widmen. Der Kläger sollte die Arbeiten aufnehmen, sobald der Bebauungsplan "ordnungsgemäß als Satzung festgestellt" war.

Noch im November 1997 beschloss die Beklagte den Bebauungsplan als Satzung. Im März 1998 stellte der Kläger die Straße fertig, obwohl die Genehmigung des Bebauungsplans ebenso wie seine Bekanntmachung noch ausstand. Erst im März 2000 wurde der - mittlerweile geänderte - Bebauungsplan öffentlich bekannt gemacht, nachdem die Aufsichtsbehörde erklärt hatte, die Genehmigung gelte als erteilt. In der Folgezeit kam es zwischen den Beteiligten zu Meinungsverschiedenheiten über die Erfüllung der wechselseitigen Verpflichtungen. Die Beklagte nahm die Straße nicht ab und widmete sie nicht.

Im Juli 2003 erhob der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Klage gegen den zuständigen Abwasserzweckverband auf Erstattung von Kosten für einen Schmutzwasserkanal. In der Klageschrift findet sich ein Hinweis auf die "Problematik der Formnichtigkeit" des Erschließungsvertrages mangels notarieller Beurkundung. Das Klageverfahren endete mit einem gerichtlichen Vergleich. Im Januar 2005 klagte der Kläger gegen die Gemeinde auf Feststellung der Formnichtigkeit des Vertrages. Das Verwaltungsgericht wies die Klage wegen fehlenden Feststellungsinteresses als unzulässig ab. Dieses Urteil wurde rechtskräftig.

Im August 2011 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der er von der Beklagten - soweit hier noch von Belang - die Zahlung von 98 550,67 € nebst Prozesszinsen begehrt. Er hat geltend gemacht, die Beklagte habe ihn bei Vertragsabschluss über den damaligen Stand des Bebauungsplanverfahrens getäuscht. Im Vertrauen auf die unrichtigen Angaben der Beklagten und auf deren Drängen habe er seine Leistung umgehend erbracht, dann aber die erschlossenen Grundstücke nicht zeitnah als Bauland verkaufen können. Durch die bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans eingetretene Verzögerung habe er sein gesamtes Vermögen verloren. Ihm stehe ein Erstattungsanspruch zu, da der Erschließungsvertrag nichtig sei. Die Beklagte hat den Anspruch bestritten und hilfsweise die Einrede der Verjährung erhoben. Das Verwaltungsgericht hat die Zahlungsklage unter dem Gesichtspunkt der Verjährung abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Zur Begründung der - vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen - Revision macht der Kläger geltend, der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch unterliege keiner geringeren als der dreißigjährigen Verjährung. Selbst bei Annahme einer kürzeren Frist habe diese nicht zu laufen begonnen, da er die maßgeblichen Umstände weder gekannt noch infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Jedenfalls stelle die Verjährungseinrede der Beklagten eine unzulässige Rechtsausübung dar.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 27. März 2018 sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 28. Oktober 2014 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 98 550,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Berufungsurteil.

II

Die Revision ist zulässig, aber unbegründet. Das Oberverwaltungsgericht hat das klageabweisende Urteil erster Instanz zu Recht bestätigt. Als Rechtsgrundlage des geltend gemachten Zahlungsanspruchs hat es den allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Betracht gezogen, diesen aber als verjährt angesehen. Dies hält der Überprüfung stand.

1. Ohne Verstoß gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO ) ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass Vermögensansprüche auch im öffentlichen Recht der Verjährung unterliegen. Im Hinblick auf deren Zweck, lange Zeit nicht geltend gemachte Ansprüche im Interesse der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens dem Streit zu entziehen (BVerwG, Urteil vom 15. Mai 2008 - 5 C 25.07 - BVerwGE 131, 153 Rn. 26), gilt dies grundsätzlich unabhängig davon, ob der öffentliche Vertragspartner des Bürgers Gläubiger oder Schuldner des Anspruchs ist.

2. Soweit das öffentliche Recht für die Verjährung keine besondere Regelung trifft, ist anhand des Gesamtzusammenhangs der für den jeweiligen Anspruch geltenden Rechtsvorschriften und der Interessenlage zu beurteilen, welche Verjährungsregelung als die sachnächste entsprechend heranzuziehen ist (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Juli 2016 - 9 A 16.15 - Buchholz 11 Art. 104a GG Nr. 28 Rn. 35 und vom 15. März 2017 - 10 C 3.16 - BVerwGE 158, 199 Rn. 18).

a) Die Frage nach der sachnächsten Verjährungsnorm ist unter den hier vorliegenden Umständen eine solche des revisiblen Rechts. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch teilt als gleichsam umgekehrter Leistungsanspruch dessen Rechtsqualität (BVerwG, Beschluss vom 16. November 2007 - 9 B 36.07 - Buchholz 316 § 62 VwVfG Nr. 17 Rn. 3 und vom 16. Juli 2013 - 9 B 15.13 - juris Rn. 4). Er beurteilt sich mithin nach Bundesrecht, wenn den Leistungsbeziehungen ein Vertrag zugrunde liegt, der sich wie der hier umstrittene Erschließungsvertrag im Wesentlichen nach bundesrechtlichen Vorgaben richtet (§ 124 BauGB in der bei Vertragsschluss geltenden Fassung vom 22. April 1993, BGBl. I S. 466 , jetzt § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB ). Die in analoger Anwendung dem Zivilrecht entnommenen Verjährungsregeln sind wiederum grundsätzlich dem gleichen Rechtskreis zuzurechnen wie der Anspruch, den sie ergänzen (vgl. auch BVerwG, Urteile vom 30. Oktober 1992 - 7 C 24.92 - Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 175 S. 26 und vom 27. April 2005 - 8 C 5.04 - BVerwGE 123, 303 <306 ff.[amp]#62;).

b) Das Oberverwaltungsgericht hält eine entsprechende Anwendung der dreijährigen kenntnisabhängigen Regelverjährung nach § 195 , § 199 Abs. 1 BGB auf den hier einschlägigen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch für sachgerecht. Auch diese Annahme steht mit Bundesrecht in Einklang; sie kann sich auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stützen (vgl. insbesondere Urteil vom 15. März 2017 - 10 C 3.16 - BVerwGE 158, 199 Rn. 18 ff. m.w.N.).

Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch in seiner hier einschlägigen Ausprägung als Leistungskondiktion, gerichtet auf die Rückabwicklung eines nichtigen Vertrages, ist strukturell mit dem zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB eng verwandt. Da dieser der dreijährigen Verjährung nach § 195 BGB unterliegt, ist es sachgerecht, ihr auch den entsprechenden Erstattungsanspruch zu unterwerfen. Diese Regelung stellt in Anbetracht der Kenntnisabhängigkeit des Verjährungsbeginns (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ) und der Möglichkeit einer Verjährungshemmung (§§ 203 ff. BGB ) einen angemessenen Ausgleich zwischen den Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens einerseits und dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung andererseits sicher. Ein Rückgriff auf die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 197 Abs. 1 BGB kommt dagegen mangels Vergleichbarkeit mit den dort geregelten Ansprüchen nicht in Betracht.

c) Demgegenüber macht der Kläger geltend, die Festsetzung einer - geringeren als der dreißigjährigen - Verjährungsfrist im öffentlichen Recht bedürfe einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung. Soweit er in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - BVerfGE 133, 143 Rn. 45 ff.) verweist, verkennt er indes, dass auch die analoge Heranziehung einer nach Normzweck und Interessenlage geeigneten Verjährungsvorschrift auf die zugrunde liegende Entscheidung des Gesetzgebers zurückführt. Das Gesetz zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3214 ) hat den Bereich des öffentlichen Rechts zwar bewusst ausgespart. Der Gesetzgeber hat dabei aber zu erkennen gegeben, dass auf die zivil-rechtlichen Verjährungsvorschriften im öffentlichen Recht weiter hilfsweise zurückgegriffen werden kann (BT-Drs. 15/3653 S. 10; vgl. dazu näher BVerwG, Urteil vom 15. Juli 2016 - 9 A 16.15 - Buchholz 11 Art. 104a GG Nr. 28 Rn. 43 f.).

Entgegen der Auffassung des Klägers steht einer Anwendung der Regelverjährung auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch eines Bürgers gegen den Staat auch nicht entgegen, dass sich dieser wegen des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann (s. dazu BVerwG, Urteil vom 12. März 1985 - 7 C 48.82 - BVerwGE 71, 85 <89> und vom 18. Januar 2001 - 3 C 7.00 - BVerwGE 112, 351 <357[amp]#62;). Denn im öffentlichen Recht erschöpft sich der Zweck der Verjährung nicht darin, das Gesetzmäßigkeitsprinzip sicherzustellen. Wie dargelegt bezweckt sie vielmehr, einen angemessenen Ausgleich zwischen diesem Prinzip und dem ihm widerstreitenden Grundsatz der Rechtssicherheit herzustellen.

d) Soweit der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts für öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche auch nach Inkrafttreten der Verjährungsreform pauschal eine dreißigjährige Verjährungsfrist als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens befürwortet hat (s. insbesondere Urteile vom 11. Dezember 2008 - 3 C 37.07 - BVerwGE 132, 324 Rn. 10 ff., vom 21. Oktober 2010 - 3 C 4.10 - Buchholz 451.511 § 14 MOG Nr. 3 Rn. 14 und vom 22. März 2012 - 3 C 21.11 - BVerwGE 142, 219 Rn. 38), vermag sich der erkennende Senat dem aus den vorgenannten Gründen nicht anzuschließen.

Eine Abweichung, die gemäß § 11 VwGO eine Vorlage an den Großen Senat geböte, liegt darin nicht. Gegenstand der vorgenannten Entscheidungen des 3. Senats waren gesetzlich besonders geregelte Ansprüche, die mit der hier strittigen Leistungskondiktion zur Rückabwicklung eines nichtigen öffentlich-rechtlichen Vertrages keine Ähnlichkeit aufweisen. Verallgemeinernde Aussagen jener Urteile zur Verjährungsdauer waren jeweils kein notwendiges Glied in der Begründungskette und mithin nicht entscheidungserheblich. Denn auf unterschiedliche Erstattungsansprüche können je nach Regelungszusammenhang und Interessenlage unterschiedliche Verjährungsfristen anwendbar sein (BVerwG, Urteil vom 15. März 2017 - 10 C 3.16 - BVerwGE 158, 199 Rn. 18). Unbeschadet dessen bedarf es einer Vorlage an den Großen Senat auch deshalb nicht, weil der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts an der These, die §§ 195 , 199 BGB seien auf öffentlich-rechtliche Ansprüche grundsätzlich nicht anwendbar, in seiner jüngeren Rechtsprechung selbst nicht festgehalten hat (Urteil vom 17. März 2016 - 3 C 7.15 - BVerwGE 154, 259 Rn. 38).

3. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Verjährung habe spätestens am Ende des Jahres 2003 zu laufen begonnen und sei am 30. November 2007 eingetreten, begegnet von Bundesrechts wegen ebenfalls keinen Bedenken.

Gemäß § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Hinsichtlich der Kenntnis des Klägers stellt das Berufungsgericht auf den 28. Juli 2003 ab. Von jenem Tag datiert die Klageschrift in dem Rechtsstreit des Klägers gegen den Abwasserzweckverband, in dem dieser - anwaltlich vertreten - im Hinblick auf seine vertragliche Verpflichtung, bestimmte Grundflächen an die Beklagte "abzutreten und aufzulassen" (§ 13 des Erschließungsvertrages vom 20. November 1997), zumindest beiläufig auf die "Problematik der Formnichtigkeit mangels notarieller Beurkundung gemäß § 313 BGB " selbst hingewiesen hat.

Soweit der Kläger im Zusammenhang mit diesen Erwägungen einen Verfahrensfehler in Gestalt einer Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör rügt, geht der Vorwurf fehl. Nachdem bereits das Verwaltungsgericht für die Frage des Verjährungsbeginns auf denselben Gesichtspunkt tragend abgestellt hatte (UA S. 12), kann jedenfalls im Berufungsverfahren von einer unzulässigen Überraschungsentscheidung keine Rede sein.

Auch in der Sache halten die Ausführungen des Berufungsgerichts der Überprüfung stand.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der Gläubiger dann Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, wenn er von der Leistung und den Tatsachen weiß, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt. Der Verjährungsbeginn setzt grundsätzlich nur die Kenntnis der den Anspruch begründeten Umstände voraus. Nicht erforderlich ist, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Zwar kann ausnahmsweise die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn hinausschieben. Das ist dann der Fall, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag. Unter solchen Umständen kann es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn fehlen. Zumutbar ist die Erhebung einer Klage aber schon dann, wenn sie erfolgversprechend, wenn auch nicht risikolos möglich ist (BGH, Urteile vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13 - BGHZ 203, 115 Rn. 35, 56 und vom 19. März 2019 - XI ZR 95/17 - NJW 2019, 2162 Rn. 27, 35 , jeweils für den Bereicherungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB ; vgl. auch Spindler, in: BeckOK BGB , Stand 1. Februar 2020, § 199 Rn. 22, 26; Grothe, in: MünchKommBGB, 8. Aufl. 2018, § 199 Rn. 28 f.). Soweit dagegen der Kläger "hinreichend verlässliche Informationen" des Anspruchsinhabers (vgl. Piekenbrock, in: Beck-Online-Großkommentar, Stand 1. Februar 2020, § 199 Rn. 102 f. unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 16. Mai 2017 - X ZR 85/14 - GRUR 2017, 890 Rn. 40 ff.) als in jeglicher Hinsicht unerlässliche Voraussetzung des Verjährungsbeginns erachtet, übersieht er, dass sich auch die von ihm zitierte Aussage nur auf die Tatsachengrundlage des Anspruchs, aber - vorbehaltlich der Zumutbarkeit der Klageerhebung - nicht auf deren rechtliche Würdigung bezieht.

Im Rahmen der analogen Anwendung des § 199 Abs. 1 BGB auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch ist diesen Grundsätzen zu folgen. Denn sie sind auch im Hinblick auf die im Verwaltungsprozess widerstreitenden Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Rechtssicherheit geeignet, die Interessen des Gläubigers und des Schuldners zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen.

b) Ausgehend davon kannte der Kläger die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die Form und den Inhalt des Erschließungsvertrages sowie die Umstände seiner eigenen Leistungserbringung, (jedenfalls) an dem vom Berufungsgericht angenommenen Stichtag. Dies stellt er selbst nicht in Abrede. Vielmehr macht er geltend, er habe die Nichtigkeit des Vertrages unbeschadet seines damaligen Hinweises auf die betreffende Problematik - und damit auch die Voraussetzungen seines Erstattungsanspruchs - seinerzeit weder gekannt noch infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt. Damit kann er nicht durchdringen. Die Unwirksamkeit des Vertrages gehört nicht zu den Tatsachen, die den Erstattungsanspruch begründen. Vielmehr handelt es sich insoweit um eine aus den Tatsachen zu ziehende rechtliche Schlussfolgerung, die als solche für den Verjährungsbeginn unerheblich ist.

An dem Stichtag, auf den das Berufungsgericht für den Beginn der Verjährung abhebt, bestand auch keine Rechtsunsicherheit solchen Ausmaßes, dass eine Erhebung der Klage unzumutbar gewesen wäre. Zwar mag für den Kläger anfangs unsicher gewesen sein, ob der Erschließungsvertrag einer notariellen Beurkundung bedurft hätte, ebenso wie berechtigte Zweifel darüber bestanden haben mögen, ob sich aus einem unangemessenen Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ein Nichtigkeitsgrund ergab (§ 56 Abs. 1 Satz 2, § 59 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG ). Die Unsicherheit mag noch dadurch verstärkt worden sein, dass sich die Beklagte als die öffentliche Vertragspartnerin des Klägers auf die Wirksamkeit des Vertrages berufen und dessen Erfüllung verlangt hatte. Unbeschadet dessen war es dem Kläger angesichts der ihm zurechenbaren Zweifel seiner damaligen Prozessbevollmächtigten an der Gültigkeit des Vertrages aber jedenfalls zumutbar, sich mit anwaltlicher Hilfe im Laufe des Jahres 2003 darüber klar zu werden, ob er seinerseits auf die Erfüllung des Vertrages bestehen oder aber dessen Nichtigkeit geltend machen wollte. Im letzteren Fall war die Erhebung einer - die Verjährung hemmenden - Klage auf Leistung des Erstattungsbetrages oder jedenfalls auf Feststellung des Erstattungsanspruchs (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB ) schon damals erfolgversprechend, wenn auch nicht risikolos möglich. Die Auffassung des Klägers, bei Zweifeln an der Wirksamkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrages beginne die Verjährung für einen Erstattungsanspruch erst zu laufen, wenn die Nichtigkeit des Vertrages rechtskräftig festgestellt sei, findet dagegen im Gesetz keine Stütze.

Der Kläger kann sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass eine von ihm erst nach dem vom Berufungsgericht für maßgeblich gehaltenen Stichtag, nämlich im Jahr 2005, erhobene Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Erschließungsvertrages durch Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 17. Oktober 2007 abgewiesen worden ist. Dieses Urteil betraf keine Klage auf Feststellung des Anspruchs, die analog § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB die Verjährung hätte hemmen können; die erstrebte Feststellung des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses war nicht geeignet, diese Wirkung zu entfalten (vgl. Peters/Jacoby, in: Staudinger, BGB , Neubearbeitung 2019, § 204 Rn. 44; Henrich, in: BeckOK BGB , Stand Februar 2020, § 204 Rn. 3). Davon abgesehen hat das Verwaltungsgericht die betreffende Klage nicht als unbegründet, sondern mangels Feststellungsinteresses als unzulässig abgewiesen. Auch deshalb kann dieses Urteil nicht die Annahme widerlegen, dass dem Kläger schon im Jahr 2003 die Erhebung einer Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs möglich und zumutbar war.

c) Unter der Prämisse, dass die Verjährung Ende 2003 begonnen hatte, ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, dass sie vor ihrem regulären Ablauf (Ende 2006) durch zwischenzeitlich aufgenommene Verhandlungen über den Anspruch gemäß § 203 BGB gehemmt war. Die Verjährungshemmung habe aber nach dem "Einschlafen der Verhandlungen" zum 1. Dezember 2004 geendet, und die von da an zu berechnende dreijährige Verjährungsfrist sei am 30. November 2007 abgelaufen. Etwaige spätere Verhandlungen hätten auf die bereits eingetretene Verjährung keinen Einfluss mehr haben können. Bedenken dagegen sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.

4. Entgegen der Auffassung des Klägers steht der Verjährungseinrede der Beklagten auch nicht der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen. Die Erhebung der Einrede kann treuwidrig sein, wenn der Schuldner den Gläubiger veranlasst hat, von Maßnahmen abzusehen, die den Verjährungseintritt verhindern. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Gläubiger aufgrund eines bestimmten Verhaltens des Schuldners annehmen durfte, dieser werde sich auf die Verjährung nicht berufen (BVerwG, Beschluss vom 19. April 2007 - 2 B 31.07 - juris Rn. 3 m.w.N.; vgl. auch Peters/Jacoby, in: Staudinger, BGB , Neubearbeitung 2019, § 214 Rn. 22 f.).

Derartige Umstände hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt, ohne dass die Revision insoweit einen Aufklärungsmangel geltend gemacht hat. Sie sind im Übrigen auch nicht ersichtlich. Soweit sich der Kläger auf ein treuwidriges Verhalten der Beklagten bei Vertragsabschluss beruft, mag dieses die Nichtigkeit des Vertrages und damit einen Erstattungsanspruch des Klägers begründen, der dann aber innerhalb der Verjährungsfrist hätte geltend gemacht werden müssen. Der Umstand allein, dass sich die Beklagte dem Kläger gegenüber auf die Gültigkeit des Vertrages berufen hat, lässt eine rechtzeitige Klageerhebung nicht als unzumutbar und die Verjährungseinrede nicht als treuwidrig erscheinen.

5. Das Oberverwaltungsgericht hat das Klagebegehren ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs geprüft. Die Revision hat dies nicht beanstandet. Unter dem Gesichtspunkt des Verjährungseintritts ist auch nicht ersichtlich, dass eine andere Anspruchsgrundlage, die der Beurteilung durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit unterliegt (§ 17 Abs. 2 GVG ), zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis führen könnte. Das gilt sowohl im Hinblick auf die Verjährungsfrist, für die eine längere als die dreijährige Dauer auch für denkbare andere Anspruchsgrundlagen nach Maßgabe der §§ 195 ff. BGB erkennbar nicht in Betracht kommt, als auch für den Beginn (§ 199 Abs. 1 BGB ) und den Eintritt der Verjährung.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO .

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren auf 98 550,67 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 , § 52 Abs. 3 GKG ).

Vorinstanz: OVG Sachsen, vom 27.03.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 1 A 279/17
Vorinstanz: VG Dresden, vom 28.10.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 7 K 953/11
Fundstellen
BVerwGE 167, 128
DVBl 2020, 1145
DÖV 2020, 795
NVwZ 2020, 959
ZfBR 2020, 687