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BSG - Entscheidung vom 18.06.2019

B 9 V 8/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3
SGG § 109

BSG, Beschluss vom 18.06.2019 - Aktenzeichen B 9 V 8/19 B

DRsp Nr. 2019/11995

Versorgungsleistungen nach dem OEG Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Gesetzlicher Rügeausschluss Ablehnung eines Antrags auf Einholung von Gutachten

Der gesetzliche Rügeausschluss nach § 160 Abs. 2 Nr. 3 Halbs. 2 SGG gilt ausnahmslos und uneingeschränkt zu jeder fehlerhaften Anwendung des § 109 SGG .

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 6. Dezember 2018 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 ; SGG § 109 ;

Gründe:

I

Der Kläger begehrt in der Hauptsache für die Folgen einer Gewalttat vom 22.11.2011 Versorgungsleistungen nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von mindestens 50 ab dem 1.11.2011 nach dem Opferentschädigungsgesetz iVm dem Bundesversorgungsgesetz anstelle des ursprünglich zuerkannten GdS von 40 sowie später von 20 ab dem 1.4.2018. Diesen Anspruch hat das Hessische LSG nach Zustimmung der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 6.12.2018 verneint und in den Urteilsgründen zugleich einen mit Schriftsatz vom 27.11.2018 gestellten Hilfsantrags des Klägers auf Einholung zweier Gutachten nach § 109 SGG bei Dr. M., Facharzt für Chirurgie, und bei dem Arzt für Psychiatrie S. abgelehnt. Die Beweisaufnahme verzögere die Erledigung des Rechtsstreits, weil sich die für den 6.12.2018 vorgesehene Entscheidung verschieben würde und der Antrag aus grober Nachlässigkeit verspätet, nach der Zustimmung zur Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung, gestellt worden sei. Diese Zustimmung besage, dass der Beteiligte eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte, weil aus seiner Sicht der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt und die notwendigen rechtlichen Argumente ausgetauscht seien.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt. Die Nichtberücksichtigung der Anträge nach § 109 Abs 2 SGG stelle einen Verfahrensfehler dar unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Er macht ferner eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zu § 109 SGG geltend. Zudem weiche das LSG von der Entscheidung des BSG im Beschluss vom 29.11.2006 ( B 6 KA 23/06 B) und von eigener Rechtsprechung in der Entscheidung vom 22.10.2008 ( L 4 VG 15/07) ab.

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung vom 12.3.2019 genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil kein Zulassungsgrund ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG ).

1. Einen Verfahrensmangel nach § 160 Abs 2 Nr 3 Teils 1 SGG , auf den er seine Nichtzulassungsbeschwerde mit Erfolg stützen könnte, zeigt der Kläger nicht auf. Zwar rügt er die Ablehnung des Antrags auf Einholung von zwei Gutachten nach § 109 SGG . Auf eine Verletzung dieser Vorschrift kann indes der geltend gemachte Verfahrensmangel nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG von Vornherein nicht gestützt werden. Dieser gesetzliche Ausschluss gilt ausnahmslos und uneingeschränkt zu jeder fehlerhaften Anwendung des § 109 SGG (vgl Senatsbeschluss vom 8.6.2015 - B 9 SB 25/15 B - Juris RdNr 4 mwN).

Ebenso wenig kann der Kläger mit Erfolg eine Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG ; §§ 62 und 128 Abs 2 SGG ) rügen, weil das LSG seine Anträge nach § 109 Abs 2 SGG nicht berücksichtigt hat. Der gesetzliche Ausschluss in § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG gilt auch insoweit (vgl Senatsbeschluss vom 8.6.2015 - B 9 SB 25/15 B - Juris RdNr 5 mwN).

2. Eine Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die in zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht. Auch diese Voraussetzungen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht.

Die Beschwerdebegründung lässt bereits nicht erkennen, welcher abstrakte Rechtssatz in der in Bezug genommenen Entscheidung des BSG vom 29.11.2006 ( B 6 KA 23/06 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 3) enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht. Auch zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf, dass das Revisionsgericht die höchstrichterliche Rechtsprechung in einem künftigen Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (vgl hierzu stRspr, zB BSG Beschluss vom 13.12.2017 - B 5 R 256/17 B - Juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 13 R 140/17 B - Juris RdNr 12 f). Eine Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG liegt nicht vor, wenn das Berufungsgericht eine höchstrichterliche Entscheidung in ihrer Tragweite für den entschiedenen Fall lediglich verkannt haben sollte (stRspr, zB Senatsbeschluss vom 7.10.2016 - B 9 V 28/16 B - Juris RdNr 26; BSG Beschluss vom 9.5.2017 - B 13 R 240/16 B - Juris RdNr 20 mwN). Eine mögliche Abweichung des LSG von der eigenen Rechtsprechung ist nach § 160 Abs 2 Nr 2 SGG unerheblich.

3. Schließlich zeigt die Beschwerde auch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nicht auf, weil das LSG die Anträge nach § 109 Abs 2 SGG abgelehnt hat. Wie unter 1. dargestellt kann nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG hierauf die Beschwerde nicht gestützt werden. Der Kläger kann diesen gesetzlichen Ausschluss auch nicht mit seinem Vortrag umgehen, die Vorgehensweise des Berufungsgerichts werfe die von ihm formulierten (vermeintlich) grundsätzlich bedeutsamen Rechtsfragen hinsichtlich des Zeitpunkts und Umfangs des Antragsrechts aus § 109 SGG auf. Ein Beschwerdeführer kann diese gesetzlichen Beschränkungen der Verfahrensrüge in § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG - soweit sie reichen - nicht dadurch erfolgreich umgehen, dass er die Rügen in Fragen von grundsätzlicher Bedeutung kleidet (vgl Senatsbeschluss vom 8.6.2015 - B 9 SB 25/15 B - Juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 30.5.2006 - B 2 U 86/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 9 RdNr 3).

4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

5. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG ).

6. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Hessen, vom 06.12.2018 - Vorinstanzaktenzeichen L 1 VE 30/17
Vorinstanz: SG Kassel, vom 28.09.2017 - Vorinstanzaktenzeichen S 6 VE 29/13