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BVerwG - Entscheidung vom 20.06.2019

5 PB 11.18

Normen:
SBG (1997) § 2 Abs. 1 Nr. 1-5
SBG (1997) § 49 Abs. 1

BVerwG, Beschluss vom 20.06.2019 - Aktenzeichen 5 PB 11.18

DRsp Nr. 2019/12186

Übertragbarkeit der Rechtsprechung zur mehrfachen Dienststellenzugehörigkeit von Beschäftigten auf Soldaten; Teilweise Tätigkeit in einem Wahlbereich und in einer Dienststelle

Eine Nichtzulassungsbeschwerde genügt nur dann den Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit, wenn substantiiert erläutert wird, dass und inwiefern die Rechtsbeschwerdeentscheidung zur Klärung einer bisher vom Bundesverwaltungsgericht nicht beantworteten, fallübergreifenden und entscheidungserheblichen Rechtsfrage führen kann. Dabei können grundsätzlich nur solche Tatsachen Grundlage der Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts sein, die in dem Beschluss des Beschwerdegerichts festgestellt wurden.

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs - Fachsenat für Personalvertretungsrecht Bund - vom 3. Juli 2018 wird verworfen.

Normenkette:

SBG (1997) § 2 Abs. 1 Nr. 1 -5; SBG (1997) § 49 Abs. 1 ;

Gründe

Die Beschwerde des Beteiligten gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 3. Juli 2018 hat keinen Erfolg, weil sie den gesetzlichen Darlegungsanforderungen nicht genügt.

1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage zuzulassen.

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 59 Satz 1 SBG i.V.m. § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG kommt einer Rechtsfrage nur zu, wenn mit ihr eine für die erstrebte Rechtsbeschwerdeentscheidung erhebliche Frage aufgeworfen wird, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf. Die Rechtsfrage muss zudem klärungsfähig sein, was der Fall ist, wenn sie in der Rechtsbeschwerdeinstanz beantwortet werden kann. Nach § 59 Satz 1 SBG i.V.m. § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG muss die Begründung der auf den Zulassungsgrund des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG gestützten Nichtzulassungsbeschwerde die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit enthalten. Dieses Darlegungserfordernis setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Rechtsbeschwerdeentscheidung erheblichen Rechtsfrage sowie die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss substantiiert erläutern, dass und inwiefern die Rechtsbeschwerdeentscheidung zur Klärung einer bisher vom Bundesverwaltungsgericht nicht beantworteten, fallübergreifenden und entscheidungserheblichen Rechtsfrage führen kann. Die Begründungspflicht verlangt, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Beschlusses, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht, substantiiert auseinandersetzt. Es bedarf auch der substantiierten Auseinandersetzung mit den Gründen bereits ergangener einschlägiger Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts. Soweit sich die Vorinstanz mit der von der Beschwerde als grundsätzlich angesehenen Frage beschäftigt hat, gehört zu der erforderlichen Durchdringung des Prozessstoffes die Erörterung sämtlicher Gesichtspunkte, die im Einzelfall für die erstrebte Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtlich Bedeutung haben können. In der Begründung ist auch substantiiert aufzuzeigen, aus welchen Gründen der Rechtsauffassung, die der aufgeworfenen Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung zugrunde liegt, zu folgen ist (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 28. Juli 2014 - 5 PB 1.14 - juris Rn. 4 und vom 29. Juni 2015 - 5 PB 14.14 - juris Rn. 3). Daran fehlt es hier.

a) Soweit der Beteiligte die Rechtsfrage für grundsätzlich klärungsbedürftig hält,

"ob die Rechtsprechung zur mehrfachen Dienststellenzugehörigkeit von Beschäftigten übertragen werden kann auf Soldaten, die teilweise in einem Wahlbereich nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 -5 SBG 1997 tätig sind, teilweise aber auch gleichzeitig in einer Dienststelle nach § 49 Abs. 1 SBG 1997 (oder ob die Systematik des SBG eine solche Übertragung ausschließt)" (Beschwerdebegründung vom 31. August 2018 S. 1),

ist nicht dargelegt, dass die Frage in der Rechtsbeschwerdeinstanz geklärt werden kann. Gemäß § 92 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 72 Abs. 5 ArbGG i.V.m. § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO unterliegt der Beurteilung des Rechtsbeschwerdegerichts nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Beschluss des Beschwerdegerichts oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Mithin können grundsätzlich nur solche Tatsachen Grundlage der Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts sein, die in dem Beschluss des Beschwerdegerichts festgestellt wurden. Die Beschwerde trägt aber selbst vor, dass der Verwaltungsgerichtshof zu der Frage, ob die im Beschluss angesprochenen Soldaten der Sanitätsstaffel Einsatz K. zu dem aus Sicht der Beschwerde maßgeblichen Zeitpunkt im Frühjahr 2015 teilweise in das Sanitätsunterstützungszentrum eingegliedert waren, keinerlei Tatsachenfeststellungen getroffen hat (Beschwerdebegründung vom 31. August 2018 S. 4). Die Voraussetzungen, unter denen das Rechtsbeschwerdegericht von der Vorinstanz nicht festgestellte Tatsachen ausnahmsweise berücksichtigen kann (vgl. Mikosch, in: GK - ArbGG , Stand Dez. 2018, § 73 Rn. 82 f. m.w.N.), liegen hier nicht vor.

b) Die Beschwerde genügt den Darlegungsanforderungen ebenfalls nicht, soweit sie vor dem Hintergrund, dass militärische Dienststellen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Einheiten im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SBG sind, wenn sie beweglich sind (BVerwG, Beschluss vom 8. Oktober 2007 - 6 P 2.07 - Buchholz 449.7 § 2 SBG Nr. 6 Rn. 22), auf die

"rechtsgrundsätzliche Klärung und Einordnung von militärischen Dienststellen der Kompanie-Ebene, die teilweise 'militäreigentümlich mobil' sind, teilweise jedoch nicht" (Beschwerdebegründung vom 31. August 2018 S. 4)

zielt. Abgesehen davon, dass sie insoweit schon keine abstrakte Rechtsfrage formuliert, fehlt es darüber hinaus an der Darlegung des Klärungsbedarfs. Denn nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs, an die das Rechtsbeschwerdegericht mangels zulässiger und begründeter Revisionsangriffe gemäß § 92 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 72 Abs. 5 ArbGG i.V.m. § 559 Abs. 2 ZPO gebunden ist, ist die Sanitätsstaffel Einsatz K. nicht nur teilweise mobil. Das ergibt sich nach der Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtshofs nicht nur aus der Organisationsweisung, nach der sie "vollbeweglich" ist und die umfassende sanitätsdienstliche Unterstützung "im Einsatz in der Rolle 1" sicherzustellen und durchzuführen sowie Kräfte der sanitätsdienstlichen Einsatzunterstützung der Versorgungsebene 1 für die präklinische (Notfall-)Versorgung und zur anteiligen Unterstützung des luftfahrzeuggebundenen Verwundetentransports im und für den Einsatz auf Befehl bereitzuhalten und abzustellen hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich ferner die Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg im Beschluss vom 5. April 2016 - OVG 62 PV 9.15 - zu eigen gemacht, dass mit den zum 1. Januar 2015 geschaffenen Sanitätsstaffeln der Sanitätsunterstützungszentren erstmals eine Struktur für die Erstversorgung im Einsatzfall geschaffen wurde und die Sanitätsstaffel Einsatz innerhalb dieser Struktur die medizinische Versorgung der kämpfenden Soldaten bis zur Verbringung in Feldlazarette bzw. Krankenhäuser an den in der Organisationsanweisung genannten Einsatzorten zu gewährleisten hat (UA S. 9 Rn. 21 ff.). Sollte sich der von der Beschwerde geltend gemachte Klärungsbedarf auf die weitere Feststellung beziehen, dass die Sanitätsstaffeln in Friedenszeiten die medizinische Versorgung für Kasernen, Flug- und Übungsplätze gleichsam als "Arztpraxen ggf. mit Hausbesuch" leisten und insoweit organisatorisch von Bundeswehrkrankenhäusern abgesetzt sind, hat sie es versäumt, sich insofern mit der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs auseinanderzusetzen, der unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts von 23. Januar 2002 - 6 P 2.01 - (Buchholz 252 § 2 SBG Nr. 3 S. 9 <23>) davon ausgeht, dass der Umstand, dass ein Truppenteil in Friedenszeiten überwiegend stationär geführt wird oder gar deaktiviert ist, für den Tatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB unerheblich ist (UA S. 10 Rn. 22).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem weiteren Vorbringen der Beschwerde, der angefochtene Beschluss verfehle die rechtlichen Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts zu § 2 Abs. 1 SBG 1997, weil die Tatsachenfeststellung es dabei bewenden lasse, dass die Dienststelle laut Organisationsverfügung beweglich sei und nicht berücksichtige, dass eine als militäreigentümlich anzuerkennende Fahrzeugausstattung nach wie vor ausstehe, nur "militäreigentümliche Mobilität" den Status als Einheit begründen könne, die "Ausbildungsgruppen" der Staffel ausschließlich die Sanitätsausbildung von Dienststellen am eigenen Standort zu betreuen hätten und die Flugunfallbereitschaft örtlich an den zu betreuenden Flugplatz gebunden sei (Beschwerdebegründung vom 31. August 2018 S. 4 bis 6). Abgesehen davon, dass diese Darstellung nicht zutrifft, weil der Verwaltungsgerichtshof seine Feststellung, dass die Staffel vollbeweglich sei, nicht nur auf die Organisationsverfügung gestützt hat (UA S. 9 Rn. 21 ff.) und auf die von dem Beteiligten vorgebrachten Einwände gegen die Einordnung der Sanitätsstaffel als Einheit im Einzelnen eingegangen ist (UA S. 11 Rn. 24), stellt die Beschwerde damit lediglich die Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung in Frage, was als solches die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache nicht zu begründen vermag.

c) Aus den gleichen Gründen genügt die Beschwerde den Darlegungsanforderungen ebenfalls nicht, soweit sie außerdem geltend macht, die Sanitätsstaffel Einsatz sei eine "organisatorische Zusammenfassung von Teileinheiten (Gruppen oder Trupps) in Form von 'Modulen', deren Auftragstyp und Anzahl sich jeweils nach dem Unterstützungsbedarf eines konkreten Standortes bestimmt, und deren Soldaten zu militärischen Einsätzen nicht in Form einer Verlegung ihrer Einheit oder Teileinheit herangezogen werden, sondern durch Abordnung (Kommandierung) des jeweiligen Personals in gesondert aufgestellte Einsatztruppenteile mit jeweils eigener Fahrzeug- und Geräteausstattung". Sie stelle daher eine "gemischte Einheit" dar, deren rechtliche Einordnung anders als die "gemischter Verbände" in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts noch nicht geklärt sei. Nach Auffassung des Personalrats entspreche dieser irreguläre Kompanietyp nicht mehr dem Rechtsbegriff der "Einheit" im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschwerdebegründung vom 31. August 2018 S. 7 und 8). Auch insoweit fehlt es zum einen an der Formulierung einer abstrakten Rechtsfrage, zum anderen ist die Sanitätsstaffel Einsatz Kümmersbruck nach den das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 92 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 72 Abs. 5 ArbGG i.V.m. § 559 Abs. 2 ZPO bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs vollbeweglich (vgl. o. unter b).

2. Sollte der Beteiligte darüber hinaus auch eine Verletzung der Aufklärungspflicht des Gerichts nach § 83 Abs. 1 ArbGG geltend machen wollen, kann die Rechtsbeschwerde insoweit nicht zugelassen werden, weil die Nichtzulassungsbeschwerde im personalvertretungsrechtlichen Rechtsbeschwerdeverfahren hierauf nicht gestützt werden kann (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 2, § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG ).

3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 91 Abs. 2 PersVG BE i.V.m. § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 2 und § 72a Abs. 5 Satz 5 Alt. 1 ArbGG abgesehen.

Vorinstanz: VGH Bayern, vom 03.07.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 18 P 17.1905