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BVerwG - Entscheidung vom 24.07.2019

1 WB 23.18

Normen:
SBG § 17
SBG § 24 Abs. 4 S. 1

BVerwG, Beschluss vom 24.07.2019 - Aktenzeichen 1 WB 23.18

DRsp Nr. 2019/13034

Rüge des Personalrats über die Verletzung seiner Beteiligungsrechte bei Beförderungen bis in die Besoldungsgruppe A 15 durch das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr; Fehlen eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses

Eine vom Einzelfall losgelöste allgemeine Nachprüfung von Anordnungen, Erlassen oder Verwaltungsvorschriften auf ihre Rechtmäßigkeit im Sinne eines Normenkontrollverfahrens ist der Wehrbeschwerdeordnung fremd und ein entsprechender Antrag unzulässig.

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Normenkette:

SBG § 17 ; SBG § 24 Abs. 4 S. 1;

Gründe

I

Der Antragsteller, der Personalrat ..., rügt die Verletzung seiner Beteiligungsrechte bei Beförderungsentscheidungen bis zur Besoldungsgruppe A 15.

Unter dem 22. Mai 2017 erläuterte der Personalrat ..., Gruppe der Soldaten, dem Kommandeur des ... seine Rechtsauffassung zur Anwendung von § 24 Abs. 4 SBG bei der Beförderung von Soldaten bis in die Besoldungsgruppe A 15. Zugleich bat er, die zuständigen Stellen im Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr hierauf hinzuweisen und die Erfüllung der Anhörungspflicht dort einzufordern.

Der Geschäftsführende General des Bundesamts für das Personalmanagement teilte dem Kommandeur unter dem 2. August 2017 mit, er sehe nach der derzeitigen Vorschriftenlage den Anwendungsbereich des § 24 Abs. 4 Satz 1 SBG nicht eröffnet. Grundsätzlich habe das Bundesamt für das Personalmanagement bei der Beförderung kein Auswahlermessen, da das Verfahren durch die Zentralen Dienstvorschriften A-1340/49 und A-1340/111 eindeutig geregelt sei und die Verwaltung sich damit selbst gebunden habe. Diese Vorgaben seien technisch umgesetzt und würden automatisiert angewandt. Ihre Einhaltung werde laufend kontrolliert. Sollte es dennoch in einem unwahrscheinlichen Einzelfall zu einem Auswahlermessen kommen, würden die zuständigen Stellen gesetzeskonform eine Beteiligung gemäß § 24 Abs. 4 Satz 1 SBG einleiten. Das Schreiben wurde dem Antragsteller am 11. August 2017 per E-Mail zur Kenntnis gebracht.

Unter dem 30. August 2017 erhob der Antragsteller hiergegen Beschwerde. Diese war "Auf dem Dienstweg" an den Inspekteur ... adressiert und digital durch Oberstabsfeldwebel A, den (damaligen) Gruppensprecher der Gruppe der Soldaten, und durch Oberstleutnant B, den (damaligen) 1. stellvertretenden Gruppensprecher der Gruppe der Soldaten, unterschrieben. Sie ging am 31. August 2017 beim Kommandeur ... und am 15. September 2017 beim Inspekteur ... ein. Zur Begründung erläuterte der Antragsteller seine Rechtsauffassung zur Auslegung und Anwendung von § 24 Abs. 4 SGB bei der Beförderung von Soldaten bis zur Besoldungsgruppe A 15.

Mit Bescheid vom 1. Dezember 2017, zugegangen am 8. Dezember 2017, wies der Inspekteur ... der Bundeswehr die Beschwerde zurück, soweit eine Beeinträchtigung der Rechte des Antragstellers durch den Kommandeur ... gerügt wurde. Soweit sich die Beschwerde gegen das Handeln des Bundesamts für das Personalmanagement richtete, legte er den Vorgang mit Schreiben vom selben Tage zuständigkeitshalber dem Bundesministerium der Verteidigung vor; dieser Teil ist Gegenstand des parallelen Wehrbeschwerdeverfahrens BVerwG 1 WB 17.18.

Mit Schreiben vom 2. Januar 2018 erhob der Antragsteller weitere Beschwerde gegen den Bescheid des Inspekteurs ... vom 1. Dezember 2017. Das Schreiben trägt den Briefkopf "Örtlicher Personalrat beim ..." mit dem Zusatz "Gruppe der Soldaten" und ist handschriftlich unterzeichnet von Oberstabsfeldwebel A, Gruppensprecher, und Oberstleutnant B, 1. stellvertretender Gruppensprecher.

Mit Bescheid vom 22. Mai 2018, ausgehändigt am 7. Juni 2018, wies der Generalinspekteur der Bundeswehr die weitere Beschwerde als unzulässig zurück, weil diese nicht ordnungsgemäß erhoben sei. Nur der Personalrat als Gremium, nicht aber die Gruppe der Soldaten, die den Rechtsbehelf eingelegt habe, sei beschwerdeberechtigt. Im dienstaufsichtlichen Teil des Bescheids wies der Generalinspekteur darauf hin, dass die Frage, wann die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Anhörung im Sinne des § 24 Abs. 4 Satz 1 SBG gegeben seien, jeweils im konkreten Fall zu beantworten sei.

Hiergegen hat der Antragsteller am 6. Juli 2018 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Das Bundesministerium der Verteidigung hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 23. August 2018 dem Senat vorgelegt.

Zur Begründung führt der Antragsteller insbesondere aus: Die weitere Beschwerde sei ordnungsgemäß für den Personalrat als Gesamtgremium erhoben worden. Eine Absicht der "Herren A und B, 'am Personalrat vorbei' handeln zu wollen", erschließe sich in keiner Form. Der verwendete Briefkopf sei den Personalräten vom Bundesministerium der Verteidigung noch bis vor wenigen Wochen ausdrücklich abverlangt worden. In der Sache äußert sich der Antragsteller ausführlich zur Entstehungsgeschichte und zu früheren Fassungen des heutigen § 24 Abs. 4 SBG . Hieraus ergebe sich, dass nach dem seit September 2016 geltenden Rechtsstand das Bundesamt für das Personalmanagement bei Beförderungen Ermessen ausübe und dass die in der Zuständigkeit des Bundesamts für das Personalmanagement liegenden Beförderungsentscheidungen der Beteiligung der Vertrauenspersonen bzw. Personalvertretungen unterworfen werden sollten.

Der Generalinspekteur der Bundeswehr beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er verweist im Wesentlichen auf die Gründe seines Beschwerdebescheids vom 22. Mai 2018.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Generalinspekteurs der Bundeswehr und die Akten des Parallelverfahrens BVerwG 1 WB 17.18 haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unzulässig.

1. Der Antragsteller hat im vorliegenden Verfahren keinen konkreten Sachantrag gestellt. Im Hinblick auf den Sachantrag im Parallelverfahren BVerwG 1 WB 17.18 und auf die - insbesondere mit Schriftsatz vom 4. Februar 2019 - erfolgte ausdrückliche Bezugnahme auf den dortigen Vortrag ist davon auszugehen, dass der Antragsteller vorliegend - unter Berücksichtigung der hier gegenständlichen Beschwerdebescheide - beantragt, unter Abänderung der Beschwerdebescheide des Inspekteurs ... der Bundeswehr vom 1. Dezember 2017 und des Generalinspekteurs der Bundeswehr vom 22. Mai 2018 seiner Beschwerde vom 30. August 2017 stattzugeben und festzustellen, dass Beförderungen von Soldaten der Dienststelle bis einschließlich zur Besoldungsgruppe A 15 seiner, des Antragstellers, Anhörung unterliegen, auch soweit sie durch das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr verfügt werden.

2. a) Für diesen Antrag ist zwar der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten gegeben. Beruft sich der bei einer Dienststelle der Bundeswehr gebildete Personalrat auf eine Behinderung in seinen Beteiligungsrechten in Angelegenheiten, die nur die Soldaten betreffen, so ist gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 , § 17 SBG , § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO - abweichend von § 59 Satz 1 SBG , § 83 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG - der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten gegeben (BVerwG, Beschluss vom 30. Oktober 2018 - 1 WB 25.17 - juris Rn. 25). Dies ist hier der Fall, weil der Antragsteller geltend macht, in seinen Beteiligungsrechten aus § 24 Abs. 4 Satz 1 SBG verletzt zu sein.

Das Bundesverwaltungsgericht ist für den form- und fristgerecht gestellten Antrag nach § 22 i.V.m. § 21 Abs. 1 WBO sachlich zuständig.

Gegeben ist schließlich die Antragsbefugnis des Antragstellers. Der Personalrat als Gesamtgremium, in dessen Namen und Auftrag hier die gerichtliche Entscheidung beantragt wurde, kann auch in Angelegenheiten, die ausschließlich Soldaten betreffen, deren Rechte im gerichtlichen Antragsverfahren geltend machen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Juni 2014 - 1 WB 29.13 - Buchholz 449.7 § 20 SBG Nr. 5 Rn. 20 m.w.N.). Angelegenheiten, die allein die Gruppe der Soldaten betreffen, werden zwar materiell nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz , formell aber nach § 38 Abs. 2 , § 32 Abs. 3 BPersVG behandelt. Dementsprechend macht der Antragsteller auch dann eine Verletzung eigener Beteiligungsrechte geltend, wenn es um Gruppenangelegenheiten der Soldaten geht, über die nach vorheriger gemeinsamer Beratung im Personalrat nur die Angehörigen der Gruppe abstimmen (§ 60 Abs. 3 Satz 3 SBG i.V.m. § 38 Abs. 2 BPersVG ). Hieran hat auch die Neufassung von § 63 Abs. 3 SGB nichts geändert. Ausweislich der Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung soldatenbeteiligungs- und personalvertretungsrechtlicher Vorschriften der Bundesregierung (BT-Drs. 18/8298 S. 51) soll die Norm klarstellen, dass für die Rüge einer Verletzung von Beteiligungsrechten auch dann die Rechtsbehelfe der Wehrbeschwerdeordnung eröffnet sind, wenn die Verletzung von Rechten der Gruppe der Soldaten in einem Personalrat in Rede steht. Damit ist nicht die Einräumung einer selbständigen Beteiligungsfähigkeit der Gruppe der Soldaten im Personalrat bei gerichtlichen Antragsverfahren verbunden.

b) Der Feststellungsantrag ist jedoch mangels eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses unzulässig.

Zweck des Beschwerdeverfahrens nach § 17 SBG ist zwar gerade auch die Klärung von vertretungsrechtlichen Zuständigkeiten, Befugnissen und Pflichten (vgl. zu § 16 SBG a.F. BVerwG, Beschluss vom 24. Mai 2011 - 1 WB 60.10 - Buchholz 449.7 § 23 SBG Nr. 8 Rn. 26 m.w.N. und zu § 17 SBG BVerwG, Beschluss vom 30. Oktober 2018 - 1 WB 25.17 - juris Rn. 28). Daher ist ein auf die Voraussetzungen einer Vorschrift, ihre Auslegung und Anwendung gerichteter Feststellungsantrag in einem gerichtlichen Antragsverfahren über Soldatenbeteiligungsrechte, bei denen die Beteiligung nicht in einer konkreten Personalangelegenheit, sondern für eine Vielzahl gleichartiger Personalangelegenheiten streitig ist, regelmäßig die vorrangig gegebene Antragsart. Jedoch ist eine vom Einzelfall losgelöste allgemeine Nachprüfung von Anordnungen, Erlassen oder Verwaltungsvorschriften auf ihre Rechtmäßigkeit im Sinne eines Normenkontrollverfahrens der Wehrbeschwerdeordnung fremd (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. Oktober 2000 - 1 WB 84.00 - BVerwGE 112, 133 <134>, vom 15. Juli 2008 - 1 WB 25.07 - Rn. 20 m.w.N., vom 17. Februar 2009 - 1 WB 17.08 - Rn. 28 und vom 28. Februar 2019 - 1 WB 16.18 - juris Rn. 12). Vielmehr bedarf es im wehrdienstgerichtlichen wie in verwaltungsgerichtlichen Verfahren bei einem Feststellungsantrag eines hinreichend konkreten Rechtsverhältnisses (§ 43 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO ). Dies setzt einen bestimmten, überschaubaren Sachverhalt voraus (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 2007 - 7 C 2.07 - BVerwGE 129, 199 Rn. 27). Mithin sind soldatenbeteiligungsrechtliche Antragsverfahren nur zulässig, wenn entweder ein konkretes, bereits anhängiges Beteiligungsverfahren den Anlass setzt (bzw. im Falle des Fortsetzungsfeststellungsantrags gesetzt hat) oder wenn ein allgemeiner Feststellungsantrag prozessökonomisch eine Vorabklärung von Streitfragen einer in einer Vielzahl bereits im Verwaltungs- oder Beschwerdeverfahren befindlicher, konkreter gleichgelagerter Beteiligungsverfahren ermöglicht. Der Feststellungsantrag darf nicht allein der Klärung akademischer Rechtsfragen dienen. Daher bedarf es in diesem Fall der Darlegung seiner Bedeutung für konkret anhängige oder zu erwartende Verfahren.

Hier steht weder ein konkretes Beteiligungsverfahren in Rede noch ist vorgetragen oder ersichtlich, dass eine Vielzahl gleichgelagerter Personalangelegenheiten im Sinne von § 24 Abs. 4 Satz 1 SGB, an denen die Gruppe der Soldaten beim Antragsteller zu beteiligen wäre, sich im Verwaltungsgang befindet. Die Verfahrensbeteiligten sind im Parallelverfahren BVerwG 1 WB 17.18 auf Zweifel am Bestehen eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses hingewiesen. Der Antragsteller hat von der Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen, binnen der hierfür gesetzten Frist keinen Gebrauch gemacht. Es ist daher nicht festzustellen, dass die Möglichkeit, in einem konkreten Beteiligungsverfahren - ggf. im Rahmen eines durch Wiederholungsgefahr gerechtfertigten Fortsetzungsfeststellungsantrages - eine Klärung der Zuständigkeit des Antragstellers herbeizuführen, zum Schutz seiner Rechte und zur Beilegung von über den Einzelfall hinaus bestehender Streitigkeiten nicht ausreichend wäre. Damit geht es vorliegend allein um die Klärung einer derzeit rein akademischen Frage, für die das gerichtliche Antragsverfahren nicht geschaffen ist.

3. Da der Antrag bereits unzulässig ist, können die weiteren, im Rahmen der Begründetheit zu prüfenden Fragen offenbleiben. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob die weitere Beschwerde vom 2. Januar 2018 nach den Umständen als vom Antragsteller als Gesamtgremium eingelegt anzusehen ist, sowie für die vornehmlich im Parallelverfahren BVerwG 1 WB 17.18 thematisierte, aber auch hier einschlägige Frage, ob bereits die Beschwerde vom 30. August 2017 formgerecht eingelegt wurde.