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BVerwG - Entscheidung vom 19.12.2019

10 B 16.19

Normen:
VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1
GG Art. 19 Abs. 4

BVerwG, Beschluss vom 19.12.2019 - Aktenzeichen 10 B 16.19

DRsp Nr. 2020/2555

Bestehen eines Informationsanspruchs über die Kosten anwaltlicher Beratung der Bundesregierung auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes

Ob Rechnungsendsummen eines durch eine nach dem Informationsfreiheitsgesetz informationspflichtige Stelle mandatierten Rechtsanwalts vom Begriff des Geschäftsgeheimnisses im Sinne der Richtlinie (EU) 2016/943 erfasst werden, ist keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern eine nicht verallgemeinerungsfähige Frage, die die einzelfallbezogene Subsumtion unter die Begriffsmerkmale des Art. 2 RL (EU) 2016/943 betrifft.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 21. Februar 2019 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Normenkette:

VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1 ; GG Art. 19 Abs. 4 ;

Gründe

I

Die Klägerin begehrt - auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes - Informationen über die Kosten anwaltlicher Beratung der Bundesregierung.

Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte verpflichtet, der Klägerin Zugang zu der jeweiligen Endsumme zweier Rechnungen der beigeladenen Anwaltskanzlei zu gewähren. Auf die Berufung der Beklagten und der Beigeladenen hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Der Informationszugang sei durch Ausschlussgründe gesperrt. Die begehrte Information unterliege zum einen der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht und damit einem Berufsgeheimnis. Zum anderen handele es sich auch um ein geschütztes Geschäftsgeheimnis.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil vom 21. Februar 2019 nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.

II

Die auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

1. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14 und vom 25. Oktober 2019 - 1 B 72.19 - juris Rn. 2).

Diesen Maßgaben genügt das Beschwerdevorbringen nicht. Die von der Beschwerde als rechtsgrundsätzlich aufgeworfenen Fragen rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.

a) Die Frage

"Hätte das Gericht nicht auch die Ansprüche der Klägerin nach UIG prüfen müssen?"

zielt nicht auf eine Rechtsfrage von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung, sondern auf die materielle Richtigkeit der vom Oberverwaltungsgericht getroffenen Entscheidung. Eine grundsätzliche Bedeutung ist schon im Ansatz nicht zu erkennen.

b) Die weitere Frage

"Werden Rechnungsendsummen der Rechnungen eines durch eine informationspflichtige Stelle beauftragten Anwalts durch den Begriff des Geschäftsgeheimnisses nach der am 8. Juni 2018 unmittelbar anwendbaren Geschäftsgeheimnisrichtlinie geschützt?"

verleiht der Rechtssache ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung.

Ob Rechnungsendsummen eines durch eine nach dem Informationsfreiheitsgesetz informationspflichtige Stelle mandatierten Rechtsanwalts vom Begriff des Geschäftsgeheimnisses im Sinne der Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung (ABl. L 157 S. 1) erfasst werden, ist - ungeachtet der Frage, ob die unionsrechtliche Begriffsdefinition zur Auslegung von § 6 Satz 2 IFG überhaupt heranzuziehen ist (s. Art. 1 Abs. 2 Buchst. c RL <EU> 2016/943; Guckelberger, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, Stand November 2019, § 6 IFG Rn. 17.1) - eine nicht verallgemeinerungsfähige Fragestellung, die die einzelfallbezogene Subsumtion unter die Begriffsmerkmale des Art. 2 RL (EU) 2016/943 betrifft.

Soweit die Klägerin über die von ihr formulierte Fragestellung hinaus zudem rügt, das Oberverwaltungsgericht habe jedenfalls zu Unrecht das Vorliegen eines Geschäftsgeheimnisses bejaht, wird ein Revisionszulassungsgrund nicht dargelegt.

c) Die Frage

"Schützt die Verschwiegenheitspflicht eines Berufsgeheimnisträgers die Interessen des Mandanten - oder sogar auch die Intransparenzinteressen des Anwalts?"

führt schon angesichts der Ausführungen unter b) nicht zur Zulassung der Revision.

Sie bezieht sich nämlich auf eine weitere selbstständig tragende Begründung für die Abweisung der Klage. In dieser Situation kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund aufgezeigt wird und vorliegt. Wenn nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben ist, kann diese Begründung nämlich hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 2019 - 4 B 37.19 - juris Rn. 3 m.w.N.).

2. Mit ihren weiteren Ausführungen legt die Klägerin Zulassungsgründe ebenso wenig in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dar.

a) Inwieweit der Klägerin, der im Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Prozesskostenhilfe gewährt worden ist, der Zugang zum Gericht erschwert oder verweigert worden sein soll, vermag die insoweit auf Art. 19 Abs. 4 GG gestützte Beschwerde schon im Ansatz nicht deutlich zu machen. Mit den weiteren Rügen, das Berufungsurteil verstoße gegen Art. 5 Abs. 1 GG , Art. 10 EMRK und Art. 11 GRCh, werden Revisionszulassungsgründe nicht dargelegt.

b) Ein Verstoß gegen die gerichtliche Sachaufklärungspflicht (vgl. § 86 Abs. 1 VwGO ) - und damit ein Verfahrensmangel nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO - ist ebenfalls nicht ersichtlich. Auf der maßgeblichen Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des Oberverwaltungsgerichts bedurfte es keiner Aufklärung, ob das Begriffsmerkmal "Gegenstand von den Umständen entsprechenden angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen" (vgl. Art. 2 Nr. 1 Buchst. c RL (EU) 2016/943) gegeben ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 , § 162 Abs. 3 VwGO . Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 , § 52 Abs. 2 GKG .

Vorinstanz: OVG Berlin-Brandenburg, vom 21.02.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 12 B 15.18