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BVerwG - Entscheidung vom 24.01.2019

4 B 21.18

Normen:
VwGO § 67 Abs. 6 S. 1
VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1-2
VwGO § 133 Abs. 3 S. 3

BVerwG, Beschluss vom 24.01.2019 - Aktenzeichen 4 B 21.18

DRsp Nr. 2019/4249

Darlegen der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache in der Beschwerdebegründung; Nachweis der ordnungsgemäßen Vertretung durch schriftliche Vollmacht

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 12. Dezember 2017 wird verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 000 € festgesetzt.

Normenkette:

VwGO § 67 Abs. 6 S. 1; VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1 -2; VwGO § 133 Abs. 3 S. 3;

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist unzulässig, weil sie jedenfalls den Darlegungsanforderungen (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ) nicht genügt. Ob sie darüber hinaus auch deshalb unzulässig ist, weil der Kläger die Frist zur Begründung der Beschwerde versäumt hat oder ob dem Kläger insofern von Amts wegen Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdebegründungsfrist (§ 60 Abs. 1 VwGO ) zu gewähren wäre, bedarf folglich keiner Entscheidung. Mangels entsprechender Rüge des Beklagten bestand für den Senat kein Anlass, die ausreichende Bevollmächtigung des Prozessvertreters des Klägers im Beschwerdeverfahren zu überprüfen (§ 67 Abs. 6 Satz 3 VwGO ).

1. Wird mit der Beschwerde die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend gemacht, muss in der Beschwerdebegründung dargelegt, d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; so bereits BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>; siehe auch Beschluss vom 1. Februar 2011 - 7 B 45.10 - juris Rn. 15). Diese Voraussetzungen erfüllt die Beschwerde hier schon deshalb nicht, weil es an klar und verständlich formulierten Rechtsfragen mangelt. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, selbst mögliche Rechtsfragen aus dem Beschwerdevortrag herauszuarbeiten (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 30. September 2005 - 1 B 26.05 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 82 Rn. 3, vom 21. Februar 2006 - 1 B 108.05 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 83, vom 28. März 2012 - 5 B 57.11 - juris Rn. 3 und vom 24. März 2016 - 4 BN 42.15 - ZfBR 2016, 477 ).

2. Die Rüge einer Abweichung des Berufungsgerichts von Entscheidungen des Bundesverwaltungs- und des Bundesverfassungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ) ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend dargelegt, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung der vorgenannten Gerichte aufgestellten ebensolchen, die Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Diesen Anforderungen wird die Beschwerde schon im Ansatz nicht gerecht, da sie weder einen tragenden, abstrakten Rechtssatz aus der angefochtenen Entscheidung noch einen solchen aus einer Entscheidung des Bundesverwaltungs- oder des Bundesverfassungsgerichts herausarbeitet. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das betreffende Gericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Darlegungsanforderungen nicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14).

3. Einen Verfahrensfehler hat der Kläger ebenfalls nicht dargelegt (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 , § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ).

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen, weil der Kläger seine ordnungsgemäße Vertretung nicht durch schriftliche Vollmacht nachgewiesen habe und es darüber hinaus auch an einer Begründung der Berufung fehle, weil die anwaltliche Beratung durch Rechtsanwalt G. nur dem Öko., nicht aber dem Kläger zuteil werde. Beide Begründungen sind alternativ nebeneinander gestellt (vgl. UA S. 14 "Selbst wenn"), tragen also das Urteil jeweils selbständig. Ist die vorinstanzliche Entscheidung auf mehrere selbstständig tragende Begründungen gestützt, so kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund aufgezeigt wird und vorliegt (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 9. Dezember 1994 - 11 PKH 28.94 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4 und vom 8. August 1973 - 4 B 13.73 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 115). Denn ist nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben, dann kann diese Begründung hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert (BVerwG, Beschluss vom 9. September 2009 - 4 BN 4.09 - BauR 2010, 205 = ZfBR 2010, 67 Rn. 5). Jedenfalls in Bezug auf die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Kläger habe seine Vertretung nicht durch schriftliche Vollmacht nachgewiesen, ist ein Verfahrensfehler nicht dargetan. Es kann daher offen bleiben, ob hinsichtlich der zweiten Begründung ein Revisionszulassungsgrund dargelegt und gegeben ist.

Die Beschwerde rügt, das Oberverwaltungsgericht habe verkannt, dass der Kläger durch einen i.S.v. § 67 VwGO postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten im Berufungsverfahren ordnungsgemäß vertreten worden sei. Die Vertretungsberechtigung sei durch die Vorlage der Vollmachten vom 31. Januar 2012 (auf der Kopie der Vollmachtsurkunde offensichtlich fehlerhaft mit "31. Januar 2021" datiert), vom 1. August 2012 (richtig "1. August 2011") und vom 15. August 2012 - jeweils in Kopie - sowie durch Nachsendung einer Originalvollmacht vom 31. Januar 2012 des "Öko. L. e.V." an den Prozessbevollmächtigten wirksam nachgewiesen worden. Insbesondere sei auch dem Schriftlichkeitserfordernis des § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 89 , 88 Abs. 2 ZPO genügt. Eine Vorlage im Original sei nicht zwingend erforderlich gewesen, weil - auch wegen des in früheren Verfahren unbeanstandet gebliebenen Auftretens des Prozessbevollmächtigten für den Kläger - keinerlei Zweifel an einer wirksamen Prozessbevollmächtigung bestanden hätten. Das Oberverwaltungsgericht habe die vom Kläger vorgelegten Vollmachten zu eng ausgelegt und die Anforderungen an die Klarheit des Wortlauts der erteilten Vollmachten überspannt. Darin liege ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG . Ein Verfahrensfehler wird hiermit nicht dargelegt.

Nach § 67 Abs. 6 Satz 1 VwGO ist die nach § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht erforderliche Vollmacht schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen, mithin im Original; die Vorlage einer (nicht beglaubigten) Fotokopie genügt nicht (vgl. W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO , 24. Aufl. 2018, § 67 Rn. 47; Czybulka/Siegel, in: Sodan/Ziekow, VwGO , 5. Aufl. 2018, § 67 Rn. 61; Hartung, in: Posser/Wolff, VwGO , § 67 Rn. 70; Hoppe, in: Eyermann, VwGO , 15. Aufl. 2015, § 67 Rn. 27; Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO , Stand September 2018, § 67 Rn. 97; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 3. Juni 2011 - 6 PB 1.11 - NVwZ 2011, 947 Rn. 5 zu § 80 ZPO mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des BGH). Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt (§ 67 Abs. 6 Satz 4 VwGO ); im letzteren Fall ist eine Prüfung nur auf entsprechende Rüge eines Beteiligten veranlasst (Hoppe a.a.O. Rn. 28). Das war hier der Fall, weil der Beklagte bereits unter dem 3. August 2012 die ordnungsgemäße Bevollmächtigung des Prozessvertreters des Klägers in Frage gestellt hatte (UA S. 7). Der Berichterstatter des zuständigen Senats des Oberverwaltungsgerichts hat mit Schreiben vom 3. November 2017 diesen Einwand aufgegriffen und den Prozessvertreter des Klägers auf den bisher unzureichenden Nachweis einer Prozessvollmacht hingewiesen sowie die Übermittlung einer sein Auftreten für den Kläger legitimierenden Originalvollmacht angemahnt. Mit Schreiben vom 23. November 2017 legte Rechtsanwalt G. daraufhin eine (weitere) Kopie der Vollmacht vom 15. August 2012 (Erklärung des Klägers, dass Herr H. S., Vorstand des "Öko. L. e.V." für ihn prozessführungsberechtigt sei) und eine Prozessvollmacht vom 31. Januar 2012 für Rechtsanwalt G. (darin wird "Rechtsanwalt W. G. ... in Sachen Öko. L. e. V., ... wegen Deicharbeiten/Gehölzbeseitigung ... Vollmacht erteilt zur Prozessführung ...") im Original vor. Das genügte zum Nachweis der Bevollmächtigung schon deshalb nicht, weil die vom Öko. L. e.V. ausgestellte Prozessvollmacht vom 31. Januar 2012 keinerlei Bezug zu dem von der Klägerin gegen den Freistaat Sachsen vor dem Oberverwaltungsgericht geführten Verfahren aufweist. Das sieht das Oberverwaltungsgericht vor dem Hintergrund, dass die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren - in Kopie - vorgelegte Prozessvollmacht vom "31. Januar 2021" deutlich anders formuliert war, richtig (UA S. 13). Hiermit setzt sich die Beschwerde nicht substantiiert auseinander. Ihr pauschaler Vorwurf, das Oberverwaltungsgericht habe die Anforderungen an den Nachweis der Vollmacht überspannt und damit gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen, übersieht, dass Rechtsanwalt G. mit gerichtlichen Schreiben vom 3. November 2017 ausdrücklich auf den unzureichenden Nachweis seiner Bevollmächtigung hingewiesen sowie zur Vorlage entsprechender Originale aufgefordert worden ist und bis zur mündlichen Verhandlung am 12. Dezember 2017 ausreichend Zeit verblieb, den Mangel zu beheben. Es lag somit allein im Verantwortungsbereich des Klägers, den Nachweis der Vollmacht in der erforderlichen Form zu erbringen.

Ist aber die Prozessführungsbefugnis von Rechtsanwalt G. für den Gr. e.V. im Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht nicht in der erforderlichen Form nachgewiesen, kann offen bleiben, ob die Erklärung des Gr. e.V. vom 15. August 2012 überhaupt eine Bevollmächtigung des Öko. L. e.V. beinhaltet (Rechtsanwalt G. geht im Schreiben vom 20. September 2012 von der Einräumung einer Prozessführungsbefugnis an Herrn H. S. aus), in der erforderlichen Form als Prozessvollmacht nachgewiesen ist und daher über § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 81 ZPO auch zur Erteilung einer Prozessvollmacht an Rechtsanwalt G. ermächtigt. Als lediglich formfreie rechtsgeschäftliche Vollmacht (§§ 164 ff. BGB ) hätte sie jedenfalls nicht ohne weiteres die Erteilung einer Untervollmacht an den Prozessvertreter gedeckt (vgl. Schubert, in: Münchener Kommentar zum BGB , 8. Aufl. 2018, § 167 Rn. 81).

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO . Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 , § 52 Abs. 1 GKG .

Vorinstanz: OVG Sachsen, vom 12.12.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 4 A 546/15