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BSG - Entscheidung vom 08.08.2019

B 5 R 120/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3

BSG, Beschluss vom 08.08.2019 - Aktenzeichen B 5 R 120/19 B

DRsp Nr. 2019/13546

Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Voraussetzungen einer willkürlichen Entscheidung Erhebliche Verkennung der Rechtslage

1. Willkürlich ist nicht bereits eine sachlich unzutreffende Entscheidung, sondern erst, wenn sie unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar ist, wenn die Rechtsanwendung nicht mehr verständlich ist und sich deswegen der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht. 2. Erforderlich ist in jedem Fall eine eklatante Verkennung der Rechtslage durch ein Gericht.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Sächsischen Landessozialgerichts vom 25. März 2019 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ;

Gründe:

Zwischen den Beteiligten ist streitig die gekürzte Auszahlung sowie die Rückforderung einer Rente für Bergleute bei Überschreiten der Hinzuverdienstgrenzen. Mit Beschluss vom 25.3.2019 hat das Sächsische LSG die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Leipzig vom 10.11.2017 zurückgewiesen.

Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf einen Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ).

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ),

- das Urteil von einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder

- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG ), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG ) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

Der Kläger macht geltend, die Entscheidung des LSG beruhe auf "objektiver Willkür". Er trägt dazu vor: "Wenn aber nach der ebenso - angeblichen - 'offensichtliche Unrichtigkeit' der Angabe '01.04.2016' im Bescheid vom 23.01.2017, für den 'verständigen Empfänger ohne Weiteres' ergäbe, dass dies '01.01.2017' heißen musste, so ist nicht mehr annähernd verständlich, wie sich die 'vollständige Klarheit und Widerspruchsfreiheit' der Rentenhöhe für den Zeitraum 01.04.2016 bis 31.12.2016 ergeben sollte, denn mit dem ersten Satz des Tenors im Bescheid vom 23.01.2017 erfolgte die Aufhebung des vorherigen Bescheides vom 28.08.2015 für die Zeit 'ab dem Monat April 2016' (und gerade nicht für die Zeit ab dem 01.01.2017), sodass bei dieser Annahme vollständig offen bleibt, welche Rente dem Kläger für die Zeit ab dem 01.04.2016 bis zum 31.12.2016 zustehen sollte."

Der Kläger hat damit zur Darlegung eines formgerechten Verfahrensmangels eine Verletzung des Willkürverbots in Ausprägung des Anspruchs auf ein faires Verfahren iVm dem Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG nicht hinreichend aufgezeigt. Willkür liegt nicht schon dann vor, wenn eine Entscheidung unzutreffend ist, sondern erst, wenn sie unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar ist, wenn die Rechtsanwendung nicht mehr verständlich ist und sich deswegen der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhe. Die Rechtslage muss daher in krasser Weise verkannt worden sein (vgl BSG Beschluss vom 12.4.2018 - B 3 KR 46/17 B - Juris RdNr 6). Die Beschwerdebegründung lässt schon keine willkürliche Rechtsanwendung des LSG erkennen. Der Kläger trägt vor, Widerspruchs-, Klage- und Berufungsverfahren, in denen er die fehlende Bestimmtheit des Bescheides vom 23.1.2017 gerügt habe, seien deshalb erfolglos geblieben, weil er nach Auffassung der Beklagten und der Gerichte dem Widerspruchsbescheid vom 4.4.2017 hätte entnehmen können, dass die Rente vom 1.4.2016 bis 30.6.2016 in Höhe von einem Drittel, vom 1.7.2016 bis 31.9.2016 (gemeint 31.12.2016) als Nullrente und ab dem 1.1.2017 wieder in Höhe von einem Drittel gezahlt werde. Das LSG hat ausdrücklich "den Bescheid vom 23. Januar 2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2017" für inhaltlich hinreichend bestimmt gehalten. Die Beschwerdebegründung verhält sich nicht dazu, da die nicht hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts (zu widersprüchlichen Inhalten von Tenor/Begründung eines Bescheides und einer mit anderem Datum versehenen Anlage vgl BSG Urteil vom 20.3.2013 - B 5 R 16/12 R - Juris RdNr 22) noch im Widerspruchsbescheid mit Rückwirkung geheilt werden kann (Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X , 8. Aufl 2014, § 33 RdNr 16a mwN).

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG .

Vorinstanz: LSG Sachsen, vom 25.03.2019 - Vorinstanzaktenzeichen L 5 KN 903/17
Vorinstanz: SG Leipzig, vom 10.11.2017 - Vorinstanzaktenzeichen S 18 KN 411/17