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BSG - Entscheidung vom 06.11.2019

B 9 SB 54/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 06.11.2019 - Aktenzeichen B 9 SB 54/19 B

DRsp Nr. 2019/17469

Zuerkennung der Merkzeichen aG und RF Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Juni 2019 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

I

Der Kläger beansprucht in der Hauptsache die Zuerkennung der Merkzeichen aG und RF. Diesen Anspruch hat das LSG mit Urteil vom 14.6.2019 verneint. Der Bruchsack sei ohne Zweifel hinderlich. Er rechtfertige aber nicht im Ansatz die Zuerkennung der begehrten Merkzeichen. Das Vorbringen des Klägers zu den von ihm behaupteten Einklemmungen sei von allen drei im Verfahren gehörten Sachverständigen hinreichend berücksichtigt und gewürdigt worden.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er macht als Zulassungsgründe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Zudem stehe die Entscheidung im Widerspruch zu den Regelungen des Bundesteilhabegesetzes und der hierauf fußenden Änderung des SGB IX zum 1.1.2018 und dem dort neu geregelten Merkzeichen aG. Auch weiche die Entscheidung von dem auf der Grundlage des Gutachtens des Dr. S vom 13.1.2007 ergangenen Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen vom 9.9.2013 ( 8 A 2038/12) ab.

II

Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Begründung vom 18.9.2019 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) und der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) nicht in der hierfür erforderlichen Weise dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG ).

1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG , wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss daher, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl Senatsbeschluss vom 10.9.2018 - B 9 SB 40/18 B - juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 2.5.2017 - B 5 R 401/16 B - juris RdNr 6).

Der Vortrag des Klägers genügt diesen Anforderungen nicht. Er benennt bereits keine abstraktgenerelle Rechtsfrage zur Auslegung, Anwendbarkeit oder zur Vereinbarkeit einer revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG ) mit höherrangigem Recht. Die Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das BSG als Beschwerdegericht die weiteren Voraussetzungen einer Grundsatzrüge prüfen kann (stRspr, zB BSG Beschluss vom 21.2.2018 - B 13 R 28/17 R - juris RdNr 10 mwN). Bei den vom Kläger beanstandeten Feststellungen des LSG zu seinem Gehleistungsvermögen handelt es sich lediglich um Fragen tatsächlicher Art in seinem Einzelfall ohne jegliche Breitenwirkung.

2. Soweit der Kläger ein Abweichen des LSG von dem Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen vom 9.9.2013 ( 8 A 2038/12) rügt, macht er keine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG geltend (zu den Darlegungsanforderungen allgemein s Senatsbeschluss vom 16.4.2018 - B 9 V 8/18 B - juris RdNr 10 f). Eine Divergenzrüge kann sich nur auf ein Abweichen von einer Entscheidung des BVerfG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BSG beziehen.

3. Soweit der Kläger meint, dass die Entscheidung des LSG im Widerspruch zum Bundesteilhabegesetz und dem neu gefassten SGB IX insbesondere hinsichtlich des begehrten Merkzeichens aG stehe, wendet er sich gegen die - vermeintliche - inhaltliche Unrichtigkeit des angefochtenen LSG-Urteils in seinem Einzelfall. Hierauf kann jedoch eine Nichtzulassungsbeschwerde von vornherein nicht gestützt werden (vgl stRspr, zB Senatsbeschluss vom 16.4.2018 - B 9 V 8/18 B - juris RdNr 9 mwN). Entsprechendes gilt, soweit der Kläger mit der vom LSG vorgenommenen Auswertung und Würdigung der vorliegenden ärztlichen Befundberichte und Sachverständigengutachten nicht einverstanden ist. Denn im Kern handelt es sich bei diesem Vorbringen um eine Rüge der Beweiswürdigung des Berufungsgerichts (vgl § 128 Abs 1 Satz 1 SGG ). Eine solche Rüge scheidet nach der ausdrücklichen Regelung des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG als Gegenstand einer Nichtzulassungsbeschwerde - auch im Rahmen einer Grundsatz- oder Divergenzrüge - aus.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

4. Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Nordrhein-Westfalen, vom 14.06.2019 - Vorinstanzaktenzeichen L 21 SB 347/16
Vorinstanz: SG Düsseldorf, vom 30.08.2016 - Vorinstanzaktenzeichen S 21 SB 1168/14