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BVerwG - Entscheidung vom 12.12.2019

5 B 15.19

Normen:
SGB IX § 148 Abs. 5 S. 1

BVerwG, Beschluss vom 12.12.2019 - Aktenzeichen 5 B 15.19

DRsp Nr. 2020/3422

Nachweise des Verkehrsunternehmens über die in § 148 Abs. 5 Satz 1 SGB IX bezeichnete Schwerbehindertenquote

1. Rechtsgrundsätzliche Bedeutung kommt einer aufgeworfenen Frage nicht zu, wenn deren Entscheidungserheblichkeit nicht ausreichend dargelegt ist.2. Unrichtige oder fernliegende Schlussfolgerungen genügen für die Annahme eines Verstoßes gegen Denkgesetze ebenso wenig wie objektiv nicht überzeugende oder gar unwahrscheinliche Schlussfolgerungen.

Normenkette:

SGB IX § 148 Abs. 5 S. 1;

[Gründe]

Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (1.) sowie des Vorliegens von Verfahrensfehlern (2.) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ) zuzulassen.

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine im konkreten Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14, vom 10. August 2015 - 5 B 48.15 - juris Rn. 3 und vom 17. November 2015 - 5 B 17.15 - ZOV 2016, 160 Rn. 21). Rechtsgrundsätzliche Bedeutung muss der vom Vorderrichter entschiedenen Rechtsfrage selbst, nicht erst derjenigen Rechtsfrage zukommen, die sich stellen würde, wenn die Rechtssache anders entschieden worden wäre (BVerwG, Beschluss vom 11. Oktober 2005 - 10 B 8.05 - juris Rn. 4 m.w.N.). Daran fehlt es hier.

Die Beschwerde wirft als grundsätzlich klärungsbedürftig die Fragen auf,

"führt der Umstand, dass der in § 148 Abs. 5 SGB IX geregelte Härteausgleich verfassungsrechtlich durch Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG gefordert wird, zu einer verfassungskonformen Absenkung des Beweismaßes und/oder zu Beweisregeln bei der richterlichen Beweiswürdigung der Nachweise des Verkehrsunternehmens über die in § 148 Abs. 5 Satz 1 SGB IX bezeichnete Schwerbehindertenquote, die sicherstellen, dass im Regelfall der Aufwand für die Nachweisführung den Härteausgleich nicht aufzehrt" und

"wenn ja: Muss das Tatsachengericht bei seiner Beweiswürdigung beachten, dass

(a) bei der zur Nachweisführung durchzuführenden Verkehrserhebung nicht jeder einzelne Erhebungsvorgang innerhalb einer Stichprobe grundsätzlich richtig sein muss?

(b) Verfahrensfehler bei Einzelerhebungen innerhalb einer Stichprobe nur dann relevant sind, wenn sie nachweislich das Zählergebnis beeinflusst haben?

(c) fehlerhafte Einzelerhebungen innerhalb einer Stichprobe durch Schätzungen zu ersetzen sind?",

legt deren Entscheidungserheblichkeit allerdings nicht ausreichend dar. Ihre diesbezüglichen Ausführungen treffen nicht den Argumentationsgang der angefochtenen Entscheidung und lassen nicht erkennen, dass die aufgeworfenen Fragen für die angefochtene Entscheidung tragend waren und in einem Revisionsverfahren einer Klärung zugeführt werden könnten.

Das Oberverwaltungsgericht ist zunächst davon ausgegangen, bei der Prüfung der Voraussetzungen des (seinerzeit noch anwendbaren) § 148 Abs. 5 Satz 1 SGB IX (a.F.) - nunmehr § 231 Abs. 5 Satz 1 SGB IX - sei auch mit Blick auf den verfassungsrechtlich gebotenen Entschädigungscharakter der Norm hinsichtlich des Beweismaßes nicht von der Grundregel des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO abzuweichen. Es hat ferner angenommen, die Voraussetzungen für eine weitergehende Erstattung nach § 145 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 148 Abs. 5 Satz 1 SGB IX (a.F.) lägen im Streitfall nicht vor, weil die Klägerin nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts nachgewiesen habe, dass das Verhältnis zwischen den nach den §§ 145 ff. SGB IX (a.F.) von ihr unentgeltlich beförderten und den sonstigen Fahrgästen den nach § 148 Abs. 4 SGB IX (a.F.) festgesetzten landesdurchschnittlichen Pauschalwert um mehr als ein Drittel überschreitet. Es hat diese Annahme im Ausgangspunkt darauf gestützt, dass es bei vier von drei Mitarbeitern der Klägerin durchgeführten und vom beklagten Land beobachteten Erhebungsfahrten Verstöße gegen die der Stichprobenerhebung von der Klägerin selbst zugrunde gelegten Verfahrensvorschriften der Richtlinie zur Erstattung der Fahrgeldausfälle im Nahverkehr nach § 148 SGB IX (a.F.) vom 20. Januar 2012 (MBl. NRW S. 86) gegeben habe. Bei diesen Mängeln handelt es sich nach der Wertung des Oberverwaltungsgerichts um eine Häufung von Fehlern, die allesamt belegten, dass diese drei Mitarbeiter sich bei der Erhebung über die Verfahrensregeln bewusst hinweggesetzt und ihre Zuverlässigkeit als hinreichend verlässliche, geschulte und erprobte Zählkräfte nachhaltig in Frage gestellt hätten. Weil sie als Stammzähler in allen Erhebungsperioden eingesetzt gewesen seien, lasse ihr Verhalten auf entsprechende Mängel auch bei anderen Zählungen außerhalb der Beobachtungsfahrten schließen. Insoweit hat es allein auf die Natur und die Schwere der festgestellten Verstöße abgestellt und daraus den Schluss gezogen, dass es zu weiteren ähnlichen Verstößen gekommen ist. Zudem hat es auf zusätzliche Abweichungen vom in der Richtlinie vorgesehenen Verfahren auch außerhalb der Beobachtungsfahrten verwiesen, weil in sieben weiteren Fällen die Zählbögen nicht vom Zähler unterzeichnet gewesen seien. Darüber hinaus lasse sich vier weiteren von der Beklagten vorgelegten Bögen entnehmen, dass Zähler Fahrten dokumentiert hätten, an denen sie nicht teilgenommen haben könnten. Die beschriebenen Mängel ließen auch erkennen, dass die Klägerin eine offenbar notwendige Kontrolle der Arbeitsergebnisse ihrer Zähler (überhaupt) unterlassen habe. Alle aufgezeigten Fehler seien ihrer Art nach ergebnisrelevant. Die Ergebnisrelevanz ergibt sich nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts zum einen daraus, dass die Ergebnisse der fehlerhaften Zählungen in die Berechnung des betriebsrelevanten Schwerbehindertenquotienten eingegangen sind, wodurch dieser Quotient jedenfalls verändert worden ist. Zum anderen führt die Einstellung dieser Ergebnisse in den Prüfbericht des Ingenieurbüros nach der weiteren - selbständig tragenden - Begründung des Oberverwaltungsgerichts dazu, dass dem Testat des Ingenieurbüros die Grundlage entzogen wird. Ausgehend davon, dass Prüfbericht und Testat unerlässlich seien, fehlt es nach der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts damit an einer zwingenden (formalen) Antragsvoraussetzung.

Das Oberverwaltungsgericht hat jedoch keine entscheidungstragenden Vorgaben für einen bestimmten finanziellen Aufwand im Zusammenhang mit der Führung des Nachweises im Sinne des § 148 Abs. 5 Satz 1 SGB IX (a.F.) gemacht. Es ist - anders als von der Beschwerde in der erstgenannten Frage im Sinne einer Prämisse vorausgesetzt - insbesondere nicht davon ausgegangen, dass jeder einzelne Erhebungsvorgang ausnahmslos richtig sein müsse, so dass "schon ein einzelner formaler Verstoß (...) den Gesamtnachweis infiziert", weshalb eine absolute Fehlerfreiheit durch eine in bestimmter Weise zu erfolgende Kontrolle bzw. eine "engmaschige Betreuung der Erheber" sicherzustellen sei. Auch hat es nicht angenommen, die hier in Rede stehenden Mängel seien zwingend oder regelmäßig nur durch einen derartigen bestimmten (intensiven) Kontrollaufwand vermeidbar. Hiervon geht die angefochtene Entscheidung auch der Sache nach nicht aus. Soweit sie sich zur Kontrolle der Arbeitsergebnisse verhält, rügt sie allein, dass die Klägerin nicht einmal eine Prüfung der Kontrollbögen im Nachhinein auf offensichtlich erkennbare Fehler vorgenommen habe. Vorgaben für eine von der Klägerin postulierte "engmaschige Betreuung" bzw. Kontrolle hat das Oberverwaltungsgericht demgemäß ebensowenig gemacht wie - konsequenterweise - Feststellungen hierzu oder zu einem mit der Nachweisführung verbundenen Aufwand und dessen Verhältnis zum Härteausgleich getroffen. Fehlt es damit mangels Entscheidungserheblichkeit schon an der Grundsatzbedeutung der erstgenannten Frage, so ist auch die zweite Frage bereits ihrem Wortlaut nach, der sie in eine Abhängigkeit zur ersten stellt, nicht klärungsbedürftig.

2. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen.

Nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Damit sind Verstöße gegen Vorschriften gemeint, die den Verfahrensablauf bzw. den Weg zu dem Urteil und die Art und Weise des Urteilserlasses regeln, nicht jedoch Vorschriften, die den Urteilsinhalt betreffen und deren Verletzung sich als Mangel der sachlichen Entscheidung darstellt. Ein Verfahrensmangel ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (BVerwG, Beschlüsse vom 17. November 2015 - 5 B 17.15 - ZOV 2016, 160 Rn. 3 und vom 26. September 2016 - 5 B 1.16 D - juris Rn. 5, jeweils m.w.N.).

a) Ein als Verfahrensfehler einzuordnender Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist nicht festzustellen.

Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Die Freiheit, die der Überzeugungsgrundsatz dem Tatsachengericht einräumt, bezieht sich auf die Bewertung der für die Feststellung des Sachverhalts maßgebenden Umstände (BVerwG, Beschluss vom 22. Mai 2003 - 6 B 11.03 - Buchholz 448.0 § 9 WPflG Nr. 17 S. 4 f.). Die Grundsätze der Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich grundsätzlich dem sachlichen Recht zuzuordnen (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1990 - 4 C 28.89 - BVerwGE 84, 271 <272>; Beschlüsse vom 2. November 1995 - 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 18 f. und vom 14. Juli 2010 - 10 B 7.10 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 66 Rn. 4, jeweils m.w.N.). Deshalb ist die Einhaltung der sich aus § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO ergebenden Verpflichtungen des Tatrichters nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter aus dem vorliegenden Tatsachenmaterial andere Schlüsse ziehen will als die angefochtene Entscheidung. Denn damit wird ein - angeblicher - Mangel in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung angesprochen, der die Annahme eines Verfahrensmangels im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzlich nicht rechtfertigen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Dezember 2011 - 5 B 24.11 - ZOV 2012, 98 Rn. 2 m.w.N.). Die Beweiswürdigung des Tatsachengerichts ist dementsprechend vom Revisionsgericht nicht daraufhin zu überprüfen, ob sie überzeugend ist, ob festgestellte Einzelumstände mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die abschließende Würdigung des Sachverhalts eingegangen sind und ob solche Einzelumstände ausreichen, die tatrichterliche Sachverhaltsfeststellung zu tragen (BVerwG, Beschlüsse vom 9. Juni 2015 - 6 B 59.14 - Buchholz 442.066 § 55 TKG Nr. 11 Rn. 53 und vom 7. Februar 2017 - 6 B 30.16 - juris Rn. 10).

Ein Verfahrensfehler in Form der Verletzung des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann ausnahmsweise nur dann vorliegen, wenn die tatrichterliche Beweiswürdigung auf einem Rechtsirrtum beruht, allgemeine Sachverhalts- oder Beweiswürdigungsgrundsätze, insbesondere Natur- oder Denkgesetze, allgemeine Erfahrungssätze oder gesetzliche Beweisregeln missachtet (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2012 - 5 C 2.11 - BVerwGE 143, 119 Rn. 18 m.w.N.; Beschlüsse vom 16. Juni 2003 - 7 B 106.02 - NVwZ 2003, 1132 <1135> und vom 25. Juni 2004 - 1 B 249.03 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 284 S. 115, jeweils m.w.N.). Beweisregeln sind Vorschriften, die die richterliche Überzeugungsbildung an formale Kriterien binden, indem sie bestimmte Beweismittel zwingend vorsehen oder ausschließen bzw. diesen abstrakt einen festen Beweiswert oder ein bestimmtes Gewicht im Verhältnis zu anderen Beweismitteln zuweisen (vgl. Prütting, in: MüKo- ZPO , 5. Aufl. 2016, § 286 Rn. 13; Foerste, in: Musielak/Voit, ZPO , 16. Aufl. 2019, § 286 Rn. 9; Bacher, in: BeckOK ZPO , 34. Edition, Stand 1. September 2019, § 286 Rn. 14). Ebenso kann ausnahmsweise ein Verfahrensfehler gegeben sein, wenn die Beweiswürdigung des Tatrichters das von § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorausgesetzte Regelbeweismaß und damit den ihm insoweit durch das Prozessrecht eröffneten Spielraum verfehlt (BVerwG, Beschluss vom 14. Juli 2010 - 10 B 7.10 - NVwZ 2011, 55 Rn. 7 f.). Mit Rücksicht darauf ist nicht das Ergebnis der Beweiswürdigung, sondern nur ein Verfahrensgang auf dem Weg dorthin rügefähig (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. März 2017 - 2 B 9.16 - juris Rn. 17). Gemessen an diesen Grundsätzen begründet das Beschwerdevorbringen keinen Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO .

aa) Soweit die Beschwerde geltend macht, das Oberverwaltungsgericht habe dadurch gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO und den darin enthaltenen Grundsatz der freien Beweiswürdigung verstoßen, dass es sich bei der Beweiswürdigung an gesetzlich nicht vorgesehene Beweisregeln gehalten habe, ist dem nicht zu folgen. Eine Sachverhaltsfeststellung, bei der sich das Gericht durch eine in Wahrheit nicht existierende Beweisregel gebunden glaubt, verstößt zwar auch gegen das Gebot freier Beweiswürdigung (vgl. BVerwG, Urteile vom 31. Januar 1989 - 9 C 54.88 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 213 S. 57 und vom 3. Mai 2007 - 2 C 30.05 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 50 Rn. 17). Derartiges hat das Oberverwaltungsgericht aber nicht getan.

Unmittelbar festgestellt hat das Oberverwaltungsgericht lediglich vier Verstöße gegen die Verfahrensvorschriften der o.g. Richtlinie durch im Auftrag der Klägerin tätige Zähler bei Erhebungsfahrten, die durch die Beklagte beobachtet worden waren, sowie elf weitere Verstöße außerhalb der Beobachtungsfahrten. Es hat hierzu auf die jeweiligen Erhebungsbögen sowie Einlassungen der Klägerin im gerichtlichen Verfahren, in denen diese die Verstöße eingeräumt hat, abgestellt. Beweisregeln im oben genannten Sinne bei der Würdigung dieser von ihm allein herangezogenen Beweismittel hat das Oberverwaltungsgericht ersichtlich nicht angewendet. Die von der Beschwerde genannten vermeintlichen Beweisregeln stellen mangels eines Bezugs zu bestimmten Beweismitteln und einer abstrakten Zugrundelegung eines bestimmten Beweiswerts auch keine solchen dar. Vielmehr sind sie in erster Linie als aus § 148 Abs. 5 Satz 1 SGB IX (a.F.) abgeleitete allgemeine materiell-rechtliche Maßstäbe zu verstehen, anhand derer die Prüfung erfolgen sollte, ob nach den getroffenen Feststellungen der von der Norm geforderte Nachweis als geführt anzusehen ist.

bb) Ohne Erfolg rügt die Beschwerde, das Oberverwaltungsgericht habe den Überzeugungsgrundsatz verletzt, weil die von ihm dem Beweisgang zugrunde gelegten Hilfstatsachen aus logischen Gründen ungeeignet seien, die gefolgerte Haupttatsache zu beweisen; dessen indizieller Schluss sei damit unter Verstoß gegen die Denkgesetze ergangen.

Ein Verstoß gegen die Denkgesetze stellt dann eine nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu beachtende Verletzung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung und damit einen Verfahrensfehler dar, wenn sich der bei der richterlichen Überzeugungsbildung auftretende Mangel hinreichend deutlich von der rechtlichen Subsumtion und damit der korrekten Anwendung des materiellen Rechts abgrenzen lässt. Diese Abgrenzung ist insbesondere bei einer indiziellen Beweisführung möglich, wenn die dem Beweisgang zugrunde gelegten Hilfstatsachen aus logischen Gründen ungeeignet sind, die gefolgerte Haupttatsache zu tragen (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 14. Oktober 2004 - 6 B 7.04 - juris Rn. 148 und vom 27. Juni 2019 - 2 B 7.18 - NVwZ 2019, 1675 Rn. 68 jeweils m.w.N.). Das ist nicht bereits dann der Fall, wenn der Tatrichter eine Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse vorgenommen hat, die nicht zwingend ist und nach den Vorstellungen eines der Beteiligten auch anders hätte ausfallen können. Unrichtige oder fernliegende Schlussfolgerungen genügen für die Annahme eines Denkfehlers ebenso wenig wie objektiv nicht überzeugende oder gar unwahrscheinliche Schlussfolgerungen. Vielmehr muss entweder nach dem Sachverhalt nur eine einzige Schlussfolgerung möglich, jede andere aber aus denkgesetzlichen Gründen schlechterdings unmöglich sein, und das Gericht muss die in diesem Sinne allein denkbare Folgerung nicht gezogen haben (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 26. September 2016 - 5 B 1.16 D - juris Rn. 21, vom 5. Oktober 2018 - 6 B 148.18 - juris Rn. 16 und vom 27. Juni 2019 - 2 B 7.18 - NVwZ 2019, 1675 Rn. 70 jeweils m.w.N.) oder die gezogene Schlussfolgerung muss schlechthin unmöglich sein, weil das Gericht Voraussetzungen und Folgerung in einer Weise verknüpft hat, dass die Folgerung unter keinen Umständen richtig sein kann (BVerwG, Urteil vom 12. November 2014 - 4 C 37.13 - BVerwGE 150, 286 Rn. 35 und Beschluss vom 15. Mai 2008 - 8 B 17.08 - ZOV 2008, 172 Rn. 20 jeweils m.w.N.). Hieran gemessen legt die Beschwerde keinen Verstoß gegen Denkgesetze dar, sondern wendet sich der Sache nach allein gegen die Richtigkeit der Schlussfolgerungen des Oberverwaltungsgerichts, der sie ihre eigene, gegenteilige Bewertung entgegensetzt.

Die Beschwerde meint zunächst, es sei unzulässig von festgestellten Verfahrensverstößen bei (lediglich) vier, maximal 15 Zählfahrten auch auf entsprechende Mängel bei anderen Zählungen zu schließen. Hiermit verfehlt die Beschwerde jedoch in erster Linie den Argumentationsgang des Oberverwaltungsgerichts, jedenfalls legt sie nicht dar, dass dessen Schlussfolgerungen schlechterdings unmöglich sind. Das Oberverwaltungsgericht hat zunächst, anders als die Beschwerde meint, mit seiner Schlussfolgerung keine in die Zukunft gerichtete (Un-)Zuverlässigkeitsprognose über die Wahrscheinlichkeit künftiger Verfahrensverstöße abgegeben. Es hat vielmehr allein aus festgestellten Verstößen auf weitere vergleichbare Verstöße in der Vergangenheit geschlossen; eine zukunftsgerichtete Prognose liegt hierin gerade nicht. Des Weiteren ist die Beschwerde der Ansicht, die Schlussfolgerung des Oberverwaltungsgerichts sei zum einen nicht gerechtfertigt, weil nur für einen der Zähler mehrere Verstöße dokumentiert seien, und weil sie zum anderen angesichts der (lediglich) in den Blick genommenen vier Zählfahrten von drei Zählern bzw. insgesamt maximal 15 Zählfahrten bei einer Gesamtzahl von 4 413 Zählfahrten, die von insgesamt 333 Prüfern durchgeführt worden seien, jeglicher Grundlage entbehre. Damit wird jedoch nicht aufgezeigt, dass es sich um einen aus Gründen der Logik schlechthin unmöglichen Schluss handelt. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht nur auf die Anzahl der tatsächlich festgestellten Verstöße abgestellt, sondern vor allem auf deren Schwere und Natur. Es hat auch nicht etwa angenommen, aus den festgestellten Fehlern sei zu folgern, dass beliebig viele andere Zähler vergleichbare Fehler begangen hätten. Vielmehr hat es vor allem mit Blick auf die Feststellungen im Zusammenhang mit den vier Beobachtungsfahrten auf eine Bereitschaft der jeweils dort tätigen Zähler geschlossen, sich auch bei den anderen von ihnen durchgeführten Zählfahrten über die Verfahrensregeln der Richtlinie hinwegzusetzen, insbesondere inhaltlich falsche Erklärungen abzugeben. Es hat eine solche Bereitschaft außerdem bezüglich eines der Zähler untermauert mit weiteren Zählprotokollen, aus denen sich ebenfalls eine Abgabe inhaltlich unrichtiger Erklärungen ergibt. Vor diesem Hintergrund liegt eine derartige Schlussfolgerung, dass nämlich die drei konkret genannten Zähler auch jenseits der Beobachtungsfahrten in entsprechender Weise fehlerhaft gezählt haben, zumindest nicht von vornherein fern und ist insofern jedenfalls nicht schlechterdings unmöglich. Sie entfernt sich auch nicht so weit von der festgestellten Tatsachengrundlage, dass sie sich nur noch als reine Vermutung erweist. Gleiches gilt für die hierauf aufbauende Folgerung, die festgestellte Bereitschaft zur Abgabe falscher Erklärungen schlage auch auf die inhaltliche Richtigkeit der anderen von den Zählern dokumentierten Zählergebnisse durch.

Auch die weitere Kritik der Beschwerde geht fehl, die Schlussfolgerung des Oberverwaltungsgerichts von 15 fehlerhaften Zählfahrten auf die fehlende Nachweiskraft der Gesamterhebung verkenne die logische Eigengesetzlichkeit, die der Nachweisführung der als Stichprobe durchgeführten Gesamterhebung zugrunde liege. Die Beschwerde verweist insoweit zunächst darauf, dass die Nachweiskraft einer Stichprobe nicht schon durch einzelne Erhebungsfehler entkräftet werde. Solche Fehler seien, auch wenn sie ergebnisrelevant wären, entweder durch eine Schätzung auszugleichen oder aus der Stichprobe herauszunehmen, so dass der bisher hochgerechnete Schwerbehindertenkoeffizient zu korrigieren wäre. Darüber hinaus ist die Beschwerde der Ansicht, das Oberverwaltungsgericht hätte nicht ohne Tatsachenfeststellung davon ausgehen dürfen, dass der Schwerbehindertenkoeffizient das Drittelkriterium nicht (mehr) überschreite. Denn es sei nicht nachgewiesen, dass die festgestellten Fehler repräsentativ für die Erhebungsstichprobe seien. Man könne nicht aus einem Anteil von 0,091 % bzw. 0,339 % an fehlerbehafteten Zählfahrten die Nachweiskraft der 4 413 Zählfahrten insgesamt infrage stellen. Diese Einwände vermögen von vornherein keinen Denkfehler aufzuzeigen, weil das Oberverwaltungsgericht im Wege des Indizienschlusses gerade nicht wie die Beschwerde meint von den unmittelbar festgestellten vier bzw. 15 Verfahrensfehlern und deren Auswirkungen auf die Zählergebnisse auf die fehlende Nachweiskraft der gesamten Stichprobe als Haupttatsache geschlossen hat. Vielmehr hat es hieraus - wie bereits erwähnt - in tatsächlicher Hinsicht indiziell nur geschlussfolgert, es sei zu entsprechenden Mängeln auch bei anderen Zählungen der drei in Rede stehenden Zähler gekommen, indem es davon ausgegangen ist, dass bereits die festgestellten Fehler bei den Beobachtungsfahrten ihrer Natur und Schwere nach auf ein ähnliches Fehlverhalten dieser Personen bei ihrer Tätigkeit insgesamt in einer unbestimmten Anzahl von Fällen schließen lassen. Es hat damit angenommen, dass die festgestellten Fehler zumindest insofern kennzeichnend für deren übrige Mitwirkung an der Stichprobe waren. Diese Schlussfolgerung ist - wie bereits dargelegt - unter den gegebenen Umständen durchaus möglich und stellt deswegen keinen Denkfehler dar. Es kann an dieser Stelle dahinstehen, ob das Oberverwaltungsgericht ohne weitere Sachverhaltsaufklärung allein hiervon ausgehend annehmen durfte, der Schwerbehindertenkoeffizient überschreite nunmehr das Drittelkriterium nicht mehr. Denn darauf, ob die festgestellten Fehler in diesem Sinne repräsentativ für die Erhebungsstichprobe sind oder nicht, hat das Oberverwaltungsgericht bei seiner materiell-rechtlichen Rechtsanwendung nicht abgestellt. Vielmehr hat es - ausweislich der Ausführungen unter Ziffer 1. - im Anschluss an die Tatsachenfeststellung selbständig tragend ausgeführt, die Ergebnisrelevanz der festgestellten und hierauf aufbauend der angenommenen weiteren Fehler in ihrer Gesamtheit ergebe sich - unabhängig von einer etwaigen Repräsentativität der durch die Beklagte durchgeführten Beobachtungsfahrten als solche - schon daraus, dass hierdurch dem Testat des Ingenieurbüros die Grundlage entzogen wird, das nach der Richtlinie neben dem Prüfbericht Bestandteil der Nachweisführung der Anspruchsvoraussetzungen und damit in diesem Sinne unerlässliche (formale) Antragsvoraussetzung sei. In der Sache hat das Oberverwaltungsgericht damit für die Frage, ob der Nachweis im Sinne des § 148 Abs. 5 Satz 1 SGB IX (a.F.) geführt ist, unter Berücksichtigung der Art, d.h. der Schwere und Anzahl, sämtlicher festgestellter und angenommener Fehler darauf abgestellt, dass diese im Prüfbericht und Testat nicht berücksichtigt worden und Letztere damit nicht mehr als inhaltlich richtig anzusehen seien. Auf diesen materiell-rechtlichen Ansatz geht die Beschwerde - was erforderlich gewesen wäre - nicht ein.

cc) Eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO legt die Beschwerde auch nicht dar, soweit sie beanstandet, das Oberverwaltungsgericht habe die Anforderungen an das Beweismaß für den durch § 148 Abs. 5 SGB IX (a.F.) geforderten Nachweis überspannt. Hierzu führt sie aus, das Oberverwaltungsgericht habe die sich aus der Verfassung ergebende Forderung, diesen Nachweis so auszugestalten, dass der verfassungsrechtlich als zwingend angesehene Härteausgleich erreichbar ist, bei seiner Beweiswürdigung ausgeblendet. Denn danach hätte das Oberverwaltungsgericht für das Überschreiten des Drittelkriteriums keine Überzeugungsgewissheit verlangen dürfen, sondern Schätzunsicherheiten zulassen müssen. Es kann offenbleiben, ob die Nichtberücksichtigung eines vom Regelbeweismaß abweichenden Beweismaßes einen Verfahrensfehler darstellen kann (verneinend BFH, Beschluss vom 6. Februar 2014 - II B 129/13 - BFH/NV 2014, 708 Rn. 6; bejahend Rixen, in: Sodan/Ziekow, VwGO , 5. Aufl. 2018, § 108 Rn. 169, ebenso wohl BVerwG, Beschluss vom 16. Mai 2013 - 8 B 70.12 - ZOV 2013, 131 Rn. 19). Jedenfalls hat die Beschwerde - angesichts der Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts unter Ziffer 1 - nicht dargelegt, dass die vom Regelbeweismaß abweichenden verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Überzeugungsbildung nach der für das Vorliegen eines Verfahrensmangels allein maßgeblichen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts entscheidungserheblich waren.

b) Eine Verletzung der Pflicht des Oberverwaltungsgerichts zur umfassenden Ermittlung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO ) legt die Beschwerde nicht hinreichend dar, soweit sie beanstandet, dem Oberverwaltungsgericht habe sich aufdrängen müssen, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens festzustellen, ob und in welchem Umfang sich die Genauigkeit der Gesamtstichprobe infolge der festgestellten vier bzw. 15 Zählfehler verändert und welcher Schwerbehindertenquotient sich bei Zugrundelegung der tatsächlichen Stichprobengenauigkeit ergeben würde.

Zu den zu beachtenden gesetzlichen Darlegungsanforderungen einer Aufklärungsrüge gehört unter anderem das schlüssige Aufzeigen, dass und warum es nach der Rechtsansicht der Vorinstanz auf die nicht aufgeklärte Tatsache angekommen sein und wie sich der geltend gemachte Verfahrensfehler auf die Entscheidung ausgewirkt haben soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Juli 2015 - 5 B 36.14 - juris Rn. 7 m.w.N.). Dem genügt die Beschwerde schon deshalb nicht, weil sie nicht aufzeigt, dass die von ihr für notwendig gehaltene weitere Sachaufklärung auch für den selbständig tragenden rechtlichen Ansatz des Oberverwaltungsgerichts von Bedeutung gewesen wäre, das Einstellen der Ergebnisse der fehlerhaften Zählungen in den Prüfbericht als solche habe dem von der Klägerin bei der Antragstellung eingereichten Testat des Ingenieurbüros die Grundlage entzogen. Bezogen auf diese Begründung legt die Beschwerde des Weiteren nicht dar, dass und inwieweit die weitere Sachaufklärung auch insoweit zu einer für die Klägerin günstigeren Entscheidung hätte führen können.

Dessen ungeachtet gründet die von der Beschwerde beanstandete fehlende Sachaufklärung auch nicht auf dem anderen selbständig tragenden materiell-rechtlichen Ansatz des Oberverwaltungsgerichts. Dieses hat - wie erwähnt - aus der Natur und Schwere der festgestellten Fehler bei vier bzw. 15 Zählfahrten lediglich gefolgert, es sei zu entsprechenden Mängeln auch bei anderen Zählungen der drei in Rede stehenden Zähler gekommen. Die Aufklärungsrüge basiert indessen auf der Annahme, die festgestellten vier bzw. 15 Zählfehler ließen auf die fehlende Nachweiskraft der Gesamterhebung schließen. Darauf hat das Oberverwaltungsgericht aber nicht abgestellt.

3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO . Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG .

Vorinstanz: VG Arnsberg, vom 15.11.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 11 K 3078/15
Vorinstanz: OVG Nordrhein-Westfalen, vom 29.11.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 12 A 2615/16