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BSG - Entscheidung vom 05.04.2019

B 3 P 3/19 B

Normen:
SGG § 73a Abs. 1 S. 1

BSG, Beschluss vom 05.04.2019 - Aktenzeichen B 3 P 3/19 B

DRsp Nr. 2019/6729

Wirkung eines Rechtsmittelverzichts Rechtsmittelverzicht durch einen Prozessbevollmächtigten

1. Durch einen Rechtsmittelverzicht wird ein gleichwohl eingelegtes Rechtsmittel unzulässig.2. Ein Rechtsmittelverzicht durch einen Prozessbevollmächtigten muss ein Rechtsmittelführer gegen sich gelten lassen und wirkt in gleicher Art verpflichtend, als hätte er selbst den Verzicht erklärt.

Die Anträge der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und auf Bestellung eines Notanwalts für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. Dezember 2018 - L 5 P 3/18 - werden abgelehnt.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im oben genannten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 73a Abs. 1 S. 1;

Gründe:

I

Der gerichtlich bestellte Betreuer der Klägerin hat mit einem von ihm persönlich unterzeichneten Schreiben vom 5.2.2019 gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 20.12.2018 Beschwerde eingelegt und erklärt, dass er vor dem LSG keinen Verzicht auf ein Rechtsmittel erklärt habe und er die Erklärung des Prozessbevollmächtigten "widerrufen oder anfechten oder zurücknehmen" möchte. Gleichzeitig hat er die Bestellung eines Notanwalts für die Klägerin beantragt. Durch Übersendung der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat er am 7.2.2019 zugleich Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) gestellt.

II

Der Antrag auf PKH ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 S 1 SGG , § 114 ZPO ). Es kann daher offenbleiben, ob die Klägerin die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH erfüllt.

Da die Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH nicht vorliegen, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde nicht in Betracht (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO ).

Das gegen die angefochtene Berufungsentscheidung zulässige Rechtsmittel ist die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (§ 160a SGG ). In einem solchen Verfahren geht es nicht darum, ob die Entscheidung des LSG richtig oder falsch ist. Vielmehr darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG , GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist nach summarischer Prüfung des Streitstoffs hier nicht ersichtlich und könnte auch von einem rechtskundigen Bevollmächtigten der Klägerin nicht mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden.

Es ist nicht erkennbar, dass eine Zulassung der Revision gegen das von der Klägerin angegriffene Urteil des LSG auf § 160 Abs 2 Nr 1 SGG gestützt werden könnte. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine bislang nicht hinreichend geklärte Rechtsfrage aufwirft, die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt. Dass im Rechtsstreit der Klägerin solche Fragen von Bedeutung sind, ist nicht ersichtlich. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) könnte nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, weil das LSG bei seiner Entscheidung die maßgeblichen Rechtsnormen und die hierzu ergangene Rechtsprechung beachtet hat. Ebenso wenig lässt sich ein Verfahrensfehler ersehen, der gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte.

Der in der zweiten Instanz bestellte Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 20.12.2018 ausweislich des Terminprotokolls auf die Einlegung von Rechtsmitteln verzichtet. Der Verzicht auf Rechtsmittel bewirkt, dass ein eingelegtes Rechtsmittel unzulässig wird (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG , 12. Aufl 2017, Vor § 143 RdNr 11b). Dass der Rechtsmittelverzicht nicht durch die Klägerin selbst bzw durch ihren Betreuer, sondern durch ihren Prozessbevollmächtigten erklärt worden ist, muss die Klägerin gegen sich gelten lassen, und wirkt in gleicher Art verpflichtend, als hätte sie selbst den Verzicht erklärt (§ 73 Abs 6 S 7 iVm § 85 Abs 1 S 1 ZPO ). Dies gilt, sofern die Erklärung nicht von der miterschienenen Partei sofort im Termin widerrufen wird (§ 73 Abs 6 S 7 iVm § 85 Abs 1 S 2 ZPO ). Ausweislich des Terminprotokolls war jedoch für die Klägerin nur ihr Prozessbevollmächtigter und weder die Klägerin persönlich noch ihr Betreuer anwesend, um den Verzicht sofort zu widerrufen, so dass der Rechtsmittelverzicht wirksam geworden ist.

III

Der Antrag auf Bestellung eines Notanwalts für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens ist ebenfalls abzulehnen.

Die Bestellung eines Notanwalts setzt voraus, dass die Partei einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die beabsichtige Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint (§ 202 S 1 SGG iVm § 78b Abs 1 ZPO ). Unabhängig davon, ob die Klägerin hier bereits ausreichend dargelegt hat, dass sie keinen zur Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden hat, fehlt es vorliegend schon an der erforderlichen Erfolgsaussicht. Die durch den Betreuer der Klägerin eingelegte Beschwerde ist aus den unter II genannten Gründen ohne jede Aussicht auf Erfolg.

IV

Die Beschwerde war gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter als unzulässig zu verwerfen. Die Beschwerde ist entgegen dem in § 73 Abs 4 SGG normierten Vertretungszwang vor dem BSG nicht durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Rheinland-Pfalz, vom 20.12.2018 - Vorinstanzaktenzeichen L 5 P 3/18
Vorinstanz: SG Speyer, vom 10.01.2018 - Vorinstanzaktenzeichen S 17 P 98/16