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BVerwG - Entscheidung vom 24.07.2019

9 A 8.18

Normen:
UmwRG § 4 Abs. 1
UmwRG § 4 Abs. 1b S. 3

BVerwG, Beschluss vom 24.07.2019 - Aktenzeichen 9 A 8.18

DRsp Nr. 2019/12988

Aussetzung eines Rechtsstreits bis zum Abschluss eines angekündigten Verwaltungsverfahrens; Behebung eines im Zusammenhang mit der Straßenentwässerung aufgetretenen Verfahrensfehler; Immissionsbezogene Bewertung der Einleitung von Straßenabflüssen

Tenor

Das Verfahren wird ausgesetzt, bis das von der Beklagten angekündigte ergänzende Verwaltungsverfahren zur Behebung des im Zusammenhang mit der Straßenentwässerung aufgetretenen Verfahrensfehlers abgeschlossen ist.

Normenkette:

UmwRG § 4 Abs. 1; UmwRG § 4 Abs. 1b S. 3;

Gründe

Die Aussetzung beruht auf § 4 Abs. 1b Satz 3 UmwRG.

Die Beklagte hat im Hinblick auf das ihr gegenüber ergangene, am 11. Juli 2019 verkündete Urteil in dem Rechtsstreit 9 A 13.18 die Aussetzung des vorliegenden Rechtsstreits beantragt, um kurzfristig ein ergänzendes Verfahren durchzuführen mit dem Ziel, den angegriffenen Planfeststellungsbeschluss an die in jenem Urteil festgestellten Erfordernisse anzupassen. Vorgesehen ist insbesondere, den nunmehr beabsichtigten Einsatz von Retentionsbodenfiltern in den Regenrückhaltebecken einer eingehenden Prüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung zu unterziehen. Im Zuge dessen sollen auch die fachwissenschaftlichen Grundlagen der Straßenentwässerungsplanung, namentlich der wasserrechtliche Fachbeitrag, das Tausalzgutachten und das Gutachten zur immissionsbezogenen Bewertung der Einleitung von Straßenabflüssen, überarbeitet und zum Gegenstand der Öffentlichkeitsbeteiligung gemacht werden. Der Kläger wurde zu dem Aussetzungsantrag angehört und hat ihm nicht widersprochen.

Nach § 4 Abs. 1b Satz 3 UmwRG kann das Gericht auf Antrag anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne des § 4 Abs. 1 und 1a UmwRG ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Ein Verfahrensfehler liegt - unbeschadet der von der Beklagten selbst eingeräumten Verletzung der Öffentlichkeitsbeteiligung - bereits darin, dass sie unter Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht (§ 24 VwVfG ) die erforderlichen Feststellungen zu der Möglichkeit und Notwendigkeit, entwässerungsbedingte Überschreitungen der Umweltqualitätsnormen durch den Einsatz von Retentionsbodenfiltern zu vermeiden, im Planfeststellungsverfahren nicht getroffen, sondern der Ausführungsplanung vorbehalten hatte. Aus § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG ergibt sich kein Verbot einer Aussetzung zur Behebung eines Verfahrensfehlers. Die dortige Fehlerfolgenregelung, die nicht nur auf Abwägungsmängel, sondern entsprechend auch für Verstöße gegen striktes Recht gilt, verlangt keine gerichtliche Rechtswidrigkeitsfeststellung, sondern ermöglicht das ergänzende Verfahren auch zur Heilung von der Behörde selbst erkannter Defizite. Sollte es im Zuge der Beseitigung des Verfahrensfehlers auch zur Behebung materieller Mängel des Planfeststellungsbeschlusses kommen, stände auch dies der Anwendung des § 4 Abs. 1b Satz 3 UmwRG nicht entgegen (vgl. zum Vorstehenden: BVerwG, Beschluss vom 8. Mai 2018 - 9 A 12.17 - DVBl. 2018, 1232 Rn. 5 f.).

Die Aussetzung ist im Sinne einer Verfahrenskonzentration sachdienlich. Auch wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich an das nunmehr beabsichtigte Fehlerbehebungsverfahren - je nach Ausgang des Rechtsstreits - noch ein weiteres ergänzendes Verfahren anschließen könnte, ist es doch zweckmäßig, den Streitstoff konzentriert gerichtlich erst dann zu verhandeln, wenn er von der Behörde vollständig ermittelt und bewertet ist (vgl. auch VGH München, Beschluss vom 28. Juni 2018 - 8 B 18.413 - juris Rn. 5; OVG Magdeburg, Beschluss vom 14. Februar 2018 - 2 K 3.17 - NVwZ 2018, 1331 Rn. 3).