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BSG - Entscheidung vom 30.10.2019

B 1 KR 40/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 30.10.2019 - Aktenzeichen B 1 KR 40/19 B

DRsp Nr. 2019/17478

Übernahme einer die Regelversorgung übersteigenden Kosten der Versorgung mit Zahnersatz Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Klärungsfähigkeit einer Rechtsfrage

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28. Februar 2019 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

I

Die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin begehrt von der Beklagten die Übernahme (auch) der die Regelversorgung übersteigenden Kosten der Versorgung mit Zahnersatz. Aufgrund eines Heil- und Kostenplans der Zahnärztin Dr. S, welcher eine Versorgung der Klägerin mit Zahnersatz und Zahnkronen in Ober- und Unterkiefer vorsah, bewilligte die Beklagte einen Festzuschuss iHv 2740,13 Euro; nach Durchführung der Versorgung verblieb ein von der Klägerin selbst zu zahlender Betrag iHv 7204,69 Euro. Den Antrag der Klägerin auf vollständige Kostenübernahme lehnte die Beklagte ab; Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Das LSG hat ausgeführt, einen Anspruch nach § 13 Abs 3 SGB V könne die Klägerin nicht geltend machen, weil bereits kein entsprechender Primärleistungsanspruch bestehe; § 13 Abs 3a SGB V sei nicht anwendbar, wenn es um die Versorgung mit Zahnersatz gehe (LSG-Urteil vom 28.2.2019).

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG- Urteil.

II

1. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ).

Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Die Klägerin richtet ihr Vorbringen hieran nicht aus.

Sie formuliert die Frage: "Hat ein Versicherter mit einer langjährig bekannten Allergie gegen Nickelsulfat und Kobaltsulfat einen Anspruch gegen die gesetzliche Krankenversicherung auf eine nickelfreie und kobaltfreie Versorgung mit Vollkeramikkronen?"

Der erkennende Senat lässt offen, ob es sich dabei überhaupt um eine klar formulierte Rechtsfrage handelt. Versteht man die Frage dahingehend, dass die Klägerin geklärt wissen will, ob Versicherte, die unter einer Allergie gegen bestimmte Materialien leiden, welche in der Zahnersatzversorgung Verwendung finden, Anspruch auf Übernahme der vollen Kosten einer über die Regelversorgung hinausgehenden Versorgung - namentlich mit Vollkeramikkronen - gegen ihre KK haben, legt die Klägerin deren Entscheidungserheblichkeit nicht dar.

Eine Rechtsfrage ist vom Revisionsgericht klärungsfähig, wenn sie sich ihm auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz stellt. Ob eine Rechtsfrage klärungsfähig ist, hängt davon ab, ob das Revisionsgericht über die betreffende Frage konkret sachlich entscheiden kann (vgl BSG SozR 3-2200 § 550 Nr 7 Satz 22 f; BSG Beschluss vom 24.6.1998 - B 9 VG 2/98 B - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 20.2.2017 - B 1 KR 91/16 B - juris RdNr 9; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 8; ebenso zB Pietzner/Buchheister in Schoch/Schneider/Bier, VwGO , Stand Februar 2019, § 132 RdNr 44), nicht davon, ob es sie für den Rechtsstreit abschließend ohne Zurückverweisung beantworten kann. Soweit Literatur weitergehend fordert, dass das LSG alle Tatsachen festgestellt haben muss, damit das Revisionsgericht abschließend - ohne Zurückverweisung - nicht nur über die zu klärende Rechtsfrage entscheiden kann, sondern auch über ihre Anwendung auf den konkreten Fall, überspannt dies die Anforderungen (so aber Berchtold/Lüdtke in HK- SGG , 5. Aufl 2017, § 160a RdNr 20 aE; Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG , § 160a RdNr 66a bei Fn 284 mit dieser Auffassung nicht tragenden Zitaten; zum Ganzen vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 8).

Die Klägerin legt nicht dar, dass sich die von ihr formulierte Frage auch bei sinngemäßer Auslegung auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz überhaupt stellt.

Nur ergänzend weist der erkennende Senat darauf hin, dass die Klägerin nicht darlegt, wieso in Würdigung der ergangenen höchstrichterlichen Rspr bezüglich der von ihr aufgeworfenen Frage noch Klärungsbedarf verblieben ist. Sie setzt sich nicht mit der einschlägigen Rspr des Senats auseinander (vgl zB BSGE 117, 1 = SozR 4-2500 § 28 Nr 8; BSG Urteil vom 2.9.2014 - B 1 KR 12/13 R - juris; BSGE 86, 66 , 67 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 21; BSGE 85, 66 , 68 = SozR 3-2500 § 30 Nr 10 S 38).

2. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Bayern, vom 28.02.2019 - Vorinstanzaktenzeichen L 20 KR 420/16
Vorinstanz: SG Nürnberg, vom 25.07.2016 - Vorinstanzaktenzeichen S 7 KR 361/15