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BSG - Entscheidung vom 31.10.2019

B 3 KR 27/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3
SGG § 103

BSG, Beschluss vom 31.10.2019 - Aktenzeichen B 3 KR 27/19 B

DRsp Nr. 2019/17210

Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 14. Mai 2019 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ; SGG § 103 ;

Gründe:

I

Das Bayerische LSG hat mit Urteil vom 14.5.2019 unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils den Anspruch des Klägers auf Zahlung von Krankengeld (Krg) im Zeitraum vom 6.6.2017 bis zum 13.8.2017 verneint. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Mitgliedschaft des Klägers bei der beklagten Krankenkasse habe nicht über den 5.6.2017 hinaus fortbestanden, sondern habe mit Ablauf der bis zu diesem Tage attestierten AU geendet. Die am 6.6.2017 und am 9.6.2017 ausgestellten Arbeitsunfähigkeits(AU)-Bescheinigungen seien Erstbescheinigungen mit jeweils neuen Erkrankungen gewesen. Die eingetretene Lücke in der Feststellung der AU habe zu einer Beendigung des Krg-Anspruchs und zu einer Beendigung der Mitgliedschaft selbst geführt. Ein Anspruch auf Krg aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch sei nicht in Betracht gekommen.

Gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil hat der Kläger Beschwerde eingelegt und rügt einen Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ).

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Kläger den geltend gemachten Zulassungsgrund des Verfahrensmangels nicht formgerecht aufgezeigt hat (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG ). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG ), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG ) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils/des Beschlusses besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

Hierzu trägt der Kläger vor, das LSG habe die Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG ) verletzt. Das LSG habe sich gedrängt fühlen müssen, aufgrund des klägerischen Vortrags ein internistisches Gutachten einzuholen, das einen Zusammenhang zwischen dem Spannungskopfschmerz und den bisherigen Arbeitsunfähigkeitsgründen dokumentierte. Der behandelnde Arzt habe dies aufgrund mangelnder Fachkompetenz nicht beurteilen können. Das Unterlassen des Gerichts sei rechtsfehlerhaft und stelle einen Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht dar. Überdies habe sich das LSG gedrängt fühlen müssen, aufgrund des klägerischen Vortrags auch ein orthopädisches Gutachten einzuholen, dass die seit längerer Zeit bestehenden Beschwerden in der Schulter zu einer deutlichen Beschwerdezunahme und Bewegungsbeeinträchtigung beim Kläger und schließlich zu einer Arbeitsunfähigkeit wegen der Schulterbeschwerden bereits lange vor dem 9.6.2017 geführt haben. Auch dieses Unterlassen sei rechtsfehlerhaft und stelle einen Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht dar.

Wird - wie vorliegend - ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG ) gerügt, muss die Beschwerdebegründung hierzu folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf einer angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme von seinem Standpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (zum Ganzen BSG Beschluss vom 12.12.2003 - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN).

Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Der Kläger hat bereits nicht aufgezeigt, dass er einen entsprechenden (prozessordnungsgemäßen) Beweisantrag gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG gestellt und bis zuletzt vor dem Berufungsgericht aufrechterhalten habe. Ein anwaltlich vertretener Beteiligter kann nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in seinem Urteil wiedergibt (stRspr, vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Nach Sinn und Zweck des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG soll die Sachaufklärungsrüge die Revisionsinstanz nur dann eröffnen, wenn das Tatsachengericht vor seiner Entscheidung durch einen Beweisantrag ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass ein Beteiligter die Sachaufklärungspflicht des Gerichts (§ 103 SGG ) noch nicht als erfüllt ansieht (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 21; Nr 31 S 52).

Daran fehlt es vorliegend. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat weder behauptet, einen solchen Beweisantrag bis zuletzt aufrechterhalten zu haben, noch dass das LSG einen solchen in seinem Urteil erwähnt habe.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Bayern, vom 14.05.2019 - Vorinstanzaktenzeichen L 4 KR 537/18
Vorinstanz: SG Landshut, vom 12.10.2018 - Vorinstanzaktenzeichen S 6 KR 401/17