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BVerwG - Entscheidung vom 13.09.2019

1 WB 19.19

Normen:
VwGO § 92 Abs. 3 S. 1
VwGO § 161 Abs. 2 S. 1
WBO § 20 Abs. 3
WBO § 21 Abs. 2 S. 1
ZDv A-1340/50 Nr. 205 Buchst. b)

BVerwG, Beschluss vom 13.09.2019 - Aktenzeichen 1 WB 19.19

DRsp Nr. 2020/3096

Streit um die Kostenentscheidung bezüglich einer Beschwerde gegen den Verzicht auf die Erstellung einer planmäßigen Beurteilung eine Soldaten; Kostenentscheidung nach billigem Ermessen nach übereinstimmender Erledigterklärung; Anspruch eines Soldaten auf Erstellung einer planmäßigen Beurteilung bei dauerhafter Dienst- und Verwendungsunfähigkeit; Ziel einer Beurteilung

Die dauerhafte Dienst- und Verwendungsunfähigkeit des Betroffenen rechtfertigt entsprechend Nr. 205 Buchst. b ZDv A-1340/50 den Verzicht auf die Erstellung einer planmäßigen Beurteilung.

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt.

Der Antrag, die dem Antragsteller im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht einschließlich der im vorgerichtlichen Verfahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen dem Bund aufzuerlegen, wird abgelehnt.

Normenkette:

VwGO § 92 Abs. 3 S. 1; VwGO § 161 Abs. 2 S. 1; WBO § 20 Abs. 3 ; WBO § 21 Abs. 2 S. 1; ZDv A-1340/50 Nr. 205 Buchst. b);

Gründe

I

Der Rechtsstreit betraf einen Verzicht auf die Erstellung einer planmäßigen Beurteilung des Antragstellers.

Dessen Vorgesetzter hatte im Februar 2018 beim Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr den Verzicht auf eine planmäßige Beurteilung des Antragstellers zum Vorlagetermin 31. März 2018 beantragt. Der Antragsteller sei gesundheitlich stark eingeschränkt und leiste nur zeitlich begrenzt auf einem dem üblichen Aufgabenspektrum eines Soldaten seiner Vergleichsgruppe nicht vergleichbaren Tätigkeitsfeld Dienst. Aussagen zu seinem Potential oder Verwendungshinweise seien aus dieser Tätigkeit nicht ableitbar. Es sei nicht beabsichtigt, ihn über sein Dienstzeitende mit Ablauf des Juni 2019 hinaus weiter zu verwenden.

Diesem Antrag entsprach das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr mit Schreiben vom 15. März 2018 unter Verweis auf Nr. 205 Buchst. b Zentrale Dienstvorschrift (ZDv) A-1340/50.

Hiergegen beschwerte sich der Antragsteller unter dem 16. Mai 2018. Die Entscheidung sei ihm erst am 15. Mai 2018 mitgeteilt worden. Sein Genesungsprozess erfordere eine dienstliche Beurteilung.

Das Bundesministerium der Verteidigung wies die Beschwerde mit Bescheid vom 4. April 2019 zurück. Die personalbearbeitende Dienststelle habe gemäß Nr. 205 Buchst. b ZDv A-1340/50 auf eine planmäßige Beurteilung verzichten können. Wegen der gesundheitlichen Einschränkungen des Antragstellers sei eine sachgerechte Beurteilung nicht möglich. Am 1. April 2019 sei die dauerhafte Dienst- und Verwendungsunfähigkeit des Antragstellers festgestellt worden. Jedenfalls im Hinblick darauf und wegen des Dienstzeitendes Ende Juni 2019 liege ein begründeter Einzelfall vor.

Mit dem mit einer Stellungnahme des Bundesministeriums der Verteidigung vom 28. Mai 2019 vorgelegten Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 8. Mai 2019 hat der Antragsteller sein Begehren, eine planmäßige Beurteilung zum Stichtag 31. März 2018 zu erhalten, weiter verfolgt. Er habe einen Anspruch auf die Beurteilung, weil er diese für eine positive Entscheidung über seinen Antrag auf Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten benötige. Zwar sei dieser abgelehnt und sein Beschwerdeverfahren erfolglos gewesen. Er habe aber Klage zum Verwaltungsgericht ... erhoben und dort auch beantragt, sein Dienstverhältnis im Wege einer einstweiligen Anordnung vorläufig bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung über seinen Antrag auf Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten in den Auswahljahren 2017 und 2018 über den 30. Juni 2019 hinaus zu verlängern. Die Feststellung, er sei dauerhaft nicht dienst- und verwendungsfähig, sei falsch und werde angefochten. Zudem sei sie nach dem Verzicht auf die Beurteilung erfolgt und könne den Verzicht daher nicht rechtfertigen.

Mit Beschluss vom 25. Juni 2019 hat das Verwaltungsgericht ... den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Antragsteller hat gegen diesen Beschluss nicht Beschwerde erhoben und das Hauptsacheverfahren für erledigt erklärt.

Mit Schriftsatz vom 28. August 2019 hat er auch "das vorliegende Beschwerdeverfahren" für erledigt erklärt und beantragt, die ihm im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht einschließlich der im vorgerichtlichen Verfahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen dem Bund aufzuerlegen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat sich mit Schriftsatz vom 5. September 2019 der Erledigungserklärung unter Verwahrung gegen die Kosten angeschlossen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung und die Personalakte des Antragstellers hat dem Senat vorgelegen.

II

Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 3 WBO nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Für die Kostenentscheidung sind die im Prozessrecht allgemein geltenden Grundsätze maßgebend. Danach ist bei übereinstimmender Erledigungserklärung über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden (§ 20 Abs. 3 WBO , § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO ; vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. April 2008 - 1 WB 4.08 - Rn. 8 m.w.N.).

Billigem Ermessen entspricht es vorliegend, den Antrag, die Kosten des Verfahrens dem Bund aufzuerlegen, abzulehnen, weil der Antrag auf gerichtliche Entscheidung keinen Erfolg gehabt hätte.

Es kann dahinstehen, ob das Begehren des Antragstellers, der keinen konkreten Sachantrag formuliert hat, als Anfechtungsantrag auf Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 15. März 2018 und des Beschwerdebescheids des Bundesministeriums der Verteidigung vom 4. April 2019 oder als Bescheidungsantrag auf Erstellung einer planmäßigen Beurteilung zum Stichtag 31. März 2018 zu interpretieren ist. Auch bei einem Anfechtungsantrag wäre auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Vorlage des Antrages an den Senat - mithin den 28. Mai 2019 - abzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Juni 2016 - 1 WB 28.15 - juris Rn. 27 m.w.N.). Daher wäre auch in diesem Fall entgegen der Auffassung des Antragstellers erheblich, dass am 1. April 2019 seine dauerhafte Dienst- und Verwendungsfähigkeit festgestellt worden ist.

Der Antrag ist nach gegenwärtigem Streitstand unbegründet. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf die Erstellung einer planmäßigen Beurteilung zum Stichtag 31. März 2018, weil seine dauerhafte Dienst- und Verwendungsunfähigkeit den Verzicht auf diese entsprechend Nr. 205 Buchst. b ZDv A-1340/50 rechtfertigt. Bescheid und Beschwerdebescheid verletzen den Antragsteller daher nicht in seinen Rechten.

Die Feststellung, er sei dauerhaft nicht dienst- und verwendungsfähig, ist vom Antragsteller zwar bestritten, in diesem Antragsverfahren aber nicht mit substantiierten Einwänden angegriffen worden. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts ... vom 25. Juni 2019 ist darauf gestützt, dass der Antragsteller die ärztliche Feststellung vom 1. April 2019, er sei auf Dauer nicht dienst- und verwendungsfähig, nur pauschal und unsubstantiiert bestritten und somit Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit des Gutachtens nicht aufgezeigt habe. Der Antragsteller hat diesen Beschluss nach eigenem Vortrag rechtskräftig werden lassen. Da er zudem das verwaltungsgerichtliche Hauptsacheverfahren auf Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten nach eigenen Angaben nicht mehr weiter verfolgt, spricht nach bisherigem Sach- und Streitstand nichts dafür, dass die in Rede stehende ärztliche Feststellung fehlerhaft sein könnte. Vor diesem Hintergrund ist die Annahme eines besonders begründeten Einzelfalles im Sinne von Nr. 205 Buchst. b ZDv A-1340/50, in dem auf die Vorlage einer planmäßigen Beurteilung verzichtet werden kann, nicht zu beanstanden. Denn für einen dauerhaft nicht dienst- und verwendungsfähigen Soldaten kann eine Beurteilung ihr in § 2 Abs. 1 und 2 SLV und Nr. 101 ZDv A-1340/50 beschriebenes Ziel, wesentliche Grundlage für nach Eignung, Befähigung und Leistung zu treffende Personalentscheidungen zu sein, nicht mehr erreichen. Auch aus seinem Bewerbungsverfahrensanspruch nach Art. 33 Abs. 2 GG folgt kein Anspruch auf eine die Teilnahme an Auswahlverfahren ermöglichende Beurteilung.