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BSG - Entscheidung vom 16.04.2019

B 5 R 46/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3
SGB VI § 286b

BSG, Beschluss vom 16.04.2019 - Aktenzeichen B 5 R 46/19 B

DRsp Nr. 2019/7558

Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Rüge einer materiell-rechtlichen Rechtsvorschrift Grundsatz der objektiven Beweislast

1. § 286b SGB VI stellt eine materiell-rechtliche Rechtsvorschrift dar, deren angebliche Verletzung nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffen werden kann.2. Auch der Grundsatz der objektiven Beweislast, der regelt, wen die Folgen treffen, wenn das Gericht eine bestimmte Tatsache trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht feststellen kann, betrifft das materielle Recht.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 12. Dezember 2018 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ; SGB VI § 286b ;

Gründe:

Mit Urteil vom 12.12.2018 hat das Thüringer LSG einen Anspruch des Klägers auf Neuberechnung der ihm gewährten Rente unter Berücksichtigung höherer Beitragszahlungen für verschiedene Zeiträume verneint.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf Verfahrensmängel und weist auf eine Abweichung des angefochtenen Urteils von einer höchstrichterlichen Entscheidung hin.

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ),

- das Urteil von einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder

- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG ), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG ) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

Der Kläger rügt eine Nichtberücksichtigung des § 286b SGB VI (Glaubhaftmachung der Beitragszahlungen im Beitrittsgebiet) und eine Verkennung der Beweislastverteilung durch das LSG.

Mit dieser Rüge wird kein Verstoß gegen Verfahrensrecht geltend gemacht. § 286b SGB VI stellt eine materiell-rechtliche Rechtsvorschrift dar. Ebenso betrifft die objektive Beweislast, die regelt, wen die Folgen treffen, wenn das Gericht eine bestimmte Tatsache trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht feststellen kann, das materielle Recht (vgl B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG , 12. Aufl 2017, § 103 RdNr 19a mwN). Eine subjektive Beweisführungslast kennt das SGG nicht (stRspr zB BSGE 6, 70 , 73; 24, 25, 27 = SozR Nr 75 zu § 128 SGG ; BSG Urteil vom 8.9.2010 - B 11 AL 4/09 R - Juris RdNr 17).

Soweit der Kläger ferner die Beweiswürdigung des Gerichts rügen möchte, ist darauf hinzuweisen, dass eine Nichtzulassungsbeschwerde nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG nicht auf eine Verletzung von § 128 Abs 1 S 1 SGG gestützt werden kann.

Mit dem Hinweis auf die "entgegenstehende Entscheidung" des BSG vom 1.6.2017 (B 5 RS 12/16 R - Juris), nach der der Zufluss von Beiträgen oder Entgelten vom Empfänger, hier der Beklagten, zu beweisen sei, ist auch keine Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG schlüssig dargetan. Die Beschwerdebegründung zeigt nicht auf, dass das LSG dem höchstrichterlichen Urteil widersprochen und andere rechtliche Maßstäbe entwickelt habe (vgl zu diesem Erfordernis BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72). Verkennt oder übersieht das Berufungsgericht lediglich eine höchstrichterliche Entscheidung, liegt eine Abweichung im Sinne der Norm nicht vor (vgl BSG , aaO, S 73).

Die vermeintliche Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung in der Sache stellt schließlich keinen Revisionszulassungsgrund dar (vgl § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG ).

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Abs 1 und 4 SGG .

Vorinstanz: LSG Thüringen, vom 12.12.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 3 R 1244/16
Vorinstanz: SG Meiningen, vom 30.08.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 8 R 819/15