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BVerwG - Entscheidung vom 01.08.2019

4 BN 40.19

Normen:
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 14 Abs. 1

BVerwG, Beschluss vom 01.08.2019 - Aktenzeichen 4 BN 40.19

DRsp Nr. 2019/13307

Klärungsbedürftigkeit der Zulässigkeit der Einschränkungen in der Kumulation (hier: Reduktion des Maßes der baulichen Nutzung im Bebauungsplan)

Allein mit Angriffen gegen die Rechtsanwendung des Berufungsgerichts im Einzelfall kann weder die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung noch eine solche wegen Divergenz erreicht werden.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 4. April 2019 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 30 000 € festgesetzt.

Normenkette:

GG Art. 3 Abs. 1 ; GG Art. 14 Abs. 1 ;

Gründe

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Sie ist jedenfalls unbegründet.

1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO ) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>).

Die Beschwerde hält den verfahrensgegenständlichen Bebauungsplan für unwirksam, weil er gegenüber vorherigen Bebauungsmöglichkeiten das Maß der baulichen Nutzung reduziere, keine Mindestgröße von Grundstücken vorsehe, den geforderten Abstand baulicher Anlagen zur Grundstücksgrenze vermindere und die Nutzbarkeit der Grundstücke unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG unterschiedlich regele. Sie sieht rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf,

ob und unter welchen Voraussetzungen solche Einschränkungen in ihrer Kumulation zulässig sind.

Eine rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftige Frage legt sie damit nicht dar. Die Anforderungen aus Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG an die bauplanungsrechtliche Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 19. Dezember 2002 - 1 BvR 1402/01 - NVwZ 2003, 727 und vom 15. September 2011 - 1 BvR 2232/10 - BVerfGK 19, 50 <55 ff.>) und des Bundesverwaltungsgerichts geklärt (etwa BVerwG, Urteile vom 27. August 2009 - 4 CN 5.08 - BVerwGE 134, 355 Rn. 13, 16 , vom 1. September 2016 - 4 C 2.15 - NVwZ 2017, 720 Rn. 17 und vom 23. November 2016 - 4 CN 2.16 - BVerwGE 156, 336 Rn. 12). Diese Rechtsgrundsätze hat das Oberverwaltungsgericht seiner Prüfung zugrunde gelegt (UA S. 27) und an ihnen sowohl die Festsetzungen hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung (UA S. 28 ff.) als auch die unterschiedliche Behandlung der verschiedenen Grundstücke gemessen (UA S. 32 ff.).

Weiteren rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf, sondern beanstandet die Rechtsanwendung im Einzelfall, insbesondere im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG . Hiervon unabhängig ist nicht ersichtlich, warum die nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts am Maßstab von Art. 3 Abs. 1 GG gerechtfertigte unterschiedliche Behandlung von Grundstücken (UA S. 32 ff.) bei einer Betrachtung der Eigentumsbetroffenheit unter dem Stichwort "Kumulation" Bedeutung erlangen könnte.

2. Die Beschwerde ist nicht wegen einer Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.

Eine die Revision nach dieser Vorschrift eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten ebensolchen, die jeweilige Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14).

Eine Divergenz zu dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Dezember 2002 - 1 BvR 1402/01 - (NVwZ 2003, 727 ) legt die Beschwerde nicht dar. Sie benennt keinen abstrakten Rechtssatz aus diesem, vom Oberverwaltungsgericht zitierten (UA S. 27, 30) Beschluss, von dem die angegriffene Entscheidung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO abweichen soll. Sie erschöpft sich in dem Vorwurf, das Oberverwaltungsgericht habe vom Bundesverfassungsgericht aufgestellte Rechtssätze fehlerhaft angewendet. Dies führt nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 14. September 2017 - 4 B 26.17 - juris Rn. 12).

Mit Blick auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 26. Oktober 2011 - 1 KN 207/10 - (BRS 78 Nr. 29) scheidet eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aus. Die Vorschrift benennt eine Abweichung von einer Entscheidung eines Oberverwaltungsgerichts nicht als Grund für die Zulassung der Revision.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO , die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3 , § 52 Abs. 1 GKG .

Vorinstanz: OVG Hamburg, vom 04.04.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 2 E 7/16