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BSG - Entscheidung vom 25.10.2019

B 12 R 22/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3
SGG § 128 Abs. 1 S. 2
SGG § 136 Abs. 1 Nr. 6

BSG, Beschluss vom 25.10.2019 - Aktenzeichen B 12 R 22/19 B

DRsp Nr. 2019/18032

Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Voraussetzungen einer Gehörsverletzung Verstoß gegen die Begründungspflicht von gerichtlichen Entscheidungen

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. Mai 2019 wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 763 397,81 Euro festgesetzt.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ; SGG § 128 Abs. 1 S. 2; SGG § 136 Abs. 1 Nr. 6 ;

Gründe:

I

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob der Kläger für die Tätigkeit nicht gemeldeter polnischer Arbeitskräfte in der Zeit vom 1.11.2004 bis zum 31.12.2006 Sozialversicherungs- und Umlagebeiträge nebst Säumniszuschlägen in Höhe von insgesamt 763 397,81 Euro zu zahlen hat (Bescheide vom 14.4.2010 und 7.2.2012, Widerspruchsbescheid vom 7.5.2012). Das SG Speyer hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 20.2.2018). Das LSG Rheinland-Pfalz hat die Berufung aus den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung zurückgewiesen. Der Kläger sei Arbeitgeber polnischer Arbeitskräfte gewesen, für deren Beschäftigung deutsches Sozialversicherungsrecht zur Anwendung komme. Eventuell zur polnischen Sozialversicherung gezahlte Beiträge seien zu Unrecht entrichtet worden und daher ohne Bedeutung. Die Beklagte habe ebenso wie das Landgericht Kaiserslautern bei der Verurteilung des Klägers ua wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 18 Fällen sowie Steuerhinterziehung in 26 Fällen die gezahlten Schwarzlöhne schätzen dürfen. Wegen dessen bedingt vorsätzlichen Handelns gelte die 30-jährige Verjährungsfrist (Urteil vom 20.5.2019). Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde.

II

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG ). Der Kläger hat den allein geltend gemachten Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) nicht hinreichend bezeichnet.

Soweit der Kläger vorträgt, das LSG habe sich nicht mit seinem Berufungsvorbringen auseinandergesetzt, rügt er die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 GG , §§ 62 , 128 Abs 2 SGG ). Dieser Anspruch soll zwar ua sicherstellen, dass die Ausführungen der Beteiligten vom Gericht in seine Erwägungen miteinbezogen werden. Allerdings hat das Prozessgericht nicht ausdrücklich jedes Vorbringen der Beteiligten zu bescheiden. Es ist auch nicht gehalten, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen (BVerfG <Kammer> Beschluss vom 8.4.2014 - 1 BvR 2933/13 - NZS 2014, 539 , RdNr 13 mwN), ihn also zu "erhören". Vielmehr verpflichtet das Gebot des rechtlichen Gehörs nur, deren Darlegungen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Es ist erst dann verletzt, wenn sich im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist (BVerfG <Kammer> Beschluss vom 25.3.2010 - 1 BvR 2446/09 - juris RdNr 11 mwN; BVerfG Urteil vom 8.7.1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205 , 216). Solche Umstände gehen aus der Beschwerdebegründung nicht hervor.

Auch der vom Kläger gegebenenfalls gerügte Verstoß gegen die sich aus § 128 Abs 1 Satz 2 iVm § 136 Abs 1 Nr 6 SGG ergebende Begründungspflicht ist nicht ausreichend dargetan. Danach sind in dem Urteil die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Aus den Entscheidungsgründen muss daher ersichtlich sein, auf welchen Erwägungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht die Entscheidung beruht. Der Beschwerdebegründung ist nicht zu entnehmen, dass dies nicht der Fall wäre oder das angefochtene Urteil überhaupt keine Begründung enthalte. Eine Pflicht des Prozessgerichts, jeden Gesichtspunkt abzuhandeln, besteht nicht ( BSG Beschluss vom 27.6.2018 - B 13 R 273/16 B - juris RdNr 39; BSG Beschluss vom 26.5.2011 - B 11 AL 145/10 B - juris RdNr 3; BSG Beschluss vom 24.2.2010 - B 13 R 547/09 B - juris RdNr 10 mwN).

Im Kern wird die Richtigkeit des angefochtenen Urteils beanstandet. Die Behauptung, dieses sei inhaltlich unrichtig, kann aber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 2 und § 162 Abs 3 VwGO .

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 52 Abs 1 und 3 Satz 1, § 47 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 sowie § 63 Abs 2 Satz 1 GKG .

Vorinstanz: LSG Rheinland-Pfalz, vom 20.05.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 2 BA 11/18
Vorinstanz: SG Speyer, vom 20.02.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 11 R 581/15