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BSG - Entscheidung vom 15.05.2019

B 10 EG 1/19 B

Normen:
SGG § 160a Abs. 1 S. 2

BSG, Beschluss vom 15.05.2019 - Aktenzeichen B 10 EG 1/19 B

DRsp Nr. 2019/10795

Verfristete Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde Wegfall der Beweiswirkung eines anwaltlichen Empfangsbekenntnisses

Die Beweiswirkung eines anwaltlichen Empfangsbekenntnisses fällt weg, wenn sein Inhalt vollständig entkräftet und jede Möglichkeit ausgeschlossen ist, dass die Angaben richtig sein können.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 26. November 2018 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160a Abs. 1 S. 2;

Gründe:

I

Die Klägerin begehrt in der Hauptsache die Gewährung höheren Elterngelds für ihren am 7.2.2011 geborenen Sohn und wendet sich gegen eine Teilrückforderung der Beklagten. Diese Ansprüche hat das LSG mit Beschluss vom 26.11.2018 verneint. Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin mit einem am 21.1.2019 beim BSG eingegangenen Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom selben Tage Beschwerde eingelegt und ausgeführt, dass der Beschluss des LSG am 4.12.2018 zugestellt worden sei. Das entsprechende Empfangsbekenntnis hat der Prozessbevollmächtigte am 21.12.2018 unterzeichnet. Mit Schreiben vom 20.2.2019 (eingegangen am 21.2.2019) hat der Prozessbevollmächtigte eine Verlängerung der Frist zur Begründung der Beschwerde beantragt, die ihm daraufhin bis zum 21.3.2019 anheimgestellt worden ist. Auf Anforderung des Senats hat der Prozessbevollmächtigte ua mit Schreiben vom 14.3.2019 eine Kopie des Fristenbuchs vom 21.1.2019 vorgelegt und mitgeteilt, dass die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde bis zum 21.3.2019 erfolgen werde. Mit am 29.3.2019 eingegangenen Schriftsatz vom 28.3.2019 hat der Prozessbevollmächtigte die Beschwerde unter Geltendmachung einer grundsätzlichen Bedeutung wegen einer Verletzung des Art 3 Abs 1 GG begründet.

II

Die Beschwerde ist unzulässig. Sie ist durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen, weil sie jedenfalls nicht innerhalb der spätestens am 21.3.2019 abgelaufenen Beschwerdebegründungsfrist durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin begründet worden ist (§ 160a Abs 2 und 4 S 1 Halbs 2, § 169 S 2 und 3 SGG ).

Nach § 160a Abs 1 S 2 SGG ist die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des LSG beim BSG einzulegen und innerhalb von 2 Monaten zu begründen (§ 160a Abs 2 S 1 SGG ). Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag hin nach § 160a Abs 2 S 2 SGG einmal bis zu einem Monat verlängert werden. Insoweit ist vorliegend bereits fraglich, ob nach den eigenen Angaben des Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 21.1.2019 die Zustellung des angefochtenen Beschlusses entgegen der Datierung im Empfangsbekenntnis nicht bereits am 4.12.2018 erfolgt und somit bereits die Frist zur Einlegung der Beschwerde am 4.1.2019 abgelaufen war. Denn die Beweiswirkung eines anwaltlichen Empfangsbekenntnisses entfällt, wenn sein Inhalt vollständig entkräftet und jede Möglichkeit ausgeschlossen ist, dass die Angaben richtig sein können (vgl BSG Beschluss vom 16.11.2005 - B 2 U 342/04 B - SozR 4-1500 § 164 Nr 2 RdNr 4, jeweils mwN; BGH Beschluss vom 19.4.2012 - IX ZB 303/11 - Juris RdNr 6). Ob der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Beschluss des LSG bereits am 4.12.2018 nach § 63 Abs 2 SGG iVm § 174 Abs 1 und 4 S 1 ZPO mit dem Willen entgegengenommen hat, ihn als zugestellt gegen sich gelten zu lassen (vgl hierzu auch BSG Beschluss vom 23.4.2009 - B 9 VG 22/08 B - SozR 4-1750 § 174 Nr 1 RdNr 11), kann hier jedoch dahinstehen. Denn auch bei unterstelltem Empfangswillen des Prozessbevollmächtigten erst am 21.12.2018 ist die gesetzlich vorgeschriebene einmalig zu verlängernde Frist zur Begründung der Beschwerde (§ 160a Abs 2 S 2 SGG ) am 21.3.2019 abgelaufen. Dies war dem Prozessbevollmächtigten nach seinen eigenen Ausführungen auch bekannt. Damit war die am 29.3.2019 beim BSG eingegangene Begründung in jedem Falle verspätet.

Im Übrigen ist die Nichtzulassungsbeschwerde aber auch unzulässig, weil keiner der in § 160 Abs 2 SGG aufgeführten Zulassungsgründe hinreichend dargelegt oder bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 S 3 SGG ). Für die ausschließlich geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung fehlt es bereits an der Formulierung einer abstrakten Rechtsfrage iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG sowie an der Darstellung der Rechtsprechung des BSG und des BVerfG zu Art 3 Abs 1 GG .

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Niedersachsen-Bremen, vom 26.11.2018 - Vorinstanzaktenzeichen L 2 EG 11/18
Vorinstanz: SG Hannover, vom 20.04.2018 - Vorinstanzaktenzeichen S 32 EG 5/16