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BVerwG - Entscheidung vom 11.04.2019

3 C 8.18

Normen:
StVG § 3 Abs. 1 S. 1
FeV § 11 Abs. 7
FeV § 11 Abs. 8
FeV § 13
FeV § 14 Abs. 1 S. 3
FeV § 14 Abs. 2 Nr. 3
FeV § 46 Abs. 1 S. 1
FeV § 46 Abs. 3
FeV § 46 Abs. Anl. 4 Nr. 9.2.2
GG Art. 3 Abs. 1
StVG § 3 Abs. 1 S. 1
FeV § 11 Abs. 7
FeV § 11 Abs. 8
FeV § 13
FeV § 14 Abs. 1 S. 3
FeV § 14 Abs. 2 Nr. 3
FeV § 46 Abs. 1 S. 1
FeV § 46 Abs. 3
FeV Anl. 4 Nr. 9.2.2
GG Art. 3 Abs. 1
StVG § 3 Abs. 1 S. 1
FeV § 11 Abs. 7
FeV § 11 Abs. 8
FeV § 13
FeV § 14 Abs. 1 S. 3
FeV § 14 Abs. 2 Nr. 3
FeV § 46 Abs. 1 S. 1
FeV § 46 Abs. 3
FeV Anl. 4
GG Art. 3 Abs. 1

BVerwG, Urteil vom 11.04.2019 - Aktenzeichen 3 C 8.18

DRsp Nr. 2019/13382

Entzug der Fahrerlaubnis ohne weitere Aufklärung nach erstmaliger Cannabis-Fahrt; Fall des gelegentlichen Konsums von Cannabis; Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nach pflichtgemäßem Ermessen

1. Bei einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis, der erstmals unter einer seine Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Wirkung von Cannabis ein Kraftfahrzeug geführt hat, darf die Fahrerlaubnisbehörde in der Regel nicht ohne weitere Aufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen und ihm unmittelbar die Fahrerlaubnis entziehen. In solchen Fällen hat sie gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV nach pflichtgemäßem Ermessen über die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu entscheiden.2. Ein gelegentlicher Konsument von Cannabis trennt den Konsum und das Führen eines Kraftfahrzeugs nicht gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung , wenn wegen des Cannabiskonsums die Möglichkeit einer Beeinträchtigung seiner Fahrsicherheit besteht. Von einer solchen Möglichkeit kann auch unter Berücksichtigung der Empfehlung der Grenzwertkommission vom September 2015 nach wie vor ausgegangen werden, wenn eine Konzentration von Tetrahydrocannabinol (THC) von 1 ng/ml oder mehr im Blutserum des Betroffenen festgestellt wird.

1. Nach dem erstmaligen Führen eines Kraftfahrzeugs unter einer fahrsicherheitsrelevanten Wirkung von Cannabis kann die Fahrerlaubnisbehörde bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nicht ohne weitere Aufklärung gemäß § 11 Abs. 7 FeV von fehlender Fahreignung ausgehen, vielmehr muss sie gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 S. 3 FeV in solchen Fällen über die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung im Ermessenswege entscheiden.2. Ein gelegentlicher Konsument von Cannabis trennt seinen Konsum und das Führen eines Kraftfahrzeugs nicht im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung , wenn wegen des Cannabiskonsums die Möglichkeit einer Beeinträchtigung seiner Fahrsicherheit besteht. Auch unter Berücksichtigung der Empfehlung der Grenzwertkommission vom September 2015 kann von einer solchen Möglichkeit nach wie vor ausgegangen werden, soweit eine Konzentration von Tetrahydrocannabinol (THC) von 1 ng/ml oder mehr im Blutserum des Betroffenen festgestellt wird.

Tenor

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 11. April 2018 wird geändert. Der Bescheid des Landratsamts München vom 2. November 2016 und der Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 1. März 2017 werden aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Normenkette:

StVG § 3 Abs. 1 S. 1; FeV § 11 Abs. 7 ; FeV § 11 Abs. 8 ; FeV § 13 ; FeV § 14 Abs. 1 S. 3; FeV § 14 Abs. 2 Nr. 3 ; FeV § 46 Abs. 1 S. 1; FeV § 46 Abs. 3 ; FeV Anl. 4; GG Art. 3 Abs. 1 ;

Gründe

I

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis.

Am 21. Juli 2016 wurde der 1966 geborene Kläger als Führer eines Kraftfahrzeugs gegen 17: 40 Uhr einer Verkehrskontrolle unterzogen. In der bei ihm um 19: 15 Uhr entnommenen Blutprobe stellte das Institut für Rechtsmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität München 1,5 ng/ml des psychoaktiven Cannabiswirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC), 0,95 ng/ml 11-Hydroxy-THC (11-OH-THC) sowie 21 ng/ml THC-Carbonsäure (THC-COOH) im Blutserum fest.

Mit Bescheid vom 2. November 2016 entzog das Landratsamt München dem Kläger unter Anordnung des Sofortvollzugs die Fahrerlaubnis und forderte ihn unter Androhung eines Zwangsgelds auf, den Führerschein binnen sieben Tagen nach Zustellung des Bescheids beim Landratsamt abzugeben. Durch die Fahrt unter der Einwirkung von Cannabis habe er die Fahreignung verloren. Er habe gelegentlichen Cannabiskonsum und die Teilnahme am Straßenverkehr nicht zuverlässig getrennt (§ 46 Abs. 1 FeV i.V.m. Nr. 9 .2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung <im Folgenden: Anlage 4>). Gründe dafür, dass er die Fahreignung zwischenzeitlich wiedererlangt habe, seien nicht ersichtlich. Die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung unterbleibe gemäß § 46 Abs. 3 FeV i.V.m. § 11 Abs. 7 FeV .

Den Einspruch des Klägers gegen den Bußgeldbescheid wies das Amtsgericht München mit rechtskräftigem Urteil vom 23. Januar 2017 zurück und verurteilte den Kläger wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG .

Den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 2. November 2016 wies die Regierung von Oberbayern mit Bescheid vom 1. März 2017 zurück; zur Begründung nahm sie auf den Ausgangsbescheid Bezug.

Seine Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt: Der Kläger sei gelegentlicher Cannabiskonsument. Er müsse sich an seiner Aussage festhalten lassen, am Wochenende vor der am darauf folgenden Donnerstag festgestellten Verkehrsteilnahme unter Cannabiseinfluss "möglicherweise" Cannabis konsumiert zu haben. Mit dieser Aussage sei das Auffinden von Cannabis im Blut des Klägers mehr als 72 Stunden nach dem letzten eingeräumten Cannabiskonsum nicht zu erklären. Durch seine Verkehrsteilnahme unter Cannabiseinfluss habe er sich nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Ihm habe daher nach § 11 Abs. 7 FeV die Fahrerlaubnis entzogen werden müssen. Insoweit folge die Kammer nicht der neueren Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, nach der in solchen Fällen nur ein medizinisch-psychologisches Gutachten angefordert werden könne (§ 14 Abs. 1 Satz 3 FeV ) oder müsse (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV ). Darin sehe sie sich durch die Rechtsprechung anderer Obergerichte und durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Oktober 2014 - BVerwG 3 C 3.13 - bestätigt.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 16. April 2018 zugestellt. Seine Sprungrevision vom 16. Mai 2018 ist am 17. Mai 2018 per Fax beim Bundesverwaltungsgericht eingegangen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat unter dem 17. Mai 2018 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung seiner - vom Verwaltungsgericht zugelassenen - (Sprung-)Revision macht er geltend: In seiner Blutprobe seien nur 1,5 ng THC/ml Blutserum festgestellt worden; die Grenzwertkommission habe jedoch zur Feststellung des Trennungsvermögens einen THC-Grenzwert von 3 ng/ml Blutserum vorgeschlagen. Bei einem einmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 könne nicht auf der Grundlage von § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen von fehlender Fahreignung ausgegangen werden, da sonst für § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV kein Anwendungsbereich verbleibe. Wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zu Recht annehme, wäre in seinem Fall stattdessen gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV im Ermessenswege über die Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu entscheiden gewesen.

Der Beklagte tritt der Revision entgegen und trägt vor: Das Verwaltungsgericht habe die Klage zu Recht abgewiesen. Aufgrund der Fahrt des Klägers am 21. Juli 2016 stehe gemäß § 11 Abs. 7 FeV fest, dass er ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen sei. Er habe gelegentlich Cannabis konsumiert und den Konsum nicht vom Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt. Zu Unrecht berufe sich der Kläger demgegenüber auf die neuere Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Dessen Argumentation mit dem Wortlaut von § 14 FeV beruhe auf einem Zirkelschluss. Der Überschrift "Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel" lasse sich nicht entnehmen, unter welchen Voraussetzungen bei gelegentlichen Cannabiskonsumenten solche Eignungszweifel bestünden. Auch der Wortlaut von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV sage nichts darüber aus, ob die Fahrt eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten unter dem Einfluss einer fahrsicherheitsrelevanten THC-Konzentration lediglich Zweifel an seiner Fahreignung begründe oder sie zwingend ausschließe. Mit der Entstehungsgeschichte von § 14 FeV lasse sich die Auffassung ebenfalls nicht begründen. Die Erwägungen des Verordnungsgebers ließen nicht den Schluss zu, die Regelungen zum Alkohol- und zum Cannabiskonsum hätten einander pauschal und vollständig angeglichen werden sollen. Ebenso wenig ergäben sich aus der Systematik der §§ 11 , 13 und 14 FeV i.V.m. der Anlage 4 Anhaltspunkte für eine Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV . Der Wortlaut von Nr. 9.2.2 der Anlage 4, wonach die Fahreignung nur bei Trennung von Konsum und Fahren zu bejahen sei, stehe der Auslegung des Bayerischen Verwaltungsgerichts entgegen.

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur der Auffassung, der erstmalige Verstoß gegen das Trennungsgebot genüge nicht, um gemäß § 11 Abs. 7 FeV fehlende Fahreignung anzunehmen. Ein solcher Verstoß begründe nur Zweifel an der Fahreignung, aufgrund derer die Fahrerlaubnisbehörde nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV im Ermessenswege die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anordnen könne. "Trennen-Können" im Sinne der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung sei im Unterschied zur "Trennung" nach Anlage 4 die Fähigkeit, dauerhaft Konsum und Fahren zu trennen. Das setze eine Prognose voraus. Damit sie zugunsten des Betroffenen ausfalle, müsse er darlegen, dass er ein angemessenes Problembewusstsein hinsichtlich seines Cannabiskonsums habe, und nachweisen, dass er über das notwendige Wissen über die Wirkungsweise, die Wirkdauer und die damit verbundenen Gefahren von Cannabis verfüge. Aus einem einmaligen Verstoß könne für die Prognose weder die Überzeugung der Nichteignung im Sinne von § 11 Abs. 7 FeV noch ein sittlich-charakterlicher Mangel hergeleitet werden. Es gebe keinen Grund, gelegentliche Cannabiskonsumenten bei einem einmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot von der Gefährlichkeit her auf dieselbe Stufe zu stellen wie Personen, die schweren Drogenmissbrauch betrieben oder drogenabhängig seien.

II

Die (Sprung-)Revision des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 und § 101 Abs. 2 VwGO ), ist zulässig und begründet. Dem Kläger ist Wiedereinsetzung in die versäumte Revisionsfrist zu gewähren (1.). Die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Beklagte habe dem Kläger seine Fahrerlaubnis wegen der Fahrt unter der Wirkung von Cannabis am 21. Juli 2016 unmittelbar entziehen dürfen, steht nicht im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ). Bei einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis, der erstmals unter einer fahrsicherheitsrelevanten Wirkung von Cannabis ein Kraftfahrzeug geführt hat, darf die Fahrerlaubnisbehörde in der Regel nicht ohne weitere Sachaufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen. Erforderlich für die Fahrerlaubnisentziehung ist in solchen Fällen die Prognose, dass der Betroffene auch künftig nicht zwischen einem seine Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen wird. Damit diese Prognose auf eine hinreichend abgesicherte Grundlage gestützt werden kann, bedarf es in der Regel eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, über dessen Einholung die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat (3.). Eine solche Ermessensentscheidung hat der Beklagte hier nicht getroffen. Ein gelegentlicher Konsument von Cannabis verletzt bereits dann das Gebot der Nr. 9.2.2 der Anlage 4, diesen Konsum vom Führen eines Kraftfahrzeugs zu trennen, wenn er ein solches Fahrzeug führt, obwohl es möglich ist, dass seine Fahrsicherheit infolge des vorangegangenen Cannabiskonsums beeinträchtigt ist. Ein solcher Verstoß gegen das Trennungsgebot begründet zugleich gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV klärungsbedürftige Zweifel an seiner Fahreignung. Revisionsrechtlich ist nichts dagegen zu erinnern, dass das Verwaltungsgericht den Grenzwert für den psychoaktiven Cannabiswirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC), ab dem ein Verstoß gegen das Trennungsgebot angenommen werden kann, nach wie vor bei 1 ng/ml Blutserum ansetzt (2.).

1. Dem Kläger ist die beantragte Wiedereinsetzung in die versäumte Revisionseinlegungsfrist zu gewähren (§ 60 Abs. 1 VwGO ). Seine (Sprung-)Revision gegen das am 16. April 2018 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts ist erst am 17. Mai 2018 und damit nach Ablauf der Monatsfrist des § 139 Abs. 1 VwGO beim Bundesverwaltungsgericht eingegangen. Zur Fristversäumnis hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers unter Vorlage einer eigenen und einer eidesstattlichen Versicherung der in der Kanzlei angestellten Frau S. vorgetragen, sie habe das Fax am 16. Mai 2018 wegen eines Zahlendrehers nicht an das Bundesverwaltungsgericht versandt, das aber nicht bemerkt, da sie den Faxbericht verwechselt habe. Das negative Sendejournal für die Übermittlung an das Bundesverwaltungsgericht sei ihr erst am nächsten Tag aufgefallen. Es handele sich bei Frau S. um eine verlässliche Rechtsanwaltsfachangestellte, die bisher die Versendung von Schriftsätzen per Fax und die Fristenkontrolle stets beanstandungsfrei durchgeführt habe. Sie sei sorgfältig eingewiesen und überwacht worden. Auf der Grundlage dieses glaubhaften Vortrags kann kein dem Kläger zurechenbares Verschulden seines Prozessbevollmächtigten für die Fristversäumnis angenommen werden (§ 60 Abs. 2 VwGO ).

2. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Fahrerlaubnisentziehung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Urteile vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 [ECLI: DE: BVerwG: 2014: 231014U3C3.13.0] - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 13 und vom 28. April 2010 - 3 C 2.10 - BVerwGE 137, 10 Rn. 11 jeweils m.w.N.); abzustellen ist hier daher auf den Erlass des Widerspruchsbescheids am 1. März 2017.

Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Inhaber einer Fahrerlaubnis, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Das gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach der Anlage 4 vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 kann bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis die Fahreignung bejaht werden, wenn Konsum und Fahren getrennt werden, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen stattfindet und wenn keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen. Die Bewertungen der Anlage 4 gelten nach Nummer 3 ihrer Vorbemerkung für den Regelfall. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechende Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV ). Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV kann die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV ist die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden.

Der Kläger war, wie das Verwaltungsgericht ohne Verstoß gegen Bundesrecht annimmt, zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt gelegentlicher Konsument von Cannabis (a) und hat bei dem Führen eines Kraftfahrzeugs am 21. Juli 2016 gegen das Gebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 verstoßen, den Konsum von Cannabis und das Führen eines Kraftfahrzeugs zu trennen (b).

a) Gelegentlicher Konsum von Cannabis im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 liegt vor, wenn der Betroffene in zumindest zwei selbständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 19 ff. m.w.N.). Nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts lag beim Kläger ein solches Konsummuster vor; es hat einen mindestens zweimaligen Cannabiskonsum im zeitlichen Zusammenhang mit der Fahrt am 21. Juli 2016 angenommen (UA S. 6).

b) Der Kläger hat bei der Fahrt am 21. Juli 2016 den Konsum von Cannabis nicht in der erforderlichen Weise vom Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt; darin liegt ein Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4, der Zweifel an seiner Fahreignung begründet (§ 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV ).

aa) Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 genügt gelegentlicher Konsum von Cannabis anders als regelmäßiger Konsum (Nr. 9.2.1 der Anlage 4) für sich genommen noch nicht, um von fehlender Fahreignung des Betroffenen auszugehen. Hinzutreten müssen zusätzliche tatsächliche Umstände. Eine dieser "Zusatztatsachen" ist neben dem Mischkonsum von Cannabis und Alkohol, dass der Betroffene nicht zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennt (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 29). Allerdings rechtfertigt nicht jeder bei einem Kraftfahrzeugführer festgestellte THC-Wert die Annahme fehlender Trennung im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 a.a.O. Rn. 31).

bb) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats muss der Betroffene für eine Bejahung seiner Fahreignung nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 Konsum und Fahren in einer Weise trennen, dass durch eine vorangegangene Einnahme von Cannabis eine Beeinträchtigung seiner verkehrsrelevanten Eigenschaften unter keinen Umständen eintreten kann. Im Hinblick auf die schwerwiegenden Gefahren, die von in ihrer Fahrsicherheit beeinträchtigten Kraftfahrzeugführern für Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer ausgehen können, ist es auch vor dem Hintergrund der staatlichen Pflicht, die Sicherheit des Straßenverkehrs zu gewährleisten, geboten, solche Risiken soweit wie möglich auszuschließen. Dementsprechend wird das Trennungsgebot nicht erst dann verletzt, wenn mit Sicherheit eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit anzunehmen ist oder es - wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zeitweise angenommen hatte - zu einer signifikanten Erhöhung des Unfallrisikos kommt (so noch VGH München, Beschluss vom 4. Juni 2007 - 11 CS 06.2806 - juris Rn. 20 m.w.N.), sondern bereits dann, wenn die Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit besteht oder - negativ formuliert - eine solche Beeinträchtigung nicht ausgeschlossen werden kann (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 33; ebenso u.a. OVG Hamburg, Beschluss vom 15. November 2017 - 4 Bs 180/17 - VRS 132, 140 <145>; VGH Mannheim, Beschluss vom 22. Juli 2016 - 10 S 738/16 - VRS 130, 272 <273>; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2016 - OVG 1 B 37.14 - Blutalk 53, 393 <395>; OVG Bremen, Beschluss vom 25. Februar 2016 - 1 B 9/16 - Blutalk 53, 275 f.).

Diesen Gefährdungsmaßstab legt auch das Bundesverfassungsgericht zugrunde. Es lässt für die Annahme fehlender Trennungsbereitschaft und damit eines charakterlich-sittlichen Eignungsmangels genügen, dass eine drogenkonsumbedingte Fahruntüchtigkeit jedenfalls nicht auszuschließen ist (BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Juni 2002 - 1 BvR 2062/96 - NJW 2002, 2378 <2380>). Damit gemäß § 24a Abs. 2 StVG ein als Ordnungswidrigkeit zu ahndendes Führen eines Kraftfahrzeugs "unter der Wirkung" von Cannabis tatbestandlich angenommen werden kann, hält es das Bundesverfassungsgericht in verfassungskonformer Auslegung dieser Vorschrift für erforderlich, aber auch ausreichend, dass eine THC-Konzentration im Blut festgestellt wird, die eine eingeschränkte Fahrtüchtigkeit des am Straßenverkehr teilnehmenden Kraftfahrzeugführers als möglich erscheinen lässt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 - NJW 2005, 349 <351>). Diese Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts zum abstrakten Gefährdungsdelikt des § 24a Abs. 2 StVG sind nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 34) auf das auf Prävention und Gefahrenabwehr zielende Vorgehen auf Grundlage der Fahrerlaubnis-Verordnung ohne Weiteres übertragbar (ebenso OVG Hamburg, Beschluss vom 15. November 2017 - 4 Bs 180/17 - VRS 132, 140 <145>; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2016 - OVG 1 B 37.14 - Blutalk 53, 393 <395>).

cc) Ein Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 liegt vor, wenn ein gelegentlicher Cannabiskonsument den Konsum und das Führen eines Kraftfahrzeugs im Ergebnis nicht in der gebotenen Weise voneinander trennt. Unerheblich ist, ob die unterbliebene Trennung darauf zurückzuführen ist, dass der Betroffene nicht in der Lage war zu trennen ("Trennen-Können" oder "Trennungsvermögen") oder dass ihm die Bereitschaft zum Trennen von Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs fehlte ("Trennungsbereitschaft").

Dass auf die objektive Erfüllung des Trennungsgebots abzustellen ist, ergibt sich aus dem Wortlaut von Nr. 9.2.2 der Anlage 4. In dieser Bestimmung wird keiner der Begriffe Trennungsvermögen, Trennen-Können oder Trennungsbereitschaft verwendet. Diese Begriffe bezeichnen einzelne Anforderungen, deren Nichterfüllung der Grund für den Verstoß gegen das Trennungsgebot sein kann; sie sind nicht mit dem Begriff "Trennung" identisch, der das von einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis einzuhaltende Verhalten definiert. Der Verordnungsgeber bejaht in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 die Fahreignung nur dann, "wenn Trennung von Konsum und Fahren und kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, keine Störung der Persönlichkeit, kein Kontrollverlust". Er lehnt sich damit zwar in Bezug auf die dort aufgeführten "Zusatztatsachen" an die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung an, die nach der Anlage 4a zur Fahrerlaubnis-Verordnung (Grundsätze für die Durchführung der Untersuchungen und die Erstellung der Gutachten) die Grundlage für die Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen sind. Dort heißt es unter 3.14.1 (Sucht <Abhängigkeit> und Intoxikationszustände) seit dem 1. Februar 2000, dass, wer gelegentlich Cannabis konsumiert, in der Lage ist, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen beider Gruppen gerecht zu werden, wenn er Konsum und Fahren trennen kann, wenn kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen und wenn keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen. Doch hat der Verordnungsgeber zur inhaltlichen Umschreibung des Trennungsgebots eine andere Formulierung gewählt. Hinweise darauf, weshalb er hierbei mit der Verwendung des Begriffs "Trennung" von den Begutachtungsleitlinien abgewichen ist, lassen sich der Verordnungsbegründung nicht entnehmen. Das ändert indes nichts am eindeutigen Wortlaut der Bestimmung; es wird dort - positiv - Trennung verlangt, um die Fahreignung eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten bejahen zu können.

Diese "Ergebnisorientierung" trägt zugleich der Funktion des Mängelkatalogs der Anlage 4 am besten Rechnung. Er soll Gefahren für die Sicherheit des Straßenverkehrs und eine damit verbundene Gefährdung von Leib, Gesundheit und Sachwerten soweit wie möglich ausschließen, die - im Anwendungsbereich von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 - durch gelegentlichen Cannabiskonsum und dessen unzureichende Trennung vom Führen eines Kraftfahrzeugs entstehen können. Solche Gefährdungen sind beim Führen eines Kraftfahrzeugs unter einer THC-bedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit unabhängig davon möglich, ob der Verstoß gegen das Trennungsgebot auf fehlende Erkenntnisfähigkeit/ -möglichkeit des Betroffenen oder aber auf dessen mangelnde Bereitschaft zur Trennung zurückzuführen ist. Dieses Verständnis des Trennungsgebots deckt sich schließlich auch mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Es lässt für die Anforderung eines Fahreignungsgutachtens durch die Fahrerlaubnisbehörde nicht den Besitz von Cannabis genügen, sondern verlangt darüber hinaus, dass konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür ermittelt wurden, dass der Betroffene den Konsum von Cannabis und die aktive Teilnahme am Straßenverkehr nicht zuverlässig zu trennen vermag oder zu trennen bereit ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Juli 2002 - 1 BvR 2428/95 - NJW 2002, 2381 ). Auch das Bundesverfassungsgericht stellt somit beide möglichen Ursachen für die Verletzung des Trennungsgebots gleichberechtigt nebeneinander.

Dass es gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 für die Bejahung der Fahreignung auf die objektive Erfüllung des Trennungsgebots ankommt, beantwortet für sich genommen allerdings noch nicht die Frage, was aus einem in der Vergangenheit begangenen Verstoß gegen das Trennungsgebot fahrerlaubnisrechtlich folgt (dazu unter 3.).

dd) Dass bereits die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Fahrsicherheit des Betroffenen einen Verstoß gegen das Trennungsgebot der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 begründet, hat Rückwirkungen auf die Höhe des dabei heranzuziehenden THC-Grenzwerts. Abzustellen ist darauf, ab welcher Konzentration von THC im Blutserum eine verkehrssicherheitsrelevante Beeinträchtigung der Fahrsicherheit möglich oder - anknüpfend an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Juni 2002 - 1 BvR 2062/96 - NJW 2002, 2378 <2380>) - nicht ausgeschlossen ist; insoweit handelt es sich um einen "Risikogrenzwert" (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 37; ebenso OVG Hamburg, Beschluss vom 15. November 2017 - 4 Bs 180/17 - VRS 132, 140 <145 f.>; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2016 - OVG 1 B 37.14 - Blutalk 53, 393 <395>; OVG Bremen, Beschluss vom 25. Februar 2016 - 1 B 9/16 - Blutalk 53, 275 f.).

Ab welchem THC-Wert eine solche Beeinträchtigung möglich ist, ist im Wesentlichen eine Frage tatsächlicher, nämlich medizinisch-toxikologischer Natur (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 31). Dementsprechend sind der revisionsgerichtlichen Überprüfung die von der Vorinstanz getroffenen tatsächlichen Feststellungen zugrunde zu legen (vgl. § 137 Abs. 2 , § 134 Abs. 4 VwGO ). Ergänzend können in der Revision allgemeinkundige wissenschaftliche Erkenntnisse herangezogen werden (BVerwG, Urteil vom 3. März 1987 - 1 C 39.84 - Buchholz 436.52 § 1 GjS Nr. 12 S. 6 f.).

(1) Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung ging bislang ganz überwiegend davon aus, dass bei gelegentlichen Konsumenten von Cannabis eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit möglich ist, wenn eine THC-Konzentration von 1 ng/ml Blutserum erreicht oder überschritten wird (vgl. u.a. VGH Mannheim, Urteil vom 22. November 2012 - 10 S 3174/11 - VRS 124, 168 <174>; OVG Weimar, Beschluss vom 6. September 2012 - 2 EO 37/11 - NZV 2013, 413 <414>; OVG Bremen, Beschluss vom 20. Juli 2012 - 2 B 341/11 - NJW 2012, 3526 <3527>; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Juni 2009 - 1 S 17/09 - NZV 2010, 531 <532>; OVG Schleswig, Urteil vom 17. Februar 2009 - 4 LB 61/08 - juris Rn. 35). Diese Annahme hat der erkennende Senat aus revisionsrechtlicher Sicht gebilligt (vgl. zum Urteil des VGH Mannheim: BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 37 ff.). Dass der Bayerische Verwaltungsrichthof abweichend hiervon vorübergehend einen THC-Grenzwert von 2 ng/ml Blutserum zugrunde gelegt hatte, war im Wesentlichen durch seine Annahme bedingt, es sei auf eine signifikante Erhöhung des Risikos einer Beeinträchtigung der Fahrsicherheit abzustellen (so noch VGH München, Beschluss vom 25. Januar 2006 - 11 CS 05.1711 - VRS 110, 310 <318 f.>). Hiervon ist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mittlerweile aber wieder abgegangen (vgl. u.a. VGH München, Beschluss vom 10. März 2015 - 11 CS 14.2200 - juris Rn. 12 ff.); auch er legt nun wieder einen THC-Grenzwert in Höhe von 1 ng/ml Blutserum zugrunde (vgl. VGH München, Urteil vom 13. Dezember 2017 - 11 BV 17.1876 - juris Rn. 21 und Beschluss vom 23. Mai 2016 - 11 CS 16.690 - NJW 2016, 2601 Rn. 15 ff.).

Der genannte THC-Grenzwert von 1 ng/ml Blutserum geht auf den Beschluss der Grenzwertkommission vom 20. November 2002 zurück. Sie hat diesen Wert dort für die Annahme einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG - hier das Führen eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung von Cannabis - empfohlen; ihre Empfehlung hat sie in einem weiteren Beschluss vom 22. Mai 2007 (Blutalk 44, 311) aktualisiert und bestätigt. In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist - wie gezeigt - geklärt, dass die Übertragung dieses für das Ordnungswidrigkeitenrecht entwickelten Grenzwertes in das Fahrerlaubnisrecht gerechtfertigt ist, weil § 24a Abs. 2 StVG und Nr. 9 .2.2 der Anlage 4 derselbe Gefährdungsmaßstab zugrunde liegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 34).

(2) Gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, an diesem THC-Grenzwert in Höhe von 1 ng/ml Blutserum für die Feststellung eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 festzuhalten, ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern (für eine Beibehaltung dieses Grenzwertes auch: OVG Schleswig, Beschluss vom 27. Juni 2018 - 4 MB 45/18 - juris Rn. 6 m.w.N.; OVG Hamburg, Beschluss vom 15. November 2017 - 4 Bs 180/17 - VRS 132, 140 <145 f.>; OVG Magdeburg, Beschluss vom 6. September 2017 - 3 M 171/17 - juris Rn. 6 ff.; VGH Kassel, Beschluss vom 17. August 2017 - 2 B 1213/17 - Blutalk 54, 390 <391 f.>; OVG Lüneburg, Beschluss vom 28. November 2016 - 12 ME 180/16 - juris Rn. 10; VGH Mannheim, Beschluss vom 22. Juli 2016 - 10 S 738/16 - Blutalk 53, 399 f.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2016 - OVG 1 B 37.14 - Blutalk 53, 393 <396>; OVG Bremen, Beschluss vom 25. Februar 2016 - 1 B 9/16 - Blutalk 53, 275 <276>).

In seinem Urteil vom 11. April 2019 - BVerwG 3 C 14.17 - hat der Senat hierzu ausgeführt:

"In der im September 2015 veröffentlichten 'Empfehlung der Grenzwertkommission für die Konzentration von Tetrahydrocannabinol (THC) im Blutserum zur Feststellung des Trennungsvermögens von Cannabiskonsum und Fahren' (Blutalk 52, 322) wird unter Hinweis auf verschiedene Studien empfohlen, bei gelegentlich Cannabis konsumierenden Personen eine Trennung von Konsum und Fahren im Sinne der Anlage 4 bei Feststellung einer THC-Konzentration von 3,0 ng/ml oder mehr im Blutserum zu verneinen. Liege der letzte Konsum bei einer Konzentration in dieser Höhe sicher länger zurück, sei von einer Anreicherung von THC infolge regelmäßigen Konsums auszugehen, womit die Fahreignung nach Nr. 9.2.1 der Anlage 4 ausgeschlossen sei. Zur Begründung heißt es, dass sich eine Leistungseinbuße in experimentellen Studien frühestens ab 2 ng THC/ml Serum nachweisen lasse, ein erhöhtes Unfallrisiko ab einer THC-Konzentration von 4 ng/ml Blutserum. Darüber hinaus sei, um bei einer konkreten Einzelmessung eine Benachteiligung zu vermeiden, eine Messwertschwankung von maximal 30 % zu berücksichtigen (a.a.O. S. 322). Hiervon ausgehend empfiehlt die Grenzwertkommission, die Trennung von Konsum und Fahren ab dem Erreichen eines THC-Grenzwertes von 3,0 ng/ml Blutserum zu verneinen (a.a.O. S. 323). Eine Neubewertung des analytischen Grenzwerts von THC (1 ng/ml) gemäß der Empfehlung der Grenzwertkommission zur Anlage des § 24a StVG hält die Grenzwertkommission dagegen ausdrücklich nicht für veranlasst (a.a.O. S. 323).

Zu Recht nimmt das Berufungsgericht an, dass die Grenzwertkommission bei dieser Empfehlung von einem anderen als dem aus den dargestellten Rechtsgründen für das Fahrerlaubnisrecht zugrunde zu legenden Gefährdungsmaßstab ausgegangen ist. Das zeigt insbesondere der Umstand, dass die Grenzwertkommission bei gelegentlich Cannabis konsumierenden Personen zwar einerseits empfiehlt, eine Trennung von Konsum und Fahren im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 erst bei einer THC-Konzentration von 3 ng/ml oder mehr im Blutserum zu verneinen, zugleich aber ausdrücklich feststellt, dass eine Neubewertung des analytischen THC-Grenzwerts von 1 ng/ml Blutserum gemäß ihrer Empfehlung zur Anlage des § 24a StVG nicht veranlasst sei. In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist indes aus den bereits aufgezeigten rechtlichen Gründen anerkannt, dass sich der im Fahrerlaubnisrecht für die Beurteilung der Fahreignung heranzuziehende Gefährdungsmaßstab mit dem des § 24a Abs. 2 StVG deckt. Aus der neueren Empfehlung der Grenzwertkommission ergibt sich - wie das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang zugleich beanstandungsfrei feststellt - auch nicht, dass und gegebenenfalls aus welchen medizinisch-toxikologischen Gründen eine Differenzierung beim Gefährdungsmaßstab zwischen dem Fahrerlaubnis- und dem Ordnungswidrigkeitenrecht angezeigt wäre. Vielmehr hatte der damalige Vorsitzende der Grenzwertkommission, Prof. Dr. Daldrup, in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zu dem von der Grenzwertkommission zu § 24a Abs. 2 StVG festgelegten Grenzwert von 1 ng/ml ausgeführt, dass bei dieser Menge die Möglichkeit einer Beeinträchtigung bestehe, wie sie das Bundesverfassungsgericht zur verfassungskonformen Auslegung des Gesetzes für erforderlich halte (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 20. Januar 2016 - 9 K 1253/15 - Blutalk 53, 278 <282>, Protokoll der mündlichen Verhandlung S. 6).

Gegen die Notwendigkeit einer Abkehr vom bisher herangezogenen THC-Grenzwert spricht aber vor allem, dass nach den für das Revisionsverfahren bindenden tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanzen und allgemein zugänglichen wissenschaftlichen Erkenntnissen die medizinisch-toxikologische Annahme nach wie vor zutrifft, es könne bereits ab einem THC-Wert von 1 ng/ml Blutserum zu fahrsicherheitsrelevanten Beeinträchtigungen beim Führen eines Kraftfahrzeugs kommen. Das Berufungsgericht hat das den Ausführungen der dort zur Frage des THC-Grenzwerts angehörten Sachverständigen Prof. Dr. Daldrup und Prof. Dr. Tönnes - des damaligen und des derzeitigen Vorsitzenden der Grenzwertkommission - entnommen. Beide zögen im Ergebnis nicht in Zweifel, dass bei einem THC-Wert von 1 ng/ml Blutserum eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit nicht auszuschließen sei (UA S. 27); sie hätten dies vielmehr ausdrücklich bestätigt. Im Berufungsverfahren hat der Berichterstatter ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf die Obersätze des Bundesverwaltungsgerichts zu Nr. 9.2.2 der Anlage 4 die Frage an die Sachverständigen gerichtet, ob bei Cannabiskonsumenten mit einem THC-Wert von 1 ng/ml Serum eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit auszuschließen sei. Die Sachverständigen haben dies verneint, ein THC-Wert von 1 ng/ml Serum könne eine äußerlich messbare Wirkung haben (Protokoll der mündlichen Verhandlung S. 10). In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der damalige Vorsitzende der Grenzwertkommission, Prof. Dr. Daldrup, dahingehend Stellung genommen, dass auch bereits bei einer THC-Konzentration von 1 ng/ml Blutserum eine cannabisbedingte verkehrssicherheitsrelevante Leistungseinbuße nicht ausgeschlossen sei (UA S. 13; Protokoll der mündlichen Verhandlung S. 8). Zulässige und begründete Verfahrensrügen gegen die auf diese Äußerungen gestützte Feststellung der Vorinstanzen, eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit sei bereits bei einem THC-Wert von 1 ng/ml Blutserum möglich, sind nicht erhoben worden. In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hat der derzeitige Vorsitzende der Grenzwertkommission, Prof. Dr. Tönnes, nochmals ausdrücklich bestätigt, es bestehe ab einem THC-Wert von 1 ng/ml Blutserum nicht nur eine theoretische, sondern eine realistische Möglichkeit, dass es bei einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis zu einer Beeinträchtigung seiner fahrsicherheitsrelevanten Eigenschaften kommt. Das Bundesverfassungsgericht und die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung stimmen - wie gezeigt - aber darin überein, dass bereits die nicht nur theoretische Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Fahrsicherheit durch vorangegangenen gelegentlichen Cannabiskonsum genügt, um einen Verstoß gegen die im Ordnungswidrigkeiten- und im Fahrerlaubnisrecht geltenden Anforderungen des Trennungsgebots zu bejahen ('Risikogrenzwert').

Soweit sowohl in der Empfehlung der Grenzwertkommission vom September 2015 (Blutalk 52, 322), den schriftlichen Erläuterungen einzelner Mitglieder der Grenzwertkommission hierzu (Blutalk 53, 409) als auch in den mündlichen Stellungnahmen der beiden Sachverständigen im vorliegenden Verfahren darauf hingewiesen wird, dass es bei chronischem Konsum von Cannabis zu einer Depotbildung im Gewebe kommen könne, aus dem THC ins Blut abgegeben werde, ohne dass das von Einfluss auf die fahrsicherheitsrelevanten Eigenschaften des Betroffenen sei, hat das Berufungsgericht die tatsächliche Feststellung getroffen, dass darin noch keine Verlautbarung einer wissenschaftlichen Evidenz liege, aufgrund derer der vorgegebene fahrerlaubnisrechtliche Maßstab eines sicheren Gefahrenausschlusses als erfüllt betrachtet werden könne (UA S. 24). Unabhängig davon muss der Grenzwert die realistische Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Fahrsicherheit nicht nur bei chronischem, sondern auch bei seltenerem Konsum von Cannabis ausschließen. Nr. 9.2 der Anlage 4 differenziert nur zwischen regelmäßiger und gelegentlicher Einnahme von Cannabis. Chronische Einnahme ist kein eigenständig geregeltes Konsummuster; die Abgrenzung zum regelmäßigen Konsum ist nicht trennscharf. Schließlich hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt angegeben, chronischer Konsument von Cannabis zu sein. Er hatte zunächst geltend gemacht, vor der Fahrt am 28. September 2014 lediglich einmal Cannabis konsumiert zu haben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hatte er dann aber vor dem Hintergrund seiner Angaben bei der Verkehrskontrolle und den Ergebnissen der Blutproben zwar einen gelegentlichen Cannabiskonsum eingestanden, nicht jedoch einen in der Konsumfrequenz darüber hinausgehenden chronischen Konsum.

In Bezug auf die Empfehlung der Grenzwertkommission vom September 2015 ist schließlich zu berücksichtigen, dass der dort vorgeschlagene höhere THC-Grenzwert, wie der Äußerung von Mitgliedern der Grenzwertkommission zum 'Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Feststellung einer mangelhaften Trennung von Cannabiskonsum und Fahren anhand der Konzentration von Tetrahydrocannabinol (THC) im Blutserum' (Blutalk 53, 409 ff.) zu entnehmen ist, auf der Annahme beruhte, dass es bei gelegentlichen Cannabiskonsumenten, die ein Kraftfahrzeug unter Erreichen des THC-Grenzwertes geführt hätten, unmittelbar zur Entziehung der Fahrerlaubnis komme. Deshalb hielten es die Verfasser für geboten, an den Nachweis der Fahrungeeignetheit infolge Cannabiskonsums alleine auf der Grundlage einer THC-Blutserumkonzentration den Anspruch zu stellen, dass ein Grenzwert die Fahrungeeignetheit jenseits vernünftiger Zweifel beweise (a.a.O. S. 412). Es kann offen bleiben, ob auch insoweit - wie das Berufungsgericht annimmt - der nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung maßgebliche Gefährdungsmaßstab verfehlt wird. Jedenfalls wird dieser Ansatzpunkt der Grenzwertkommission für einen höheren Grenzwert dadurch hinfällig, dass - wie noch im Einzelnen zu zeigen sein wird - das Erreichen dieses Grenzwertes durch einen gelegentlichen Cannabiskonsumenten bei einer erstmaligen Fahrt unter der Wirkung von Cannabis in der Regel nur dazu führt, dass der Betroffene gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufgefordert werden kann."

Den aus den dargestellten Gründen nach wie vor maßgeblichen THC-Grenzwert von 1 ng/ml Blutserum hat der Kläger beim Führen eines Kraftfahrzeugs am 21. Juli 2016 überschritten. In der bei ihm entnommenen Blutprobe wurde durch das Institut für Rechtsmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität ein THC-Wert von 1,5 ng/ml Blutserum festgestellt. Eines "Sicherheitsabschlags", um möglichen Messungenauigkeiten Rechnung zu tragen, bedarf es nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 43 ff.). Der Kläger hat danach nicht in der nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 gebotenen Weise seinen (gelegentlichen) Konsum von Cannabis und das Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt.

3. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Fahrerlaubnisbehörde könne bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nach dem als Ordnungswidrigkeit geahndeten erstmaligen Führen eines Kraftfahrzeugs unter einer fahrsicherheitsrelevanten Wirkung von Cannabis gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Aufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen (so auch OVG Schleswig, Beschluss vom 27. Juni 2018 - 4 MB 45/18 - juris Rn. 5 ff.; OVG Magdeburg, Beschluss vom 6. September 2017 - 3 M 171/17 - juris Rn. 6 ff.; OVG Münster, Urteil vom 15. März 2017 - 16 A 432/16 - Blutalk 54, 328 <329>; VGH Mannheim, Urteil vom 22. November 2012 - 10 S 3174/11 - VBlBW 2013, 391 <392 f.>), verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ). An seiner im Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - (Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 33, 36) geäußerten gegenteiligen Auffassung hält der erkennende Senat nach nochmaliger Prüfung nicht fest. Voraussetzung für die Verneinung der Fahreignung (§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 FeV ) ist nach dem erstmaligen Verstoß eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten gegen das Trennungsgebot die Prognose, dass er auch künftig nicht zwischen einem seine Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen wird. Damit diese Prognose auf eine tragfähige tatsächliche Grundlage gestützt werden kann, ist in der Regel die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens erforderlich (§ 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV ).

a) Das Fahrerlaubnisrecht ist Gefahrenabwehrrecht (vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 14. November 2013 - 3 C 32.12 - BVerwGE 148, 230 Rn. 21). Bei der in diesem Rahmen vorzunehmenden Beurteilung der Fahreignung durch die Fahrerlaubnisbehörde geht es daher - anders als bei der Ahndung einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG - nicht um die Sanktionierung eines zurückliegenden Fehlverhaltens im Straßenverkehr. Ausgerichtet ist das Fahrerlaubnisrecht vielmehr darauf, künftige Risiken für die Verkehrssicherheit soweit wie möglich auszuschalten. Zur Beantwortung der Frage, ob durchgreifende und damit zur Entziehung der Fahrerlaubnis führende Zweifel an der Fahreignung bestehen, ist daher anhand des bekannt gewordenen Verhaltens des Betroffenen und sonstiger fahreignungsrelevanter Umstände eine Prognose anzustellen, ob Wiederholungsgefahr besteht, ob also - mit anderen Worten - künftig mit weiteren für die Beurteilung der Fahreignung relevanten Zuwiderhandlungen zu rechnen ist (vgl. zum Mischkonsum von Alkohol und Cannabis: BVerwG, Urteil vom 14. November 2013 - 3 C 32.12 - BVerwGE 148, 230 Rn. 16).

Dass es bei der Beurteilung der Fahreignung in solchen Fällen auf eine prognostische Betrachtung ankommt, ist zudem aus Nr. 1 Buchst. f der Anlage 4a zur Fahrerlaubnis-Verordnung zu entnehmen. Danach ist in den Fällen der §§ 13 und 14 FeV Gegenstand der Untersuchung auch das voraussichtliche Verhalten des Betroffenen, insbesondere ob zu erwarten ist, dass er nicht oder nicht mehr ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Alkohol oder Betäubungsmitteln oder Arzneimitteln führen wird. Zwar befinden sich diese Regelungen im Abschnitt 2 der Fahrerlaubnis-Verordnung , der die Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis zum Gegenstand hat. Doch sind diese Bestimmungen gemäß § 46 Abs. 3 FeV entsprechend anwendbar, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, also auch für den Fall, dass die Behörde über die Entziehung einer Fahrerlaubnis oder einer solchen Fahrerlaubnisentziehung vorgelagerte Maßnahmen wie die Einholung eines Fahreignungsgutachtens zu entscheiden hat.

b) Ein gelegentlicher Cannabiskonsument hat sich nicht durch einmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 ist die Fahreignung bei Trennung von Konsum und Fahren zu bejahen, wenn keine der anderen Zusatztatsachen vorliegt. Dass die Fahreignung bei einem einmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot zwingend zu verneinen ist, folgt daraus nicht. Ein einmaliger Verstoß gegen das Trennungsgebot ist vielmehr eine Tatsache, die Bedenken gegen die Fahreignung begründet und nach § 46 Abs. 3 FeV zur Anwendung der §§ 11 bis 14 FeV führt. Die durch den Verstoß gegen das Trennungsgebot aufgeworfenen Zweifel an der Fahreignung hat die Fahrerlaubnisbehörde zu klären. Damit sie über eine hinreichend abgesicherte Beurteilungsgrundlage für die Prognose verfügt, ob der Betroffene auch künftig nicht zwischen einem möglicherweise die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen wird, bedarf es in solchen Fällen in der Regel einer medizinisch-psychologischen Begutachtung (§ 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV ).

aa) Dafür, dass in Fällen dieser Art § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV und nicht § 11 Abs. 7 FeV zur Anwendung kommt, spricht die Begründung des Verordnungsgebers bei der Neufassung der Fahrerlaubnis-Verordnung , die mit Wirkung zum 1. Januar 1999 zur Umsetzung der Zweiten EU-Führerscheinrichtlinie erfolgt ist ( Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr und zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18. August 1998, BGBl. I S. 2214 ). Zu § 14 Abs. 1 FeV heißt es in der Begründung (BR-Drs. 443/98 S. 262 f.): "Bei Cannabis ist zu unterscheiden zwischen regelmäßiger und gelegentlicher Einnahme. Die Eignung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn regelmäßige Einnahme vorliegt. Bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis ist in der Regel die Eignung gegeben. Eine zusätzliche medizinisch-psychologische Untersuchung ist erforderlich, wenn weitere Umstände Zweifel an der Eignung begründen. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Konsum im Zusammenhang mit dem Fahren erfolgt, wenn Kontrollverlust oder Störungen der Persönlichkeit vorliegen oder wenn zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen vorliegt. Aus diesem Grund enthält Satz 3 die Ermächtigung für die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung, wenn gelegentliche Einnahme festgestellt wurde." Daraus ist zu entnehmen, dass der Verordnungsgeber bei gelegentlichen Cannabiskonsumenten in dem Umstand, dass der Konsum im Zusammenhang mit dem Fahren erfolgt, zwar eine Zweifel an der Eignung begründende weitere Tatsache im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV gesehen hat. Nach dieser Regelung führt diese "Zusatztatsache" jedoch nicht zur Feststellung der Nichteignung und damit auch nicht zur Anwendung von § 11 Abs. 7 FeV ; vorgesehen ist in § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV vielmehr, dass die Fahrerlaubnisbehörde in solchen Fällen eine Ermessensentscheidung über die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu treffen hat. Dass dies die Regelungsabsicht des Verordnungsgebers war, bestätigt die vom Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht in Übereinstimmung mit dem für den Erlass der Fahrerlaubnis-Verordnung zuständigen Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur abgegebene Stellungnahme, in der ausgeführt wird, dass bei gelegentlichem Cannabiskonsum der erstmalige Verstoß gegen das Trennungsgebot nicht ausreiche, um den Betroffenen als erwiesen ungeeignet anzusehen; vielmehr folge hieraus lediglich die Annahme von Tatsachen, die Zweifel an der Fahreignung des Betroffenen begründeten.

bb) Für die Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV sprechen darüber hinaus systematische Erwägungen.

§ 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV sieht vor, dass die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen ist, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden. Darunter können zwar auch zeitlich nacheinander liegende Fahrten unter einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Einfluss von Alkohol bei der ersten und von Cannabis bei der/den nächsten Fahrt(en) fallen ("Mischfälle"); der Wortlaut der Regelung erfasst aber ebenso auch mehrere Fahrten unter einer die Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Wirkung von Cannabis. Mit Blick darauf ist kein überzeugender Grund dafür ersichtlich, weshalb es über eine Anwendung von § 11 Abs. 7 FeV nach einer einmaligen Fahrt unter einem fahrsicherheitsrelevanten Cannabispegel unmittelbar zur Entziehung der Fahrerlaubnis kommen soll, wenn nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV bei mehrfachen Zuwiderhandlungen lediglich zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufzufordern ist.

Hinzu kommt: § 11 Abs. 7 FeV , wonach die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens unterbleibt, wenn die Nichteignung zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde feststeht, setzt voraus, dass die Behörde aus den ihr bekannten Umständen die mangelnde Fahrungeeignetheit ohne Weiteres selbst feststellen kann. Das ist etwa bei der Einnahme harter Drogen der Fall; ein solcher Drogenkonsum führt nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zwingend zur Verneinung der Fahreignung. Dagegen kommt es bei dem in der Vergangenheit liegenden Führen eines Kraftfahrzeugs durch einen gelegentlichen Cannabiskonsumenten bei der maßgeblichen Gefahrenprognose auf die Beantwortung der Frage an, ob hinreichend sicher ist, dass er künftig - also etwa auch unter dem Eindruck einer Ahndung seiner Zuwiderhandlung als Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG - das Trennungsgebot beachten wird. Um das beurteilen zu können, bedarf es regelmäßig besonderen psychologischen Sachverstands und einer entsprechenden fachlichen Beurteilung und damit - wie die Entstehungsgeschichte von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV und die dort zum Ausdruck kommende Bewertung dieser Ausgangslage durch den Verordnungsgeber bestätigen - einer medizinisch-psychologischen Untersuchung. Einen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass derjenige, der einmal gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 verstoßen hat, das künftig erneut tun wird, gibt es nicht. Freilich können besondere Umstände des Einzelfalls, wie etwa ein mit Blick auf die Verkehrssicherheit besonders verantwortungsloser Umgang mit dem Cannabiskonsum, die Wiederholung eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot nahelegen. In solchen Fällen einer hinreichend abgesicherten negativen Prognose kann dann auch § 11 Abs. 7 FeV zur Anwendung kommen.

Vom Erfordernis einer medizinisch-psychologischen Begutachtung bei gelegentlichem Cannabiskonsum und dem erstmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 geht auch die von der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin und der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie verantwortete Kommentierung der Begutachtungsleitlinien für Kraftfahreignung aus (Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung - Beurteilungskriterien, 3. Aufl. 2013, S. 192 ff.). Danach kann die Fahreignung gelegentlicher Cannabiskonsumenten im Rahmen der medizinisch-psychologischen Begutachtung dann bejaht werden, wenn ausschließlich ein gelegentlicher Cannabiskonsum vorliegt und eine Verkehrsteilnahme unter Drogeneinfluss auch bei gegebenenfalls fortbestehendem Konsum zuverlässig vermieden werden kann (Hypothese D 4). Als Prüfkriterien hierfür werden genannt: Der Klient hat in der Vergangenheit und wird, falls er den Konsum nicht gänzlich eingestellt hat, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zukünftig ausschließlich gelegentlich Cannabisprodukte mit geringer Wirkstoffmenge konsumieren (Kriterium D 4.1 N). Der Klient verfügt über eine realistische Einschätzung der Wirkungsweise und Wirkungsdauer der konsumierten Cannabisprodukte, so dass eine zuverlässige Trennung von Konsum und Fahren gewährleistet ist. Er ist sich der besonderen Risiken von Cannabiskonsum für die Verkehrsteilnahme (mittlerweile) bewusst (Kriterium D 4.2 N). Der Klient hat plausible Vorsätze zu einer Verkehrsteilnahme ohne THC-Einfluss gefasst und verfügt über eine so gute Selbstkontrolle und Selbstbehauptung, dass er sie auch umsetzen kann (Kriterium D 4.3 N). Diesen (Haupt-)Kriterien folgen dann jeweils noch entsprechende Unterkriterien. Dieser Kriterienkatalog verdeutlicht zugleich, was bei Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV Gegenstand der medizinisch-psychologischen Untersuchung sein wird.

cc) Die Anwendbarkeit von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV lässt sich nicht zusätzlich auch daraus herleiten, dass der Verordnungsgeber angestrebt habe, eine Gleichbehandlung von Alkohol- und Drogenkonsum herbeizuführen.

Zwar hat der Verordnungsgeber einen solchen Gleichlauf bei der 2008 in Kraft getretenen Vierten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18. Juli 2008 (BGBl. I S. 1338 ) durchaus im Blick gehabt; diese Regelungsintention bezog sich jedoch nur auf konkrete Einzelfragen. So wollte der Verordnungsgeber durch eine Änderung von § 13 FeV die unterschiedliche Beurteilung von früherer Alkoholabhängigkeit und früherer Drogenabhängigkeit beseitigen (Art. 1 Nr. 7 der Änderungsverordnung, vgl. dazu die Begründung in BR-Drs. 302/08 S. 62) und im Rahmen des § 14 FeV die strafgerichtliche Fahrerlaubnisentziehung und die Fahrerlaubnisentziehung durch die Fahrerlaubnisbehörde gleichbehandeln (Art. 1 Nr. 8 der Änderungsverordnung, vgl. dazu Begründung BR-Drs. 302/08 S. 62 f.). Daraus ist jedoch nicht zu entnehmen, dass der Verordnungsgeber insgesamt einen Gleichlauf der §§ 13 und 14 FeV angestrebt hat. Das war und ist auch nicht durch den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG geboten. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 - NJW 2005, 349 <350>) und des erkennenden Senats (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 51) ist anerkannt, dass wegen des unterschiedlichen Gefahrenpotenzials für die Verkehrssicherheit und der unterschiedlichen Wirkungsweise eine Ungleichbehandlung von Alkohol- und Cannabiskonsum im Fahrerlaubnisrecht nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Auch nach der vom Verordnungsgeber vorgenommenen Angleichung unterscheiden sich die Regelungen des § 13 FeV zum Alkohol- und die des § 14 FeV zum Konsum von Betäubungsmitteln nicht unerheblich. So führt fahrerlaubnisrechtlich auch ein erheblicher Alkoholkonsum, solange er nicht wegen eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot als Alkoholmissbrauch im Sinne der Nr. 8.1 der Anlage 4 einzustufen ist, noch nicht zur Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, wogegen der Konsum harter Drogen (Nr. 9.1 der Anlage 4) oder auch regelmäßiger Cannabiskonsum (Nr. 9.2.1 der Anlage 4) bereits unmittelbar die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Folge haben.

c) Kommt die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens zu der Entscheidung, dass der Betroffene zur Klärung der bestehenden Eignungszweifel ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen hat, setzt sie ihm gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV zugleich eine Frist für dessen Vorlage. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie nach § 11 Abs. 8 FeV bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Dieses Instrument ermöglicht es der Fahrerlaubnisbehörde, eine rasche Klärung der aufgrund des zurückliegenden Verstoßes gegen das Trennungsgebot bestehenden Eignungszweifel herbeizuführen und dann entweder gestützt auf das Fahreignungsgutachten oder aber im Fall einer nicht fristgerechten Beibringung auf der Grundlage von § 11 Abs. 8 FeV zeitnah auch ihre Entscheidung über eine Fahrerlaubnisentziehung zu treffen.

d) Der Beklagte hat beim Kläger die gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV gebotene Ermessensentscheidung über die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht getroffen. Damit erweist sich die angefochtene Fahrerlaubnisentziehung als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO .

Vorinstanz: VG München, vom 11.04.2018 - Vorinstanzaktenzeichen M 6 K 17.1389