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BVerwG - Entscheidung vom 29.11.2019

7 B 1.19

Normen:
KrW-/AbfG § 5 Abs. 3 S. 1-2
KrWG § 7 Abs. 3 S. 1-2
SchuVO § 2 Abs. 1
WHG § 52 Abs. 5

BVerwG, Beschluss vom 29.11.2019 - Aktenzeichen 7 B 1.19

DRsp Nr. 2020/640

Zahlung eines Nachteilsausgleichs wegen Einschränkung der landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen Nutzung eines Grundstücks; Aufbringen von Klärschlamm auf Böden in der Schutzzone III des Wasserschutzgebiets hinsichtlich Verbots

§ 5 Abs. 3 S. 1 und 2 KrW-/AbfG i.V.m. dem Verbot der Aufbringung von Klärschlamm nach Ziffer 8 rechte Spalte der Anlage zu § 2 Abs. 1 SchuVO steht einem Anspruch auf Ausgleichszahlung nach § 52 Abs. 5 WHG nicht entgegen.

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 26. September 2018 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 21 606,47 € festgesetzt.

Normenkette:

KrW-/AbfG § 5 Abs. 3 S. 1-2; KrWG § 7 Abs. 3 S. 1-2; SchuVO § 2 Abs. 1; WHG § 52 Abs. 5 ;

Gründe

I

Die Klägerin, ein auf Ackerbau spezialisierter landwirtschaftlicher Betrieb, begehrt einen Ausgleich dafür, dass sie auf von ihr landwirtschaftlich genutzten und in einem Wasserschutzgebiet liegenden Grundstücken seit dem 1. Januar 2011 keinen Klärschlamm mehr aufbringen darf. Im September 2012 forderte die Klägerin von der Beklagten, die durch die Festsetzung des Wasserschutzgebiets als Trägerin der öffentlichen Wasserversorgung begünstigt ist, als Nachteilsausgleich nach § 52 Abs. 5 WHG i.V.m. § 93 Abs. 2 des Niedersächsischen Wassergesetzes für das Jahr 2011 einen Betrag von 21 606,47 €. Nachdem die Beklagte diese Forderung abgelehnt hatte, erhob die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht mit Erfolg Klage. Die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch zu. Wenn - wie hier - erhöhte Anforderungen festgesetzt worden seien, die die ordnungsgemäße land- oder forstwirtschaftliche Nutzung eines Grundstücks einschränkten, sei für die dadurch verursachten wirtschaftlichen Nachteile durch den von der Anordnung unmittelbar Begünstigten ein angemessener Ausgleich zu leisten. Das aus der Verordnung über Schutzbestimmungen in Wasserschutzgebieten folgende Verbot, auf Böden in der Schutzzone III des Wasserschutzgebiets Klärschlamm aufzubringen, stelle erhöhte Anforderungen an die dortige ordnungsgemäße land- oder forstwirtschaftliche Nutzung. Die Schutzbestimmung bewirke eine Einschränkung der ordnungsgemäßen landwirtschaftlichen Nutzung durch die Klägerin; die weiteren Anspruchsvoraussetzungen des § 52 Abs. 5 WHG lägen vor. Vor dem 1. Januar 2011 sei die Aufbringung von Klärschlamm auf landwirtschaftlichen Flächen der Klägerin nicht verboten gewesen. Anderes ergebe sich nicht aus § 5 Abs. 3 Satz 2 KrWG -/AbfG. Die abfallrechtliche Norm sehe ein Aufbringungsverbot lediglich in Abhängigkeit von der wasserschutzgebietsrechtlichen Rechtslage vor.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen; hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten.

II

Die auf den Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine über den Einzelfall hinausgehende klärungsfähige und klärungsbedürftige abstrakte Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die in einem künftigen Revisionsverfahren zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortentwicklung des Rechts beantwortet werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2019 - 7 B 28.18 - juris Rn. 12).

Als rechtsgrundsätzlich bedeutsam wirft die Beschwerde die Frage auf:

"Führt die allgemeine abfallrechtliche Norm aus § 5 Abs. 3 Sätze 1 und 2 KrW-/AbfG (heute § 7 Abs. 3 Sätze 1 und 2 KrWG ), wonach die Verwertung von Abfällen ordnungsgemäß zu erfolgen hat und das gegeben ist, wenn die Verwertung im Einklang mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht, dazu, dass bei einer Klärschlammaufbringung in Schutzzone III wegen des Verbots in Ziffer 8 rechte Spalte der Anlage zu § 3 SchuVO n.F. ein Ausgleichsanspruch nach § 52 Abs. 5 WHG ausgeschlossen ist?"

Diese Frage rechtfertigt die Zulassung des Revisionsverfahrens nicht, weil sie keine in einem Revisionsverfahren zu klärende Fragestellung enthält. Die Antwort ergibt sich ohne Weiteres aus dem Gesetz.

Nach § 5 Abs. 3 Satz 1 und 2 KrW-/AbfG bzw. § 7 Abs. 3 Satz 1 und 2 KrWG hat die Verwertung von Abfällen ordnungsgemäß und schadlos zu erfolgen (Satz 1). Nach Satz 2 erfolgt die Verwertung ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den Vorschriften dieses Gesetzes und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht. Die Ordnungsgemäßheit der Verwertung ergibt sich also nicht aus § 5 Abs. 3 Satz 1 und 2 KrW-/AbfG bzw. § 7 Abs. 3 Satz 1 und 2 KrWG selbst, sondern aus anderen Vorschriften. Eine solche anderweitige öffentlich-rechtliche Vorschrift ist Ziffer 8 rechte Spalte der Anlage zu § 2 Abs. 1 der Verordnung über Schutzbestimmungen in Wasserschutzgebieten (SchuVO) vom 9. November 2009 (Nds. GVBl. S. 431), die das Verbot enthält, auf Böden in der Schutzzone III des Wasserschutzgebiets (zu Düngezwecken) Klärschlamm aufzubringen.

Indessen unterliegt die Beschwerde einem Irrtum, wenn sie meint, dass § 5 Abs. 3 Satz 1 und 2 KrW-/AbfG i.V.m. dem Verbot der Aufbringung von Klärschlamm nach Ziffer 8 rechte Spalte der Anlage zu § 2 Abs. 1 SchuVO einem Anspruch auf Ausgleichszahlung nach § 52 Abs. 5 WHG (stets) entgegensteht. Das Oberverwaltungsgericht hat das Verbot, ab Januar 2011 Klärschlamm auf Böden in der Schutzzone III des Wasserschutzgebiets (zu Düngezwecken) aufzubringen, als erhöhte Anforderungen an die dortige ordnungsgemäße land- oder forstwirtschaftliche Nutzung im Sinne von § 52 Abs. 5 WHG gewertet. Nach dieser Vorschrift ist, wenn eine Anordnung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 erhöhte Anforderungen festsetzt, die die ordnungsgemäße land- oder forstwirtschaftliche Nutzung eines Grundstücks einschränken, für die dadurch verursachten wirtschaftlichen Nachteile ein angemessener Ausgleich zu leisten. Das Verbot der Klärschlammaufbringung hat nach Beurteilung des Oberverwaltungsgerichts eine bislang zulässigerweise verwirklichte Form der Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen der Klägerin beschränkt. Hierzu hat es festgestellt, dass vor dem 1. Januar 2011 die Aufbringung des Klärschlamms auf in der Schutzzone III des Wasserschutzgebiets gelegenen landwirtschaftlichen Flächen der Klägerin zur Düngung im Rahmen des dortigen Anbaus von Ackerkulturen weder nach allgemeinen fach- oder wasserrechtlichen noch nach speziellen fachrechtlichen Regelungen verboten war.

Die Gewährung eines Ausgleichsanspruchs nach § 52 Abs. 5 WHG ist nicht aufgrund der Bestimmungen in § 5 Abs. 3 Satz 1 und 2 KrW-/AbfG bzw. § 7 Abs. 3 Satz 1 und 2 KrWG abweichend zu beurteilen. Nach Maßgabe der wasserschutzgebietsrechtlichen Rechtslage war bis Ende des Jahres 2010 das Aufbringen von Klärschlamm nicht verboten. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht daraus, dass gemäß § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG bzw. § 7 Abs. 2 KrWG die Verwertung des Klärschlamms auch "im Einklang mit den Vorschriften dieses Gesetzes" stehen muss. Die Beschwerde legt nicht dar, gegen welche Vorschriften des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes die Klärschlammaufbringung vor dem 1. Januar 2011 verstoßen haben könnte. Allein die Abfalleigenschaft des Klärschlamms als solche (BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - 7 C 4.06 - BVerwGE 127, 250 ) genügt insoweit nicht. Die Beschwerde selbst weist darauf hin, dass sich für den Klärschlamm die abfallrechtlichen Verwertungsbeschränkungen unmittelbar aus der Klärschlammverordnung (AbfKlärV) ergeben, wenn Klärschlämme auf landwirtschaftlich genutzte Böden aufgebracht werden. Dass sich daraus vor dem 1. Januar 2011 ein Aufbringungsverbot für Klärschlamm in Schutzzone III ergeben hat, ist weder dargetan noch ersichtlich. Das Oberverwaltungsgericht hat sich ausführlich mit den Aufbringungsverboten der Klärschlammverordnung auseinandergesetzt und ist zum Ergebnis gekommen, dass weder die spezielle abfallrechtliche Fachnorm des § 4 Abs. 7 Satz 1 AbfKlärV noch die allgemeinen abfallrechtlichen Aufbringungsverbote im vorliegenden Fall einschlägig seien.

Im Übrigen wendet sich die Beschwerde im Gewand der Grundsatzrüge gegen die Rechtsanwendung des Oberverwaltungsgerichts im Einzelfall. Das kann den Erfolg einer Beschwerde nicht begründen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO . Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG .

Vorinstanz: OVG Niedersachsen, vom 26.09.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 13 LC 204/14