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BVerwG - Entscheidung vom 04.11.2019

6 B 57.19

Normen:
StiftG SH § 5
Stiftungssatzung § 5 Abs. 6 S. 1

BVerwG, Beschluss vom 04.11.2019 - Aktenzeichen 6 B 57.19

DRsp Nr. 2020/189

Erteilung einer Genehmigung für eine Satzungsänderung einer Stiftung privaten Rechts hinsichtlich Zahlung einer Vergütung bei ehrenamtlicher Vorstandstätigkeit

1. Rechtsfragen, die das landesrechtliche Prüfungsobjekt einer Genehmigung nach § 5 StiftG SH betreffen, sind nicht revisibel.2. Die Revisibilität von Rechtssätzen bestimmt sich im Zivilprozessrecht für die Revision zum Bundesgerichtshof nach § 545 Abs. 1 ZPO und damit inhaltlich abweichend von der in § 137 VwGO getroffenen Regelung.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 21. März 2019 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Normenkette:

StiftG SH § 5; Stiftungssatzung § 5 Abs. 6 S. 1;

Gründe

I

Die Klägerin, eine Stiftung privaten Rechts, begehrt die Genehmigung für eine Satzungsänderung.

Stiftungszweck der 1986 gegründeten Klägerin ist die Förderung der Ziele des Natur- und Umweltschutzes, insbesondere zum Schutz von Wald und Gewässerflächen, sowie die Förderung der schleswig-holsteinischen Landeskunde und Landesgeschichte. Die ursprüngliche Stiftungssatzung vom 29. Oktober 1986 enthielt in § 5 Abs. 5 folgende Regelung: "Die Mitglieder des Vorstandes sind ehrenamtlich für die Stiftung tätig. Ihnen können ihre notwendigen Auslagen, die durch ihre Tätigkeit für die Stiftung entstanden sind, ersetzt werden."

Der Beklagte lehnte die Erteilung einer Genehmigung für die im März 2002 beschlossene Satzungsänderung ab, mit der § 5 Abs. 6 der Stiftungssatzung folgendermaßen gefasst worden war: "Die Mitglieder des Vorstandes sind ehrenamtlich tätig. Die Stiftung erstattet ihnen ihre notwendigen Auslagen und gewährt eine angemessene Aufwandsentschädigung." Die gegen die Ablehnung der Genehmigung gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.

Mit Beschluss vom 20. Dezember 2012 fasste der Vorstand der Klägerin § 5 Abs. 6 der Stiftungssatzung wie folgt: "Die Mitglieder des Vorstands verstehen ihr Amt als Ehrenamt. Den Mitgliedern des Vorstands kann, soweit der Umfang der Geschäftstätigkeit es erfordert, eine angemessene Vergütung gezahlt werden."

Den Antrag auf Genehmigung der Satzungsänderung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11. Juni 2013 ab. Widerspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 21. März 2019 zurückgewiesen. Es hat seine Entscheidung im Kern darauf gestützt, dass die Satzungsänderung nicht genehmigungsfähig sei, da sich ihr Inhalt - auch durch Auslegung - nicht eindeutig ermitteln lasse. Die neu gefasste Satzungsvorschrift regele nicht zweifelsfrei, ob die Vorstandsmitglieder ehrenamtlich tätig seien, denn die Ausübung eines Ehrenamtes und die Zahlung einer Vergütung schlössen sich aus.

Die Neufassung des § 5 Abs. 6 Satz 1 der Stiftungssatzung in der Fassung des Beschlusses vom 20. Dezember 2012 lasse offen, ob eine ehrenamtliche Tätigkeit des Vorstandes weiterhin vorgesehen sei. Die Formulierung, die Vorstandsmitglieder verstünden ihr Amt als Ehrenamt lasse die Möglichkeit zu, dass auch eine haupt- oder nebenamtliche Tätigkeit vorliegen könnte, die lediglich als Ehrenamt verstanden werden solle, obwohl es keine sei. Daher könne die mit § 5 Abs. 6 Satz 1 getroffene unklare Regelung der Stiftungssatzung aus Gründen der Rechtsklarheit nicht genehmigt werden.

Ausgehend von den Angaben der Klägerin und derjenigen der Vorstandsmitglieder, dass weiterhin eine ehrenamtliche Tätigkeit der Mitglieder des Vorstandes gewollt sei, sei die Satzungsänderung nicht genehmigungsfähig, weil Ehrenamt und Zahlung einer "angemessenen Vergütung" sich ausschlössen. Der Vergütungsbegriff ergebe sich aus § 611 Abs. 1 BGB . Danach handelt es sich um die aufgrund eines Dienst- oder Arbeitsvertrages vereinbarte Gegenleistung für geleistete Dienste. Demgegenüber existiere keine einheitliche gesetzliche Definition des Ehrenamts; die Bedeutung sei vielmehr kontextabhängig zu bestimmen.

Maßgeblich zur Auslegung des Begriffes der ehrenamtlichen Tätigkeit sei hier das Stiftungsrecht. Danach komme bei ehrenamtlicher Vorstandstätigkeit lediglich eine Aufwandsentschädigung bzw. ein Auslagenersatz in Betracht. Diese Begriffe seien keine Synonyma für den Begriff "Vergütung", weil es sich bei ihnen nicht um den Gegenwert einer Dienst- bzw. Arbeitsleistung handele. Das Stiftungsrecht ermögliche nicht die Zahlung einer Vergütung bei ehrenamtlicher Vorstandstätigkeit.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Beschwerde.

II

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg.

Eine Zulassung der Revision wegen der von der Beschwerde allein geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt nicht in Betracht. Das setzt voraus, dass die Beschwerde eine Rechtsfrage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die sich in dem erstrebten Revisionsverfahren als entscheidungserheblich erweist (BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>; stRspr). Nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ist das Bundesverwaltungsgericht im Beschwerdeverfahren auf die Prüfung derjenigen Gesichtspunkte beschränkt, auf die sich die Beschwerde stützt.

Die Beschwerde erachtet folgende Fragen als grundsätzlich bedeutsam:

"Schließt die Ermächtigung in einer Stiftungssatzung, wonach den Mitgliedern des Vorstands eine 'angemessene Vergütung' gezahlt werden darf, es aus, dass diese Vorstandsmitglieder ehrenamtlich tätig sind?"

"Regelt eine Satzungsbestimmung einer Stiftung oder eines Vereins, wonach die Vorstandsmitglieder ihr Amt 'als Ehrenamt verstehen', hinreichend bestimmt, dass die Vorstandsmitglieder ehrenamtlich tätig sind?"

Die aufgeworfenen Fragen rechtfertigen schon deshalb nicht die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO , weil sie keine Rechtsfragen des revisiblen Rechts im Sinne des § 137 Abs. 1 VwGO betreffen. Nach § 137 Abs. 1 VwGO sind nur Bundesrecht oder Vorschriften eines Landesverwaltungsverfahrensgesetzes revisibel, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmen. Schließlich kann auch Landesrecht nach Art. 99 GG revisibel gestellt werden. Grundsatzfragen zu solchen Normen wirft die Beschwerde jedoch nicht auf, sondern formuliert Fragen zur Auslegung, Widerspruchsfreiheit und Bestimmtheit der von der Klägerin zur Genehmigung gestellten Regelungen ihrer Stiftungssatzung. Damit spricht sie Rechtsfragen an, die das landesrechtliche Prüfungsobjekt einer Genehmigung nach § 5 StiftG SH betreffen und nicht die Auslegung bundesrechtlicher Rechtssätze, die auch zum Prüfungsmaßstab einer stiftungsrechtlichen Genehmigung gehören können. Das Berufungsgericht hat sich auch nicht durch Bundesrecht zu einer bestimmten Auslegung der Stiftungssatzung gezwungen gesehen (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 16. Januar 2003 - 4 CN 8.01 - BVerwGE 117, 313 <317>), sondern sein Verständnis des Begriffs des Ehrenamts in § 5 Abs. 6 der Neufassung der Stiftungssatzung aus dem (Landes-)Stiftungsrecht gewonnen. Die Heranziehung bundesrechtlicher Bestimmungen durch das Berufungsgericht stellt sich mithin lediglich als eine - zulässige - Interpretationshilfe dar, die jedoch nichts daran ändert, dass das ausgelegte Merkmal der Ehrenamtlichkeit hier dem Landesrecht angehört und damit nicht revisibel ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 30. Januar 1996 - 1 C 9.93 - NJW 1997, 814 <815>). An die Auslegung der Begriffe der Stiftungssatzung durch das Berufungsgericht wäre das Bundesverwaltungsgericht in dem erstrebten Revisionsverfahren gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO gebunden.

Der Verweis der Beschwerde auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der Stiftungssatzungen revisibel sind (BGH, Urteile vom 26. April 1976 - III ZR 21/74 - JZ 1976, 715 <716> und vom 22. Januar 1987 - III ZR 26/85 - NJW 1987, 2364 <2366>; jeweils m.w.N.), verhilft ihr nicht zum Erfolg. Denn die Revisibilität von Rechtssätzen bestimmt sich im Zivilprozessrecht für die Revision zum Bundesgerichtshof nach § 545 Abs. 1 ZPO und damit inhaltlich abweichend von der in § 137 VwGO getroffenen Regelung.

Ob die von der Beschwerde beiläufig angesprochene "Widerspruchsfreiheit der Satzung als solche" als allgemeiner, das Stiftungsrecht ergänzender Rechtsgrundsatz zum revisiblen Bundesrecht (§§ 85 ff. BGB ) oder zum irrevisiblen Landesrecht (§ 5 StiftG SH) zählt, kann hier dahinstehen. Denn die Beschwerde hat unmittelbar zu dem Verständnis dieses Rechtsgrundsatzes als Prüfungsmaßstab für die Erteilung einer stiftungsrechtlichen Genehmigung keine Grundsatzfrage formuliert.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ). Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO , die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren auf § 47 Abs. 1 und 3 , § 52 Abs. 2 GKG .

Vorinstanz: OVG Schleswig-Holstein, vom 21.03.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 3 LB 1/17