BSG, Beschluss vom 08.08.2019 - Aktenzeichen B 14 AS 169/18 B
Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Reichweite des Gehörsanspruchs Gehörsverletzung durch Nichtberücksichtigung von Beteiligtenvortrag
1. Gerichte müssen die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen. 2. Auch wenn Vorbringen in den Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich behandelt wird, ist der Anspruch aus Art. 103 Abs. 1 GG nicht automatisch verletzt, denn das Gericht ist nicht verpflichtet, jedes Vorbringen extra zu bescheiden. 3. Eine Verletzung liegt nur vor, wenn sich im Einzelfall aus besonderen Umständen ergibt, dass ein Gericht seiner Pflicht nicht nachgekommen ist.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 20. April 2018 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG ).
Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision ua zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Diesen allein geltend gemachten Zulassungsgrund hat der Kläger in der Begründung der Beschwerde nicht schlüssig bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG ).
Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde auf den Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels stützt, muss die diesen Verfahrensmangel des LSG (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dartun, also die Umstände schlüssig darlegen, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (stRspr; siehe bereits BSG vom 29.9.1975 - 8 BU 64/75 - SozR 1500 § 160a Nr 14; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG , 12. Aufl 2017, § 160a RdNr 16 mwN).
Die Beschwerdebegründung des Klägers, der in der Sache Leistungen aus dem Vermittlungsbudget wegen Fahrtkosten begehrt, wird diesen Darlegungserfordernissen nicht gerecht. Er macht eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend, weil es das LSG unterlassen habe, sich mit seinem Vortrag zum Inhalt und zur Bedeutung einer geschlossenen Eingliederungsvereinbarung vollständig auseinanderzusetzen.
Gemäß § 62 Halbsatz 1 SGG , der dem schon in Art 103 Abs 1 GG verankerten prozessualen Grundrecht entspricht (vgl nur Neumann in Hennig, SGG , § 62 RdNr 6 ff, Stand Juni 2015), ist den Beteiligten vor jeder Entscheidung des Gerichts rechtliches Gehör zu gewähren. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, auch wenn es das Vorbringen in den Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich behandelt, denn das Gericht ist nach Art 103 Abs 1 GG nicht verpflichtet, jedes Vorbringen extra zu bescheiden. Art 103 Abs 1 GG ist nur verletzt, wenn sich im Einzelfall aus besonderen Umständen ergibt, dass ein Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und zu erwägen, nicht nachgekommen ist (vgl etwa BSG vom 21.3.2018 - B 13 R 254/15 B -, juris RdNr 5).
Solche besonderen Umstände zeigt der Kläger nicht auf.
Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung der §§ 183 , 193 SGG .