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BVerwG - Entscheidung vom 19.11.2019

5 PB 5.19

Normen:
ArbGG § 72a Abs. 3 S. 2 Nr. 1
ZPO § 559 Abs. 2

BVerwG, Beschluss vom 19.11.2019 - Aktenzeichen 5 PB 5.19

DRsp Nr. 2020/2462

Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache im Personalvetretungsrecht; Fehlende Entscheidungserheblichkeit; Bindung des Rechtsbeschwerdegerichts an die Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts; Voraussetzungen für eine Rechtsbeschwerdezulassung im Falle kumulativer Mehrfachbegründung der angefochtenen Entscheidung

1. Die Rechtsbeschwerde kann nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen werden, wenn das Tatsachengericht - wie hier - eine Tatsache, die für die Entscheidung der mit der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochenen Rechtsfrage in dem erstrebten Rechtsbeschwerdeverfahren erheblich sein würde, gar nicht festgestellt hat.2. Bei einer Mehrfachbegründung der angefochtenen Entscheidung kann die Rechtsbeschwerde nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jedes Begründungsstranges ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 20. März 2019 wird zurückgewiesen.

Normenkette:

ArbGG § 72a Abs. 3 S. 2 Nr. 1 ; ZPO § 559 Abs. 2 ;

Gründe

Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG kommt einer Rechtsfrage nur zu, wenn mit ihr eine für die erstrebte Rechtsbeschwerdeentscheidung erhebliche Frage aufgeworfen wird, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf. Die Rechtsfrage muss zudem klärungsfähig sein, was der Fall ist, wenn sie in der Rechtsbeschwerdeinstanz beantwortet werden kann. Das Darlegungserfordernis des § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 1 ArbGG setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Rechtsbeschwerdeentscheidung erheblichen Rechtsfrage sowie die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss substantiiert erläutern, dass und inwiefern die Rechtsbeschwerdeentscheidung zur Klärung einer bisher vom Bundesverwaltungsgericht nicht beantworteten, fallübergreifenden und entscheidungserheblichen Rechtsfrage führen kann (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 28. Juli 2014 - 5 PB 1.14 - juris Rn. 4 und vom 29. November 2016 - 5 PB 7.16 - juris Rn. 8). Dem genügt die Beschwerde nicht.

a) Die Beschwerde hält die Frage für rechtsgrundsätzlich bedeutsam:

"Ist im Falle einer Personalanforderung durch eine andere Dienststelle das Mitbestimmungsrecht des Personalrats der personalabgebenden Dienststelle gemäß § 85 Abs. 1 Nr. 6 lit. a BPersVG auch dann ausgeschlossen, wenn die Planung des die Personalanforderung auslösenden Einsatzes nicht in die Zuständigkeit des Leiters der personalabgebenden Dienststelle fällt, und deshalb die mitbestimmungspflichtige Maßnahme zwar nicht für die personal-abgebende und daher für die Durchführung der Mitbestimmung zuständige, wohl aber für die personalanfordernde Dienststelle vorhersehbar bzw. planbar war?".

Insoweit genügt die Beschwerde nicht den Darlegungsanforderungen des § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG , weil sie jedenfalls nicht aufzeigt, dass die aufgeworfene Frage entscheidungserheblich ist und in einem Rechtsbeschwerdeverfahren geklärt werden kann. Denn die Fragestellung geht von einem tatsächlichen Umstand aus, den das Oberverwaltungsgericht so nicht festgestellt hat. Dieses hat nicht festgestellt, dass die "mitbestimmungspflichtige Maßnahme" für die personalanfordernde Dienststelle vorhersehbar bzw. planbar war, diese also vorhersehen und einplanen konnte, dass der Beteiligte acht Beamte seiner Dienststelle, die nach dem regulären Dienstplan am 18. Februar 2017 dienstfrei haben sollten, an diesem Tag zum Dienst heranziehen musste, um die Bundespolizeiinspektion F. am Einsatzort W. zu unterstützen. Die Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts, die mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen für das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 559 Abs. 2 ZPO bindend sind, weisen vielmehr in die entgegengesetzte Richtung.

Das Oberverwaltungsgericht hat in tatsächlicher Hinsicht insbesondere ausgeführt, es stehe nicht im Streit, dass nicht jedes Drittligaspiel einen Einsatzanlass solchen Umfanges auslöse, dass ein Bedarf an Unterstützung durch benachbarte Inspektionen als naheliegend zu prognostizieren sei (UA S. 16). Der Beteiligte habe anhand des Verwaltungsvorgangs im Einzelnen dargelegt, dass die behördliche Praxis dahin gehe, zwecks einer validen Einsatzplanung eine perspektivische Beurteilung im Wege einer kontinuierlichen, im 14-Tages-Rhythmus fortgeschriebenen bundesweiten Lageprognose durchzuführen, und dass eine verlässliche Einschätzung des Kräfte- und gegebenenfalls Unterstützungsbedarfs unter Umständen erst kurz vor dem Ereignis erfolgen könne. Bei Fußballbegegnungen spielten etwa die sich aus der Tabellenentwicklung ergebende Spielbrisanz und - falls mehrere Spiele zeitnah stattfänden - die Prognose sich bei der An- und Abreise kreuzender Wege verschiedener Fangruppierungen eine Rolle (UA S. 19 f.). In Würdigung dieser Umstände ist das Oberverwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass sich keine Planungsversäumnisse der übergeordneten Dienststelle aufdrängen (UA S. 19). Demgegenüber findet die in der von der Beschwerde aufgeworfenen Frage vorausgesetzte Tatsachenbewertung, dass die Maßnahme "für die personalanfordernde Dienststelle vorhersehbar bzw. planbar war", in den für das Rechtsbeschwerdegericht bindenden Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts keine Grundlage. Die Rechtsbeschwerde kann aber nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen werden, wenn das Tatsachengericht - wie hier - eine Tatsache nicht festgestellt hat, die für die Entscheidung der mit der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochenen Rechtsfrage in dem erstrebten Rechtsbeschwerdeverfahren erheblich sein würde.

b) Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage,

"Entfällt das Mitbestimmungsrecht des Personalrats gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG , wenn eine Dienstplanänderung auf einem Einsatz beruht, der für den Dienststellenleiter weder im Hinblick auf das 'ob' noch hinsichtlich des Ortes und der Zeit des Dienstes mit dem Personalrat verhandelbar ist?",

führt mangels Entscheidungserheblichkeit nicht zur Zulassung der Rechtsbeschwerde.

Das Oberverwaltungsgericht hat seine Entscheidung, die Anordnung des Beteiligten vom 15. Februar 2017, dass acht Beamte seiner Dienststelle, die nach dem mitbestimmten Dienstplan am 18. Februar 2017 dienstfrei haben sollten, an diesem Tag zur Unterstützung der Bundespolizeiinspektion F. ab 11.00 Uhr am W. Dienst zu leisten hätten, verletze nicht das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers aus § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG , auf zwei selbstständig tragende Begründungen gestützt. Es hat zum einen darauf abgestellt, dass das vom Antragsteller geltend gemachte Mitbestimmungsrecht unter den streitauslösenden Umständen bereits durch § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BPersVG ausgeschlossen sei (vgl. UA S. 12 ff.). Darüber hinaus und ebenfalls selbstständig tragend (vgl. "unter der Prämisse der Anwendbarkeit der personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsrechte", "Ungeachtet dessen") hat es angenommen, dass die Voraussetzungen, unter denen der Antragsteller nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG mitzubestimmen haben könnte, nicht erfüllt seien (vgl. UA S. 21 ff.). Bei einer solchen Mehrfachbegründung kann die Rechtsbeschwerde nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jedes Begründungsstranges ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 21. April 2017 - 5 PB 4.16 - juris Rn. 11 m.w.N.). Das ist nicht der Fall.

Wie unter 1.a) dargelegt, greift die Grundsatzrüge, die sich gegen die erste Erwägung des Oberverwaltungsgerichts wendet, nicht durch.

2. Von einer weiteren Begründung wird nach § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 5 Satz 5 Alt. 1 ArbGG abgesehen.

Vorinstanz: OVG Saarland, vom 20.03.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 4 A 172/18